OGH 5Ob96/70

OGH5Ob96/7017.6.1970

SZ 43/102

Normen

ABGB §364c
Grundbuchsgesetz §122
ProkG §1 Abs3
WWG §31a
WEG §7
ABGB §364c
Grundbuchsgesetz §122
ProkG §1 Abs3
WWG §31a
WEG §7

 

Spruch:

Die Finanzprokuratur ist weder im eigenen Namen (§ 1 Abs 2 ProkG) noch als Vertreterin des Wohnhauswiederaufbaufonds zum Rekurs gegen die Einverleibung eines zugunsten des Ehegatten eines Wohnungseigentümers begrundeten Belastungs- und Veräußerungsverbotes am Liegenschaftsanteil des Wohnungseigentümers legitimiert

OGH 17. Juni 1970, 5 Ob 96/70 (LGZ Wien 46 R 18/70; BG Favoriten TZ 3011/69).

Text

Mit Notariatsakt v 10. Oktober 1969 errichteten die Ehegatten Franz F und Maria F Ehepakte über eine beschränkte, unter Lebenden wirksame Gütergemeinschaft, wobei Gegenstand des Vertrages nur der der Maria F zugeschriebene 112/2660stel Anteil an der Liegenschaft EZ X mit dem Haus in der L-Gasse 12 samt den auf diesem Liegenschaftsanteil haftenden Lasten und Beschränkungen war. Nach P II dieses Vertrages sollten die Gemeinschaftsgenossen je zur Hälfte an diesem Vermögen beteiligt sein, während in Ansehung des sonstigen Vermögens der bisherige Zustand der Gütertrennung aufrecht bleiben sollte. In P IV der Ehepakte vereinbarten die Parteien hinsichtlich des der Gütergemeinschaft unterworfenen Liegenschaftsanteils der Herstellung des Grundbuchsstandes durch die Einverleibung "der Beschränkung des Eigentumsrechtes der Maria F durch das Recht zur Gütergemeinschaft zugunsten des Franz F". Nach P V der Ehepakte räumte Maria F zur weiteren Sicherung des der Gütergemeinschaft unterworfenen Vermögens ihrem Gatten auf dessen Lebensdauer, jedoch beschränkt auf die Dauer der Ehe, das unentgeltliche Recht des Verbotes der Belastung und Veräußerung dieses vorbezeichneten Liegenschaftsanteils ein. Gleichzeitig erteilte Maria F die Einwilligung, daß auf Grund dieser Ehepakte auf dem ihr zugeschriebenen Liegenschaftsanteil die Einverleibung der Beschränkung ihres Eigentumsrechts durch das Recht zur Gütergemeinschaft zugunsten ihres Gatten und die Einverleibung des lebenslänglichen und unentgeltlichen Rechtes des Verbotes der Belastung und Veräußerung zugunsten des Franz F nach Maßgabe des Vertragspunktes V der Ehepakte vorgenommen werden könne.

Nunmehr beantragten die Ehefrau Franz und Maria F unter Vorlage einer Ausfertigung des Notariatsakts und weiterer Urkunden u a ob der Liegenschaft EZ X beim Liegenschaftsanteil der Maria F die Einverleibung des lebenslänglichen und unentgeltlichen Rechtes des Verbotes der Belastung und Veräußerung zugunsten des Franz F nach Maßgabe des P V der Ehepakte. Nach dem Buchstabenbericht ist mit dem in die Gütergemeinschaft das Veräußerungsverbot gem § 31a WWG zugunsten des Wohnhauswiederaufbaufonds bis zum 5. Juli 1978 einverleibt.

Das Erstgerichts (Rechtspfleger) wies den Antrag der Einschreiter auf Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes zugunsten des Franz F ab. Gleichzeitig wurde die Anmerkung dieser Abweisung im Lastenblatt der Liegenschaft beim Anteil der Maria F angeordnet. Der abweisende Teil dieses Beschlusses stützt sich auf die Überlegung, daß gem § 7 WEG der Miteigentumsanteil eines Wohnungseigentümers, solange das Wohnungseigentum besteht, nur ungeteilt übertragen werden könne. Daher könne jede Eigentumswohnung nur einen Eigentümer haben. Da nach den vorgelegten Ehepakten beide Ehegatten Gemeinschaftseigentümer der Eigentumswohnung der Maria F werden sollten, dies aber unzulässig sei, könne auch das zur Sicherstellung dieses ungesetzlichen Gesamteigentums eingeräumte Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht einverleibt werden. Darüber hinaus sei der Antrag auch deshalb abzuweisen, weil der Wohnhauswiederaufbaufonds der durch die Ehepakte erfolgten Veräußerung nicht zugestimmt habe.

