OGH 5Ob605/84

OGH5Ob605/8430.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** Gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Robert Siemer und Dr. Heinrich Siegl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Werner S*****, vertreten durch Dr. Franz Calice, Rechtsanwalt in Wien, wegen 165.617,38 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Juni 1984, GZ 3 R 111/84‑10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 4. Jänner 1984, GZ 30 Cg 578/83‑6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00605.840.0430.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Beklagte ist schuld, der Klägerin binnen 14 Tagen die mit 7.825,35 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich 536,85 S USt und 1.920 S Barauslagen) zu ersetzen.

Begründung

Die klagende Leasinggesellschaft kaufte bei der Büromaschinengesellschaft B***** eine Mikrocomputeranlage mit Cameo‑Platte, Monitor und zwei Druckern und schloss über diese Anlage mit dem Beklagten als Leasingnehmer am 23. 12. 1981/11. 1. 1982 einen Leasingvertrag mit einer Laufzeit von 60 Monaten, B***** brachte die Anlage am 27. 1. 1982 dem Beklagten zur Auslieferung. Der Leasingvertrag sah ua vor:

„4.) Der Mieter hat gegen den Vermieter keine weitergehenden Ansprüche, als dem Vermieter vom Lieferanten eingeräumt werden. Dies gilt insbesondere für die Gewährleistungsansprüche. Der Vermieter ist verpflichtet, seine diesbezüglichen Ansprüche an den Mieter abzutreten.

5.) ... Der Vermieter haftet nicht für eine bestimmte Eigenschaft oder Eignung des Mietgegenstands, insbesondere nicht für den vom Mieter beabsichtigten Verwendungszweck ...

6.) ... Der Mieter ist nicht berechtigt, etwaige Forderungen, die er allenfalls gegen den Vermieter hat, auf die Forderungen des Vermieters aus diesem Vertrag in Aufrechnung zu bringen ...

8.) Mit der Übernahme des Mietgegenstands geht jede Haftung und Gefahr auf den Mieter über. Wird der Gebrauch des Mietgegenstands vereitelt, so ist der Mieter verpflichtet, für die Mietdauer die Miete in voller Höhe weiter zu bezahlen ...“.

Der beklagte Leasingnehmer informierte die klagende Leasinggeberin von Problemen, die mit der Programmerstellung ‑ die im Leasingvertrag nicht genannt ist ‑ aufgetreten seien, und bekam von der Leasinggeberin die Antwort, dass diese bereit sei, die ihr gegen B***** zustehenden Gewährleistungs‑ und allenfalls auch Schadenersatzansprüche an ihn (Leasingnehmer) abzutreten; sollte er dies wünschen, möge er eine kurze Mitteilung geben und es werde ihm dann die Abtretungserklärung zugesendet.

Mit Brief vom 13. 12. 1982 erklärte der Rechtsvertreter des Beklagten in dessen Namen mit der Behauptung, dass die Anlage mangels funktionsfähiger Software nicht einsatzbereit sei, gegenüber B***** den Rücktritt vom Kaufvertrag und informierte davon zugleich die Klägerin. Der Vertreter des Beklagten ersuchte mit Schreiben vom 18. 8. 1983 den Klagevertreter um die Bestätigung der Abtretung der Gewährleistungsansprüche und urgierte mit Brief vom 21. 10. 1983 nach Einbringung der Klage gegen B***** eine förmliche Abtretungserklärung, die ihm vom Klagevertreter mit Schreiben vom 25. 10. 1983 übermittelt wurde.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten nach dem Begehren der Klägerin zur Zahlung der Leasingraten für die Zeit vom November 1982 bis Dezember 1983 in Höhe von 165.617,38 S samt stufenweiser berechneter Zinsen.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diese Entscheidung und erklärte die Revision wegen der seines Erachtens nach uneinheitlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Auswirkungen einer gegenüber dem Lieferanten abgegebenen Wandelungserklärung auf die Verpflichtung des Leasingnehmers zur Fortzahlung der Leasingraten für zulässig.

