OGH 5Ob57/95

OGH5Ob57/9527.5.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Adamovic, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Liselotte K*****, Pensionistin, *****vertreten durch Dr.Peter Kisler und DDr.Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechtes und anderer Grundbuchshandlungen ob der EZ ***** Grundbuch ***** infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 9.Februar 1995, GZ 18 R 642/94, womit infolge Rekurses der Antragstellerin der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 28.Juli 1994, TZ 3849/94, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

Auf Grund des Kaufvertrages vom 4.6.1992, Beilage ./A, der beglaubigten Vollmacht vom 27.5.1992, Beilage./B, der Erklärungen gemäß § 2 Abs 2 des O.ö. Ausländergrunderwerbsgesetzes vom 24./30.6.1992, Beilage./C, und vom 6.6.1994, Beilage./D, des notariellen Schenkungsvertrages vom 20.12.1993, Beilage./E, und der Vorlage des Staatsbürgerschaftsnachweises vom 15.10.1992, Beilage ./F, sowie der Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in Linz vom 22.9.1992, GZ 92/122.526-8, und vom 17.5.1994, GZ 301/0732, Beilage ./2, werden ob der Liegenschaft EZ***** Grundbuch ***** nachstehende Eintragungen bewilligt:

1.) die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Liselotte K*****, geboren *****;

2.) die Löschung der gegenstandslos gewordenen Vormerkung des Eigentumsrechtes B-LNr. 4c und 5c für Christiana H*****.

Die Veranlassung der bücherlichen Eintragungen wird dem Erstgericht übertragen.

Hievon werden verständigt:

1.) Renate O*****,

2.) Dr.Alfred O*****,

3.) Christiana H*****,

4.) Liselotte K*****,

5.) DDr.Karl Pistotnik, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Börsegasse 12 unter Anschluß der Urkunden Beilage./A bis ./F,

6.) Stadtgemeinde Linz, 4020 Linz und

7.) Finanzamt Linz, 4010 Linz, Hauptplatz 5.

Text

Begründung

Im Eigentumsblatt der Liegenschaften EZ ***** Grundbuch *****, mit dem Grundstück Nr.***** Baufläche und der Grundstücksadresse *****, ist das Eigentumsrecht für Renate O*****, geboren ***** unter B-LNR 4 und Dr.Alfred O*****, geboren *****, unter B-LNR 5 je zur Hälfte einverleibt. Ob diesen Anteilen ist jeweils das Eigentumsrecht für Christiana H*****, geboren *****, und zwar unter B-LNR 4c/B-LNR 5c vorgemerkt.

Auf Grund der angeführten Urkunden beantragte die Antragstellerin die Löschung der Vormerkung des Eigentumsrechtes B-LNR 4c und 5c der Geschenkgeberin und die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Geschenknehmerin (= Antragstellerin). Die Unbedenklichkeitsbescheinigung (zur Rechtfertigung der Vormerkung für die Geschenkgeberin) liege nunmehr vor; die vorgemerkte Eigentümerin habe die Liegenschaft der Antragstellerin (Geschenknehmerin) geschenkt und verzichte ausdrücklich auf die Rechtfertigung ihres vorgemerkten Eigentumsrechtes.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab, weil die Bestimmung des § 22 GBG infolge Vormerkung des Eigentumsrechtes für die Geschenkgeberin nicht anwendbar sei. Die Vormerkung des Eigentumsrechtes für die Geschenknehmerin sei nicht infolge Fehlens einer der in § 41 GBG angeführten Urkunden erfolgt, sondern wegen Fehlens der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung. Zur Erwirkung der Vormerkung sei daher die Zustimmung dessen, gegen den die Vormerkung bewirkt worden sei, nicht mehr erforderlich. Die Bestimmungen der §§ 41 bis 48 GBG kämen daher nicht zur Anwendung. Im übrigen sei dem Antrag auch keine Urkunde angeschlossen, aus der hervorgehe, daß die vorgemerkte Eigentümerin der Löschung der Vormerkung zustimme. Die Übertragung des Eigentumsrechtes an die Antragstellerin könne daher nur nach vorheriger Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung erfolgen. Die Zulässigkeit der Löschung der Vormerkung hätte auch zur Folge, daß sich der einverleibte bzw vorgemerkte Eigentümer im Hinblick auf § 49 GBG dem Zugriff eventueller Gläubiger entziehen könne, indem im Bedarfsfall die Löschung oder die Rechtfertigung der Vormerkung beantragt werde. Zu bemerken sei, daß die Vormerkung in dem am 22.6.1994 eingelangten Gesuch "unter Hinweis darauf, daß die Unbedenklichkeitsbescheinigung noch nicht vorgelegt werden kann und daher vorerst nur die Vormerkung des Eigentumsrechtes beantragt wird", beantragt worden sei. Die betreffende Unbedenklichkeitsbescheinigung sei jedoch schon am 22.9.1992 ausgestellt worden.

Dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der Antragstellerin gab das Rekursgericht mit den Aussprüchen nicht Folge, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige 50.000 S, der Revisionsrekurs sei zulässig.

Die Frage sei, ob im Falle einer Weiterveräußerung einer Liegenschaft durch einen vorgemerkten Eigentümer die Verbücherung auch so geschehen könne, daß die Vormerkung auf Grund eines Verzichtes des Vorgemerkten gelöscht und der neue Erwerber gemäß § 22 GBG unmittelbar an die Stelle des einverleibten Eigentümers eingetragen werde, sei doch im vorliegenden Fall der Antragstellerin die Liegenschaft, ob welcher sie die Einverleibung des Eigentumsrechtes zu ihren Gunsten begehre, geschenkt worden, wobei für die Geschenkgeberin, welche die Liegenschaft erworben hatte, im Grundbuch das Eigentumsrecht vorgemerkt worden sei. Aus § 160 Abs 1 BAO ergebe sich, daß Eintragungen in das Grundbuch, denen Rechtsvorgänge über den Erwerb von Grundstücken zu Grunde liegen, auch dann vorgenommen werden dürfen, wenn eine Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht vorliege. Wenn diese Möglichkeit erst durch die Novelle zur BAO geschaffen worden sei, sei es nicht verwunderlich, daß die im Grundbuchsgesetz enthaltenen Bestimmungen hinsichtlich der Rechtfertigung der Vormerkung, der Eintragung der Rechtfertigung und der Löschung der Vormerkung (§§ 41 ff GBG) auf diesen Fall der Vormerkung nicht Bezug nehmen. Damit könne jedoch nicht von vornherein gesagt werden, daß diese Bestimmungen zur Gänze nicht auf eine Vormerkung auf Grund bzw im Falle des Fehlens der Unbedenklichkeitsbescheinigung Anwendung fänden. Insbesondere spreche § 47 GBG von der Möglichkeit der Löschung der Vormerkung, wenn der, der sie erwirkt habe, unbedingt darauf verzichtet habe. Da keine sachlichen Gründe erkennbar seien, welche gegen die Möglichkeit sprächen, daß auch jemand, dessen Eigentumsrecht infolge Fehlens der Unbedenklichkeitsbescheinigung (bloß) vorgemerkt worden sei, auf diese verzichten könne, sei davon auszugehen, daß diese Möglichkeit auch dem auf Grund des Fehlens der Unbedenklichkeitsbescheinigung (bloß) vorgemerkten Eigentümer offenstehe (vgl Bittner, NZ 1985, 205). Gehe man von der Möglichkeit - iS des § 47 GBG - aus, daß der vorgemerkte Eigentümer auf sein Recht verzichten könne, so sei hier noch zu prüfen, ob ein solcher Verzicht vorliege. Nach Punkt 8.) des Schenkungsvertrages erteile die Geschenkgeberin ihr ausdrückliches und unwiderrufliches Einverständnis, daß das Eigentumsrecht für die Geschenknehmerin zur Gänze einverleibt werden könne. In Punkt 9.) erteilten sämtliche Vertragsteile für den Fall, daß der Schenkungsvertrag zu seiner grundbücherlichen Durchführung einer Ergänzung oder Abänderung bedürfe, dem Rechtsanwalt DDr.Pistotnik, ausdrücklich Vollmacht, solche Abänderungen und Ergänzungen des Vertrages in ihrem Namen vorzunehmen ....... sowie diesen Vertrag grundbücherlich durchzuführen. Somit zeige sich, daß im Schenkungsvertrag keine ausdrückliche Erklärung der vorgemerkten Eigentümerin hinsichtlich ihrer Zustimmung zur Löschung der Vormerkung enthalten sei. Eine solche sei auch dem Antrag selbst nicht zu entnehmen, der nur von der Geschenknehmerin gestellt worden sei. Sie sei nicht zum Antrag auf Löschung des vorgemerkten Rechtes berechtigt, worin sich der Fall von der Entscheidung NZ 1989/162 (mit Anmerkung von Hofmeister NZ 1989, 341) unterscheide.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob ein Verzicht auf die Vormerkung des Eigentumsrechtes im Falle einer fehlenden Unbedenklichkeitsbescheinigung möglich sei, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege; dies gelte auch für die Frage, ob hinsichtlich der Vormerkung (bloß) die "Löschung" oder "Einverleibung der Löschung" zu beantragen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem zuvor genannten Grund zulässig und auch berechtigt.

