OGH 5Ob653/89

OGH5Ob653/899.1.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Dr. Wolfgang T***, Hauseigentümer, Wien 3., Hainburgerstraße 21, 2.) Marie T***, Hauseigentümerin, Wien 17., Alszeile 62, beide vertreten durch die Ewald R***

Gesellschaft mbH, Hausverwaltung, Wien 2., Glockengasse 1/II/8, diese vertreten durch Dr. Hans Pernkopf, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Georg A***, Angestellter, Wien 3., Hainburgerstraße 21/7, vertreten durch Dr. Rainer Cuscoleca, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erwirkung einer vertretbaren Handlung (Streitwert 30.000,-- S) infolge Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 26.September 1989, GZ 41 R 422/89-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 18.April 1989, 44 C 192/89v-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger sind schuldig, dem Beklagten die mit 3.395,70 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten 565,95 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Beklagte ist Hauptmieter der Wohnung top.Nr. 7 in dem den Klägern gehörenden Haus Wien 3., Hainburgerstraße 21. Die Kläger begehrten die Verurteilung des Beklagten, den ursprünglichen Zustand der Wohnung wiederherzustellen. Der Beklagte habe ohne Wissen und Willen der Kläger und ohne um die baubehördliche Genehmigung einzukommen, in der Wohnung bauliche Veränderungen durchgeführt und mehrfachen Aufforderungen, den vertrags- und gesetzwidrigen Zustand zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, nicht entsprochen. Der Beklagte wendete die Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges ein und beantragte für den Fall, daß dieser Prozeßeinrede nicht stattgegeben werden sollte, die Unterbrechung des Verfahrens, weil bei der Schlichtungsstelle des MBA für den

3. Bezirk zu Schli 2/89 ein Verfahren betreffend die Zustimmung der Vermieter zu den streitgegenständlichen baulichen Veränderungen anhängig sei.

Das Erstgericht erachtete die vom Beklagten erhobene Prozeßeinrede der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges für nicht berechtigt. Die Kläger machten einen auf den Mietvertrag gestützten Wiederherstellungsanspruch geltend. Derartige Ansprüche seien durch keine gesetzliche Regelung, insbesondere nicht durch § 37 MRG, ins außerstreitige Verfahren verwiesen.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Sachantrag der Kläger im außerstreitigen Verfahren zu behandeln und zu erledigen sei, hob das bisherige Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück; der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteige 15.000 S.

Zur Begründung führte das Rekursgericht aus:

Die für die "Veränderung (Verbesserung) des Mietgegenstandes (§ 9) "normierte Verweisung ins Außerstreitverfahren gelte auch für Entfernungs- und Wiederherstellungsbegehren in Fällen, in denen der Mieter Veränderungen (Verbesserungen), die nach § 9 MRG der Zustimmung des Vermieters bedürfen, ohne dessen Zustimmung vorgenommen hat. Da für vertragliche Ansprüche des Mieter auf bauliche Veränderungen des Mietobjektes die Verweisung in das außerstreitige Verfahren nicht gelte, seien auch aus einem im Mietvertrag vereinbarten Zustimmungserfordernis abgeleitete vertragliche Ansprüche des Vermieters auf Unterlassung der Veränderung auf den streitigen Rechtsweg verwiesen. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes werde mit der vorliegenden Klage ein vertraglicher Anspruch auf Unterlassung oder Wiederherstellung des früheren Zustandes gerade nicht geltend gemacht. Die in der Klage angeführte Aufforderung zur Beseitigung des vertrags- und gesetzwidrigen Zustandes sei kein Tatsachenvorbringen über eine etwaige vertraglich festgelegte Unterlassungsverpflichtung oder Wiederherstellungsverpflichtung. Der Sachantrag sei daher durch § 37 Abs. 1 Z 6 MRG in das außerstreitige Verfahren verwiesen.

In diesem Sinne sei daher dem Rekurs Folge zu geben und die Klage, deren Behandlung als Antrag im außerstreitigen Verfahren wegen der in Wien zwingend vorgeschalteten Schlichtungsstelle der Gemeinde (§ 39 MRG) nicht möglich sei, zurückzuweisen gewesen. Der Ausspruch über den Wert des Beschwerdegegenstandes gründe sich auf § 527 Abs. 1, § 528 Abs. 1 und 2 ZPO, wobei sich die Zulässigkeit des weiteren Rechtszuges bereits aus einer analogen Anwendung des § 519 Abs. 1 Z 1 ZPO ergebe.

