Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Mietrechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.
Das Begehren der Antragstellerin, die Antragsgegnerin zum Ersatz der Kosten des Revisionsrekurses zu verpflichten wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin hat mit Mietvertrag vom 31.8.1978 ab 1.11.1978 auf die Dauer von 25 Jahren die in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke 1180/1, 444/1 (letztere wurde inzwischen in das Grundstück 1180/1 einbezogen) und 1183/1 der EZ ***** samt den darauf stehenden Gebäuden an die Konsum Union Salzburg reg.Gen.m.b.H. zu einem monatlichen Hauptmietzins von S 13.000,- indexgesichert vermietet. Zugleich vermietete sie der Konsumgenossenschaft als Fruchtnießerin die Grundparzelle 826/2 der EZ *****, die im Eigentum ihres Vaters Ing.Herbert M***** stand. Die jetzige Antragsgegnerin ist Rechtsnachfolgerin der seinerzeitigen Mieterin.
Der Mietvertrag enthält in Punkt X. folgende Regelung:
"Dieser Mietvertrag geht auf die beiderseitigen Rechtsnachfolger über."
Ing.Herbert M***** hatte mit der Antragstellerin vereinbart, daß diese auch den Mietzins für das Grundstück 826/2, und zwar integriert in die Gesamtmiete, kassieren soll. Der Antragstellerin sollten alle Rechte aus dem Mietvertrag vom 31.8.1978 bezüglich dieser Parzelle zukommen. Das wußte auch die Konsumgenossenschaft, die seit Vertragsbeginn den gesamten Mietzins jeweils an die Antragstellerin überwies. Auch die späteren und nunmehrigen Eigentümer der Parzelle 826/2 waren und sind damit einverstanden.
Mit Kaufvertrag vom 14.10.1995 übernahm die B***** Warenhandelsges.m.b.H das im Mietgegenstand ausgeübte Unternehmen bzw den dort betriebenen Lebensmitteleinzelhandel. Die neue Inhaberin des Unternehmens wurde dann mit Verschmelzungsvertrag vom 10.7.1996 als übertragende Gesellschaft mit der nunmehrigen Antragsgegnerin verschmolzen.
Nunmehr begehrt die Antragstellerin (nach einer Änderung ihres ursprünglichen Sachantrages) die Feststellung, daß ihr die Antragsgegnerin rückwirkend ab 14.10.1995 (in eventu rückwirkend ab 1.8.1996) einen monatlichen Nettohauptmietzins von S 61.460,28 wertgesichert zu zahlen habe; in eventu werde die Feststellung des seit 14.10.1995 (in eventu seit 1.8.1996) nach § 16 Abs 1 MRG zulässigen monatlichen Mietzinses begehrt. Gestützt wurde dieser Sachantrag in erster Linie auf die Unternehmensveräußerung vom 14.10.1995, der gemäß § 12a MRG die Mietzinsanhebung rechtfertige; das Eventualbegehren, die Mietzinserhöhung ab 1.8.1996 wirksam werden zu lassen, begründete die Antragstellerin mit weiteren gesellschaftsrechtlichen Verän- derungen bei der Antragsgegnerin durch den geschilderten Verschmelzungsvorgang. Das im Mietvertrag enthaltene Weitergaberecht stehe der begehrten Mietzinserhöhung nicht entgegen, weil es vereinbarungsgemäß auf Mieterseite nur für Rechtsnachfolgen "innerhalb des Konsum" gelten sollte.
Die Antragsgegnerin bestritt die Berechtigung der Antragstellerin zur Anhebung des Mietzinses im wesentlichen mit dem Hinweis auf das im Mietvertrag vereinbarte Weitergaberecht und beantragte die Abweisung des Feststellungs- bzw Mietzinsüberprüfungsbegehrens.
Am 8.11.1996 stellte die Antragstellerin noch den Zwischenantrag auf Feststellung, daß sie zur Anhebung des Hauptmietzinses nach § 12a MRG berechtigt sei, und zwar rückwirkend ab 14.10.1995, in eventu ab 1.8.1996.
Die Antragsgegnerin reagierte darauf mit einem gegenteiligen Antrag auf Zwischenfeststellung, der also die Nichtberechtigung der Antragstellerin zur Mietzinsanhebung klären soll.
