OGH 5Ob304/87

OGH5Ob304/8731.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter im Konkurs über das Vermögen des Engelbert F***, 6900 Bregenz, Leimgrubenweg 2, infolge der Revisionsrekurse des Masseverwalters Dr.Wilfried Ludwig W***, Rechtsanwalt in Bregenz, und der R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 22. Dezember 1986, GZ. 1 R 331/86-79, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 16.September 1986, GZ. 1 S 5/84-76, zum Teil aufgehoben und die Konkurssache im Umfang der Aufhebung unter Rechtskraftvorbehalt zur weiteren Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beiden Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 28.Februar 1984 wurde über das Vermögen des Gemeinschuldners der Anschlußkonkurs eröffnet, nachdem über dessen Vermögen am 15.Juli 1983 das Ausgleichsverfahren eröffnet worden war. Zum Masseverwalter wurde Dr.Wilfried Ludwig W***, Rechtsanwalt in Bregenz bestellt; die Beiordnung eines Gläubigerausschusses unterblieb.

Über Antrag des Masseverwalters vom 27.April 1984 wurde diesem mit Beschluß des Erstgerichtes vom 9.Mai 1984 auf seine Ansprüche auf Ersatz der baren Auslagen und auf Belohnung für seine Mühewaltung gemäß § 125 Abs.3 KO ein Vorschuß in der Höhe von 100.000 S bewilligt.

Am 23.Oktober 1985 legte der Masseverwalter dem Erstgericht die Schlußrechnung samt Verteilungsentwurf vor. In der Schlußrechnung scheint der dem Masseverwalter bewilligte Vorschuß von 100.000,-- S als Auslage der Konkursmasse auf. In der gemäß § 121 Abs.3 KO angeordneten Tagsatzung vom 15.Jänner 1986 konnte über die Schlußrechnung keine abschließende Einigung erzielt werden. Bei dieser Tagsatzung machte das Finanzamt Bregenz eine Masseforderung von 151.613,67 S geltend, die es über Auftrag des Erstgerichtes mit dem am 6.März 1986 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz detaillierte. Das Finanzamt Bregenz begehrte die Zuerkennung folgender Masseforderungen: "Als Sondermasse gemäß § 46 Abs.1 aF in Verbindung mit § 47 Abs.1 aF KO" an Umsatzsteuer samt Säumniszuschlag vom 16.Juli 1983 bis Ende 1984 einen Betrag von 108.104 S (richtig wohl 109.104 S); "gemäß § 47 Abs.2 AF KO in zweiter Gruppe" an Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträgen und diversen Zuschlägen aus 1983 und April 1984 einen Betrag von 13.471,67 S. Am 26.März 1986 überreichte der Masseverwalter dem Erstgericht eine weitere Schlußrechnung samt Verteilungsentwurf, in der abermals der bewilligte Vorschuß von 100.000 S als Auslage der Konkursmasse aufscheint.

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 13.Juni 1986 (rechtskräftig und vollstreckbar seit 4.Juli 1986) wurden die Ansprüche des Masseverwalters gemäß §§ 82, 125 Abs.2 KO mit insgesamt 100.000 S bestimmt (Ersatz der Barauslagen: 3.000 S; Belohnung für Mühewaltung: 87.909,09 S; Umsatzsteuer: 9.090,91 S). Zugleich wurde dem Masseverwalter die Berechtigung zuerkannt, nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von 100.000 S unter Berücksichtigung des gemäß § 125 Abs.3 KO bereits erhaltenen Vorschusses von 100.000 S aus den liquiden Mitteln des allgemeinen Massevermögens zu beheben.

