Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei Paula J*** ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.225,45 (darin S 565,95 Umsatzsteuer, keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 22.1.1905 geborene Altbauer Paul K*** starb am 3.3.1981. Er hinterließ die drei Töchter Theresia M***, geboren am 15.10.1941, Paula J***, geboren am 26.4.1944, und Hildegard S***, geboren am 1.9.1945. Seine Ehe war geschieden. Am 24.6.1976 holte sich Paul K*** von dem Landesbeamten Dr. Paul A*** Rat, weil er seine Töchter im Testament nicht berücksichtigen wollte. Dr. Paul A*** riet ihm, den Töchtern den Pflichtteil zu vermachen, verfaßte einen Testamentsentwurf und gab dieses mit Schreibmaschine geschriebene Schriftstück, in welchem eine halbe Zeile freigelassen war, weil Paul K*** erst selbst den Namen seines Testamentserben bestimmen wollte, dem Paul K*** mit. Der Text war in slowenischer Sprache abgefaßt.
Paul K*** hatte am 5.10.1977 beim Notar in Bleiburg ein Testament hinterlegt. Er tauschte diese letztwillige Anordnung am 28.3.1978 aus und nahm sie am 14.2.1979 zurück.
Am 21.4.1981 wurde ein mit der Hand geschriebenes und unterschriebenes Testament in slowenischer Sprache beim Verlassenschaftsgericht kundgemacht. Das Schriftstück hatte der nun beklagte Neffe des Erblassers in einem verschlossenen und versiegelten Umschlag beim Gerichtskommissär überreicht. Das Schriftstück mußte erst übersetzt werden. Die deutsche Übersetzung hatte folgenden Wortlaut:
"Freiwillig, frei von Gewalt, Drohung, List oder Irrtum erkläre ich mit diesem Schriftstück meinen letzten Willen wie folgt. Zu meinem Erben setze ich meinen Neffen Valentin K***, Grablach 10, ein. Seine Töchter Paula und Theresia schränke ich auf den ihnen zukommenden Anteil ein. Meinem Erben lege ich die Verpflichtung auf, daß er gewissenhaft und vollständig die Verpflichtungen gegenüber Ludmilla H*** erfüllt, welche aus dem Vertrag zwischen mir und ihr, geschlossen am 13.2.1983 vor dem Notar in Bleiburg hervorgehen. Außerdem lege ich meinem Erben die Verpflichtung auf, daß er für eine slowenische Aufschrift auf meinem Grabstein sorgt und mein Grab pflegt.
Pawel K***, beim Hause Mak,
geb. 22.1.1905
Woroujach, am 15.8.1976"
Der Text dieses Schriftstückes folgt wörtlich dem maschingeschriebenen Testamentsentwurf des Dr. Paul A*** und stimmt mit diesem überein. Nur die Worte "mojega necaka Valentina K*** Grable 10 waren in die Leerstelle eingefügt.
Der Beklagte erklärte sich unter Berufung auf dieses eigenhändige Testament zum ganzen Nachlaß zum Erben. Die drei Töchter des Erblassers bezweifelten die Richtigkeit und Echtheit des Testamentes vom 15.8.1976 und erklärten sich zu je einem Drittel des Nachlasses auf Grund des Gesetzes zu Erben.
Das Verlassenschaftsgericht bestimmte, daß die Töchter, die sich auf die gesetzliche Erbfolge stützten, als Kläger gegen den Testamentserben aufzutreten haben.
Innerhalb der ihnen gesetzten Frist erhoben zwei der drei gesetzlichen Erben die Klage mit dem Begehren auf Feststellung, daß das schriftliche Testament ungültig sei und ihnen das Erbrecht zum Nachlaß ihres Vaters Paul K*** zustehe. Ihnen sei aufgefallen, daß das kundgemachte Testament nicht vom Erblasser geschrieben sei. Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Erblasser habe mit eigener Hand von dem ihm übergebenen maschinschriftlichen Entwurf des Dr. Paul A*** den Text abgeschrieben und ihn als Erben eingesetzt.
Das Erstgericht erkannte, daß das schriftliche Testament vom 15.8.1976 ungültig ist, wies aber das Begehren auf Feststellung ab, daß den Klägerinnen zum Nachlaß des Paul K*** auf Grund des Gesetzes das Erbrecht zustehe, weil die Erbrechtsklage nur der Bestreitung des Erbrechtes des Beklagten diene, nicht aber der Feststellung des Erbrechtes des Klägers.
Das Berufungsgericht änderte infolge der nur vom Beklagten erhobenen Berufung das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es auch das Begehren auf Feststellung abwies, das Testament vom 15.8.1976 sei ungültig. Zugleich sprach das Berufungsgericht aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 15.000,-- nicht aber S 300.000,-- übersteigt und daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei.
