OGH 5Ob631/89

OGH5Ob631/8921.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rudolf L***, Besitzer zu "Harrland", Mittersill, Loferstein 2, vertreten durch Dr. Herwig Grosch, Dr. Günter Harasser und Dr. Simon Brüggl, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Johann B***, Besitzer zu "Unterfilzbach" in Kitzbühel, Mittersill, Weißenstein 6, vertreten durch Dr. Erich Proksch und Dr. Richard Proksch, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 28.000,-- S) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 31.Mai 1989, GZ 21 R 313/88-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Mittersill vom 11.Mai 1988, GZ C 164/86 -18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.087 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 514,50 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit seiner am 17.11.1986 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt der Kläger, den Beklagten zur Unterlassung von Viehtrieben und Fahrten mit Fahrzeugen welcher Art auch immer - mit Ausnahme von Fahrten im Winter zum Zweck der Heuabfuhr mit einem Traktor und Hänger - über das Grundstück 803 KG Schloß Mittersill zu verurteilen. Er sei seit dem Jahre 1980 Eigentümer des Harrlandgutes, bestehend unter anderem aus dem Grundstück 803 Harrlandwiese KG Schloß Mittersill. Der Beklagte sei aufgrund des Kaufvertrages vom 19.11.1956 Eigentümer des Grötziggutes, bestehend unter anderem aus den Grundstücken 828/1, 828/2, 829/1 und 829/2 Ladstattwiese je KG Schloß Mittersill. Die im Eigentum des Beklagten stehende Ladstattwiese grenze an die sich im Eigentum des Klägers befindende Harrlandwiese. Die Ladstattwiese sei vom Beklagten nach dem Eigentumserwerb zunächst überhaupt nicht bewirtschaftet und erst in späteren Jahren zur Abdeckung des Heubedarfes herangezogen worden. Das auf der Ladstattwiese gesammelte Heu sei vom Beklagten in auf der Wiese stehenden Heuschobern untergebracht und im Winter auf sein Gut überführt worden. Zu diesem Zweck habe der Beklagte vom Rechtsvorgänger des Klägers, allerdings bis auf jederzeitigen Widerruf, die Erlaubnis erhalten, mit einem Traktor samt Anhänger die nunmehr im Eigentum des Klägers stehende Harrlandwiese zu überfahren. Seit rund 5 Jahren maße sich der Beklagte Rechte an, welche ihm nicht zukämen. So sei es wiederholt vorgekommen, daß der Beklagte Vieh über die Harrlandwiese getrieben, dieses Grundstück mit Traktoren, Privatpersonenkraftwagen, Motorrädern und sogar mit einer Schubraupe überfahren habe. Nicht nur, daß dabei ein erheblicher Flurschaden entstanden sei, habe sich der Beklagte überdies erdreistet, auch einen Teil des Zaunes der Harrlandwiese abzulegen. Nachdem der Beklagte wiederholt darauf aufmerksam gemacht worden sei, daß ihm lediglich das jederzeit widerrufliche Recht zukäme, die Harrlandwiese im Winter mit einem Traktor samt Anhänger zum Zweck der Heuabfuhr zu befahren, habe dieser behauptet, zu den geschilderten Eingriffen berechtigt zu sein. Im übrigen könne der Beklagte auch aus dem Umstand, daß die Ladstattwiese in die Güterweggenossenschaft Mittersiller Sonnberg einbezogen sei, keine Grundlage für das von ihm behauptete Recht ableiten. Nicht nur, daß der Weg der Güterweggenossenschaft nicht bis zur Harrlandwiese des Klägers führe, sondern bereits vorher, nämlich bei den Gebäuden des Hofes des Klägers, ende, müsse der Beklagte auch dann, wenn er über die Forststraße zu seiner Wiese zufahre, den Güterweg benützen und ergebe sich eben daraus die Einbindung in die Güterweggenossenschaft. Der Zaun zwischen den streitgegenständlichen Liegenschaften werde vom Kläger instandgehalten. In Berücksichtigung des bislang unbestrittenen Winterrechtes werde eine Durchfahrt freigehalten. Bis 1983 sei die Ladstattwiese aber jedenfalls so gut wie gar nicht bewirtschaftet worden. Auch existiere ein Weg als solcher über den Grund des Klägers nicht. Die Ladstattwiese sei im übrigen über eine Forststraße zu erreichen. Der Beklagte fahre über die Forststraße und die Grundstücke 828/1 und 828/2 auch auf die Grundstücke 829/1 und 829/2. Keineswegs richtig sei, daß stets sämtliche zur Bewirtschaftung der Ladstattwiese notwendigen Materialien über die Harrlandwiese geführt worden seien. Der Beklagte bestreitet das Klagevorbringen, beantragt Klageabweisung und wendet ein, daß die Zufahrt zu seinen Grundstücken 828/1, 828/2, 829/1 und 829/2 Ladstattwiese je KG Schloß Mittersill seit unvordenklichen Zeiten über das Grundstück 803 Harrlandwiese des Klägers führte. Auf diesem Weg, der quer über das Grundstück 803 des Klägers geführt sei, werde schon seit unvordenklicher Zeit Heu abgeführt und Vieh getrieben. Alle notwendigen Fahrten, die einer ordentlichen Bewirtschaftung der Ladstattwiese dienten, seien einst mit Pferdefuhrwerken durchgeführt worden und würden jetzt mit Traktoren gemacht. Die Behauptung des Klägers, daß dem Beklagten die Erlaubnis zum Befahren dieses Weges nur bis auf Widerruf gegeben worden sei, sei unrichtig. Dem stehe ein mindestens 100jähriger, wenn nicht noch längerer Gebrauch des Weges gegenüber. Auf jeden Fall habe der Beklagte alle Rechte durch Zeitablauf ersessen. Im übrigen sei die Ladstattwiese in die Güterweggenossenschaft Mittersiller Sonnberg miteinbezogen. Ein Güterweg dieser Genossenschaft führe direkt zur Harrlandwiese des Klägers. Daraus ergebe sich schlüssig, daß über die Harrlandwiese eine Zufahrt zur Ladstattwiese gegeben sein müsse, weil ansonsten die Einbindung letzterer in die Güterweggenossenschaft sinnlos wäre. Insbesondere handle es sich bei dem Zufahrtsrecht des Beklagten nicht nur um ein Winterrecht. Der Zaun zwischen dem Grundstück 803 Harrlandwiese und dem Grundstück 829/1 Ladstattwiese werde vom Kläger instandgehalten. Dabei sei die bestehende Durchfahrt nie in Frage gestellt oder zugemacht worden. Vielmehr sei dem Kläger bzw dessen Vorgänger stets bewußt und leicht erkennbar gewesen, daß auf dem Weg und durch die Durchfahrt zum Beklagten gefahren würde. Dieser habe nämlich stets die Ladstattwiese bewirtschaftet und dabei jährlich rund 1.000 kg Kunstdünger und Materialien für rund 250 m Zaun mit einem Fahrzeug über die Harrlandwiese gebracht. Alle diese Fahrten seien durchgeführt worden, ohne vorher den Kläger um Erlaubnis zu fragen. Der Behauptung des Klägers, die Ladstattwiese sei auch über eine Forststraße zu erreichen, werde entgegnet, daß die forstliche Bringungsgemeinschaft Rapfberg lediglich die Grundstücke 828/1 und 828/2 einbinde. Eine Zufahrt zu den Grundstücken 829/1 und 829/2 sei wegen der Steilheit des Geländes nicht gegeben. Es seien daher stets sämtliche zur Bewirtschaftung notwendigen Materialien über die Harrlandwiese geführt worden und sei dies auch heute noch der Fall.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging dabei von folgenden Sachverhaltsfeststellungen aus:

