Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden wie folgt abgeändert:
„Aufgrund des notariell beglaubigten Firmenbuchauszugs des Handelsgerichts Wien vom 15. 7. 2004 betreffend die FN 99351f wird bei der Liegenschaft EZ ***** GB ***** im Weg der Berichtigung die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Palais F***** mbH (FN 50482p) bewilligt.
Hievon werden verständigt:
F***** Gesellschaft mbH, *****
Finanzamt St. Pölten zu ErfNr 10-231.137/2004, Daniel Kran-Straße 10, 3100 St. Pölten
Magistrat der Landeshauptstadt St. Pölten, Heßstraße 6, 3100 St. Pölten
DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwalt, Börsegasse 12, 1010 Wien, unter Anschluss der Originalurkunden.
Text
Begründung
Im Eigentumsblatt der Liegenschaft EZ ***** GB ***** ist das Eigentumsrecht für die M*****-Gesellschaft mbH einverleibt.
Zu TZ 4895/1994 ist hinsichtlich einzelner Grundstücke dieser Einlage ihre Zugehörigkeit zum Assanierungsgebiet gemäß Verordnung vom 2. 3. 1993 (LGBl 8315/3-0) angemerkt.
Mit notariellem Verschmelzungsvertrag vom 26. 5. 2004 wurde die M*****-GmbH als übertragende Gesellschaft mit der Antragstellerin als übernehmender Gesellschaft verschmolzen, was im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien am 15. 7. 2004 zu 73 Fr 7789/04y eingetragen wurde. Am 15. 7. 2004 erfolgte eine Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer gemäß § 12 GrEStG 1987.
Mit dem verfahrenseinleitenden Grundbuchsantrag begehrte die Antragstellerin, aufgrund des notariellen Verschmelzungsvertrages vom 26. 5. 2004, des Firmenbuchauszuges vom 15. 7. 2004 so wie der Vorlage der Erklärung über die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer vom 15. 7. 2004 ob der genannten Liegenschaft die Einverleibung ihres Eigentumsrechts zu bewilligen.
Beide Vorinstanzen wiesen das Begehren ab.
Das Erstgericht begründete die Abweisung damit, dass im Gutsbestandsblatt der Liegenschaft unter A-LNR 1a hinsichtlich der vertragsgegenständlichen Grundstücke die Zugehörigkeit zum Assanierungsgebiet gemäß Verordnung vom 2. 3. 1993, LGBl 8315/3-5 angemerkt sei. Da keine Genehmigung des gegenständlichen Rechtsgeschäfts durch die Bezirksverwaltungsbehörde vorliege, sei der Antrag gemäß § 9 Abs 2 StErnG (BGBl 287/1974) abzuweisen.
Das Rekursgericht begründete seine Abweisung wie folgt:
Nach § 1 Abs 1 StErnG, BGBl 1974/287 idgF könne die Landesregierung durch Verordnung ein Gemeindegebiet oder einen Teil eines Gemeindegebiets, der städtebauliche Missstände aufweise, die nur durch Assanierungsmaßnahmen beseitigt werden könnten, zum Assanierungsgebiet erklären. Nach § 9 Abs 2 dieses Gesetzes bedürfe die Übertragung des Eigentums durch Rechtsgeschäft unter Lebenden an in solchen Gebieten gelegenen Liegenschaft der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde. Gleichermaßen seien Vereinbarungen rechtsunwirksam, die der Umgehung dieser Genehmigungspflicht dienten. Nicht genehmigungspflichtig seien nach § 9 Abs 3 Schenkungen, ferner Rechtsgeschäfte zwischen Ehegatten, Verwandten in gerader Linie, zwischen Verwandten im zweiten oder dritten Rang derselben Linie oder Verschwägerten ersten Grades und zwischen den Miteigentümern einer Liegenschaft. Weitere gesetzlich normierte Ausnahmen der Bewilligungspflicht seien hier nicht von Relevanz.
