Spruch:
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird hinsichtlich der Zurückweisung des Rekurses des Josef S***** gegen den Beschluss des Erstgerichts vom 31. Oktober 1964, GZ 1 Nc 529/64‑5, bestätigt, im Übrigen aber dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:
In Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses vom 23. November 1964, GZ 1 Nc 529/64‑7, wird der Antrag des Johann S*****, ihm den bei der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Linz hinterlegten Betrag von 20.000 S auszufolgen, abgewiesen.
Text
Begründung
Mit Eingabe vom 17. 10. 1964 beantragte Friederike E***** beim Erstgericht, den diesem gleichzeitig überwiesenen Betrag von 20.000 S als Erlag gemäß § 1425 ABGB anzunehmen. In diesem Antrag bezeichnete sie Johann S***** als Antragsgegner und brachte zur Begründung ihres Erlages vor, dass ihr der Erlagsgegner ein am 19. 10. 1964 zur Rückzahlung fälliges unverzinsliches Darlehen von 20.000 S zugezählt habe. In der Folge sei sie von Rechtsanwalt Dr. Hoyer namens des Josef S***** verständigt worden, dass Johann S***** diesem seine Forderung gegen die Antragstellerin im Jahre 1962 unentgeltlich zediert habe. Für den Fall, dass der Darlehensbetrag nicht am Fälligkeitstag zurückbezahlt werde, sei ihr eine Klage des Josef S***** angedroht worden. Auf eine Rückfrage der Friederike E***** bei Johann S***** habe dieser die behauptete Zession in Abrede gestellt. Es sei ihr somit der richtige Gläubiger unbekannt. Von der erfolgten Hinterlegung habe sie Johann S***** und dessen Sohn Josef S***** benachrichtigt.
Mit Beschluss vom 31. 10. 1964, ONr 5, nahm das Erstgericht den Erlag der Friederike E***** gemäß § 1425 ABGB an und bezeichnete in seinem Verwahrauftrag nur Johann S***** als Erlagsgegner. Das Erstgericht verfügte zunächst die Zustellung dieses Beschlusses nur an den ausgewiesenen Vertreter der Friederike E*****, an Johann S***** und an die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Linz, auf deren Konto der beim Bezirksgericht Mauerkirchen eingegangene Betrag vor dem überwiesen worden war. Der Beschluss wurde am 5. 11. 1964 an den Vertreter der Friederike E***** und am 6. 11. 1964 an Johann S***** zugestellt. In den Akten erliegt ferner noch ein Rückschein über die Zustellung dieses Beschlusses an Rechtsanwalt Dr. Walter Raschhofer vom 6. 11. 1964, ohne dass ersichtlich wäre, warum und in welcher Eigenschaft diesem der genannte Beschluss zugestellt wurde.
Über Antrag des Johann S*****, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Schmid vom 19. 11. 1964 verfügte das Erstgericht mit Beschluss vom 23. 11. 1964, ONr 7, die Ausfolgung des Erlages an den Einschreiter. Dieser Beschluss wurde seinerzeit nur dem Vertreter der Friederike E***** und dem Johann S***** zugestellt. In der Zustellverfügung des Erfolglassungsbeschlusses scheint zwar auch die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Linz auf, es kann den Akten aber nicht entnommen werden, ob dieser der Beschluss auch tatsächlich zugestellt wurde, sowie ob und wann der Ausfolgungsauftrag ausgeführt wurde.
Mit Schriftsatz vom 23. 8. 1966 erhob Josef S***** gegen den Erfolglassungsbeschluss ONr 7 und nachdem seinem Vertreter über Auftrag des Rekursgerichts die Beschlüsse ONr 5 und 7 am 24. 9. 1966 zugestellt worden waren, mit Schriftsatz vom 27. 9. 1966 auch gegen den Beschluss ONr 5 Rekurs.
Das Rekursgericht wies beide Rekurse zurück.
Die Zurückweisung des Rekurses gegen den Beschluss ONr 5 wurde mit dem Hinweis darauf begründet, dass dem Josef S***** im Erlagsverfahren keine Parteistellung zukomme, weshalb ihm auch die Anfechtung der in diesem Verfahren ergangenen Beschlüsse verwehrt sei. Sein Rekurs gegen den Beschluss ONr 7 sei zwar insoweit berechtigt, als das Erstgericht aus dem Vorbringen der Erlegerin hätte entnehmen müssen, dass auch der Rekurswerber Anspruch auf den Erlag erhoben habe und dass deshalb der Erlag nur mit seiner Zustimmung oder auf Grund eines Urteils ausgefolgt hätte werden dürfen. Da der Erlag aber nach dem Vorbringen des Rekurswerbers schon vor längerer Zeit ausgefolgt worden sei, könne er sich nicht mehr mit Erfolg gegen die Ausfolgung beschweren. Eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne der Abweisung des Ausfolgungsantrags sei nicht mehr möglich, der Rekurs müsse deshalb als gegenstandslos zurückgewiesen werden.
Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der vorliegende Rekurs des Josef S***** mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss entweder aufzuheben und der zweiten Instanz die meritorische Entscheidung über sein Rechtsmittel aufzutragen oder ihn dahin abzuändern, dass der Ausfolgungsantrag des inzwischen verstorbenen Johann S***** abgewiesen werde.