Der Kläger ist aufgrund des Übergabsvertrages vom 11.6.1980 unter anderem Eigentümer des Grundstückes 803 KG Schloß Mittersill. Dieses Grundstück wird gemeinhin als Harrlandwiese bezeichnet. Der Beklagte ist aufgrund des Kaufvertrages vom 19.11.1956 unter anderem Eigentümer der Grundstücke 828/1, 828/2, 829/1 und 829/2 je KG Schloß Mittersill. Die genannten Grundstücke werden gemeinhin als Ladstattwiese bezeichnet.

Das Grundstück 829/1 des Beklagten und das Grundstück 803 des Klägers grenzen zumindest teilweise aneinander.

Oberhalb der Grundstücke 828/1 und 828/2 ist der Forstweg Rapfberg geführt, von welchem ein provisorischer Weg in Richtung zu den Grundstücken 828/1 und 828/2 des Beklagten abzweigt. Dieser Weg windet sich in Serpentinen bergabwärts und führt sowohl über die Grundstücke 828/1 und 828/2 als auch in weiterer Folge über die Grundstücke 829/1 und 829/2 bis zur Fluchtlinie des streitgegenständlichen Weges. Der eben erwähnte, über die genannten Grundstücke führende Weg befindet sich in einem schlechten Zustand und ist teilweise noch nicht austrassiert. Der Weg ist nicht geschottert und weist teilweise tiefe Einkerbungen ins Erdreich auf. Teile dieser als Weg bezeichneten Grundfläche heben sich von den benachbarten Grundflächen nicht wesentlich ab. Bei einem Großteil der als Weg bezeichneten Grundfläche ist allerdings deutlich die Wegtrasse zu sehen.

