Spruch:
Die Vormerkung eines aufschiebend bedingten oder durch einen Anfangstermin betagten dinglichen Rechtes im Grundbuch ist vor dem Eintritt der Bedingung oder des Termines unzulässig.
Entscheidung vom 13. Dezember 1961, 5 Ob 339/61.
I. Instanz: Bezirksgericht Hallein; II. Instanz: Landesgericht Salzburg.
Text
Mit dem Kaufvertrag auf den Todesfall vom 15. Juli, 2. August 1960 und dem Vertragsnachtrag vom 7. April 1961 hat Helga W. die ihr gehörige Liegenschaft EZ. 431 KG. T. um 11.000 S an Theresia G. verkauft. Die Vertragsteile vereinbarten, daß das Kaufobjekt mit dem Ableben der Verkäuferin von der Käuferin zu übernehmen sei und daß mit diesem Zeitpunkt Gefahr und Zufall auf die Käuferin übergingen. Die Verkäuferin erteilte im Kaufvertrag ihre Einwilligung, daß das Eigentumsrecht der Käuferin vorgemerkt werde. Diese Erklärung wurde im Vertragsnachtrag dahin ergänzt, daß die Verkäuferin in die Vormerkung des Eigentumsrechtes der Käuferin nach Inhalt und Umfang des Kaufvertrages auf den Todesfall bzw. in die Vormerkung des Eigentumsrechtes der Käuferin, beginnend vom Tage des Ablebens der Verkäuferin, willige. Schließlich vereinbarten die Vertragsteile, daß die Rechtfertigung der Vormerkung durch Vorlage einer das Ableben der Helga W. nachweisenden öffentlichen Urkunde sowie der Steuerunbedenklichkeitsbescheinigung, zu erfolgen habe. Das Erstgericht wies den Antrag der Käuferin Theresia G., im Eigentumsblatt der Liegenschaft EZ. 431 KG. T. die Vormerkung des Eigentumsrechtes für Theresia G., beginnend mit dem Todestag der Liegenschaftseigentümerin Helga W., zu bewilligen, ab. Die Käuferin habe lediglich einen obligatorischen, betagten Anspruch auf Eigentumsübertragung, aber noch kein dingliches Recht an der Liegenschaft. Ein derartiges, noch nicht existierendes dingliches Recht könne nicht verbüchert werden. Außerdem fehle auch die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung, die dem Gesuch um Vormerkung des Eigentumsrechtes angeschlossen werden müsse (7 Ob 281/57).
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es die begehrte Vormerkung des Eigentumsrechtes bewilligte. Die Einverleibung bedingter oder betagter Eigentumsrechte sei allerdings nicht üblich, sie werde aber in Lehre und Rechtsprechung für nicht ausgeschlossen erklärt (Klang 2. Aufl. II 356; Ehrenzweig 2. Aufl. I/2 S. 237 f.; JB. Nr. 214 = AmtlSlg. NF. 1631). Das Ansuchen stelle auch keine Umgehung des § 364c ABGB. dar, denn diese Bestimmung habe eine Verfügungsbeschränkung des Eigentümers zur Folge, die in dieser Art hier nicht eintreten würde. Die Urkunden lägen in der den §§ 26, 27 GBG. 1955 entsprechenden Weise vor. Das Fehlen der Unbedenklichkeitsbescheinigung hindere nicht die Vormerkung, weil mit dieser noch keine faktische Rechtserwerbung, sondern nur eine Sicherung des Einverleibungsanspruches verbunden sei. Mit der Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung könne also die Rechtfertigung erfolgen. Daß die Vormerkung nur eine Sicherung für kurze Zeit bewirken dürfe, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Helga W. Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Es ist herrschende Lehre (s. etwa Ehrenzweig 2. Aufl. I/1 S. 242, 245 ff, 249 ff.; Gschnitzer in Klang 2. Aufl. III 643 f., 682 f.; Palandt, BGB 20. Aufl. Einf. vor § 158; vgl. auch GlUNF. 3971), daß ein aufschiebend bedingtes oder durch Anfangstermin begrenztes (betagtes dingliches Recht erst mit dem Eintritt der Bedingung oder des Termines entsteht. Bis dahin besteht bloß eine Anwartschaft auf seine künftige Erwerbung. Anwartschaften auf künftige Rechte können aber mangels einer gesetzlichen Grundlage (s. die §§ 8 ff. GBG. 1955) nicht durch Einverleibung (Vormerkung) verdinglicht werden (vgl. auch Stanzl in Klang 2. Aufl. IV 631). Darüber ist sich offenbar auch die Antragstellerin im klaren, und sie beantragt daher nur die Vormerkung ihres Eigentumsrechtes "beginnend vom Todestag der Verkäuferin". Dabei wird jedoch übersehen, daß die Vormerkung eines den Gegenstand der grundbücherlichen Eintragung bildenden Rechtes (§ 9 GBG. 1955) nur dann zulässig ist, wenn auch die Einverleibung dieses Rechtes stattfinden könnte. Das ergibt sich eindeutig aus den Bestimmungen der §§ 35 ff. GBG. 1955. Die Vormerkung eines erst künftig entstehenden Rechtes zu Sicherungszwecken ist im Grundbuchsgesetz nicht vorgesehen und muß daher abgelehnt werden. Unzulässige Eintragungen können auch nicht dadurch ins Grundbuch gebracht werden, daß die Parteien die Vormerkung des mit dem Todestag des Verkäufers begrenzten Eigentums des Käufers und die Rechtfertigung dieser Vormerkung durch den Totenschein des Verkäufers vereinbaren. Der Totenschein ist allerdings die Urkunde, die notwendig ist, um im Zusammenhang mit der bereits im Vertragsinstrument abgegebenen Aufsandungserklärung nach dem Tod des Veräußerers die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Erwerbers zu erwirken.
Das Ausgedinge eignet sich nicht als Beispiel für die Einverleibung künftig entstehender dinglicher Rechte. Das Ausgedinge ist - ungeachtet der einzelnen, zum Teil an Termine und Bedingungen geknüpften Berechtigungen - mit Rücksicht auf seinen Zweck als einheitliches Recht zu behandeln und als Reallast (vgl. § 150 EO.), also als dingliches Recht, nach den Bestimmungen der §§ 8, 9 und 12 GBG. 1955 zu verbüchern (s. hiezu Ehrenzweig 2. Aufl. I/2 S. 368; II/1 S. 573).
Da nach dem vorher Gesagten die Vormerkung des durch den Todesfall der Verkäuferin betagten Eigentumsrechtes der Käuferin unzulässig ist, hätte die Untersuchung der Frage, ob zur Verbücherung dieser Vormerkung die Genehmigung der Grundverkehrskommission und die Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Finanzamtes beizubringen ist, nur mehr theoretischen Wert. Sie hat daher zu unterbleiben. Immerhin sei auf die Entscheidung SZ. XXX 56 verwiesen.
Was schließlich das Judikat Nr. 214 = AmtlSlg. NF. 1631 = GlUNF. 7359 betrifft, so hat der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung 7 Ob 140/57 darauf hingewiesen, daß es durch die Neufassung der Bestimmungen der §§ 615 und 822 ABGB. durch die §§ 59 und 73 III. TN. unanwendbar geworden ist. Soweit in den Gründen des Judikats eine mit der im vorstehenden dargelegten Rechtsansicht im Widerspruch stehende Rechtsmeinung zum Ausdruck kommt, vermag ihr der erkennende Senat nicht zu folgen.
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