OGH 5Ob288/99k

OGH5Ob288/99k9.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch Dr. Michael Ambrosch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei "W*****" Gemeinnützige Wohnbau Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Wolfram Themmer, Dr. Martin Prunbauer, Dr. Josef Toth, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 65.000,-- s. A. über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 8. Juni 1999, GZ 37 R 301/99k-13, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 5. März 1999, GZ 9 C 366/98t-9, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozessgericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Die Beklagte, eine gemeinnützige Bauvereinigung, hat in ***** eine aus 11 Objekten bestehende Reihenhausanlage errichtet und davon das Haus Nr. 4 am 30. 11. 1995 um einen voraussichtlichen Preis von S 3,391.269,-- an Mag. Edda H***** und Mag. Michael W***** verkauft. Der Kaufpreis wurde vereinbarungsgemäß nach den Bestimmungen des WGG gebildet und umfasste die anteiligen Grund-, Aufschließungs- und Baukosten. Zu letzteren heißt es in Punkt III. (1) des Vertrages:

a) Zu den Baukosten zählen neben den Kosten für die Errichtung der Wohnungseigentumsanlage und der Außenanlagen auch die Planung-, Bauleitungs-, Bauneben- und Baufinanzierungskosten sowie gleichartige mit der Errichtung der Reihenhausanlage in Zusammenhang stehende Aufwendung der W*****. Weiters zählen zu den Baukosten Steuern, Abgaben und Gebühren, einschließlich der Bauverwaltungskosten und eine Rücklagenkomponente, deren Höhe sich nach den Bestimmungen des WGG bzw. nach der jeweils gültigen Entgeltrichtlinienverordnung zum WGG richtet.

Bei der Berechnung der Gesamtbaukosten werden der W***** gewährte Preisnachlässe als preismindernd berücksichtigt, während Skonti und Habenzinsen bei der Baukostenabrechnung nicht preismindernd berücksichtigt werden, also der W***** zustehen.

b) ...

c) Nach Abschluß des Bauvorhabens und Prüfung der dem öffentlichen Darlehensgeber vorgelegten Baukostenabrechnung wird die W***** den Wohnungseigentümern eine Baukostenabrechnung im Sinne der §§ 13 ff WGG über die tatsächlich entstandenen Bau- und Baunebenkosten vorlegen.

Im gegenständlichen Verfahren ist strittig, ob die Beklagte die ihr bei der Baukostenabrechnung gewährten Skonti zu Recht einbehalten hat.

Die Klägerin, der Mag. Edda W***** (geborene H*****) und Mag. Michael W***** eine allfällige Forderung gegen die Beklagte wegen zu Unrecht einbehaltener Skonti abgetreten haben, macht aus diesem Titel S 65.000,-- s. A. geltend. Bei der Eigenmittelendabrechnung vom 2. 9. 1997, die einen Überschuß bzw Rückzahlungsbetrag von S 25.066,-- ergeben habe, seien nämlich die im Rahmen der Bauführung gegenüber dem beauftragten Unternehmen lukrierten Skonti nicht preismindernd berücksichtigt worden. Die Vertragsbestimmung, wonach die Skonti der Beklagten zustünden, sei gemäß § 21 Abs 1 Z 1 WEG unwirksam. Daraus resultiere allein für die Käufer des Reihenhauses Nr. 4 ein Rückforderungsanspruch von zumindest S 65.000,--.

Die Beklagte hält den Einbehalt der Skonti im Hinblick auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (Urteil vom 12. 12. 1985, 5 Ob 66/83 = EvBl 1986/38 = MietSlg 37.690) für rechtmäßig und hat deshalb die Abweisung des Klagebegehrens beantragt. Selbst wenn man von der Unzulässigkeit des Skontoeinbehalts ausgehen, könnte der geltend gemachte Anspruch nur bestehen, wenn die anteiligen Grund- und Baukosten ohne Berücksichtigung der Skonti unter dem vereinbarten Höchstpreis lägen. Das sei nicht der Fall. Die Kaufpreisregelung müsse in ihrer Gesamtheit gesehen werden. Ein überhöhter Kaufpreis könnte nur dann vorliegen, wenn der anteilige tatsächliche Aufwand an Grund- und Baukosten inklusive Sonderausstattung (deren Kosten den Käufern des Reihenhauses Nr. 4 nicht voll in Rechnung gestellt worden seien) unter dem vereinbarten Höchstpreis liegt. Es gehe nicht an, nur einen Bestandteil der Kaufpreisvereinbarung zu bekämpfen und daraus Rückforderungsansprüche geltend zu machen. Da die Käufer des Hauses Nr. 4 die Beklagte offenbar über ihre Bereitschaft, die Kaufpreisvereinbarung in ihrer Gesamtheit zu erfüllen, in Irrtum geführt hätten, werde sowohl die Höchstpreisvereinbarung als auch die Pauschalvereinbarung über die Sonderausstattung wegen Irrtums angefochten.