Das Rekursgericht bewilligte die beantragte Einverleibung. Es war der Meinung, daß § 7 Abs 1 WEG die begehrte Einverleibung nicht hindere, weil das Verbot nicht zur Sicherung eines gemeinsamen Eigentums der Ehegatten an der Eigentumswohnung vereinbart worden sei. Der Ehepakt enthalte keine Vereinbarung einer Veräußerung, es werde auch nicht die Verbücherung einer Veräußerung begehrt. Deshalb widerspreche der Ehepakt auch nicht dem Veräußerungsverbot des Wohnhauswiederaufbaufonds. Aus den Ehepakten sei nur zu entnehmen, daß das Wohnungseigentum der Ehefrau durch das Recht des Mannes zur Gütergemeinschaft beschränkt werde. Es stehe den Ehegatten frei, sich mit der obligatorischen Wirkung dieser Vereinbarung zu begnügen und in Kauf zu nehmen daß die der Vereinbarung entsprechende Eigentumsverleibung unterbleibt. Der zur Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes erforderliche Zusammenhang mit einem die Liegenschaft betreffenden Rechtsgeschäft sei gegeben.

Der Oberste Gerichtshof wies den von der Finanzprokuratur im eigenen Namen unter Hinweis auf § 1 Abs 3 ProkG und in Vertretung des Wohnhauswiederaufbaufonds erhobenen Revisionsrekurs zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Finanzprokuratur kann weder im Rahmen der ihr durch § 1 Abs 3 ProkG übertragenen Aufgaben noch als Vertreterin des Wohnhauswiederaufbaufonds die Rekurslegitimation zugebilligt werden.

Nach ständiger Rechtsprechung richtet sich die Rekurslegitimation im Grundbuchsverfahren nach § 9 AußStrG (vgl SZ 20/35 u v a), doch steht die Berechtigung zum Rekurs gegen eine Grundbuchseintragung nur jenen Personen zu, die in ihren bücherlichen Rechten verletzt sein können Ävgl ZBl 1934/387). Nach § 1 Abs 3 ProkG ist die Finanzprokuratur berufen, zum Schutz öffentlicher Interessen vor allen Gerichten und Verwaltungsbehörden einzuschreiten, wenn sie von der zuständigen Behörde hiefür in Anspruch genommen wird oder die Dringlichkeit des Falles ihr sofortiges Einschreiten erfordert. Wenn die Finanzprokuratur, wie im vorliegenden Fall unter Berufung auf diese Gesetzstelle einschreitet, muß gefordert werden, daß sich das öffentliche Interesse unmittelbar auf den Gegenstand der angefochtenen Entscheidung bezieht; bloß mittelbare Auswirkungen der Entscheidung auf die Öffentlichkeit vermögen eine Einschreiterbefugnis der Finanzprokuratur nicht zu begrunden (vgl SZ 31/111; ebenso 1 Ob 497/61). Diesfalls verweist die Finanzprokuratur zur Begründung ihrer Einschreiterlegitimation auf die besondere Gefahr, die für die Allgemeinheit mit einer Rechtsprechung iS der Rekursentscheidung verbunden wäre. Es sei, so meint die Finanzprokuratur, mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß, sollte diese Rechtsprechung gebilligt werden, fast regelmäßig zugunsten des Ehegatten eines Wohnungseigentümers ein Veräußerungs- und Belastungsverbot einverleibt würde, "wodurch der große Nutzen des Wohnungseigentums mit einer großen Rechtsunsicherheit in bezug auf den Rechtsverkehr behaftet würde, weil das Wohnungseigentum generell weitgehend seine Funktion als geeignete Basis für den Realkredit für den einzelnen Wohnungseigentümer einbüßen würde". Schon diese Ausführungen der Rekurswerberin zeigen, daß öffentliche Interessen durch die angefochtene Entscheidung nicht unmittelbar verletzt werden. Gerade der Hinweis auf die Beispielsfolgen der nach Meinung der Rekurswerberin sachlich unrichtigen Entscheidung der zweiten Instanz macht es deutlich, daß hier die Voraussetzungen der Entscheidungsbefugnis der Finanzprokuratur iS des § 1 Abs 3 ProkG fehlen, denn, wollte man dem Standpunkt der Finanzprokuratur folgen, müßte ihr in jedem Fall einer sachlich unrichtigen Entscheidung wegen der Beispielsfolgen eine Rechtsmittellegitimation eingeräumt werden. Abgesehen davon, behauptet die Finanzprokuratur nicht einmal, daß sie im vorliegenden Fall von der zuständigen Behörde in Anspruch genommen worden sind oder daß die Dringlichkeit des Falls ihr sofortiges Einschreiten erfordere. Die Finanzprokuratur ist daher nicht befugt, im eigenen Namen die Entscheidung des Rekursgerichts anzufechten.