Übereinstimmend kamen die Vorinstanzen zu dem Ergebnis, es handle sich hier um ein mittelbares Leasing (Finanzierungsleasing), bei dem dem Leasinggeber die Funktion des Kreditgebers zukomme, den Leasingnehmer hingegen mehr oder weniger alle Risken treffen; Gewährleistungsansprüche könne der Leasingnehmer nicht gegen den Leasinggeber, sondern ‑ nach Abtretung, wozu der Leasinggeber verpflichtet sei ‑ nur gegen den Lieferanten der Anlage geltend machen, er müsse aber ungeachtet der Gebrauchsvereitelung für die Dauer der Miete das vereinbarte Entgelt dem Leasinggeber weiterhin zahlen. Die Vereinbarung wäre nur dann unwirksam, wenn der Beklagte gegenüber dem Lieferanten die Auflösung des Kaufvertrags erreicht hätte, weil in diesem Falle auch die Geschäftsgrundlage für den Leasingvertrag weggefallen wäre (SZ 52/34 und 157); die Wirkung des vom beklagten Leasingnehmer gegenüber dem Lieferanten der Anlage geltend gemachten Wandelungsanspruchs ‑ die klagende Leasinggeberin habe diesen Gewährleistungsanspruch dem Beklagten pflichtgemäß abgetreten ‑ vollziehe sich jedoch nicht schon durch die einseitige Erklärung des Erwerbers (so OGH in JBl 1982, 38 mwN, entgegengesetzt jedoch in JBl 1980, 259 mit Hinweisen auf die Judikatur des BGH), sondern mit der rückwirkenden Entscheidung des Gerichts. Bis zum Erfolg seiner Gewährleistungsklage sei deshalb der beklagte Leasingnehmer verpflichtet, der klagenden Leasinggeberin weiterhin die fälligen Leasingraten zu zahlen; erst dann könne der Rückabwicklungsanspruch zwischen den Streitteilen beurteilt werden.

Gegen die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagtem gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO.

Die Klägerin meint in der Rechtsmittelgegenschrift, dass die Revision unzulässig sei, und begehrt (hilfsweise), ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist in der Tat unzulässig.

Zu Unrecht hat das Gericht zweiter Instanz eine klärungsbedürftige Unsicherheit in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bei der Beantwortung der Frage gesehen, ob zur Herbeiführung der vom Gewährleistungsberechtigten beanspruchten Rechtsfolge (hier Wandelung des Vertrags) die einseitige außergerichtliche Erklärung hinreicht oder eine gerichtliche Feststellung dieses Rechts erforderlich ist. Es ist allerdings richtig, dass die Entscheidung des 1. Senats vom 2. 5. 1979, 1 Ob 568/79 (JBl 1980, 259), die außergerichtliche Erklärung der Wandelung des Vertrags als ausreichend erachtete, ohne dazu freilich österreichische Rechtsprechung und Lehre anzuführen, doch hat Wilhelm in einer kurzen Glosse zur Entscheidungspublikation (JBl 1980, 262) zutreffend darauf hingewiesen, dass in dem zur Entscheidung gestandenen Rechtsfall die gerichtliche Geltendmachung wegen des (sinnfälligen) Anerkenntnisses des vorhandenen Sachmangels durch den Verkäufer tatsächlich entbehrlich war, sonst aber grundsätzlich nur die richterliche Feststellung des Mangels und der Gewährleistungspflicht der in § 933 ABGB festgehaltenen Forderung des Gesetzes entspricht. Diese Ansicht deckt sich mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor und nach der zitierten Entscheidung des 1. Senats (SZ 47/138 = EvBl 1975/183 S 394; SZ 50/85 = JBl 1978, 374 = EvBl 1978/9 S 48; 3 Ob 565/80 vom 30. 7. 1980, unveröffentlicht; JBl 1982, 38; 6 Ob 623‑626/81 vom 17. 5. 1981, unveröffentlicht; 6 Ob 632/82 vom 19. 5. 1983, unveröffentlicht; EvBl 1979/127 S 391; EvBl 1982/32 S 103) und steht auch in völliger Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre (vgl Koziol‑Welser , Grundriss I 207 mwN in FN 40; Reischauer in Rummel , ABGB, Rz 1 zu § 933).

Dieser Rechtsfrage kommt demnach keine Erheblichkeit im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zu, weshalb auch die Revision gemäß § 508a Abs 1 ZPO zurückzuweisen ist.

Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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