Das Erstgericht wies die Klage auf Grund der eingangs wiedergegebenen Feststellungen ab. Es schloß sich der Argumentation der Beklagten an, dass die Vereinnahmung branchenüblicher Skonti durch gemeinnützige Bauvereinigungen bei der Zahlung von Baukosten nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zulässig sei (EvBl 1986/38). Die in jahrzehntelanger Übung von den gemeinnützigen Bauvereinigungen erschlossene und ganz offenkundig unentbehrliche Quelle für die Eigenkapitalbildung dürfe auch bei voller Anerkennung des Kostendeckungsgrundsatzes nicht zugeschüttet werden. Die Abwägung der Interessen der gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen gegen die Interessen der Wohnungserwerber hinsichtlich des Einbehalts bzw der Weitergabe aller Skonti zeige, dass bei einer Verpflichtung zur Weitergabe nicht nur jedes Interesse der Wohnbauvereinigungen an der prompten Zahlung von Bauforderungen entfiele, sondern vielfach teure Zwischenfinanzierungen die Wohnungserwerber belasten würden und die Wohnbauvereinigungen andere Quellen der Eigenkapitalbildung in dem ihnen dafür vorgegebenen engen Rahmen erschließen müssten, welche ebenfalls eine Belastung der Wohnungserwerber zur Folge hätten, sodass der Vereinnahmung der Skonti durch die gemeinnützigen Bauvereinigungen bei der Zahlung von Baukosten wegen der Wichtigkeit dieser Ertragsquelle und dem allgemeinen Interesse an der dadurch bewirkten Stärkung der Eigenkapitalbasis als Voraussetzung für die Existenz der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft der Vorzug zu geben sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Voraussetzung für den geltend gemachten Kondiktionsanspruch sei zu allererst, dass die Vereinbarung wonach Skonti bei der Baukostenendabrechnung nicht preismindernd berücksichtigt werden, also der Beklagten zustehen sollen, unwirksam ist. § 21 Abs 1 Z 1 WGG idF des Art I Z 48 des 3. WÄG (BGBl 1993/800) stelle nunmehr ausdrücklich klar, dass zum Nachteil des Vertragspartners der Bauvereinigung vom Kostendeckungsprinzip des § 13 Abs 1 WGG bei Nichtigkeitssanktion nicht abgewichen werden darf. Die bis zum 3. WÄG bestehende Unsicherheit (vgl Keinert, Grundfragen des zivilen Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts, 86), sei durch den klarer gefaßten Verweis auf die §§ 13 - 20 WGG (bisher: §§ 14 - 20 WGG) beseitigt worden.

Voraussetzung für die Annahme der Teilnichtigkeit der genannten Vertragsbestimmung bleibe jedoch deren Verstoß gegen das in § 13 Abs 1 WGG normierte Kostendeckungsprinzip. Danach dürfe die gemeinnützige Bauvereinigung das Entgelt weder höher noch niedriger ansetzen, als es den Aufwendungen für die "Bewirtschaftung" der Baulichkeit, iVm Abs 2 in Wahrheit einschließlich der Amortisation, zuzüglich der bei ordnungsgemäßer Wirtschaftsführung (§ 23 WGG) erforderlichen Bildung von Rücklagen entspricht. Das Kostendeckungsprinzip werde durch weitere Bestimmungen des WGG (§§ 13 Abs 2, 14, 15 und 15a), vor allem aber durch die auf Grund der §§ 13 Abs 3 und 23 Abs 3 WGG erlassenen Durchführungsverordnungen (ERVO 1994; V des Bundesministers für Bauten und Technik vom 12. 12. 1979 zur Sicherung einer ordnungsgemäßen Geschäftsgebarung gemeinnütziger Bauvereinigungen, BGBl 1979/523 - "Gebarungsrichtlinienverordnung", GRV) konkretisiert.