Im Rahmen einer weiteren Ergänzung der Schlußrechnung anerkannte der Masseverwalter die vorgenannte Masseforderung des Finanzamtes Bregenz und erklärte hiezu, daß sich die erfolgte Aufgliederung dieser Ansprüche entweder auf nach Konkurseröffnung erfolgte Betriebsprüfungen oder deshalb auf Schätzungen gründe, weil der Gemeinschuldner in den letzten Monaten vor der Konkurseröffnung keine Buchhaltung mehr geführt habe. Mit dieser Ergänzung seiner Schlußrechnung verband der Masseverwalter auch einen Antrag auf Berichtigung seiner festgesetzten Honoraransprüche in der Weise, daß der Barauslagenersatz (netto) 3.000 S und das Masseverwalterhonorar (netto) 97.000 S betragen solle. Sein Richtigstellungsbegehren begründete der Masseverwalter im wesentlichen damit, daß der ursprünglich bewilligte und auch tatsächlich entnommene Kostenvorschuß keine Umsatzsteuer enthalten habe.

Am 16.September 1986 erließ das Erstgericht nachstehenden Beschluß:

A. Der Antrag des Masseverwalters auf Berichtigung des Beschlusses vom 13.Juni 1986 (Bestimmung der Ansprüche des Masseverwalters auf Barauslagenersatz und Belohnung für seine Mühewaltung) wird abgewiesen.

B. Die Schlußrechnung des Masseverwalters vom 23.Oktober 1985 samt den diesbezüglichen Ergänzungen wird gemäß § 122 Abs.2 KO mit folgender Maßgabe konkursgerichtlich genehmigt:

I. Die Position "Berufung Finanzamt und darauf entfallende Umsatzsteuer, 4.285,50 S und 428,55 S" bildet keine eigene Ausgabenposition der Rechnung des Masseverwalters.

II. Es wird festgestellt, daß die allgemeine Konkursmasse nach dem derzeitigen Stand nicht hinreicht, sämtliche Masseforderungen gänzlich zu befriedigen.

Die Höhe der noch zu verteilenden Masse errechnet sich mit 254.714,05 S per 25.März 1986 zuzüglich der bis zum Vollzug der Zuweisung an die noch nicht befriedigten Massegläubiger vom Betrag von 150.665,19 S anwachsenden Zinsen sowie der allenfalls weiter in die Konkursmasse fließenden Beträge.

Gemäß § 47 Abs.1 und 2 aF KO sind die sich bei dieser Berechnung ergebenden Massemittel an folgende Massegläubiger zu verteilen:

1. Republik Österreich, Finanzamt Bregenz; restliche Umsatzsteuer einschließlich Säumniszuschläge für Umsatzgeschäfte während des Ausgleichsverfahrens ab 16.Juli 1983 und des Masseverwalters ab Konkurseröffnung: 108.104 S zur Gänze;

2. I. Gruppe nach § 47 Abs.2 aF KO:

Masseverwalter Rechtsanwalt Dr.Ludwig W***, Bregenz: Barauslagen einschließlich diesbezüglicher Umsatzsteuer von 10 %, insgesamt 3.300 S zur Gänze;

3. II. Gruppe nach § 47 Abs.2 aF KO:

I. Untergruppe:

Masseforderungen der Dienstnehmer, soweit sie sich nicht aus der Beendigung von Dienstverhältnissen ergeben:

....

II. Untergruppe:

"..... übrige Kosten des Verfahrens nach § 46 Abs.1 Z 1 erster Absatz aF KO":

Republik Österreich (Einbringungsstelle beim Oberlandesgericht Innsbruck);

Rechtliche Beurteilung

Da der Revsionsrekurs des Masseverwalters, soweit er sich gegen den bestätigenden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung richtet, bereits vom Erstgericht zurückgewiesen wurde, hat sich der Oberste Gerichtshof nur mehr mit dem vom Masseverwalter und von der Finanzprokuratur bekämpften rekursgerichtlichen Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluß zu befassen, dessen Anfechtbarkeit mit Rücksicht auf den Rechtskraftvorbehalt und den Ausspruch über den Wert des Beschwerdegegenstandes zu bejahen ist.