An der Grenzfläche zwischen den Grundstücken 829/1 und 803 sind zwei Pfosten eingeschlagen, welche durch eine "Drahtlecke" verbunden sind. Bei einer "Drahtlecke" handelt es sich um eine Art bewegliches Gatter. Die beiden Pfosten bestehen aus Lärchenholz. Auf dem Grundstück 829/2 befindet sich ein Heustadel.

Bei den Grundstücken 829/1, 829/2, 828/1 und 828/2 handelt es sich teilweise um steiles Gelände.

Bei der streitgegenständlichen, über das Grundstück 803 Harrlandwiese vom Beklagten als Zufahrt zu den Grundstücken 829/1, 829/2, 828/1 und 828/2 Ladstattwiese benützten Grundfläche handelt es sich nicht um einen Weg im eigentlichen Sinn. Es ist eine leichte, großteils mit Gras überwachsene Trasse erkennbar, welche sich nicht wesentlich von ihrer Umgebung unterscheidet. Der streitgegenständliche Weg wird im Westen in unmittelbarer Nähe zur Bauparzelle 68 durch ein Gatter eingegrenzt.

Vorstehende Feststellungen verstehen sich bezogen auf den Termin des Ortsaugenscheins am 8.9.1987.

Nachfolgend werden zur Vereinfachung für die oben beschriebenen und gegenständlichen Grundstücke jeweils die Gemeinbegriffe Harrlandwiese und Ladstattwiese verwendet.

Der Beklagte erwarb die Ladstattwiese von August S***, und zwar - wie ausgeführt - mit Kaufvertrag vom 19.11.1956. August S*** hatte die Ladstattwiese zwischen dem 1.5.1950 und dem 1.5.1955 gemeinsam an Johann H*** und dessen Bruder verpachtet. Die beiden Brüder nützten die gegenständlichen Grundflächen in dem angeführten Zeitraum derart, daß sie im Sommer das Gras mähten und in einem auf dem Grundstück stehenden Heustadel deponierten und es im Winter mit einem Pferdeschlitten in zwei oder drei Fahrten verbrachten und anschließend an das Vieh verfütterten. Ab dem Jahre 1951 bis zur Beendigung des Pachtverhältnisses ließen die Brüder H*** ferner jeweils 10 bis 15 Schafe auf der Ladstattwiese weiden. Der Viehtrieb erfolgte dabei jeweils über die Harrlandwiese; ebenfalls wurden die Fahrten zur Heuabfuhr über die Harrlandwiese geführt. Im Sommer hingegen durchquerten die Brüde H*** die Wiese des Klägers nur einmal mit einem von einem Pferd gezogenen Holzfuhrwerk. Das Pferd ließen sie auf der Ladstattwiese 2 oder 3 Tage weiden, verrichteten die Mäharbeiten, brachten das Heu in den Stadel ein und fuhren nach Einbringung des Heus wieder zurück.

Bei der Eingehung des Pachtverhältnisses hatte der Verpächter August S*** den Brüdern H*** versichert, sie könnten über die Harrlandwiese fahren. Hauptgesprächspartner S*** war dabei der Bruder Johann H***. Beiden Brüdern (und August S***, wie das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung ausführte) war indessen klar, daß der Rechtsvorgänger des Klägers die Möglichkeit zur Überquerung der Harrlandwiese nur aus Gefälligkeit und ohne sich dadurch einer fortdauernden Verbindlichkeit unterziehen zu wollen, gestattete. Diesbezüglich war zumindest der Bruder Johann H*** von August S*** informiert worden.

Der Bruder Johann H*** fragte dann schließlich auch den Rechtsvorgänger des Klägers, Josef L***, jeweils um Erlaubnis, wenn er beabsichtigte, die Harrlandwiese zu den bezeichneten Zwecken zu benützen.

Im Zeitraum zwischen der Beendigung des Pachtverhältnisses und dem Verkauf der Grundstücke an den Beklagten bewirtschaftete August S*** die Ladstattwiese selbst nicht.

Mit dem erwähnten Kaufvertrag vom 19.11.1956 schließlich erwarb der Beklagte die Grundstücke 828/1, 828/2, 829/1 und 829/2 von August S***. Der Kaufvertrag enthält unter Punkt II die Klausel:

"Übergabe und Übernahme der Kaufgrundstücke erfolgen in alten Zielen und Marken, Rechten und Lasten, wie die Kaufgrundstücke bisher besessen und benutzt wurden." Der Beklagte erlangte also, wie das Erstgericht in der Beweiswürdigung ausführte, frühestens mit diesem Tag den Besitz an den Kaufgrundstücken. Im Rahmen der Vertragsgespräche hatte August S*** dem Beklagten erklärt, er könne über die Harrlandwiese zur Ladstattwiese zufahren. S*** hat dem Beklagten aber nicht dargelegt, daß diese Möglichkeit jeweils von der Erlaubnis des Josef L*** abhängig sei.