Mit Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. 3. 1993 über ein drittes und viertes Assanierungsgebiet in St. Pölten sei das Gebiet Kremser Landstraße nach der Anlage A zum Assanierungsgebiet erklärt worden, worunter auch die vom Antrag umfasste Liegenschaft falle.
Die Verordnung sei auch vom Grundbuchsgericht gemäß § 7 Abs 4 StErnG ordnungsgemäß ersichtlich gemacht worden.
Nach § 96 Abs 1 GmbHG könnten Gesellschaften mit beschränkter Haftung unter Ausschluss der Abwicklung verschmolzen werden. Die Verschmelzung erfolge jedenfalls durch Übertragung des Vermögens einer Gesellschaft oder mehrerer Gesellschaften (übertragende Gesellschaften) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine andere bestehende Gesellschaft gegen Gewährung von Geschäftsanteilen dieser Gesellschaft. Dabei komme es zu einer Gesamtrechtsnachfolge. Dennoch sei dies ein Übertragungsvorgang unter Lebenden. Bei Aufzählung der nicht genehmigungspflichtigen Übertragungsakte ins § 9 Abs 3 StErnG sei eine Verschmelzung nicht genannt. Sie bedürfe daher als rechtsgeschäftliche Übertragung unter Lebenden der bezirksverwaltungsbehördlichen Genehmigung.
Der Einverleibung des im Weg der Gesamtrechtsnachfolge im Zug der Verschmelzung erworbenen Eigentumsrechts stehe daher der Mangel der bezirksverwaltungsbehördlichen Genehmigung entgegen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob Bestimmungen des StErnG dem Eigentumsübergang im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge im Zug einer Verschmelzung von Gesellschaften entgegenstünden.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin, der zulässig ist, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung darüber vorliegt, ob § 31 Abs 3 iVm § 9 StErnG einer Einverleibung des Eigentumsrechts der übernehmenden Gesellschaft entgegensteht, wenn weder ein rechtskräftiger Bescheid über die Genehmigung des Verschmelzungsvorgangs vorliegt noch ein Negativbescheid der Bezirksverwaltungsbehörde, dass eine solche Genehmigung nicht erforderlich ist.
Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.
Nach § 9 Abs 2 StErnG bedarf die Übertragung des Eigentums, die Einräumung des Baurechts und eines Fruchtgenussrechts an einem Grundstück oder Teilen davon, soweit solche Maßnahmen nach dem StErnG nicht ausgenommen sind, durch Rechtsgeschäft unter Lebenden der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde.
Nicht genehmigungspflichtig sind zufolge § 9 Abs 3 StErnG Schenkungen, ferner Rechtsgeschäfte, die zwischen Ehegatten, Verwandten in gerader Linie, zwischen Verwandten im zweiten oder dritten Grad der zweiten Linie oder Verschwägerten ersten Grades und zwischen den Miteigentümern einer Liegenschaft abgeschlossen werden. Weiters sind Rechtsgeschäfte nicht genehmigungspflichtig, wenn im Verfahren über die Anbotsverpflichtung über die Angemessenheit des Kaufpreises und die Annahme des Anbots mit Bescheid entschieden wurde (§ 8).
Nach § 31 Abs 1 StErnG sind die Vertragschließenden verpflichtet, die Genehmigung bei der Bezirksverwaltungsbehörde zu beantragen, wenn ein Rechtsgeschäft der Genehmigung gemäß § 9 bedarf.
Zufolge § 31 Abs 3 StErnG dürfen Verträge über Rechtsgeschäfte gemäß § 9 grundbücherlich nur durchgeführt werden, wenn
ein rechtskräftiger Bescheid über die Genehmigung des Rechtsgeschäftes oder
eine Bescheinigung gemäß Abs 1 letzter Satz oder
ein rechtskräftiger Bescheid iSd § 29 Abs 2 oder iSd § 2 Abs 2 vorliegt.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Insbesondere liegt kein rechtskräftiger Bescheid über die Genehmigung des Verschmelzungsvertrags vor. Darauf kommt es aber aus nachstehenden Erwägungen auch gar nicht an.