Der Masseverwalter meint, daß eine Zurückzahlung des aufgrund der Vorschußbewilligung aus der Masse entnommenen Masseverwalterhonorars in die Masse nur dann in Frage käme, wenn die schlußendlich aufgrund seiner Leistung gebührende Honorarhöhe den vorschußweise bewilligten Betrag nicht erreichen sollte. Im übrigen gehöre das Masseverwalterhonorar zu den Kosten des Konkursverfahrens im Sinne des § 46 Abs.1 Z 1 erster Absatz aF KO. Die Umsatzsteuerforderung des Finanzamtes Bregenz sei nicht - wie das Erstgericht ausführe - vorab zu befriedigen, sondern zähle zu den Masseforderungen im Sinne des § 46 Abs.1 Z 1 zweiter Absatz aF KO. Es sei nicht erfindlich, warum das Rekursgericht die diesbezüglichen Angaben des Masseverwalters nicht für ausreichend halte. Die Finanzprokuratur macht geltend, den Masseverwalter treffe die Amtspflicht, bei Unzulänglichkeit der Masse zur gänzlichen Befriedigung aller jeweils fälligen Masseforderungen nach § 47 Abs.2 KO vorzugehen. Diese Pflicht habe er verletzt, weil er seine frühestens am 4.Juli 1986 erlangte und fällig gewordene Honorarforderung ungeachtet dessen zur Gänze aus der Masse befriedigt habe, daß alle anderen im erstgerichtlichen Beschluß angeführten Masseforderungen (mit Ausnahme der Pauschalgebühr nach TP 7 lit.a Z 1 GJGebG und der Veröffentlichungskosten der Konkursaufhebung) bereits längst vorher fällig gewesen seien und zu befriedigen gewesen wären. Der Masseverwalter könne vom Konkursgericht im Rahmen der Prüfung der Schlußrechnung dazu verhalten werden, den unrechtmäßig der Masse entnommenen Betrag von 96.700 S dieser zu refundieren. § 47 Abs.2 letzter Satz KO gelte nur für Zahlungen, die die Massegläubiger zu einem Zeitpunkt erhalten hätten, in dem die Unzulänglichkeit der Masse noch nicht festgestanden sei. Die Republik Österreich habe überdies im Wege einer zulässigen Abgabenexekution hinsichtlich einer Abgabenforderung von 136.000 S ein Pfandrecht an der Masse erworben, sodaß sie den von ihr begehrten Betrag von 108.104 S vorweg zur Gänze aus den vorhandenen Massemitteln zu bekommen habe. Zu den Ausführungen der Rechtsmittelwerber ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Die Massegläubiger sind ohne Rücksicht auf den Stand des Verfahrens zu befriedigen, sobald ihre Ansprüche feststehen und fällig sind (§ 124 Abs.1 KO). Der Masseverwalter hat dafür zu sorgen, daß die erforderlichen Beträge rechtzeitig verfügbar sind (§ 124 Abs.2 KO). Können Masseforderungen nicht vollständig befriedigt werden, so haben a) die unter § 46 Abs.1 Z 1 aF KO fallenden, vom Masseverwalter vorschußweise bestrittenen Barauslagen, b) nach ihnen die Masseforderungen der Dienstnehmer (Heimarbeiter), soweit sie sich nicht aus der Beendigung von Dienstverhältnissen (Auftragsverhältnissen) ergeben, und die übrigen Kosten des Verfahrens nach § 46 Abs.1 Z 1 erster Absatz aF KO den Vorzug vor c) den übrigen Masseforderungen (§ 47 Abs.2 erster Satz aF KO). Innerhalb gleicher Gruppen sind die Masseforderungen verhältnismäßig zu befriedigen (§ 47 Abs.2 zweiter Satz aF KO). Bereits geleistete Zahlungen können jedoch nicht zurückgefordert werden (§ 47 Abs.2 letzter Satz aF KO).