Der Beklagte trieb nunmehr ab dem Jahre 1957 alljährlich im Frühjahr und Herbst Tiere über die Harrlandwiese zum Weidegang auf die Ladstattwiese. Im Frühjahr und im Herbst weideten die Tiere dort für einen Zeitraum von etwa 2 bis 3 Wochen.

Der Beklagte war der Ansicht, daß ihm diesbezüglich ein Recht zustehe. Dieses Recht vermeinte er auch bezüglich des Überquerens der Harrlandwiese mit Pferdefuhrwerken, Traktoren und anderen landwirtschaftlichen Maschinen für sich in Anspruch nehmen zu können. Tatsächlich überfuhr der Beklagte dann auch im Folgezeitraum ab 1956 die Harrlandwiese mit Fahrzeugen der bezeichneten Art. Ob diese Besitzeshandlungen schon mit oder unmittelbar nach dem Besitzerwerb im November 1956 einsetzten und in den folgenden Jahren bis zum Jahr 1986 kontinuierlich und ununterbrochen ausgeübt wurden, konnte nicht festgestellt werden.

Sofern der Beklagte die Harrlandwiese mit Fahrzeugen durchquerte oder Vieh über diese trieb, fragte er Josef L*** bzw ab dem Jahr 1980 den Kläger diesbezüglich nicht um Erlaubnis. Bis zum Oktober des Jahres 1986 wurde ihm sein vermeintliches Recht weder von Josef L*** noch vom Kläger streitig gemacht. Im Oktober 1986 meldete der Kläger Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Besitzausübung durch den Beklagten in der bisher geübten Form an. Der Kläger hatte - wie bereits ausgeführt - die Harrlandwiese im Jahr 1980 von seinem Vater übernommen. Zu diesem Zeitpunkt war ihm bekannt, daß der Beklagte berechtigt war, im Winter Traktorfahrten zum Zweck der Heuabfuhr über das Grundstück 803 durchzuführen. Von darüber hinausgehenden, dem Beklagten allenfalls im Zusammenhang mit der Harrlandwiese zustehenden Rechten war dem Kläger nichts bekannt. Diesen Sachverhalt unterzog das Erstgericht nachstehender rechtlichen Beurteilung:

Die Ersitzung sei der Erwerb eines Rechtes durch qualifizierten Besitz während der gesetzlich bestimmten Zeit. Sie führe zu einem originären Rechtserwerb, der zur Folge habe, daß der bisherige Rechtsinhaber sein Recht verliere (§ 1478 ABGB). Erworben werde das Recht, das inhaltlich dem ausgeübten Besitz entspreche. Die Voraussetzungen der Ersitzung seien eine ersitzungsfähige Sache, ein qualifizierter Besitz und dessen Ausübung während einer bestimmten Zeit. Die Ersitzung von Dienstbarkeiten und anderen dinglichen Rechten an fremdem Grund setze grundsätzlich einen 30jährigen redlichen und echten Besitz voraus. Bittweise Ausübung einer Dienstbarkeit oder eines sonstigen Rechtes führe nicht zur Ersitzung. Ein Rechtsbesitzer sei dann redlich, wenn er glauben könne, daß ihm die Ausübung des Rechtes zustehe. § 345 ABGB definiere den unechten oder fehlerhaften Besitz. Danach sei unechter Besitzer, wer gewaltsam in den Besitz eindringe, sich diesen durch List oder durch Bitte heimlich erschleiche oder wer "das, was man ihm aus Gefälligkeit, ohne sich einer fortdauernden Verbindlichkeit zu unterziehen, gestattet, in ein fortwährendes Recht zu verwandeln sucht". Mit dem letzten Satz meine das Gesetz das sogenannte Prekarium, nämlich die Bittleihe. Der Bittleiher erhalte einen Gebrauch auf jederzeitigen Widerruf. Die Ersitzungszeit beginne mit dem Besitzerwerb zu laufen. Es greife aber eine Besitzanrechnung Platz, wenn während der Dauer der Ersitzungszeit eine Rechtsnachfolge - sei es Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge - stattfinde. Rechtsnachfolge liege auch im Verhältnis zwischen dem Pächter einer Liegenschaft und dem dem Verpächter folgenden Eigentümer vor. Entspreche der Besitz des Vorgängers den Ersitzungsvoraussetzungen des § 1460 ABGB nicht, besitze der Vorgänger also etwa unecht, so greife eine Besitzanrechnung nicht Platz.