An den für die Frage der Behandlung von Skonti, die eine gemeinnützige Bauvereinigung bei der Bezahlung von Baukostenforderungen erzielt hat, relevanten generellen Normen (Gesetzen und Verordnungen) habe sich seit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 12. 2. 1985, 5 Ob 66/83, nichts geändert. Das vom Obersten Gerichtshof in der genannten Entscheidung angeführte Argument vom "beredten Schweigen des Gesetzgebers", der trotz wiederholter öffentlicher Abhandlung dieses Themas keinen Anlass gesehen habe, es einer ausdrücklichen Regelung zuzuführen, gewinne angesichts der häufigen Wohnrechtsnovellen und sonstigen Änderungen des WGG (BGBl 1985/559, 1987/340, 1991/10 und 68, 1992/827, 1993/253 und 800, I 1997/22, I 1997/130 und I 1997/140), bei denen dieses Thema auch seither nicht aufgegriffen wurde, obwohl die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Lehre eingehend kritisiert wurde (Keinert, aaO, 149 ff, 247; Barta, JBl 1986, 502 f; ders., Dürfen gemeinnützige Wohnbauvereinigungen Skonti kassieren? Vom Verbrechenstatbestand zum Gewohnheitsrecht, GdW (Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) Informationen, Heft Juli 1985, 1 ff; Call, Glosse zu OGH 14. 10. 1986, 5 Ob 147/86, JBl 1987, 176 ua) weiter an Bedeutung.

Im Übrigen bestehe auch kein Anlass, von der Meinung des Obersten Gerichtshofes, wonach das Einbehalten der Skonti im Bereich der Baukosten durch die gemeinnützige Bauvereinigung auch bei voller Anerkennung der Herrschaft des Kostendeckungsgrundsatzes zulässig sei, abzugehen. Dies ergebe sich schon - wenn auch nicht allein - aus dem Umkehrschluss aus § 6 Abs 1 GRV, der den gemeinnützigen Bauvereinigungen vorschreibt, bei der Bezahlung von Betriebskostenrechnungen, von Rechnungen für die ordnungsgemäße Erhaltung und für nützliche Verbesserungen geringeren Umfangs erzielte Skonti kostenmindernd zu berücksichtigen, dies aber für Baukosten-Skonti nicht vorsieht. Zu eben diesem Ergebnis sei der Oberste Gerichtshof nach einer umfassenden Abwägung der Interessen der Wohnungserwerber und der Bauvereinigungen, gelangt (hohe Kosten der Zwischenfinanzierung für die Wohnungserwerber; Quelle für die Eigenkapitalbildung der Bauvereinigungen).

Letztlich dürfe nicht übersehen werden, dass der Oberste Gerichtshof unter dem "Skonto" einen Barzahlungsrabatt, also einen prozentuellen Preisnachlass für den Fall der unverzüglichen Regulierung einer Lieferantenverbindlichkeit, versteht (OGH 31. 10. 1989, 5 Ob 630/89 = JBl 1990, 248 ff, mit zustimmender Glosse von Rebhahn). Wirtschaftlich betrachtet stelle das Skonto eine kurzfristige Selbstfinanzierung in Form eines Lieferantenkredits dar, der nach Ablauf der Skontofrist mit - üblichen - 3 % verzinst wird (Steiner/Fleisch, Kürzt das Skonto von Bauleistungen das Architektenhonorar?, RdW 1998, 184 f). Erfolgt aber die Bezahlung innerhalb der Skontofrist, verlagerten sich die Kosten der Vorfinanzierung auf die gemeinnützige Bauvereinigung (vgl Korinek/Funk/Scherz/Weinberger/Wieser, Kommentar und Handbuch [Loseblattausgabe] zum WGG, Anm 3 zu § 6 GRV). Wirtschaftlich würden damit bei rechtzeitiger Zahlung der Lieferantenverbindlichkeiten die gemeinnützigen Bauvereinigungen die Kosten der Vorfinanzierung übernehmen, um die (hohe) Verzinsung eines Lieferantenkredits zu verhindern; dies mit dem Ziel, ihre Eigenkapitalbasis zu stärken.