Die Ansprüche des Masseverwalters auf Ersatz seiner baren Auslagen sowie auf eine Belohnung für seine Mühewaltung (§ 82 KO), die Masseforderungen im Sinne des § 46 Abs.1 Z 1 zweiter Absatz aF KO sind (Petschek-Reimer-Schiemer 523; Bartsch-Heil 4 Rz 216/1), stehen fest und werden fällig gemäß der nach § 125 Abs.2 KO zu fällenden Entscheidung. Der Masseverwalter hat also zunächst sein Amt honorarlos zu verwalten und die Barauslagen aus seinem Vermögen vorzuschießen, ohne die Bezahlung der feststehenden und fälligen Masseforderungen unter Hinweis auf seine künftigen Ansprüche nach § 82 KO ablehnen oder gemäß § 47 Abs.2 aF KO nur verhältnismäßig befriedigen zu dürfen. Um dem zu begegnen, können aber auf die Ansprüche des Masseverwalters gemäß § 125 Abs.3 KO Vorschüsse bewilligt werden. Dadurch soll der Masseverwalter nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes in die Lage versetzt werden, im Rahmen der ihm bewilligten Vorschüsse - ohne die rechtskräftige Bestimmung seiner Ansprüche nach § 125 Abs.2 KO abwarten zu müssen - seine Ansprüche zugleich mit den sonstigen jeweils feststehenden und fälligen Masseforderungen aus den jeweils vorhandenen Massemitteln, gegebenenfalls nach § 47 Abs.2 KO, befriedigen zu können (vgl. Bartsch-Pollak 3 I 575; Wegan 52; EvBl.1972/28 mwN; aM Petschek-Reimer-Schiemer 534 Punkt IV 1 in Verbindung mit 538 f Punkt V 3 und SZ 25/283). Hält sich der Masseverwalter bei der Entnahme der ihm bewilligten Vorschüsse aus der Masse in dem vorerwähnten Rahmen, so kommt eine Rückforderung solcher Entnahmen nur dann in Betracht, wenn die rechtskräftige Bestimmung seiner Ansprüche nach § 125 Abs.2 KO die Höhe der bewilligten Vorschüsse nicht erreicht. Verletzt der Masseverwalter seine Pflicht, feststehende und fällige Masseforderungen nach Maßgabe der vorhandenen Massemittel, gegebenenfalls nach § 47 Abs.2 KO, zu begleichen, dann macht er sich schadenersatzpflichtig und kann vom Konkursgericht im Rechnungslegungsverfahren nach §§ 121 ff KO zum Ersatz des zugefügten Vermögensnachteils an die Masse verhalten werden (Petschek-Reimer-Schiemer 516; EvBl.1965/31 ua; vgl. auch Welser in NZ 1984, 96).

Aus diesen Erwägungen folgt, daß die Sache derzeit weder im Sinne des Erstgerichtes (Verpflichtung des Masseverwalters, zunächst den Betrag von 100.000 S in die Masse zurückzuzahlen) noch im Sinne des Rekursgerichtes (endgültige Ausscheidung des Betrages von 100.000 S aus dem noch zu verteilenden Massevermögen) spruchreif ist. Das Erstgericht wird vielmehr im fortgesetzten Verfahren die für eine Entscheidung unter Zugrundelegung der vorstehenden Rechtsausführungen erforderliche Sachgrundlage erst zu schaffen haben.

Was die Umsatzsteuerforderung des Finanzamtes Bregenz betrifft, so pflichtet der Oberste Gerichtshof dem Rekursgericht darin bei, daß es für deren abschließende Beurteilung noch einer Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage bedarf. Hiebei wird auch auf das dazu in den Rechtsmittelschriften ersattete Sachvorbringen Bedacht zu nehmen sein.

Es war daher beiden Revisionsrekursen - zur erstgenannten Frage nur im Ergebnis - ein Erfolg zu versagen.

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