Im gegenständlichen Fall sei der Beklagte nach den Feststellungen seit 19.11.1956 Besitzer der Ladstattwiese; der Kläger habe am 17.11.1986 die Klage eingebracht. Offenbar seit Oktober 1986 sei der Beklagte im übrigen durch die entstandenen Schwierigkeiten über den Rechtsstandpunkt des Eigentümers der als dienendes Gut in Anspruch genommenen Liegenschaft informiert gewesen, weshalb die Ersitzungsfrist bereits mit Ende Oktober 1986, spätestens aber jedenfalls mit Einbringung der Klage am 17.11.1986 als unterbrochen anzusehen sei. Dies bedeute, daß sich der Beklagte zur Erfüllung der Ersitzungszeit auf seine Rechtsvorgänger beziehen müsse. Im Lichte der obigen Ausführungen sei aber zu fordern, daß der Besitz August S*** bzw Johann H*** und dessen Bruders echt und redlich gewesen sei. Eben am Erfordernis der Echtheit fehle es aber im gegebenen Fall. Wie festgestellt, sei August S*** bzw Johann H*** und dessen Bruder die Möglichkeit zum Benützen der Harrlandwiese zum Zweck der Bewirtschaftung der Ladstattwiese nur als bloße Gefälligkeit und gegen Widerruf eingeräumt worden. Der Beklagte habe zwar davon nichts gewußt; die Ersitzungszeit für ihn habe aber damit erst am 19.11.1956 begonnen. Im übrigen sei die Besitzausübung während der gesamten Ersitzungszeit notwendig. Erforderlich sei eine ununterbrochene kontinuierliche Ausübung des Besitzes. Selbst wenn aber der Viehtrieb ab dem Jahre 1956 wirklich ununterbrochen und kontinuierlich erfolgt wäre, wäre bei den oben dargestellten Umständen die Ersitzungszeit noch nicht abgelaufen. Es sei daher nur mehr von untergeordnetem Interesse, ob der Beklagte tatsächlich in der vom Gesetz geforderten Kontinuität ab dem Jahr 1956 mit Fahrzeugen die Harrlandwiese durchquert habe. In diesem Zusammenhang sei noch anzuführen, daß die Beweislast für das Vorliegen der Ersitzungsvoraussetzungen grundsätzlich den Ersitzungsbesitzer treffe. Es genüge aber in letzterer Hinsicht, daß der Bestand des Besitzes zu Beginn und am Ende der Ersitzungszeit feststehe, während der Gegner einen in der Ersitzungszeit eingetretenen Besitzverlust oder eine Unterbrechung der Ersitzung zu beweisen habe, weiters auch, daß der Besitz nicht redlich und (oder) nicht echt war; doch habe der Beklagte hier eben den qualifizierten Besitz zu Beginn der Ersitzungszeit nicht beweisen können. Da das Eigentum des Klägers beim angeführten Grundstück unbestritten sei und sich der Beklagte somit zu Unrecht darauf berufen habe, daß die beschriebenen Besitzeshandlungen durch ein ersessenes Recht gedeckt seien, könne sich der Kläger gemäß § 523 ABGB über die Anmaßung der Servitut beschweren und vom Beklagten als Störer seines Eigentums Unterlassung weiterer Störungen begehren.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge, sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt, und erklärte die Revision für zulässig. Es führte aus:

Der Behandlung der einzelnen Berufungsgründe seien folgende rechtlichen Überlegungen voranzustellen: Gegenstand dieses Verfahrens sei die Frage, ob der Beklagte durch Ersitzung eine Dienstbarkeit an dem Grundstück 803 erworben habe. Gemäß § 1470 ABGB müsse zur Ersitzung einer Dienstbarkeit an einer unbeweglichen Sache 30 Jahre lang redlicher und echter Besitz ausgeübt werden. Nach § 326 ABGB sei redlich, wer aus wahrscheinlichen Gründen eine Sache, die er besitzt, für die seine halte; wer also glauben könne, daß ihm die Ausübung des Besitzes zustehe (Koziol-Welser6 II 19). Echt sei ein Besitz, der "nec vi, clam, precario modo" erworben worden sei (§ 345 ABGB). Gemäß § 1493 ABGB sei die Ersitzungszeit des Vormannes einzurechnen, wenn dieser redlicher Besitzer gewesen sei. Die erste zentrale Frage dieses Verfahrens sei daher, ob der Rechtsvorgänger des Beklagten oder dessen Pächter redliche und echte Besitzer des beanspruchten Rechtes gewesen seien. Hier bekämpfe der Beklagte in seiner Beweis- und Tatsachenrüge die Feststellung des Erstgerichtes, wonach den Brüdern H*** klar gewesen sei, daß der Rechtsvorgänger des Klägers die Möglichkeit zur Überquerung der Harrlandwiese nur aus Gefälligkeit und ohne sich dadurch einer fortdauernden Verbindlichkeit unterziehen zu wollen, gestattet habe und diesbezüglich zumindest der Bruder Johann H*** von August S*** informiert worden sei. Das Erstgericht hätte aufgrund der Beweisergebnisse feststellen müssen, daß sowohl August S*** als auch die Brüder H*** den Weg in der Meinung benutzt hätten, dazu berechtigt zu sein, wobei ihnen nicht bekannt gewesen sei, worauf dieses Recht zurückzuführen sei. Aus näher dargelegten Überlegungen hege das Berufungsgericht keine Bedenken gegen die inhaltlich von der Feststellungsrüge des Beklagten mitumfaßte Feststellung, wonach der Bruder Johann H*** dann schließlich auch den Rechtsvorgänger des Klägers, Josef L***, jeweils um Erlaubnis fragte, wenn er beabsichtigte, die Harrlandwiese zu den bezeichneten Zwecken zu benützen. Damit komme aber der ausdrücklich vom Beklagten gerügten, eingangs wiedergegebenen Feststellung keine entscheidungswesentliche Bedeutung mehr zu. Zu der vom Beklagten anstelle der gerügten Feststellung gewünschten Feststellung sei zu sagen, daß hiezu lediglich die Aussagen der Zeugen August S*** und Johann H*** vorlägen, denen derartiges jedoch nicht mit Sicherheit entnommen werden könne.