Durch die außerbücherliche Übertragung nach § 22 GBG wird im Sinne der Lehre von Titel und Modus (§§ 380 und 425 ABGB) und dem Eintragungsgrundsatz (§ 431 ABGB) vereinfachend (vgl Feil, Grundbuchsgesetz2, Rz 1 zu § 22) von der oder den Zwischeneintragung/en abgesehen, wenn eine geschlossene Kette von Titeln ("unter Nachweisung seiner Vormänner") vorliegt, sodaß die Eintragung der Zwischenberechtigten unterbleiben kann. Es handelt sich insoweit nicht um eine Einschränkung des Eintragungsgrundsatzes oder der Anerkennung von außerbücherlichem Rechtserwerb, sondern um den Entfall der überflüssigen Einverleibungen, die sogleich wieder durch eine Einverleibung ihrer Löschung gegenstandslos würden.

Die Antragstellerin kann sich hier auf eine geschlossene Kette von Titeln stützen, indem die Liegenschaftseigentümer ihre Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 4.6.1992 der "zwischenberechtigten" Käuferin übertragen habe und diese sodann mit notariellem Schenkungsvertrag vom 20.12.1993 als Geschenkgeberin der Antragstellerin als Geschenknehmerin zu einem Titel zum Erwerb der Liegenschaft verholfen hat.

Daß das Eigentum der "zwischenberechtigten" Käuferin vor ihrer Schenkung an die Antragstellerin vorgemerkt war und noch der Rechtfertigung iS des § 40 GBG bedürfte, ist rechtlich unerheblich. An der durch § 22 GBG gewährten Begünstigung kann somit auch der "nur" vorgemerkte Käufer teilhaben (Hofmeister NZ 1989, 341 in Anmerkung zur NZ 1989/162, 339). Es wäre ein unnötiger Formalismus, die Rechtfertigung der Vormerkung zu verlangen, wenn gleichzeitig dieser Erwerbsvorgang nicht einmal für "eine juristische Sekunde" Bestand hätte und eine weitere Übertragung erfolgt. Die "Bedingung der Rechtfertigung" (§ 40 GBG), hier die Vorlage der (1.) Unbedenklichkeitsbescheinigung, wirkt zurück auf einen Zeitpunkt vor der Schenkung und schließt mangels Rechtfertigung der Vormerkung eine "außerbücherliche Übertragung" im Sinne des § 22 erster Satz GBG nicht aus. Die Befürchtung, daß Eintragungen gegen den vorgemerkten Eigentümer (§ 49 GBG) vereitelt werden könnten, steht der Zulässigkeit der "Löschung der Vormerkung" nicht entgegen, weil die aus solchen Eintragungen Berechtigten immer sowohl mit dem Eintritt der Bedingung als auch mit deren Ausbleiben zu rechnen haben, soferne nicht der Eintritt der Bedingung schuldhaft vereitelt worden wäre (vgl Knütel, Zur sogenannten Erfüllungs- und Nichterfüllungsfiktion bei der Bedingung, JBl 1976, 613; JBl 1991, 382; SZ 53/140).