Es kommt aber auch dem durch die Finanzprokuratur vertretenen Wohnhauswiederaufbaufonds keine Rekurslegitimation zu. Im vorliegenden Fall ist der Wohnhauswiederaufbaufonds sowohl Pfandgläubiger als auch Berechtigter aus dem verbücherten und bis zum 5. Juni 1978 wirksamen Veräußerungsverbot iS des § 31a WWG. Es entspricht der Lehre und Rechtsprechung, daß durch die Einverleibung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes frühere bücherliche Rechte Dritter nicht berührt werden (vgl Neumann - Lichtblau, Komm z EO[4], 907; SZ 5/283; NZ 1937, 196; EvBl 1962/506). Da nun der bücherliche Rang des Pfandrechts des Wohnhauswiederaufbaufonds, der vom Rekursgericht bewilligten Eintragung weit vorausgeht, konnten durch den angefochtenen Beschluß die bücherlichen Rechte des Wohnhauswiederaufbaufonds als Pfandgläubiger nicht verletzt werden. Der Wohnhauswiederaufbaufonds ist daher in seiner Eigenschaft als Pfandgläubiger nicht rekursberechtigt.

Der aus einem Belastungs- und Veräußerungsverbot Berechtigte ist allerdings zum Rekurs gegen eine verbotswidrige Eintragung legitimiert (SZ 20/170). Zweck der Bestimmung des § 31a WWG ist es, einen Wohnungshandel zu unterbinden. Obwohl nun das Veräußerungsverbot in der Regel ein Belastungsverbot in sich schließt (EvBl 1955/269; SZ 9/58), besteht doch mit Rücksicht auf den Zweck des genannten Gesetzes kein Grund, dies auch im Fall des gesetzlichen Veräußerungsverbotes nach § 31a WWG anzunehmen (vgl Neumann - Lichtblau, Komm[4], 903). Da nun durch die vom Rekursgericht bewilligte Eintragung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes keinesfalls eine dem vorausgehenden Veräußerungsverbot widersprechende Eigentumsübertragung bewirkt wurde, enthält der Beschluß des Rekursgerichts keine verbotswidrige Eintragung. Dies gilt selbst dann, wenn man der Meinung sein sollte, daß auch das Veräußerungsverbot des § 31a WWG ein Belastungsverbot in sich schließt, weil das zugunsten einer bestimmten Person eingeräumte Belastungs- und Veräußerungsverbot keineswegs die richterliche oder rechtsgeschäftliche Einräumung eines weiteren Belastungs- und Veräußerungsverbotes zugunsten einer anderen Person verhindert. Allerdings bewirkt ein solches Verbot eine Beschränkung des Eigentümers, doch schafft der Eintragungsbeschluß für sich allein kein Recht (vgl Neumann - Lichtblau, Komm[4], 905; SZ 17/156). Ergibt sich aus der Eintragung, der Urkundensammlung oder dem Grundbuchsakt oder ist es sonst offenkundig, daß das Verbot nicht hätte eingetragen werden dürfen - etwa weil das rechtsgeschäftliche Verbot zugunsten einer Person eingeräumt wurde, die nicht zum Kreis der in § 364c ABGB genannten zählt, oder weil andere Voraussetzungen der Eintragung fehlen, z B der nach § 26 GBG erforderliche gültige Rechtsgrund (vgl Klang[2] II 185) aus den Urkunden nicht ersichtlich ist -, so ist selbst auf ein eingetragenes Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht Bedacht zu nehmen (SZ 20/115; SZ 27/93). Außerdem steht das spätere Veräußerungs- und Belastungsverbot in keinem inhaltlichen Gegensatz zu dem bereits früher verbücherten gleichartigen Verbot. Der aus der früheren Eintragung Verbotsberechtigte ist deshalb durch die Eintragung eines späteren Belastungs- und Veräußerungsverbotes nicht beschwert. Daher ist der Wohnhauswiederaufbaufonds auch in seiner Eigenschaft als Verbotsberechtigter zur Anfechtung des Beschlusses des Rekursgerichtes nicht legitimiert.

Mangels Rechtsmittellegitimation der Finanzprokuratur war daher ihr Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne daß zur Frage Stellung genommen werden konnte, ob die Entscheidung des Rekursgerichtes sachlich berechtigt ist, d h, ob durch die von den Antragstellern begehrte Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes § 7 Abs 1 WEG umgangen wird und deshalb eine solche Eintragung unzulässig ist.

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