Das Erstgericht stellte fest, daß die Antragstellerin zur Anhebung des Hauptmietzinses für das verfahrensgegenständliche Mietobjekt nicht berechtigt ist. Durch das in Punkt X. des Mietvertrages vereinbarte Weitergaberecht habe die Vermieterin im vorhinein ihre Zustimmung erteilt, daß Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger der ursprünglichen Mieterin den Mietvertrag mit der darin enthaltenen Mietzinsvereinbarung übernehmen. Für eine einschränkende Auslegung im Sinne des Vorbringens der Antragstellerin, damit seien nur Rechtsnachfolgen im Rahmen des Konsums (offenbar gemeint auch nur einmalige Rechtsnachfolgen) bzw im Rahmen einer Rechtsnachfolge von Todes wegen bei der Antragstellerin zu verstehen, hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben. Eine Auslegung nach dem objektiven Erklärungswert komme erst dann zur Anwendung, wenn eine Willensübereinstimmung zwischen den Parteien nicht feststellbar sei und die Verkehrssicherheit den Schutz des berechtigten Vertrauens des einen Partners auf den ihm erkennbaren Erklärungswert des Verhaltens des anderen Partners erfordere. Daher sei ein Beweisverfahren über die Behauptung der Antragstellerin, der Parteiwille sei auf eine nur einmalige Weitergabe des Bestandrechtes eingeschränkt gewesen und außerdem nur auf Rechtsnachfolgen innerhalb des Konsums, nicht nötig gewesen. Selbst wenn der Parteiwille zwischen den damaligen Vertragspartnern ein solcher gewesen wäre, stehe der zweifelsfreie Wortlaut des Punktes X. dem entgegen. Anhaltspunkte für eine andere Auslegung fänden sich im klaren Wortlaut nicht, der es auch ausschließe, daß die Antragstellerin in einem berechtigten Vertrauen auf einen ihr erkennbaren Erklärungswert zu schützen sei. Im übrigen habe sie diese Erklärung selbst gewählt.
Sei - wie hier - ein Weitergaberecht des Mieters vereinbart worden, so sei nach der Rechtsprechung § 12a MRG nicht anzuwenden. Das in § 12a MRG normierte Mietzinserhöhungsrecht werde dem Vermieter als Ausgleich dafür gewährt, daß ihm der Unternehmenserwerber als neuer Mietvertragspartner aufgedrängt werde. Von einem solchen Aufdrängen könne man aber nicht sprechen, wenn der Vermieter vertraglich im voraus einem Mieterwechsel zugestimmt habe. Daß dabei der Vermieter die Regelung des § 12a MRG nicht habe vorhersehen können, ändere daran nichts. Er wäre ja bei Vertragsabschluß gesetzlich nicht verpflichtet gewesen, einer Vertragsübernahme auf Mieterseite zuzustimmen.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:
Beweisaufnahmen zur Auslegung des strittigen Punktes X. des Mietvertrages hätten sich erübrigt, weil es eine reine Rechtsfrage sei, ob ein vertragliches Weitergaberecht einschränkend zu interpretieren ist und im Zweifel nur für die einmalige Weitergabe des Bestandrechtes gilt. Daß die Vertragsparteien den übereinstimmenden Willen hatten, das Weitergaberecht auf Rechtsweitergaben im Rahmen des Konsums zu beschränken, habe das Erstgericht ohnedies berücksichtigt. Darüber hinaus habe die Antragstellerin nie vorgebracht, daß vom Vertragstext abweichende Abreden bestanden; nur diesfalls müßte die Antragsgegnerin solche gegen sich gelten lassen.
Die von der Antragstellerin zitierte Judikatur, wonach im Zweifel nur die einmalige Ausübung eines vertraglichen Weitergaberechts in Frage komme, stütze ihren Rechtsstandpunkt nicht. Die Entscheidung MietSlg 39.137 habe bloß dem Vermieter im Zweifel nicht unterstellt, eine praktisch für die gesamte Zeit des Bestehens des Mietgegenstandes geltende Bindung eingehen zu wollen. Davon könne man im vorliegenden Fall ohnedies nicht sprechen, weil der Mietvertrag ja auf 25 Jahre abgeschlossen wurde und spätestens im Jahr 2003 endet. Demgegenüber sei auf WoBl 1990/59, MietSlg 41.230 und MietSlg 36/12 zu verweisen, wonach § 12 Abs 3 MRG (nun § 12a MRG) nicht anzuwenden ist, wenn ein vertragliches Weitergaberecht eingeräumt worden ist. Auch in jüngster Zeit sei der Oberste Gerichtshof von dieser Auffassung nicht abgewichen (5 Ob 2006/96b und 5 Ob 2169/96y). Wenn Punkt X. des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages eine Mietzinserhöhung wegen Unternehmensveräußerung ausschließt, dann schließe er umsomehr eine Mietzinserhöhung lediglich wegen Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten in der der Antragsgegnerin aus.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß ohnehin der einheitlichen Rechtsprechung gefolgt worden sei.
Im jetzt vorliegenden außerordentlichen Revisionsrekurs beharrt die Antragstellerin im wesentlichen auf ihrem Rechtsstandpunkt, daß die Rechtsprechung, wonach ein vertragliches Weitergaberecht im Zweifel nur einmal ausgeübt werden kann (MietSlg 39.137 ua) gerade in ihrem Fall anzuwenden sei. Dagegen spreche auch nicht die Befristung des Mietvertrags, weil sie - dem § 23 MG widersprechen - ohnehin unwirksam sei. Es hätten zumindest die beantragten Beweise zur Behauptung der Antragstellerin aufgenommen werden müssen, von den Parteien des Mietvertrags sei die Beschränkung des Weitergaberechts auf einen Rechtsübergang im Rahmen des Konsum beabsichtigt gewesen. Der objektive Erklärungswert könne erst maßgeblich sein, wenn sich der gemeinsame Parteiwille nicht ermitteln lasse.
