OGH 5Ob9/05t

OGH5Ob9/05t8.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am ***** geborenen minderjährigen Florian H*****, vertreten durch die Mutter Annabell H*****, beide *****, letztere vertreten durch Dr. Johannes Ecker, Rechtsanwalt in Salzburg, über den ordentlichen Revisionsrekurs des Kindes, als Antragsteller und gefährdete Partei, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 11. August 2004, GZ 21 R 161/04d-150, womit über Rekurs des Vaters Erwin L*****, Kaufmann, *****, als Gegner der gefährdeten Partei, vertreten durch Dr. Robert Galler, Rechtsanwalt in Salzburg, der Beschluss (die einstweilige Verfügung) des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau vom 10. März 2004, GZ 3 P 5/03f-143, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Kind begehrte mit Antrag vom 24. 1. 2003 (ON 91), den Vater zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen zu verpflichten, und zwar für die Zeit von Oktober 2001 bis August 2002 zu monatlich EUR 640,- -, und ab September 2002 zu monatlich EUR 720,- -. Der Vater sei Verwaltungsratspräsident und Aktionär einer Schweizer Aktiengesellschaft sowie Eigentümer einer großen Liegenschaft. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Vater in der genannten Funktion monatlich EUR 4.000,-- verdiene, aus Aktienbesitz Dividenden erziele und aus seinem Liegenschaftsbesitz Mieteinnahmen beziehe bzw beziehen könne.

Der Vater erklärte sich mit Eingabe vom 15. 4. 2003 (ON 110) bereit, seinem Sohn für die Zeit bis April 2003 monatlich EUR 218,02 (= S 3.000,- -) und danach monatlich EUR 255,-- an Unterhalt zu leisten. Diese Beträge seien nach den Durchschnittsbedarfssätzen angemessen. Weder aus seinem Liegenschaftsbesitz („L*****alm", EZ *****) noch aus seiner Funktion als Verwaltungsratspräsident der Schweizer PNO Consulting AG beziehe er derzeit ein Einkommen.

Mit Schriftsatz vom 5. 5. 2003 (ON 113) stellte das Kind den weiteren Antrag, zur Sicherung seines Unterhaltsanspruches eine einstweilige Verfügung - mit Wirksamkeit bis 90 Tage ab Rechtskraft der Entscheidung im Unterhaltsverfahren, in eventu bis zur Einräumung eines dinglichen Veräußerungs- und Belastungsverbotes ob der dem Vater gehörenden Liegenschaft EZ ***** - zu erlassen, mit welcher dem Vater als Eigentümer der genannten Liegenschaft jegliche Verfügung über diese verboten und deren Verwaltung bewilligt werde, in eventu jegliche Form der Veräußerung und Belastung der Liegenschaft verboten und ob dieser das Veräußerungs- und Belastungsverbot grundbücherlich angemerkt werde. Das Kind brachte dazu im Wesentlichen vor, ob der Vater verpflichtet werden könne, sich als selbstständig Erwerbstätiger nach dem Anspannungsgrundsatz um entsprechende Einkünfte zu bemühen, sei fraglich und schwer zu beurteilen; nur durch die Verwertung dessen Liegenschaft könnten Unterhaltszahlungen gesichert werden. Wegen der wirtschaftlich schlechten Verhältnisse des Vaters, der offenbar auch nicht in der Lage sei, die von ihm erworbene Liegenschaft samt Feriendorf touristisch oder sonst gewinnbringend zu nutzen, bestehe die dringende Gefahr, dieser werde seine Liegenschaft belasten oder veräußern. Es drohe auch der (exekutive) Zugriff durch Gläubiger des Vaters, und dieser habe überdies - unmittelbar nach Einbringung des Unterhaltsfestsetzungsantrages - ein Haus auf dessen Liegenschaft auf mehr als 90 Jahre um einen einmaligen Pachtzins von nur EUR 7.000,-- seinem Bruder überlassen, um das Objekt seinen Gläuigern zu entziehen. Diese Umstände machten es erforderlich, die Liegenschaft des Vaters unverzüglich vor dessen Manipulationen oder vor Zugriffen durch andrängende Gläubiger zu schützen.