Damit habe das Erstgericht das Klagebegehren zu Recht abgewiesen.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Von einer gesicherten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum angesprochenen Themenkreis könne nämlich noch nicht gesprochen werden. Einerseits existiere dazu, soweit überblickbar, nur eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (5 Ob 66/83), andererseits seien in der Lehre gewichtige Gegenstimmen erhoben worden (Keinert, aaO; Barta, aaO).

In der jetzt vorliegenden ordentlichen Revision beharrt die Klägerin auf dem Rechtsstandpunkt, dass die Einbehaltung der strittigen Baukosten-Skonti durch die Beklagte rechtswidrig sei, weil sie dem zwingenden - also unabdingbaren - Kostendeckungsprinzip zuwiderlaufe, an das sich gemeinnützige Bauvereinigung zu halten hätten. Zur Untermauerung dieser Rechtsansicht trägt sie im Wesentlichen die von Keinert (in Grundfragen des zivilen Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts, 139 - 225) ausgeführten Argumente vor. Der Revisionsantrag geht primär dahin, das Berufungsurteil so abzuändern, dass dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben wird, hilfsweise soll das Urteil der zweiten Instanz, allenfalls auch jenes der ersten Instanz aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückverwiesen werden.

Die Beklagte hat sich dazu in einer fristgerecht erstatteten Revisionsbeantwortung geäußert und beantragt, das Rechtsmittel der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen oder ihm nicht Folge zu geben. Sie hält gleich den Vorinstanzen an den Argumenten der Entscheidung 5 Ob 66/83 fest und gibt überdies zu bedenken, dass die Einhaltung des Kostendeckungsprinzips immer nur daran gemessen werden könne, ob der verlangte Preis insgesamt den Anforderungen einer kostendeckenden Wirtschaftsführung entspricht. Eine einzelne Vertragsbestimmung - hier der vereinbarte Einbehalt der Baukosten-Skonti - könne für sich allein nie dem Kostendeckungsprinzip widersprechen. Löse man einzelne Kostenkomponenten aus der Abrechnung heraus, könnte dies dazu führen, dass - dem Kostendeckungsprinzip widersprechend - ein unter der Kostendeckung liegender Preis verrechnet wird. Im gegenständlichen Fall habe die Klägerin nicht einmal behauptet, dass der kostendeckende Preis unter dem vereinbarten läge, würden - neben den sonstigen Preisbildungskomponenten - die tatsächlich aufgewendeten Baukosten veranschlagt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist iS ihres Aufhebungsbegehrens berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass beide Parteien des gegenständlichen "Musterprozesses" offenbar die Anwendung des WGG 1979 idF des 3. WÄG, BGBl 1993/800, sowie der ERVO 1994, BGBl 1994/924, und der GRV (Gebarungsrichtlinienverordnung) 1979, BGBl 1979/573 (idF BGBl 1994/925) unterstellen. Das ist insofern von Bedeutung, als die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 12. 2. 1985, 5 Ob 66/83 (EvBl 1986/38 = MietSlg 37.690), die die jahrzehntelange Praxis der Einbehaltung branchenüblicher Baukosten-Skonti durch gemeinnützige Bauvereinigungen billigte, noch zur Rechtslage des WGG 1940 (dRGBl I Seite 438/1940 idF BGBl 1967/280) und der WGGDV 1940 (dRGBl I Seite 1012/1940) erging. Die seither eingetretenen Rechtsänderungen zwingen zu einer Neubeurteilung des Problems. Der Gesetzgeber des WGG 1979 (und späterer Novellen) hat nämlich in § 13 Abs 3 leg cit dem BM für wirtschaftliche Angelegenheiten eine zuvor nicht gegebene Richtlinienkompetenz für die Berechnung des am Kostendeckungsprinzip orientierten angemessenen Preises eingeräumt, den gemeinnützige Bauvereinigungen (ua) gemäß § 15 WGG für die Einräumung von Wohnungseigentum verlangen dürfen, und dazu noch die Möglichkeiten dieser Bauvereinigungen zur Eigenkapitalbildung erweitert (zu letzteren siehe Keinert aaO, 207 ff; Korinek, Das Eigenkapital - Funktion, Aufbringung, Sicherung und Verwendung, in Korinek/Nowotny, HB der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, 377 ff). Nach einer generellen Rechtfertigung der von gemeinnützigen Bauvereinigungen praktizierten Einbehaltung von Baukosten-Skonti kann daher nur mehr in den Preisvorschriften des WGG 1979 (vor allem des § 13 Abs 1) und den dazu ergangenen Durchführungsverordnungen (vor allem der ERVO 1994) gesucht werden; außerdem hat das in der Entscheidung 5 Ob 66/83 gebrauchte Argument an Bedeutung verloren, für die Eigenkapitalbildung gemeinnütziger Bauvereinigungen sei die Vereinnahmung branchenüblicher Skonti bei der Begleichung von Baukostenforderungen unverzichtbar.