Dem Rekurs kommt teilweise Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 1425 ABGB ist der Schuldner, der seine Schuld aus wichtigen Gründen, von denen einige im Gesetz genannt sind, nicht bezahlen kann, berechtigt, die abzutragende Schuld bei Gericht zu hinterlegen. Wenn die Hinterlegung rechtmäßig geschieht und dem Gläubiger bekanntgemacht worden ist, befreit sie den Schuldner von seiner Verbindlichkeit. Der beim Erlag vom Erleger und vom Gericht einzuhaltende Vorgang ist durch die Vorschriften der §§ 291 ff Geo geregelt. Nach § 307 Abs 2 Geo hat das Gericht, wenn es den Erlag genehmigt, den Verwahrauftrag zu erlassen und hiervon die Verwahrungsabteilung, den Erleger und soweit dies möglich ist, auch den Gläubiger durch je eine Beschlussausfertigung zu verständigen. Die Verständigung des Gläubigers vom Erlag durch das Gericht ist nur für die Frage der schuldbefreienden Wirkung der Hinterlegung maßgebend (ebenso 5 Ob 77/66). Deshalb darf der Erlag vom Erleger ohne Zustimmung des Gläubigers nach dessen Verständigung hiervon nicht mehr zurückgefordert werden. Darüber hinaus werden aber durch den Erlag bei Gericht nur im Verhältnis zwischen dem Erleger und dem Gericht Rechtsbeziehungen öffentlich-rechtlicher Art geschaffen. Keineswegs werden die Rechte des Gläubigers durch den Erlag verkürzt oder beeinträchtigt. Stellt sich in der Folge heraus, dass der Erlag unberechtigt erfolgte, ist die Rechtslage so, als ob der Erlag nie vorgenommen worden wäre.
Dass der Rekurswerber im vorliegenden Fall im Annahmebeschluss, den er als solchen gar nicht bekämpfte, nicht als Erlagsgegner genannt wurde, berührt seine Rechte nicht. Sofern der Rekurswerber materiellrechtlich Anspruch auf den erlegten Betrag hatte, wurde sein Recht auf Ausfolgung des Erlages bereits durch den Erlag und ohne Rücksicht darauf begründet, ob er als Erlagsgegner im Annahmebeschluss genannt und vom Erlag verständigt wurde (SZ XXVII 59). Der Rekurswerber kann sich somit durch den Annahmebeschluss nicht beschwert erachten. Da nur derjenige zum Rekurs gegen eine Entscheidung legitimiert ist, der durch sie einen materiellen Nachteil erleidet (AnwZ 1936 S 137), fehlte im vorliegenden Fall dem Rekurswerber die Rekurslegitimation gegen den Annahmebeschluss. Sein diesbezügliches Rechtsmittel wurde deshalb vom Rekursgericht mit Recht zurückgewiesen.
Anders verhält sich die Sache hinsichtlich des Rekurses des Josef S***** gegen den Ausfolgungsbeschluss des Erstgerichts.
Die Ausfolgung eines gemäß § 1425 ABGB erlegten Geldbetrags kann nur erfolgen, wenn der Erleger und der, zu dessen Gunsten erlegt wurde, zustimmen, oder wenn die Bedingungen, die beim Erlage für die Ausfolgung gesetzt wurden, erfüllt sind (SZ XVI 129 ua). Bei einer Mehrheit von Begünstigten werden die Bedingungen für die Ausfolgung an einen dieser Begünstigten in der Regel nur dann erfüllt sein, wenn die anderen Begünstigten zustimmen oder wenn der Begünstigte, an den ausgefolgt werden soll, gegen die anderen Begünstigten ein Urteil erwirkt hat (Entscheidung vom 7. 1. 1938, ÖRZ 1938 S 56, SZ XIX 269, ebenso 7 Ob 33/55 ua). Ein solcher Fall ist auch hier gegeben. Denn dadurch, dass Friederike E***** ihren seinerzeitigen Erlag mit ungeklärter Rechtslage begründet hat, hat sie zu erkennen gegeben, dass sie einer Ausfolgung nur dann zustimme, wenn geklärt ist, welcher ihrer Gläubiger Anspruch auf den erlegten Geldbetrag hat. Diese Klärung konnte aber außer durch Vorlage eines rechtskräftigen Urteils nur durch eine ausdrückliche Erklärung aller Begünstigten, dass sie der Ausfolgung zustimmen, erfolgen. Dies ist nicht geschehen. Der Umstand, dass Friederike E***** gegen den Ausfolgungsbeschluss kein Rechtsmittel erhob, ändert nichts daran, dass die Ausfolgung ohne die entsprechende Voraussetzung erfolgte, da, wie schon ausgeführt, Friederike E***** nach erfolgter Annahme ihres Erlages darüber ohne Zustimmung der Erlagsgegner nicht mehr zu verfügen berechtigt war. Daraus folgt die Rechtswidrigkeit der erstrichterlichen Anordnung der Ausfolgung, gegen die sich Josef S***** als weiterer Begünstigter des Erlages im Wege eines Rekurses zu wehren berechtigt war.
Da die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach dem Zeitpunkt der Fällung des Beschlusses erster Instanz zu beurteilen war, ist es unentscheidend, dass der Erlag nach diesem Zeitpunkt bereits an einen anderen Erlagsgegner ausgefolgt wurde (ebenso 8 Ob 194/65).
Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes konnte trotz der Zurückweisung des Rekurses des Josef S***** gegen den Ausfolgungsbeschluss durch das Rekursgericht sogleich über die Sache materiell entschieden werden, ohne dass es notwendig gewesen wäre, vorher den Beschluss des Rekursgerichts aufzuheben (SZ XXIII 87 und 390 ua).
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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