Die nächste zentrale Frage sei daher, wann der Besitz des Beklagten begonnen habe. Hiezu wünsche der Beklagte die Feststellung, daß er die Ladstattwiese unmittelbar im Anschluß an die Brüder H*** (d.h. ab Mai 1955) benützt habe, wobei der schriftliche Kaufvertrag erst später errichtet worden sei; seit Mai 1955 habe er Vieh über die Harrlandwiese getrieben und sei mit Fuhrwerken darüber gefahren. Damit bekämpfe der Beklagte die Feststellung des Erstgerichtes, wonach der Beklagte ab Frühjahr 1957 Vieh zum Weidegang über das Grundstück 803 getrieben und ab dem Besitzerwerb im November 1956 das Grundstück mit Fahrzeugen befahren habe. Dem sei entgegenzuhalten, daß der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren kein Vorbringen dazu erstattet habe, ab wann er selbst das nunmehr behauptete Recht in Anspruch genommen bzw ausgeübt habe, sondern nur ganz allgemein ausgeführt habe, daß der strittige Weg seit unvordenklicher Zeit (seit mehr als 100 Jahren) in Ausübung einer Dienstbarkeit in Anspruch genommen worden sei und er daher jedenfalls durch Zeitablauf alle Rechte ersessen habe. Daß er unabhängig von der Inanspruchnahme des Rechtes durch seine Voreigentümer aufgrund eigener mehr als 30jähriger Besitzausübung die Ersitzungsvoraussetzungen erfülle, habe der Beklagte nicht behauptet. Der Kläger habe im Verfahren erster Instanz den Kaufvertrag vom 19.11.1956 Beilage B vorgelegt. Der Beklagte habe ausdrücklich die Echtheit und Richtigkeit dieser Urkunde zugestanden (AS 19). Die Anerkennung der Echtheit bedeute, daß davon auszugehen sei, daß die im Kaufvertrag enthaltenen Erklärungen tatsächlich vom Verkäufer August S*** und vom Käufer Johann B***, dem nunmehrigen Beklagten, stammten (§ 294 ZPO; Fasching, Lehrbuch, Rz 954). Die Anerkennung der Richtigkeit bedeute, daß das in der Urkunde (Kaufvertrag) Verfügte, Erklärte oder Bezeugte der Wahrheit entspreche (Holzhammer, Zivilprozeßrecht2, 260) bzw., daß die beurkundeten Tatsachen mit den wirklich vorgefallenen oder bestehenden Tatsachen übereinstimmten (Fasching, Lehrbuch, Rz 949). Dies bedeute für den gegenständlichen Fall, daß die im Kaufvertrag enthaltene Erklärung, daß Besitz, Genuß, Wag und Gefahr erst am Tage der Vertragserrichtung (= 19.11.1956) auf den Beklagten übergegangen sind, als im Sinne des § 266 Abs. 1 ZPO zugestandene Tatsache zu werten sei. In diesem Fall sei aber der Richter gezwungen, die zugestandene Tatsache aus dem Kreis der zu beweisenden Tatsachen auszuscheiden und sie ungeprüft seinem Urteil zugrundezulegen. Nehme der Richter trotzdem über zugestandene Tatsachen Beweise auf und lege er seiner Entscheidung trotz eines inhaltlich zulässigen Tatsachengeständnisses andere als die zugestandenen Tatsachen zugrunde, so verstoße er gegen die zwingenden Vorschriften des Gesetzes (Fasching, Kommentar III 244 Anm 3 zu § 266 ZPO). Da der Beklagte - wie oben ausgeführt - hinsichtlich des Zeitpunktes des allfälligen Abschlusses eines mündlichen Kaufvertrages und der tatsächlichen Inbesitznahme des Grundstückes kein Vorbringen erstattet habe, liege auch keine allfällige Einschränkung des Zugeständnisses im Sinne des § 266 Abs. 2 ZPO vor. Das Erstgericht habe daher allenfalls von der zugestandenen Tatsache abweichende Beweisergebnisse nicht berücksichtigen dürfen, sodaß auch auf die Ausführungen der Berufung zur Beweiswürdigung in diesem Punkt nicht näher einzugehen sei. Vielmehr habe das Erstgericht mit Recht nicht festgestellt, daß der Besitz am herrschenden Gut und damit die Beanspruchung des dienenden Gutes durch den Beklagten bereits vor dem 19.11.1956 erfolgt sei.