Nach § 13 Abs 1 WGG 1979, auf den die Vorschrift des § 15 Abs 1 WGG 1979 für den hier zu beurteilenden Fall der Einräumung von Wohnungseigentum verweist, haben gemeinnützige Bauvereinigungen einen Preis zu vereinbaren, der nicht höher, aber auch nicht niedriger angesetzt werden darf, als er zur Deckung der Aufwendungen ... und unter Berücksichtigung eines iSd Grundsätze des § 23 gerechtfertigten Betrages zur Deckung der Kosten der Wirtschaftsführung der Bauvereinigung sowie nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung zur Bildung von Rücklagen erforderlich ist. Es sind dabei die gesamten Herstellungskosten (§ 13 Abs 2 WGG 1979), also die "aufgewendeten Baukosten" (Z 1), die Grund- und Aufschließungskosten (Z 2) sowie die sonstigen Kosten, darunter die Bauverwaltungs- und Finanzierungskosten (Z 3) zu veranschlagen. Die ERVO 1994 schreibt dazu noch vor, bei der Ermittlung der Baukosten von jenem Betrag auszugehen, der für die Errichtung der Baulichkeit "nachweislich aufgewendet wurde" (§ 1 Abs 1) und nennt als Beispiele für Finanzierungskosten die tatsächlichen Kosten für Bau- und Zwischenkredite, Geldbeschaffungskosten und Zinsen für eingesetzte Eigenmittel (§ 4 Abs 2 Z 4).

Folgt man diesen Begriffsbestimmungen, dann scheidet von vornherein die Möglichkeit aus, die von einer gemeinnützigen Bauvereinigung bei der Begleichung von Baukostenforderungen erreichten Skonti dem Baukostenaufwand zuzurechnen. Skonti sind Preisnachlässe, die bei "vorzeitiger", das heißt vor Auslaufen des eingeräumten Zahlungsziels geleisteter Zahlung gewährt werden (Keinert aaO, 155 mwN; vgl § 6 Abs 3 GRV). Nach den Grundsätzen der Rechnungslegung handelt sich dabei um keine Aufwendungen zur Erwerbung eines Vermögensgegenstandes, sie mindern nach hA vielmehr den Anschaffungspreis (Altenburger, Kommentar zum Rechnungslegungsgesetz, 101; Gassner/Lahodny-Karner in Straube II, Rz 11 zu § 203 HGB). Für Regelungen, die sich am Prinzip der Kostendeckung orientieren, also sicherstellen sollen, dass nicht mehr, aber auch nicht weniger als die tatsächlich aufgelaufenen und gerechtfertigten Kosten hereingebracht werden (vgl Korinek/Funk/Scherz/Weinberger/Wieser, WGG, Anm 2 zu § 13), kann nichts anderes gelten. Lukrierte Skonti schmälern also den für die Errichtung einer Baulichkeit aufgewendeten Betrag. Es bleibt zu untersuchen, ob und inwieweit derartige Skonti als Finanzierungskosten einbehalten werden dürfen.