Das Kind beantragte dann mit Eingabe vom 20. 6. 2003 (ON 121) u.a. die Bestellung eines Immobiliensachverständigen zur Klärung der Nutzungsmöglichkeiten der vom Vater erworbenen „L*****alm" (EZ *****) und des für eine sinnvolle(re) Nutzung gegebenenfalls erforderlichen Investitionsaufwandes.

Das Erstgericht verpflichtete in der Folge den Vater mit Teilbeschluss vom 10. 9. 2003 (ON 130), dem Kind von 1. 10. 2001 bis 30. 4. 2003 einen Unterhaltsbeitrag von EUR 218,02 und ab 1.5.2003 einen solchen von EUR 255,-- zu leisten; die Entscheidung über das Unterhaltsmehrbegehren behielt das Erstgericht einer gesonderten Beschlussfassung vor.

Der Vater sprach sich in seiner Äußerung vom 3. 3. 2004 (ON 142) gegen die Erlassung der vom Kind beantragten einstweiligen Verfügung aus, weil er seiner Unterhaltspflicht laut dem Teilbeschluss des Erstgerichtes nachkomme und er über die genannte unbelastete Liegenschaft verfüge, sodass es an einer subjektiven Anspruchsgefährdung fehle.

Das Erstgericht erließ mit Beschluss vom 10. 3. 2004 (ON 143) die vom Kind begehrte einstweilige Verfügung antragsgemäß; es erkannte aufgrund der Aktenlage eine Gefährdung der Unterhaltsansprüche des Kindes, weil der Vater offenkundig die Einbringung der gegen ihn gerichteten Forderungen zu vereiteln versuche.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters Folge und wies den Sicherungsantrag des Kindes mit der wesentlichen Begründung ab, dass dieses seiner Pflicht zur konkreten Behauptung und Bescheinigung des zu sichernden Anspruches nicht entsprochen habe. Das Kind habe keine Tatsachen vorgebracht und bescheinigt, aus denen sich eine Unterhaltspflicht des Vaters ergebe, die die mit Teilbeschluss des Erstgerichtes zuerkannten Beträge übersteige. Das Rekursgericht sprach weiters aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil den hier zur Anspruchsbescheinigung angeschnittenen Rechtsfragen über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs des Kindes ist entgegen dem - gemäß § 402 Abs 4 und § 78 EO iVm § 526 Abs 2 ZPO den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichtes unzulässig. Die Revisionsrekursbeantwortung des Vaters ist verspätet.

1. Das Erstgericht hat einen EUR 20.000,-- übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstandes angenommen und sich dabei wohl am zu sichernden Anspruch orientiert (idS auch 8 Ob 671/87; vgl auch 3 Ob 63/97d; König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren² Rz 3/115), wobei zur Bewertung die Bestimmungen der JN analog herangezogen werden können (vgl 3 Ob 520/87; 7 Ob 508/94; König, aaO). Ob nun die vom Erstgericht vorgenommene Bewertung im Hinblick auf die schon mit dem Teilbeschluss des Erstgerichtes vom 10. 9. 2003 (ON 130) titulierten, daher bereits einer Befriedigungsexekution zugänglichen und nach Ansicht des Rekursgerichtes vom Vater auch laufend bezahlten Unterhaltsbeiträge zutrifft, kann dahin gestellt bleiben; da nämlich das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig erklärt hat, ist dieser nicht schon nach § 528 Abs 1 Z 1a ZPO iVm §§ 402, 78 EO jedenfalls unzulässig.

2. In der Sache hat das Rekursgericht zunächst zutreffend dargestellt, dass in Geld bestehende Unterhaltsforderungen nicht etwa „andere Ansprüche" iSd § 381 EO, sondern nach nunmehr stRsp und hL Geldforderungen iSd § 379 EO darstellen, welche, soweit mangels vollstreckbaren Titels die Anwendung des § 372 EO ausscheidet und gerade nicht einstweiliger Unterhalt iSd § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO geltend gemacht wird oder werden kann, im Fall subjektiver oder objektiver Gefährdung iSd § 379 Abs 2 Z 1 oder 2 EO mit den in § 379 Abs 3 EO (taxativ) angeführten Maßnahmen sicherungsfähig sind (vgl Zechner, Sicherstellungsexekution und Einstweilige Verfügung, § 379 EO Rz 2; Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner, § 379 EO Rz 4 je mzN).