Nach § 96 Abs 2 GmbHG iVm § 225a Abs 3 AktG geht das Vermögen der übertragenden Gesellschaft mit der Eintragung der Verschmelzung in das Firmenbuch im Weg der Universalsukzession auf die übernehmende Gesellschaft über und die übertragende Gesellschaft erlischt. Der Vermögensübergang gilt mit der Eintrag als vollzogen. Damit tritt bei Liegenschaften außerbücherlich eine Rechtsänderung ein, die durch Berichtigung des Grundbuchs nach § 136 GBG bücherlich nachzuvollziehen ist (vgl 5 Ob 252/03z). Nachzuweisen ist der Vorgang durch die öffentliche Urkunde des Beschlusses des Firmenbuchs samt Unbedenklichkeitsbescheinigung (vgl NZ 1996, 253; AGS 2003/562; Jud in „Aktuelle Probleme des Grundbuchsrechts", Kralik/Rechberger I/2, 133 f; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchsrecht Rz 4 zu § 136 mwN).
Zu prüfen bleibt, ob die Vermögensübertragung infolge einer Verschmelzung, die auf gesellschafts- und schuldrechtlichen Rechtsgeschäften beruht, ein genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft iSd § 9 StErnG darstellt.
Der erkennende Senat hatte sich in 5 Ob 206/02h = AGS 2003/562 [Hoyer] mit einem durchaus vergleichbaren Fall des § 9 lit a und § 19 lit a KrntGVG zu befassen. Diese Bestimmungen unterwerfen die Übertragung des Eigentums durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht. Eine ausdrückliche Regelung, wie Übereignungen zu behandeln seien, die sich nicht dem üblichen Schema von titulus und modus (Einverleibung im Grundbuch) vollziehen, findet sich im KrntGVG ebensowenig wie im zu hier zu beurteilenden StErnG.
Der erkennende Senat sprach in dieser Entscheidung aus, dass mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Gesetz offenbar der derivative, einen besonderen Verfügungsakt des Veräußerers erfordernde Eigentumserwerb iSd §§ 431, 433 ff ABGB von der Genehmigungspflicht erfasst sei. Daher seien gesellschaftsrechtliche Verschmelzungsvorgänge, die im Weg der Gesamtrechtsnachfolge zu einer außerbücherlichen Übereignung führten, aus der grundverkehrsrechtlichen Genehmigungspflicht nach § 9 lit a und § 19 lit a KrntGVG auszunehmen. Ob eine solche Verkehrsbeschränkung überhaupt verfassungskonform bzw mit dem EU-Recht vereinbart wäre (dazu Hoyer, Grundbuchsrecht und Grundbuchspraxis III in NZ 1997, 201 ff) könne auf sich beruhen.
Es liegt kein sachlich zu rechtfertigender Grund vor, die nahezu wortgleiche Bestimmung des StErnG über die Genehmigungsbedürftigkeit der Übertragung des Eigentums durch Rechtsgeschäft unter Lebenden hinsichtlich einer Universalsukzession infolge Verschmelzung anders zu behandeln.
Als außerbücherlich eingetretene Rechtsänderung kann daher die Verschmelzung gemäß § 136 GBG aufgrund des Beschlusses des Firmenbuchs und der Unbedenklichkeitsbescheinigung verbüchert werden, zumal die grundbücherliche Eigentumsübertragung keine rechtsändernde Wirkung mehr hat (vgl Jud, aaO, 141 mwN).
Die gesetzlich angeordnete Gesamtrechtsnachfolge im Zuge einer Verschmelzung, somit auch der Eigentumsübergang an Liegenschaften bedarf also anders als ein Vertrag iSd § 9 StErnG keiner Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde.
Der Revisionsrekurs der Antragstellerin erweist sich damit als berechtigt.
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