Tatsächlich enthalten Skonti eine Finanzierungskomponente (Altenburger aaO, 102; Gassner/Lahodny-Karner aaO). Sie sind (auch) ein Entgelt für die Verkürzung eines Lieferantenkredits und ersetzen die bis zum Ablauf des Zahlungsziels entstehenden Kosten einer anderen Zwischenfinanzierung. Bei der Entscheidung 5 Ob 66/83 spielte diese Erwägung offenbar eine große Rolle. Branchenübliche Skonti wurden (auch) als üblicher Ersatz der Kosten einer kurzfristigen Fremdfinanzierung bzw des Zinsenentgangs bei einer Finanzierung aus Eigenmitteln gedeutet. Von dieser Vorstellung sind auch die ministeriellen Erläuterungen zu § 6 GRV getragen, denen zufolge (ohne dies auch im Text der Verordnung zum Ausdruck zu bringen) die bei Barzahlungen zu anderen als den in Abs 2 genannten Rechnungen erzielten Skonti (also die hier strittigen Skonti für Baukostenforderungen aus der Errichtungsphase) der Bauvereinigung zugute kommen (sollen), da sie in der Regel durch den Einsatz von Eigenmitteln erzielt werden (abgedruckt bei Keinert aaO, 153; vgl Korinek/Funk/Scherz/Weinberger/Wieser aaO, Anm 3 zu § 6 GRV). Das erlaubt jedoch nicht, schlechthin die von gemeinnützigen Bauvereinigungen lukrierten Baukosten-Skonti einzubehalten.

Wie bereits erwähnt, zählt § 13 Abs 2 WEG 1979 zu den Herstellungskosten, die bei der Berechnung des kostendeckenden Preises zu veranschlagen sind, auch die Finanzierungskosten, die er unter die sonstigen Kosten subsumiert (Z 3). Dieser mehrmalige Hinweis auf "Kosten" verbindet sich mit der Vorstellung effektiver Aufwendungen. Folgerichtig nennt § 4 Abs 2 Z 4 ERVO 1994 als Beispiele für derartige Finanzierungskosten "tatsächliche Kosten für Bau- und Zwischenkredite" sowie "Geldbeschaffungskosten". Ihnen gleichgestellt sind in der genannten Verordnung "Zinsen für eingesetzte Geldmittel". Derartige Zinsen müssen gemäß § 14 Abs 1 Z 3 WGG 1979 angemessen sein und dürfen im Fall der Errichtung von Wohnungen, Eigenheimen, Heimen und Geschäftsräumen (idF des 3. WÄG) den um einen Prozentpunkt verminderten Zinsfuß eines Bausparkassendarlehens nicht übersteigen. Betrachtet man die von einer gemeinnützigen Bauvereinigung in der Errichtungsphase lukrierten Baukosten-Skonti als Ersatz der Kosten einer Zwischenfinanzierung dürfen sie demnach nur in der Höhe tatsächlicher Aufwendungen für Fremdgeld oder - bei Einsatz von Eigenmitteln - nach Maßgabe des § 14 Abs 1 Z 3 WGG 1979 in der Höhe entgangener Zinsen einbehalten werden.

Gegenteiliges läßt sich auch dem bereits erwähnten § 6 Abs 2 GRV nicht entnehmen. Er ordnet an, dass Skonti, die von gemeinnützigen Bauvereinigungen bei der Bezahlung von Betriebskostenabrechnungen, von Rechnungen für die ordnungsgemäße Erhaltung und für nützliche Verbesserungen geringeren Umfangs erzielt werden, als kostenmindernd zu berücksichtigen sind und nicht als Ertrag vereinnahmt werden dürfen, läßt also offen, was mit den hier strittigen Baukosten-Skonti aus der Errichtungsphase zu geschehen hat. Ein Umkehrschluss, wonach derartige Skonti den Bauvereinigungen zugute kommen sollen, scheidet schon deshalb aus, weil damit ein Widerspruch zum Kostendeckungsprinzip des § 13 WGG 1979 (nicht zuletzt in der speziellen Ausformung des § 14 Abs 1 Z 3 WGG 1979 zum Einsatz von Eigenmitteln) provoziert würde und die einschlägige (zu § 13 WGG 1979 ergangene) ERVO 1994 die Frage der Skonti gar nicht aufgreift. Die Gebarungsrichtlinienverordnung hat ihre gesetzliche Grundlage in § 23 Abs 3 WGG 1979, also in einer Bestimmung, die sich mit der Geschäftsführung und Verwaltung gemeinnütziger Bauvereinigungen befasst. Folgerichtig wurde in der GRV das Problem von Skonti aufgegriffen, die im Zuge der laufenden (ordentlichen) Verwaltung - bei der Bezahlung von Betriebskosten oder von Rechnungen für Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten - anfallen können; die Verordnung enthält sich aber jeder Aussage darüber, wie - etwa bei der Berechnung des Preises für die Einräumung von Wohnungseigentum - mit Skonti aus der Bauerrichtungsphase zu verfahren ist. Derartiges zu regeln wäre dem Verordnungsgeber der ERVO 1994 vorbehalten gewesen. Das Übergehen der Skonti für Forderungen, die den Herstellungskosten iSd § 13 Abs 2 WGG 1979 zuzurechnen sind, in § 6 Abs 2 GRV spricht daher nicht für, sondern gegen die Zulässigkeit eines Umkehrschlusses.

