Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
In dem beim Handelsgericht Wien anhängigen Verfahren über die Konkurseröffnungsanträge dreier Gläubiger hat der betroffene Schuldner zunächst den zuständigen Konkursrichter und hernach auch alle übrigen Richter dieses Gerichtes als befangen abgelehnt, bevor noch der zuständige Senat mit der Ablehnung des Konkursrichters befaßt war. Der Schuldner begründete seine zweite Ablehnungserklärung damit, es lege ihm die bisherige Behandlung seiner rechtlichen Angelegenheiten durch das Handelsgericht Wien die dringende Annahme nahe, daß auch allen anderen Richtern dieses Gerichtes aus Gründen kollegialer Verbundenheit die nötige Unbefangenheit mangle, um über die Ablehnung eines Mitgliedes dieses Gerichtes unparteiisch zu entscheiden. Er begehrte, ihm eine Frist in der Dauer von 14 Tagen zur Beibringung der erforderlichen Bescheinigungen und zur näheren Konkretisierung dieses (zweiten) Ablehnungsantrages zu gewähren.
Das gemäß § 23 letzter Fall JN zuständige Oberlandesgericht Wien stellte die Befangenheit zweier - bisher nicht mit der Konkurseröffnungssache befaßter - Richter des Handelsgerichtes Wien auf Grund deren eigener Befangenheitserklärungen fest und wies die auf die Besorgnis der Befangenheit gestützte Ablehnung aller übrigen - namentlich genannten - Richter, ausgenommen der zuständige Konkursrichter, dieses Gerichtes zurück. Es begründete die Zurückweisung der Ablehnungserklärung des Schuldners im wesentlichen so:
Die Ablehnung wegen Befangenheit setze voraus, daß Umstände behauptet werden, die eine konkrete Besorgnis zu dieser Annahme erkennbar machen; es müßten konkrete und detaillierte Gründe angegeben werden, und zwar in Beziehung auf jeden einzelnen der abgelehnten Richter. Diesem Erfordernis entspreche die unsubstantiierte Ablehnungserklärung des Schuldners nicht. Die begehrte Frist zur näheren Konkretisierung und Beibringung der erforderlichen Bescheinigungsmittel sei dem Schuldner tatsächlich zur Verfügung gestanden.
Ein Verbesserungsverfahren sei nicht erforderlich gewesen, weil das Sachvorbringen durchaus eine Antragserledigung zugelassen habe. Es könne jedoch nicht allgemein gesagt werden, die übliche kollegiale Begegnung zwischen den Richtern eines Gerichtshofes gehe soweit, daß sie es auf sich nähmen, nicht selbst eine Befangenheitsanzeige zu erstatten, wenn sie in die Lage kämen, bei einer Entscheidung mitzuwirken, bei der über die Befangenheit eines bestimmten Richters desselben Gerichts zu urteilen sei.
Der Schuldner bekämpft die Zurückweisung seiner (zweiten) Ablehnungserklärung durch das Oberlandesgericht Wien mit Rekurs. Er beantragt, den angefochtenen Beschluß als nichtig aufzuheben und dem Oberlandesgericht Wien die neuerliche Entscheidung (nach Verfahrensergänzung) aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
§ 22 Abs 1 Satz 2 JN fordert die genaue Angabe der Umstände, welche die Ablehnung begründen, in der Ablehnungserklärung. Der zur Begründung der Ablehnung vorgebrachte Sachverhalt muß also derart substantiiert sein, daß daraus die angestrebte Rechtsfolge abgeleitet werden kann. Die mangelnde rechtliche Schlüssigkeit der Ablehnungserklärung, die in einem Schriftsatz vorgetragen wird, stellt keinen Mangel dar, der dem gesetzlichen Verbesserungsverfahren (§§ 84, 85 ZPO) zuzuweisen ist. Eine Fristsetzung zur Nachbringung einer ausreichenden Begründung (Substantiierung) der Ablehnungserklärung, wie sie hier vom Schuldner begehrt wurde, ist unzulässig, weil sie dem klar erkennbaren und allgemein anerkannten gesetzlichen Gebot, die Ablehnungsgründe sofort nach ihrem Bekanntwerden vorzubringen (vgl.Fasching I 205 und RZ 1975/1 S 9 mwN), und der diesem zugrunde liegenden ratio, die mißbräuchliche Ausübung des Ablehnungsrechtes zur Verfahrensverschleppung oder im Zeitpunkt 'taktischer Zweckmäßigkeit' zu verhindern, entgegensteht (vgl. auch Leipold in Stein-Jonas, Kommentar zur (d) ZPO Rdz 3 zu § 44). Die unsubstantiierte Behauptung des Schuldners, die bisherige Behandlung seiner rechtlichen Angelegenheiten durch das Handelsgericht Wien lege ihm die dringende Annahme nahe, daß auch allen anderen Richtern dieses Gerichtes aus Gründen kollegialer Verbundenheit die nötige Unbefangenheit mangle, ist nicht geeignet, einen rechtlichen Schluß auf die Befangenheit aller Richter dieses Gerichtes zu ziehen. Die generelle Annahme, daß die Richter eines bestimmten Gerichtes aus Gründen kollegialer Verbundenheit grundsätzlich nicht geeignet seien, über die Berechtigung einer Ablehnung eines Richterkollegen desselben Gerichtes unbefangen zu entscheiden, entspricht nicht der Ansicht des Gesetzgebers, der die Entscheidung über die Ablehnungserklärung eines Richters eines Gerichtshofes den (nach der Geschäftsverteilung dazu berufenen) Richtern desselben Gerichtshofes zuweist (§ 23 JN). Besondere Gründe, aus denen im Einzelfall dennoch eine kollegiale Befangenheit abgeleitet werden könnte, sind hier aber nicht vorgebracht worden. Da die Befangenheitserklärung des Schuldners nicht ausreichend substantiiert ist, war auch eine Stellungnahme der generell als befangen abgelehnten Richter des Handelsgerichtes gar nicht erforderlich. Erfolgt eine Zurückweisung der Befangenheitserklärung mangels rechtlicher Schlüssigkeit, so begründet es auch keine Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO, wenn - wie dies andernfalls geboten wäre - der das Ablehnungsrecht in Anspruch nehmenden Partei nicht vor der Entscheidung Gelegenheit geboten wird, zu den - in einem solchen Fall unerheblichen - öußerungen der abgelehnten Richter Stellung zu nehmen.
Aus den angeführten Erwägungen kann dem Rechtsmittel des Schuldners nicht Folge gegeben werden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)