Beide Instanzen legten ihrer Entscheidung das Ergebnis des Schriftvergleichungsgutachtens des Sachverständigen Universitätsprofessor Dr. Roland G*** zugrunde, der zunächst in seinem Gutachten vom 29.8.1982 ausgeführt hatte, daß das Schriftstück mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht von der Hand des Erblassers stammt, nach Vorliegen der weiteren Ermittlungsergebnisse am 3.3.1983 im Strafverfahren gutachtlich feststellte, das Schriftstück stamme mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht von der Hand des Paul K*** und auch bei seinen die Gutachten ergänzenden Ausführungen dabei blieb, es sei nur das Kalkül "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" durch das der "sehr hohen Wahrscheinlichkeit" oder "höchsten Wahrscheinlichkeit" zu ersetzen.
Der Erstrichter stellte fest, daß das als Testament kundgemachte Schriftstück nicht von der Hand des Erblassers stammt und kam daher zu seiner rechtlichen Beurteilung, daß ein gültiges Testament nicht vorliege (§ 601 und § 578 ABGB). Die Feststellung gründete das Erstgericht auf die Erwägung, den Klägerinnen sei der Nachweis gelungen, daß das Testament mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht vom Erblasser geschrieben wurde. In diesem Fall obliege dem Beklagten der Gegenbeweis, der nicht erbracht sei.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellung, daß das Testament nicht vom Erblasser selbst geschrieben und unterschrieben wurde, nicht. Es wiederholte die Beweisaufnahme nach § 488 Abs 1 und § 281 a ZPO und hielt den Beweis dafür, daß das strittige Testament nicht vom Erblasser selbst geschrieben wurde, für nicht erbracht. Da aber der Beweis der Verletzung der Formvorschriften bei der Errichtung einer äußerlich den vorgeschriebenen Formen entsprechenden schriftlichen letztwilligen Erklärung dem die Echtheit bestreitenden Kläger obliege, müsse dies zur Abweisung des Klagebegehrens führen. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision seien nicht gegeben, weil Beweisfragen im Vordergrund stünden.
Gegen das abändernde Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision nur der Erstklägerin, die auf Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichtes und hilfsweise auf Aufhebung der Entscheidungen und Zurückverweisung zu neuer Entscheidung abzielt. Die Rechtsmittelwerberin meint, das Berufungsgericht habe die Frage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO unrichtig gelöst, wen die Beweislast treffe, wenn die Echtheit eines schriftlichen Testamentes strittig sei. Dazu fehle es an einer einheitlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.
Dem Gegner wurde am 10.7.1986 mitgeteilt, daß ihm die Beantwortung der Revision freistehe (§ 508 a Abs 2 ZPO). Der Beklagte hat nun beantragt, die Revision zurückzuweisen, ihr aber jedenfalls nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig, weil die Frage der Beweislastverteilung revisibel ist (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 887; Fasching III 234; EFSlg 36.792 ua.) und von ihrer Beantwortung die Entscheidung in diesem Erbrechtsstreit abhängt. Zu der hier zu lösenden Rechtsfrage hat der Oberste Gerichtshof in neuerer Zeit - soweit dies überblickbar ist - nicht Stellung genommen. In der Lehre wurde, wie schon das Berufungsgericht aufgezeigt hat, der Grundsatz in Zweifel gezogen, daß der die Echtheit der letztwilligen Erklärung Bestreitende die Unechtheit beweisen müsse.