3. Im Sicherungsverfahren gelten - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - ungeachtet des Charakters des - hier außerstreitigen - Hauptverfahrens die Vorschriften der EO und subsidiär diejenigen der ZPO (§§ 402, 78 EO; vgl 1 Ob 97/99t; 7 Ob 508/94). Das Rekursgericht ist daher richtig davon ausgegangen, dass der behauptete und mit einstweiliger Verfügung zu sichernde Anspruch genau bezeichnet werden muss (RIS-Justiz RS0005210). Nach § 389 Abs 1 EO sind im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auch die den Antrag begründenden Tatsachen im Einzelnen darzulegen und in urkundlicher Form zu bescheinigen oder iS des § 274 ZPO durch sofort ausführbare Beweise glaubhaft zu machen (RIS-Justiz RS0005449[T1]; vgl auch RIS-Justiz RS0031458). Soll - wie hier - ein Unterhaltsanspruch gesichert werden, dann ist daher zu bescheinigen, dass der Gegner ein Vermögen hat oder sonst in der Lage ist, Unterhalt und in welcher Höhe zu leisten (6 Ob 241/68 = SZ 41/111).

4. Das Kind hat vor dem Erstgericht ein vom Vater als Verwaltungsratspräsident erzielbares Einkommen von monatlich EUR 4.000,-- nur angenommen, aber in keiner Weise bescheinigt und es unterstellt in seinem Revisionrekurs, dass der Vater überhaupt kein Einkommen aus dieser Funktion erzielt. Zur Klärung allenfalls möglicher Einkünfte aus der Verwertung der Liegenschaft des Vaters hat das Kind ebenfalls keine Bescheinigungsmittel vorgelegt, sondern sich auf das Gutachten eines Immobiliensachverständigen berufen; ein Sachverständigengutachten stellt aber kein parates Bescheinigungsmittel dar (stRsp; 4 Ob 127/03k; vgl auch 1 Ob 97/99t; 1 Ob 12/98s).

5. Dass das Erstgericht im Hinblick auf den außerstreitigen Charakter des Hauptverfahrens amtswegige Erhebungen hätte anstellen müssen, macht das Kind in seinem Revisionsrekurs nicht geltend. Der im Rechtsmittel vorrangig behandelten Frage, ob hier bei Stattgebung des Sicherungsantrages der Erfolg in der Hauptsache vorweggenommen würde, und deshalb besonders strenge Bescheinigungsanforderungen zu stellen seien, muss nicht nachgegangen werden, weil das Kind über die bereits titulierten Beträge hinausgehende Ansprüche nicht nur nicht ausreichend, sondern überhaupt nicht bescheinigt hat. Für die schon rechtskräftig zuerkannten und damit bereits der Befriedigungsexekution zugänglichen Unterhaltsbeiträge war schon zur Zeit der erstinstanzlichen Beschlussfassung der angestrebte Verfügungszeitraum längst abgelaufen und zu einem sonstigen konkreten Sicherungsbedürfnis für diese Teilbeträge führt das Kind ebenfalls nichts aus (zu bereits titulierten Forderungen vgl auch Feil, EO4, § 378 EO Rz 10; ferner 4 Ob 406/84 = RdW 1986, 44; 4 Ob 210/03s).

6. Die Entscheidung des Rekursgerichtes findet insgesamt in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs Deckung, weshalb Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung nicht zu lösen waren; der Revisionsrekurs war daher mangels der Voraussetzungen des gemäß § 402 Abs 4 und § 78 EO maßgebenden § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

7. Der Vater hat seine Revisionsrekursbeantwortung entgegen dem - im Revisionsrekursverfahren sinngemäß anzuwendenden - § 507a Abs 3 Z 3 ZPO direkt beim Obersten Gerichtshof eingebracht; die Rechtsmittelgegenschrift ist dann erst nach Ablauf der vierzehntägigen Frist des § 402 Abs 3 EO beim Erstgericht eingelangt, weshalb diese als verspätet zurückzuweisen war.

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