Ein Grund für eine Beschränkung des Verzichtes auf eine Rechtsposition aus einer Vormerkung ist nicht erkennbar. Insofern ist dem Rekursgericht zuzustimmen, daß auf das Recht aus der Vormerkung des Eigentumsrechtes infolge fehlender Unbedenklichkeitsbescheinigung verzichtet werden kann (§ 47 GBG).

Entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichtes ist aber ein solcher Verzicht in der Abgabe der Aufsandungserklärung (§ 32 Abs 1 lit b GBG) unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht (Punkt 8 des Schenkungsvertrages). Des in Punkt 9) dem Rechtsvertreter der Antragstellerin eingeräumten Gestaltungsrechtes, allfällige Ergänzungen zur Durchführung des Vertrages vorzunehmen, bedarf es daher nicht. Wie sich aus dem § 85 Abs 3 GBG ergibt, stehen Einverleibung und Vormerkung in einem solchen Verhältnis zueinander, daß ein Größenschluß aus der Aufsandungserklärung, die eine Zustimmung zur Löschung der Vormerkung in sich begreift, auf die Entbehrlichkeit des Verzichtes auf das Recht aus der Vormerkung gerechtfertigt ist. Es bedürfte nach § 85 Abs 3 GBG vielmehr eines Ausschlusses der Zulässigkeit eines solchen Größenschlusses, sodaß eine Erklärung, die neben der bedingungslosen Einwilligung in die Einverleibung des Rechtserwerbes überdies die weitere Zustimmung zur Löschung der dadurch gegenstandslosen Vormerkung verlangte, nicht erforderlich ist. Dies folgt aus der Überlegung des zweistufigen Rechtserwerbes durch Vormerkung und nachträgliche Rechtfertigung, sodaß nicht einsichtig ist, weshalb zur Aufgabe des Vollrechtes eine Erklärung ausreicht, die zur Aufgabe des Anwartschaftsrechtes unzulänglich sein sollte. Dazu kommt noch die Erwägung, daß der Verzicht grundsätzlich formfrei ist (vgl Rummel-Rummel, ABGB2, Rz 8 zu § 1444), sodaß neben diesem zwingenden Größenschluß eine besondere Form für den Verzicht auf das Recht aus der Vormerkung nicht zu verlangen ist.

Eine zusätzliche Überlegung macht einen gesonderten Verzicht der vorgemerkten Eigentümerin auf ihr Recht entbehrlich. Da die Rechtfertigung auf den Zeitpunkt der Vormerkung zurückwirkt (SZ 28/170 = JBl 1955, 623, NZ 1955,170; Feil Grundbuchsrecht2 369; Marent/Preisl Grundbuchsrecht2 Rz 1 zu § 40) ist auf Grund der gleichzeitig vorgelegten Unbedenklichkeitsbescheinigung (für die Rechtfertigung des Erwerbes der vorgemerkten Eigentümerin) so vorzugehen, als wäre deren Eigentum bereits vor Anbringung des nunmehrigen Gesuches einverleibt worden. Für die Aufgabe ihrer Rechtsposition ist hingegen die (vorhandene) Aufsandungserklärung gemäß § 32 Abs 1 lit b GBG jedenfalls ausreichend, ohne daß es einer zusätzlichen Einwilligung in die Löschung der Vormerkung ihres Eigentumsrechtes bedürfte, die, würde sie nicht gelöscht, eine bleibende nur Verwirrung stiftende, weil in Wahrheit gegenstandslos gewordene Eintragung darstellte.

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