Da somit davon auszugehen sei, daß die behauptete Ersitzung erst nach dem 19.11.1956 begonnen habe, die Klage aber knapp vor Ablauf der 30jährigen Ersitzungszeit bei Gericht eingelangt sei, habe das Erstgericht dieser zu Recht stattgegeben.

Gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO sei die Revision für zulässig zu erklären gewesen, weil die Frage, ob die Anerkennung der Richtigkeit einer Urkunde ein Geständnis im Sinne des § 266 ZPO darstelle und damit für das Gericht ein Beweisthemenverbot schaffe, eine Rechtsfrage des Verfahrensrechtes von grundsätzlicher, also über den vorliegenden Einzelfall hinausgehender Bedeutung sei, zu der - soweit überblickbar - keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die "wegen unvollständiger Tatsachenfeststellung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung" erhobene Revision des Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klageabweisung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Beklagte macht zusammengefaßt geltend: Ein Geständnis des Beklagten, daß der Besitz an den Grundstücken 828/1, 828/2, 829/1 und 829/2 je KG Schloß Mittersill (erst) am 19.11.1956 auf ihn übergegangen sei, liege nicht vor. Das Gericht sei keineswegs gezwungen, zugestandene Tatsachen gegen seine Überzeugung der Entscheidung zugrundezulegen; es brauche nur dann keine Beweise aufzunehmen, wenn es keinen Grund sehe, an der Richtigkeit des Geständnisses zu zweifeln. Ein Geständnis könne auch durch Parteiaussage widerrufen werden. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung (richtig: bei richtiger Anwendung der Prozeßgesetze: EvBl 1974/29) und bei richtiger Würdigung der aufgenommenen sowie der darüber hinaus angebotenen Beweise hätte festgestellt werden müssen, daß die vorerwähnten Grundstücke bereits im Frühjahr 1955, sofort nach Auslaufen des Pachtverhältnisses, an den Beklagten (mit Handschlag) verkauft und übergeben worden seien, der sogleich nach deren Übergabe an ihn mit der Bewirtschaftung begonnen und seither die Harrlandwiese in der für die Zeit ab Unterfertigung des schriftlichen Kaufvertrages festgestellten Art kontinuierlich und ohne Unterbrechungen benützt habe; es hätte ferner festgestellt werden müssen, daß der Beklagte den an die Harrlandwiese angrenzenden Teil der Ladstattwiese nur über den über die Harrlandwiese führenden Weg, der ein Weg im eigentlichen Sinn sei, erreichen könne. Dem kann nicht gefolgt werden.

Der Kläger brachte vor, daß der Beklagte aufgrund des

Kaufvertrages vom 19.11.1956 Eigentümer unter anderem der

Grundstücke 828/1, 828/2, 829/1 und 829/2 je KG Schloß Mittersill

sei, und berief sich zum Beweis dafür unter anderem auf diesen

Kaufvertrag. Zu Beginn der ersten zur Beweisaufnahme anberaumten

Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 24.3.1987 legte der

Kläger eine Ablichtung des Kaufvertrages vor, die als Beilage B zum

Akt genommen wurde. Der Beklagtenvertreter anerkannte die

Übereinstimmung mit dem Original, die Echtheit und die Richtigkeit

(AS 19). Diese Prozeßerklärung des Beklagten, der keinerlei

Tatsachenvorbringen des Beklagten darüber, ab wann er selbst die

nunmehr behaupteten Rechte in Anspruch genommen habe, vorausgegangen

war, wurde im erstinstanzlichen Verfahren in der Folge weder

ausdrücklich noch durch Erstattung eines damit im Widerspruch

stehenden Tatsachenvorbringens schlüssig widerrufen. Die

Parteiaussage des Beklagten (AS 20 f) kann jedenfalls dann, wenn der

Beklagte - wie hier - anwaltlich vertreten war, ein solches

Tatsachenvorbringen nicht ersetzen (Arb 9458 ua). Die

Kaufvertragsurkunde vom 19.11.1956 hat folgenden hier

interessierenden Wortlaut: "Mit gegenwärtiger Urkunde verkauft und

übergibt Herr August S*** .... an Johann B*** ... und

dieser kauft und übernimmt in sein Alleineigentum ..... die

Grundstücke 828/1, 828/2, 829/1 , 829/2 je Wiese .... unter

nachstehenden Bedingungen: I. Besitz und Genuß, Wag und Gefahr an den Kaufgrundstücken gehen von heute an auf den Käufer über, welcher auch alle von da an laufenden Steuern und Abgaben aus eigenem zu tragen hat."