Rechtliche Beurteilung

Der von den Klägern gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist ohne die Beschränkungen des § 528 Abs. 2 ZPO zulässig (SZ 59/28; hier sind die einschlägigen Bestimmungen der ZPO mit Rücksicht darauf, daß das Datum der Entscheidung der zweiten Instanz nicht nach dem 31.12.1989 liegt, noch in der Fassung vor der erweiterten Wertgrenzennovelle 1989 anzuwenden: Art. XLI Z 5 WGN 1989), aber nicht berechtigt. Auszugehen ist davon, daß auf § 9 MRG gestützte Ansprüche nur im außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG geltend gemacht werden können, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Ansprüche des Mieters auf Duldung oder Abgabe von Erklärungen oder des Vermieters auf Unterlassung oder Wiederherstellung des bisherigen Zustandes handelt, ob der Antrag ordnungsgemäß vor Durchführung der Veränderungen oder erst danach gestellt wird; die Geltendmachung von auf Vereinbarungen gestützten Ansprüchen hat hingegen auf dem streitigen Rechtsweg zu erfolgen (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht, Rz 3 und 7 aE zu § 9 MRG, Rz 15 zu § 37 MRG je mwN aus der Rechtsprechung). Daß die für Veränderungen (Verbesserungen) des Mietgegenstandes (§ 9 MRG) in § 37 Abs. 1 Z 6 MRG normierte Verweisung ins Außerstreitverfahren auch für Entfernungs- und Wiederherstellungsbegehren in Fällen, in denen der Mieter Veränderungen (Verbesserungen), die nach § 9 MRG der Zustimmung des Vermieters bedürfen, ohne dessen Zustimmung vorgenommen hat, gilt, wurde nicht nur in MietSlg. 38.520, sondern seither auch noch in der Entscheidung 8 Ob 559/88 ausgesprochen. In der Entscheidung 3 Ob 524/88 (s. MietSlg. 39.254) wurde unter Hinweis auf Würth in ImmZ 1984, 7 zu den vergleichbaren Bestimmungen der §§ 8, 37 Abs. 1 Z 5 MRG dargelegt, daß einem gegen den Vermieter gerichteten Begehren des Mieters (der es verabsäumt hat, sich gegen einen eigenmächtigen Eingriff des Vermieters durch fristgerechte Erhebung einer Besitzstörungsklage zu schützen) auf Wiederherstellung des früheren Zustandes des Mietgegenstandes der streitige Rechtsweg verschlossen ist und nur mehr das Außerstreitverfahren offensteht. Von dieser Auffassung abzugehen, sieht sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlaßt, zumal dadurch sichergestellt wird, daß sich auch bei Wiederherstellungsbegehren die übrigen Mieter des Hauses am Verfahren beteiligen können (vgl. Würth-Zingher aaO, Rz 52 zu § 37 MRG; MietSlg. 38.534/13).

Die Kläger vertreten nun in ihrem Revisionsrekurs zunächst den Standpunkt, das Bestandobjekt werde in einem bestimmten Zustand übergeben. Selbst wenn kein schriftlicher Vertrag errichtet worden sei, bestehe ein Vertrag zu den üblichen Bedingungen im Rahmen der Regelungen des Gesetzes. Es unterliege also keinem Zweifel, daß dann in dem Umfang der gesetzlichen Regelungen zwischen den Parteien kraft Vertrages Rechtsbeziehungen entstanden seien. Wenn daher in der Klage behauptet werde, daß die klagsgegenständlichen Änderungen des Mietgegenstandes vertragswidrig seien, dann sei damit auch die Prozeßbehauptung aufgestellt worden, daß mangels einer Zustimmung des Vermieters aufgrund des Vertrages der Mieter nicht berechtigt sei, diese Änderungen vorzunehmen. Es würden daher Ansprüche aus dem Mietvertrag, also vertragliche Ansprüche, geltend gemacht. Dem kann nicht gefolgt werden.

Der Umstand allein, daß durch den Mietvertragsabschluß zwischen Vermieter und Mieter vertragliche Rechtsbeziehungen entstehen, genügt noch nicht für die Annahme, ein Begehren des Vermieters auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Mietgegenstandes werde im Sinne der vorerwähnten Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen außerstreitigem und streitigem Verfahren auf eine Vereinbarung gestützt. Auch die im § 9 MRG getroffene Regelung setzt ein Mietverhältnis voraus. Daß der zwischen den Streitteilen zustandegekommene Mietvertrag besondere, über die gesetzliche Regelung hinausgehende Vereinbarungen betreffend das Recht des Mieters zur Vornahme bestimmter Veränderungen am Mietgegenstand enthalte und das Wiederherstellungsbegehren darauf gestützt werde, ist dem Klagevorbringen aber nicht zu entnehmen.

Sodann meinen die Kläger, § 9 MRG betreffe nur wesentliche Veränderungen des Mietgegenstandes, die zugleich dessen Verbesserung mit sich bringen. Derartige Veränderungen lägen hier nicht vor, sodaß schon deshalb eine Verweisung des gegenständlichen Wiederherstellungsbegehrens in der außerstreitige Verfahren nach §§ 9, 37 Abs. 1 Z 6 MRG nicht in Betracht komme. Auch dieser Argumentation kann nicht beigetreten werden.

Wie Krejci in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 238 f in Verbindung mit 255 zutreffend darlegt, ist unter einer "Veränderung (Verbesserung)" im Sinne des § 9 MRG zwar grundsätzlich keine Erhaltungs-, sondern vor allem eine Verbesserungsarbeit zu verstehen; dem Mieter wird aber auch zugestanden, Veränderungen vorzunehmen, die weder als Erhaltungs- noch als Verbesserungsarbeit qualifiziert werden können. Wenn auch alle Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten Veränderungen des bestehenden Zustandes auslösen, ist nicht umgekehrt jede Veränderung bereits notwendig entweder eine Erhaltungs- oder eine Verbesserungsarbeit. So kann z. B. die Errichtung oder die Entfernung einer (nicht tragenden) Zwischenwand lediglich einem persönlichen bzw. familiären Bedürfnis des Mieters dienen, objektiv aber keine Verbesserung sein. Die materiellrechtliche Frage aber, ob die Kläger ihre Zustimmung und eine etwa erforderliche Antragstellung bei der Baubehörde in Ansehung der verfahrensgegenständlichen Veränderungen wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 9 MRG verweigern können, ist für die verfahrensrechtliche Frage, ob das Wiederherstellungsbegehren der Kläger im außerstreitigen Verfahren oder im streitigen Verfahren zu erledigen ist, ohne Bedeutung.

Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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