Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
In einer „Ergänzenden Vereinbarung zum Kaufvertrag“, abgeschlossen zwischen K***** OEG als Verkäuferin, der G***** GmbH als Projektorganisator und -koordinator sowie den jeweiligen Käufern von „Wohnungseinheiten“ in der Wohnhausanlage ***** Straße 51 wurde unter anderem festgehalten:
„... Die Verkäuferin wird für die technischen Einrichtungen der Wohnhausanlage Wartungs- und Betreuungsverträge abschließen. Speziell davon sind betroffen:
1. die Liftanlage ...
2. das Notrufleitsystem für die Liftanlagen
3. die CO-Warnanlage für die Garage
4. die Brandmeldeanlage mit automatischer Alarmierung
5. die Heizungs- und Warmwasseraufbereitungsanlage
6. die Betreuung der Stiegenhäuser und sonstiger Allgemeinflächen, Schneeräumung.
Es wird festgehalten, dass von den Wohnungseigentümern der Wohnhausanlage ***** Straße 53 mit Beschlussfassung vom 27. 02. 2003 dem gemeinsamen Betrieb der unter Punkt 1. bis 4. angeführten technischen Anlagen zugestimmt wird. Mit Unterzeichnung dieser Vereinbarung gilt diese Zustimmung auch für den Käufer hinsichtlich ***** Straße 51.
Die Kosten für die Instandhaltung und Wartung der unter Punkt 1. bis 4. angeführten technischen Anlagen werden im Verhältnis 1429 (***** Straße 51) zu 2277 (***** Straße 53) aufgeteilt.
Mit Wohnungsübergabe tritt der Wohnungseigentümer in diese Verträge bzw Vereinbarungen ein.“
Die klagende Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft ***** Straße 53 begehrt von der beklagten Eigentümergemeinschaft ***** Straße 51 - nach Klageeinschränkung - Zahlung eines Betrags von 5.119,80 EUR sA mit der Begründung, zwischen den Streitparteien sei eine Vereinbarung über den gemeinsamen Betrieb der Brandmeldeanlage und des Notrufleitsystems für Liftanlagen ua zustandegekommen. In dieser Vereinbarung sei auch eine Kostenaufteilung im Verhältnis 1429 für die Beklagte zu 2277 für die Klägerin enthalten. Die Vereinbarung sei dadurch zustandegekommen, dass die Wohnungseigentümer der Liegenschaft ***** Straße 53 einen gemeinsamen Betrieb mit der Liegenschaft ***** Straße 51 beschlossen hätten und die nunmehrigen Wohnungseigentümer der ***** Straße 51 mit Unterfertigung jeweils ergänzender Vereinbarungen zum Kaufvertrag die Zustimmung zum gemeinsamen Betrieb und zur Aufteilung der Kosten für die Instandhaltung und Wartung erteilt hätten.
Die bisherige Korrespondenz sei ebenso wie die Vorschreibung der klagsgegenständlichen Positionen immer zwischen den jeweiligen Hausverwaltungen erfolgt, womit bestätigt sei, dass Vertragspartner jeweils die Eigentümergemeinschaften seien.
Zutreffend sei, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen mit den einzelnen Wohnungseigentümern der ***** Straße 51 die Eigentümergemeinschaft ***** Straße 51 noch nicht existiert habe, weshalb eine solche Vereinbarung damals nur mit jedem einzelnen Wohnungseigentümer habe abgeschlossen werden können.
Die „Ergänzenden Vereinbarungen zum Kaufvertrag“ der Wohnungseigentümer der Wohnhausanlage ***** Straße 51 seien auch im Verhältnis zur Klägerin als Dritte rechtswirksam und verbindlich.
Im Übrigen benütze die Beklagte laufend sämtliche Einrichtungen im Sinne der „Ergänzenden Vereinbarungen“ zumindest seit 2005, sodass von ihr zumindest ein angemessenes Benützungsentgelt geschuldet werde. Die Beklagte sei daher verpflichtet, den aliquoten Kostenbeitrag für Instandhaltung und Wartung im Sinn der ihr gelegten Rechnungen zu tragen.
Zur Aktivlegitimation brachte die Klägerin vor, dass es sich diesfalls um eine Maßnahme der Verwaltung handle, was sie zur Klagsführung legitimiere.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Im Besonderen bestritt sie das Zustandekommen der von der Klägerin behaupteten Vereinbarung. Jene Vereinbarung, auf die sich die Klägerin berufe, stelle einen Bestandteil des Kaufvertrags zwischen dem Organisator und den einzelnen Wohnungseigentumsbewerbern des Hauses dar und nicht eine Vereinbarung mit der Klägerin. Im Zeitpunkt der Kaufvertragsabschlüsse sei das Haus ***** Straße 51 noch nicht fertiggestellt gewesen. Dazu komme, dass mit der von der Klägerin behaupteten Vereinbarung unzulässigerweise Regelungen über künftige Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten getroffen worden seien, weshalb diese Vereinbarung schon gemäß § 38 WEG rechtsunwirksam sei. Sie sei nämlich für die Eigentümer des Hauses ***** Straße 51 grob benachteiligend, weil das tatsächliche Kosten-Nutzen-Verhältnis der von der Klägerin behaupteten Aufteilungsregelung nicht entspreche. Auch sei die Ausstattung der Liegenschaft ***** Straße 51 nicht im gleichen Ausmaß wie auf der Liegenschaft ***** Straße 53 erfolgt.