Der Oberste Gerichtshof pflichtet dem Berufungsgericht darin bei, daß angesichts dieser Sachlage davon auszugehen ist, daß der Beklagte durch die Anerkennung der Richtigkeit der Beilage B (4 Ob 513/88) zugestanden hat, den Besitz an den Kaufgrundstücken (erst) am 19.11.1956 erworben zu haben, woraus folgt, daß er die nunmehr behaupteten Rechte nicht früher in Anspruch genommen hat. Davon, daß Punkt I des Kaufvertrages als Bedingung (im technischen Sinn) oder Feststellung einer rechtlichen Voraussetzung zu werten wäre, die einem Geständnis nicht zugänglich ist, kann schon mit Rücksicht auf den Vertragswortlaut keine Rede sein; der Ausdruck "Bedingungen" wurde im gegenständlichen Kaufvertrag im Sinne von Vertragsbestimmungen gebraucht.

Gemäß § 266 Abs. 1 ZPO bedürfen (in Rechtsstreitigkeiten, die nicht vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht werden) die von einer Partei behaupteten Tatsachen insoweit keines Beweises, als sie vom Gegner in einem vorbereitenden Schriftsatz, im Lauf des Rechtsstreites bei einer mündlichen Verhandlung oder im Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters ausdrücklich zugestanden werden. Ausdrücklich zugestandene Tatsachen sind nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich als wahr anzunehmen und der Entscheidung ungeprüft zugrundezulegen (EvBl 1957/90, 5 Ob 55/69, EvBl 1974/29 ua, zuletzt etwa 4 Ob 513/88). Das gerichtliche Geständnis bindet grundsätzlich das Gericht an die zugestandenen Tatsachen und schafft bezüglich dieser Tatsachen ein Beweisthemenverbot (10 Ob S 239/89; ebenso Fasching, Lehrbuch, Rz 849). Eine der von der Rechtsprechung (EvBl 1957/90, VersR 1968, 1052, 5 Ob 55/69 ua) anerkannten Ausnahmen von der bindenden Wirkung des Geständnisses liegt hier nicht vor: Das Gegenteil ist nicht allgemein bekannt. Das Geständnis widerspricht nicht den allgemein anerkannten Erfahrungssätzen. Das Gegenteil ist dem Gericht nicht im Zuge seiner amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden. Es handelt sich auch nicht um eine von Amts wegen zu prüfende und zu erhebende Tatsache. Auch die von Fasching (Lehrbuch, Rz 851) zusätzlich anerkannte Ausnahme, daß die Unrichtigkeit des Geständnisses im laufenden Rechtsstreit aufgrund der bisherigen Beweisergebnisse dem Richter eindeutig erwiesen erscheint, ist nicht gegeben. Die von Rechberger-Simotta (Zivilprozeßrecht3 Rz 489 mwN) vertretene Auffassung, auf die sich der Beklagte beruft, wonach das Gericht nicht gezwungen ist, das Geständnis gegen seine Überzeugung seiner Entscheidung zugrundezulegen, und Beweise nur dann nicht aufzunehmen braucht, wenn es keinen Grund hat, an der Richtigkeit des Geständnisses zu zweifeln, wird vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt.

Geht man von diesen Erwägungen aus, dann ist dem Berufungsgericht auch darin Recht zu geben, daß es wegen des Geständnisses des Beklagten auf dessen in der Berufung erhobene Beweisrüge ungeachtet des Vorliegens von der zugestandenen Tatsache abweichender Beweisergebnisse nicht einzugehen hatte (vgl EvBl 1974/29). Ist der Entscheidung des Streitfalles aber zugrundezulegen, daß der Beklagte die nunmehr von ihm behaupteten Rechte nicht länger als 30 Jahre vor der Einbringung der gegenständlichen Klage erstmals in Anspruch genommen hat, dann kommt es auf die vom Beklagten bekämpften bzw angestrebten weiteren Feststellungen nicht mehr an. Nur der Vollständigkeit halber sei bemerkt, daß die diesbezüglichen Revisionsausführungen zum Teil überdies gegen den Grundsatz verstoßen, daß in der Berufung unterlassene Mängelrügen in der Revision nicht nachgetragen und Beweisrügen in der Revision überhaupt nicht erhoben werden können. Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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