Die Revision ist jedoch nicht berechtigt. Als Grundregel muß gelten, daß jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Normen beweisen muß, also die rechtsbegründenden Tatsachen, aus denen sie ihr Recht ableitet (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 882; JBl 1959, 135 uva.). Für die Beweislastverteilung im Erbrechtsstreit ist zwar die Verteilung der Parteirolle nach den §§ 125, 126 AußStrG nicht entscheidend (NZ 1980, 5; NZ 1972, 62), doch wurde in Fortführung der schon vor Einführung der Zivilverfahrensgesetze entwickelten Gedanken, es obliege dem gesetzlichen Erben, der sein Begehren, das Testament sei rechtsunwirksam, auf die Unechtheit der letztwilligen Anordnung stützt, diese Unechtheit gegen den Widerspruch des beklagten Testamentserben zu beweisen (17.5.1859 GlU 793; 16.3.1864 GlU 1883), vom Obersten Gerichtshof ausgesprochen, daß der Kläger, der behauptet, das Testament sei nicht dem Gesetze gemäß zustandegekommen und daher ungültig, dies zu behaupten und zu beweisen habe (16.9.1924 SZ 6/278). Während die Erwägungen, die noch zu § 115 a.G.O. angestellt wurden (vgl. GlU 793), mit Inkrafttreten der Zivilprozeßgesetze ihre Grundlage verloren haben, bleiben die in den die Beweislastverteilung dahin lösenden Entscheidungen, daß der die Echtheit Bestreitende die Unechtheit der "umzustoßenden" letztwilligen Verfügung zu beweisen hat, enthaltenen Hinweise auf § 126 AußStrG und § 1487 ABGB aufrecht. Endgültig kann die Formungültigkeit der letztwilligen Anordnung nur im Prozeß festgestellt werden, weil das Verlassenschaftsgericht eine Erbserklärung nur zurückzuweisen hat, wenn schon die äußere Form (§ 123 AußStrG) fehlt (Welser in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 601; Koziol-Welser 7 II, 296; SZ 39/168 ua.). Weiß in Klang 2 III, 352, lehrt unter Berufung auf die schon erwähnte Entscheidung SZ 6/278, daß der Beweis der Verletzung von Formvorschriften bei der Errichtung einer schriftlichen letztwilligen Erklärung, die äußerlich den vorgeschriebenen Formen entspricht, dem die Gültigkeit bestreitenden Kläger obliegt. Dem ist beizupflichten. Die Ansicht, die Beweislast für die Formgültigkeit einer letztwilligen Verfügung treffe denjenigen, der Rechte aus ihr ableitet, so daß für eine Umkehrung der Beweislast, die dem Bestreitenden den Beweis der Ungültigkeit aufbürde, kein Argument zu gewinnen sei (Kralik-Ehrenzweig, Erbrecht, 130), vermag nicht zu überzeugen. Das Testament, das in gehöriger äußerer Form errichtet ist, begründet auch im Prozeß den Anscheinsbeweis dafür, daß die Formerfordernisse eingehalten wurden. Deshalb ordnet § 126 Abs 1 AußStrG auch an, daß dem gesetzlichen Erben die Klägerrolle gegen den Testamentserben zuzuteilen ist, der eine der äußeren Form nach nicht schon zweifelhafte schriftliche letztwillige Verfügung für sich hat. Nach den allgemeinen Beweislastregeln muß daher auch in diesem Fall der gesetzliche Erbe, der sich darauf stützt, daß das Testament nicht gültig ist, weil das anscheinend eigenhändig geschriebene und unterschriebene Testament nicht von der Hand des Erblassers stammt, diese seine Behauptung beweisen.
Das Berufungsgericht hat damit die revisible und nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO bedeutsame Frage der Beweislastverteilung ohne Rechtsirrtum beantwortet. Diese Frage ist hier von Bedeutung, weil der Beweis für die strittige entscheidungswesentliche Tatsache vom Berufungsgericht als nicht erbracht angesehen wurde, während der Erstrichter die Feststellung traf, daß das den Beklagten zum Erben berufende Testament nicht von der Hand des Erblassers stammt. Da das Berufungsgericht nach Beweiswiederholung diese Feststellung nicht übernommen hat, hängt die Entscheidung von der Verteilung der Beweislast ab, weil die Klägerinnen nicht beweisen konnten, daß das Testament gefälscht ist, dem Beklagten aber auch nicht der Beweis gelang, daß das Testament echt ist also vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben wurde.
Die der rechtlichen Beurteilung zuzuordnende Frage der Beweislastverteilung wurde vom Berufungsgericht richtig gelöst. Ob das Berufungsgericht als zweite Tatsacheninstanz in freier Beweiswürdigung nach sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse der gesamten Verhandlung und Entscheidung zur Überzeugung kam, daß eine tatsächliche Angabe für wahr zu halten sei oder nicht (§ 272 Abs 1 ZPO), liegt im Bereich der Beweiswürdigung, die im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann. Soweit daher die Revisionswerberin meint, der hohe Grad der Unwahrscheinlichkeit der Echtheit des Testamentes und der Wahrscheinlichkeit seiner Fälschung hätte doch das Berufungsgericht wie den Erstrichter davon überzeugen müssen, daß die Handschrift nicht die des Erblassers ist, scheitert sie an der Unanfechtbarkeit der Beweiswürdigung durch die letzte Tatsacheninstanz. Insoweit ist die außerordentliche Revision, worauf der Ausspruch des Berufungsgerichtes Bezug nahm, tatsächlich unzulässig. Die Revision der Klägerin bleibt damit ohne Erfolg. Sie hat dem Beklagten die Kosten der ihm freigestellten Beantwortung der Revision zu ersetzen (§§ 41 und 50 ZPO).
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