Im Weiteren bestritt die Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin, weil es sich diesfalls nicht um eine Angelegenheit des § 18 Abs 1 WEG handle. Auch die Passivlegitimation der Beklagten sei zu verneinen, weil die behauptete Vereinbarung nicht bestehe.
Ausgehend von diesem Sachverhalt wies das Erstgericht das Klagebegehren ab.
Es beurteilte in rechtlicher Hinsicht den festgestellten Sachverhalt dahin, dass die Käufer von Wohnungseigentumseinheiten, die später Wohnungseigentümer des Hauses ***** Straße 51 geworden seien, eine Vereinbarung über die Kostenaufteilung für Instandhaltung und Wartung konkret angeführter technischer Anlagen in einem bestimmten Verhältnis des Hauses ***** Straße 51 zum Haus ***** Straße 53 abgeschlossen hätten. Dabei seien jeweils nur einzelne Wohnungseigentümer eine Verpflichtung eingegangen, ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft des Hauses ***** Straße 51 sei diesbezüglich niemals zustandegekommen. Die klägerischen Ansprüche könnten daher nur gegenüber einzelnen Wohnungseigentümern, nicht aber gegenüber der beklagten Eigentümergemeinschaft geltend gemacht werden.
Der hiegegen erhobenen Berufung der Klägerin gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob das angefochtene Urteil auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.
Das Berufungsgericht bejahte zunächst die Aktivlegitimation der Klägerin, weil es sich bei den geltend gemachten Ansprüchen um solche der Nutzung und Erhaltung des Gemeinschaftsguts handle und somit um Verwaltungsagenden. Die Rechtspersönlichkeit einer Eigentümergemeinschaft in Angelegenheiten der Verwaltung sei nicht bloß fakultativ (RIS-Justiz RS0110079). Die klagende Eigentümergemeinschaft verfolge einen Anspruch aus einem von ihr eingegangenen oder übernommenen Rechtsverhältnis (5 Ob 181/03h). Immer dann, wenn ein geltend gemachter Rechtsanspruch wenigstens abstrakt mit den Verwaltungsagenden einer Eigentumsgemeinschaft in Verbindung zu bringen sei, lasse sich die Parteifähigkeit einer Eigentümergemeinschaft nicht mehr verneinen (2 Ob 217/08p). Die Geltendmachung der Kosten für die Instandhaltung und Wartung bestimmter technischer Einrichtungen gehöre damit zur Verwaltung der Liegenschaft iSd § 18 Abs 1 WEG.
Richtig sei, dass im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarungen gemäß Beil ./D (= Ergänzende Vereinbarungen zum Kaufvertrag) die Beklagte noch nicht existent gewesen sei, vielmehr die Vereinbarungen zwischen der Verkäuferin, der Projektorganisatorin und den jeweiligen Käufern abgeschlossen worden seien. Allerdings sei dadurch ein die Verwaltung betreffendes Dauerschuldverhältnis entstanden, in das die Beklagte nach ihrem Entstehen eingetreten sei. Die begehrten Zahlungen beträfen Abrechnungszeiträume (2005 bis 2007) nach Entstehung der Beklagten. Damit sei auch die Passivlegitimation der Beklagten zu bejahen.
Das Erstgericht werde sich daher im fortzusetzenden Verfahren mit den inhaltlichen Einwendungen der Beklagten auseinanderzusetzen haben.
Das Berufungsgericht erachtete die Frage für klärungsbedürftig, ob entgegen bisheriger Rechtsprechung eine gesetzliche Rechtsnachfolge der Eigentümergemeinschaft in bestehende Schuldverhältnisse bejaht werden könne, und ließ deshalb den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragte, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, weil das Berufungsgericht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu § 37 Abs 5 WEG abgewichen ist; er ist jedoch im Ergebnis nicht berechtigt.
Mit Recht hält die Beklagte der Entscheidung des Rekursgerichts weiterhin entgegen, dass weder die behauptete Vereinbarung zwischen den Streitteilen zustandegekommen noch eine solche Vereinbarung auf die Beklagte übergegangen ist.