Der Revisionsrekursantrag geht sinngemäß dahin, den angefochtenen Sachbeschluß entweder so abzuändern, daß dem Sachantrag vollinhaltlich stattgegeben wird, oder ihn aufzuheben und die Rechtssache an eine der Vorinstanzen zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
Der Antragsgegnerin wurde die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt. Sie hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Bestätigung der zweitinstanzlichen Entscheidung beantragt.
Der Revisionsrekurs erweist sich als zulässig, weil das Rekursgericht in Verkennung der Rechtslage einen gerügten Mangel des Verfahrens erster Instanz nicht aufgegriffen hat; das Rechtsmittel ist im Sinn seines Aufhebungsantrages auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Richtig ist, daß die Ausübung eines vertraglich eingeräumten Weitergaberechts eine Erhöhung des Mietzinses nach § 12a Abs 1 und Abs 3 MRG ausschließt (vgl zuletzt ecolex 1997, 88 und immolex 1997, 132/67, jeweils mwN). Die Judikatur läßt jedoch die Ausübung eines solchen Weitergaberechts nicht unbeschränkt zu. Im Zweifel ist davon auszugehen, daß es nicht auf den Nachmieter übergeht, weil das Weitergaberecht typischerweise bei Beendigung des ursprünglichen Mietverhältnisses ausgeübt wird, der Nachmieter ein Recht ausüben würde, an dessen Vereinbarung er gar nicht beteiligt war, und es idR nicht der Parteienabsicht entsprechen kann, ein Mietrecht zeitlich unbegrenzt zugunsten des jweils nächsten Mieters aufrecht zu erhalten (vgl MietSlg 16/12; 30.194; 33.171; 39.137; 41.230 = WoBl 1990/59; 5 Ob 67/97g ua). Es bedarf daher einer sorgfältigen Auslegung des ursprünglichen Vertrages nach den Regeln der §§ 914, 915 ABGB, wenn ein mehrfach ausübbares Weitergaberecht behauptet wird, und entsprechend klarer Anhaltspunkte, um dies auch annehmen zu können (vgl MietSlg 16/12 ua).
Die Vorinstanzen haben diese Vorsicht außer acht gelassen. Auch wenn die wörtliche Auslegung einer Vertragsurkunde am Anfang des Interpretationsvorgangs zu stehen hat, ist die Parteienabsicht zu erforschen, wenn dies mit entsprechendem Sachvorbringen beantragt wird und dazu auch geeignete Beweismittel angeboten werden (vgl MietSlg 46.062; NZ 1997, 93 ua). Besonders gilt dies, wenn der Wortlaut der Vereinbarung verschiedene Auslegungen zuläßt oder - wie hier - von einer Deutung abgewichen werden soll, die sich als die regelmäßig richtige etabliert hat. Die Vereinbarung "Dieser Mietvertrag geht auf die beiderseitigen Rechtsnachfolger über" ist keineswegs so klar, daß daraus unter Hintanstellung gegenteiliger Behauptungen zwingend geschlossen werden dürfte, das damit beabsichtigte Weitergaberecht stehe nicht nur dem usprünglichen Mieter, sondern in endloser Folge auch seinen Nachmietern zu. Gerade bei einem Vertragsabschluß vor dem 1.1.1982 erscheint zweifelhaft, ob die Parteien bereit gewesen wären die (ihnen noch gar nicht bekannten) Rechtswirkungen der Unternehmensveräußerung auszuschalten (vgl Dirnbacher zu 5 Ob 2169/96y = EWr I/12a/1).
Der bisher einzige von den Vorinstanzen herangezogene Grund, der Antragstellerin das Recht auf Aufhebung des Mietzinses gemäß § 12a MRG zu versagen, bedarf daher einer weiteren Überprüfung. Von einem übertragbaren Weitergaberecht wird nur ausgegangen werden können, wenn die Antragsgegnerin den Nachweis erbringt, daß dies in der Absicht der Parteien des Mietvertrages lag. Das bedingt eine Ergänzung des Verfahrens, um ihr Gelegenheit für entsprechendes Sach- und Beweisvorbringen zu geben. Bleibt es bei der Anwendung der Zweifelsregel, daß das Weitergaberecht durch die einmalige Ausübung bereits konsumiert ist, werden noch die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des Mietzinsanhebungsrechtes nach § 12a MRG zu prüfen sein.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 39 Abs 3 Z 19 MRG. Sie trägt dem Umstand Rechnung, daß im Mietrechtsverfahren nach § 37 MRG jede Partei die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung grundsätzlich selbst zu tragen hat. Der Ausnahmetatbestand mutwilliger Anträge liegt nicht vor und wurde auch gar nicht behauptet.
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