Damit haben sich die von den Vorinstanzen für die (sofortige) Abweisung des Klagebegehrens ins Treffen geführten Argumente als nicht tragfähig erwiesen. Es fehlt bislang an einer Rechtfertigung des Einbehalts der Baukosten-Skonti durch die Beklagte. Die eingangs wiedergegebene Vereinbarung kann ihr diese Rechtfertigung nicht verschaffen, solange eine Verletzung des Kostendeckungsprinzips im Raum steht, die sie gemäß § 21 Abs 1 Z 1 WGG 1979 teilnichtig macht. Die Rechtssache ist allerdings noch nicht - auch nicht im Sinn einer teilweisen Stattgebung des Klagebegehrens - entscheidungsreif. Es bleibt zu erheben, ob und in welcher Höhe von der beklagten Partei Skonti vereinnahmt wurden, die iS obiger Ausführungen die Herstellungskosten verminderten. Die Beklagte könnte die effektiven Kosten einer Fremdfinanzierung oder die angemessenen Zinsen für den Einsatz von Eigenmitteln mit den einbehaltenen Skonti verrechnen. Schließlich bleibt zu untersuchen, ob der von den Käufern des Hauses Nr. 4 geleistete Kaufpreis nicht ohnehin den Anforderungen der §§ 13 und 14 WGG 1979 an die Angemessenheit entspricht. Von einer Verletzung des Kostendeckungsprinzips und damit von einer Teilnichtigkeit einer diesem Prinzip widersprechenden Preisvereinbarung kann, wie die Beklagte überzeugend darlegte, nur gesprochen werden, wenn insgesamt mehr verrechnet wurde, als die Entgelts- bzw Preisbestimmungen des WGG 1979 zulassen. Andernfalls würde in Verletzung des auch die gemeinnützigen Bauvereinigungen bindenden Kostendeckungsprinzips jeder Kalkulations- oder Verrechnungsfehler zu Lasten der gemeinnützigen Bauvereinigung gehen. Der Gesetzgeber wollte jedoch, wie er in § 13 Abs 1 und § 23 Abs 1 WGG 1979 zum Ausdruck brachte, eine ordnungsgemäße, im Ergebnis kostendeckende Wirtschaftsführung gemeinnütziger Bauvereinigung gesichert wissen. Das Günstigkeitsprinzip des § 21 Abs 1 Z 1 WGG 1979 ist daher - bezogen auf den hier vorliegenden Fall einer Preisvereinbarung nach § 15 WGG 1979 - so zu verstehen, dass die Vereinbarung nur dann und insoweit rechtsunwirksam ist, als der Gesamtpreis für die Einräumung von Wohnungseigentum den am Kostendeckungsprinzip orientierten Preisbildungsvorschriften des WGG 1979 widerspricht. Diesbezügliches Vorbringen der Klägerin - eine Replik auf die einschlägigen Behauptungen der Beklagten - fehlt, war allerdings nach der von den Vorinstanzen vertretenen Rechtsansicht auch nicht notwendig. Die Korrektur dieser Rechtsansicht wird daher zum Anlass genommen werden müssen, auch diesen Aspekt mit den Parteien zu erörtern.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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