In diesem Zusammenhang ist schon der Einwand zutreffend, dass aus den maßgeblichen Feststellungen zwar eine interne Willensbildung innerhalb der Klägerin abzuleiten ist, die Feststellungen über die zwischen dem WE-Organisator und den einzelnen Käufern getroffenen Vereinbarungen aber nicht die Schlussfolgerung zulassen, die Eigentümer beider Liegenschaften hätten miteinander eine entsprechende Vereinbarung zustandegebracht. Die von der Klägerin angestrengte Hilfsbegründung, die Verwalter der beiden Liegenschaften hätten durch die tatsächliche Übung das Zustandekommen einer solchen Vereinbarung bewirkt, geht am Kern der Sache vorbei, ist doch für Vereinbarungen iSd § 32 WEG nicht nur Einstimmigkeit aller Wohnungseigentümer, sondern auch die Einhaltung der Schriftform Wirksamkeitsvoraussetzung (§ 32 Abs 2 WEG).
Dazu kommt, dass jene Vereinbarung zwischen den späteren Wohnungseigentümern der Liegenschaft ***** Straße 51 über eine Angelegenheit des § 32 Abs 2 WEG, nämlich eine von der Liegenschaft abweichende Abrechnungseinheit für bestimmte Aufwendungen zu schaffen - sogar eine, die über die Liegenschaft hinausgeht -, den Anforderungen des § 37 Abs 5 WEG nicht standhält. Die Vereinbarung soll nach Ansicht der Klägerin durch in den jeweiligen Kaufverträgen enthaltene Erklärungen (in Summe aller Anteilserwerber, somit additiv), zustande gekommen sein. Dass einer der späteren Wohnungseigentümer zu diesem Zeitpunkt bereits Miteigentümer gewesen wäre oder zugunsten eines Erwerbers damals bereits die Zusage von Wohnungseigentum bücherlich angemerkt gewesen wäre, steht nicht fest. Durch § 37 Abs 5 erster Satz WEG ist nun klargestellt, dass die Geltung der in die Vorgründungsphase „vorgezogenen“ Bestimmungen des WEG, hier des § 32 Abs 2 WEG, nicht nur die Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum für zumindest einen Wohnungseigentumsbewerber, sondern zusätzlich auch den Erwerb von Miteigentum durch zumindest einen Wohnungseigentümer voraussetzt (vgl zur früheren Rechtslage: RIS-Justiz RS0109841). Dies hat seinen Grund darin, dass bei Alleineigentümerstellung etwa des Wohnungseigentumsorganisators für die Regelung über die Eigentümergemeinschaft oder die Willensbildung kein Raum besteht (vgl 5 Ob 173/08i = wobl 2009/55 unter Hinweis auf Kletecka, WEG 2002, 213; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht § 37 WEG Rz 52 und Illedits, Wohnungseigentum³ Rz 90; RIS-Justiz RS0118026).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Es kam daher im Vorgründungsstadium des Wohnungseigentums keine wirksame Vereinbarung iSd § 32 Abs 2 WEG zustande, weshalb sie auch nach Begründung von Wohnungseigentum nicht auf die Wohnungseigentümer übergehen konnte. Eine vertragliche Regelung zwischen den Miteigentümern der einen Liegenschaft und denjenigen der anderen betreffend die Übernahme von Aufwendungen kam somit nicht zustande.
Es muss und kann daher eine solche Vereinbarung auch nicht unter dem Aspekt des § 38 WEG geprüft werden. Die Geltendmachung der Rechtsunwirksamkeit von solchen die Nutzungs- und Verfügungsrechte unbillig beschränkenden Vereinbarungen kommt auch nur den einzelnen Wohnungseigentümern, nicht aber der auf Verwaltungsangelegenheiten beschränkten Rechtsperson der Eigentümergemeinschaft zu. Eine sich daraus ergebende Nichtigkeit wäre bloß eine relative, auf die sich nur Wohnungseigentumsbewerber bzw Wohnungseigentümer berufen können (vgl in diesem Sinn Vonkilch aaO Rz 28 zu § 38 WEG).
Dem Erstgericht ist daher darin im Ergebnis Recht zu geben, dass sich die klagsgegenständliche Forderung der einen Eigentümergemeinschaft gegen die andere nicht auf eine vertragliche Grundlage stützen lässt.
Es darf allerdings nicht übersehen werden, dass die Klägerin ihr Begehren auch auf Bereicherungsrecht gestützt hat. Die Beklagte habe die Einrichtungen jedenfalls seit 2005 benützt und schulde daher angemessenes Benützungsentgelt, das mit der Höhe des der Klägerin erwachsenen (Teil-)Aufwands anzusetzen sei (ON 5).
Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren diesen Rechtsgrund und die dafür sowie für die Bestreitung maßgeblichen Umstände zu erörtern und festzustellen haben. Allenfalls wird, sollte sich der der Beklagten erwachsene Nutzen nicht ohne Schwierigkeit ziffernmäßig feststellen lassen, nach § 273 ZPO vorzugehen sein. Auf den Einwand fehlender Aktivlegitimation der Klägerin kam die Beklagte schon im Berufungsverfahren nicht mehr zurück (vgl RIS-Justiz RS0043338[ insb T22]).
Es hat daher bei der vom Berufungsgericht angeordneten Aufhebung zu bleiben.
Der Rekurs war insofern nicht berechtigt.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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