OGH 5Ob270/02w

OGH5Ob270/02w28.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marion R*****, vertreten durch Dr. Markus Schuster, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Wohnbauvereinigung ***** gemeinnützige Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang C. M. Burger, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 12.762,47 samt Anhang, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 12. Juli 2002, GZ 4 R 60/02z-25, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 11. Jänner 2002, GZ 22 Cg 126/99v-21, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 749,70 (darin enthalten EUR 124,65 an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision ist das Revisionsgericht an den Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil die Frage, ob ein in einem dem WGG unterliegenden Anwartschaftsvertrag vereinbarter Kaufpreis als Fixkaufpreis zu beurteilen sei, eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung darstelle.

Vereinbarungen einer Bauvereinigung mit einem Mieter, sonstigen Nutzungsberechtigten oder Erwerber einer Liegenschaft (Liegenschaftsanteiles) sind insoweit rechtsunwirksam, als sie zum Nachteil des Vertragspartners der Bauvereinigung von den Bestimmungen der §§ 13 bis 15, 15b bis 20 und 22 abweichen (§ 21 Abs 1 Z 1 WGG). Dies bedeutet, dass die Entgeltbildungsregeln des WGG einseitig zwingendes Zivilrecht sind. Vereinbarungen, die zum Nachteil des Vertragspartners der Bauvereinigung von der Kostendeckung oder einem anderen als Obergrenze normierten Parameter abweichen, sind insoweit rechtsunwirksam. Weichen aber die Vereinbarungen den Wohnungswerber begünstigend von den §§ 13 ff WGG ab, so sind sie wirksam (5 Ob 111/02p, 5 Ob 248/01h, RIS-Justiz RS0083301).

Im schriftlichen Anwartschaftsvertrag ist vermerkt, dass der Kaufpreis derzeit ziffernmäßig noch nicht genau bestimmbar sei, da er sich einerseits aus den anteiligen Grundstückskosten im Sinne des § 13 WGG, andererseits aus den anteiligen voraussichtlichen Gesamtbaukosten im Sinne der dem Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vorgelegten Unterlagen zusammensetze. Die endgültige Höhe der anteiligen Gesamtbaukosten, sohin auch die Höhe des Baukostenbeitrages, könne erst nach vollständiger Ausfinanzierung des Bauvorhabens und etwaig notwendig werdenden zusätzlichen Baudarlehen und nach Vorliegen der Schlussrechnung und Überprüfung dieser Schlussrechnung durch die fördernde Stelle ermittelt werden. Die Berechnung des Entgelts folge den Bestimmungen der §§ 13 bis 15 WGG. Nach § 13 Abs 2 WGG sind der Berechnung des Entgelts die gesamten Herstellungskosten zu Grunde zu legen.

Die Rechtsmeinung der Vorinstanzen, dass damit keine die Beklagte benachteiligende Fixpreisvereinbarung unabhängig vom tatsächlichen Aufwand getroffen worden sei, wird von der Revisionswerberin auch gar nicht bestritten. Sie macht lediglich geltend, dass für die Herstellung des Vertragsgegenstandes unbedingt erforderliche Baukosten, die bei der Kalkulation der voraussichtlichen Gesamtbaukosten "lediglich vergessen" worden seien, nicht nachträglich zu einer Erhöhung der Gesamtbaukosten führen könne. Die von der Revisionswerberin zitierte Entscheidung 5 Ob 85/91 stützt aber ihre Rechtsansicht nicht, da dort zu Lasten der Bauvereinigung vom Kostendeckungsprinzip abgehende Vereinbarungen getroffen wurden und dies die Bauvereinigung - wie oben schon dargelegt - bindet. Ein derartiger Fall ist hier aber nicht gegeben, da nach der schriftlichen Vereinbarung der Kaufpreis eben ziffernmäßig noch nicht bestimmt, sondern nur nach den Bestimmungen der §§ 13 bis 15 WGG bestimmbar war. Die Beklagte kann daher ihren tatsächlichen Aufwand dem Kostendeckungsprinzip nach § 13 WGG entsprechend ihren Forderungen zugrundelegen.

Weiters stützt sich die Klägerin darauf, das Berufungsgericht habe zu Unrecht nicht erkannt, dass der Geschäftsführer der Beklagten Doris Z***** konkludent oder zumindest dem äußeren Anschein nach bevollmächtigt habe, für ihn rechtsgeschäftlich abweichende Preisvereinbarungen für die Beklagte zu treffen. Zu Recht kann sich nicht einmal die Revisionswerberin in ihren Ausführungen darauf stützen, dass ihr von Doris Z***** ein Fixpreis oder ein konkreter anderer Preis genannt worden wäre. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes wies Doris Z***** die Klägerin und ihre Mutter darauf hin, dass sich der Kaufpreis noch erhöhen könne. Als sie von den Interessenten darauf hingewiesen worden sei, dass das Haus schon stehe und man daher wissen müsse, wie diese Erhöhung ausfallen werde, habe Doris Z***** erklärt, es würde neben üblichen Erhöhungen im Hinblick auf Lohn- und Materialkosten "keine nennenswerten Erhöhungen" geben. Konkrete Beträge wurden nach den erstgerichtlichen Feststellungen nicht genannt. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanzen diese Erklärung nicht als verbindlich erkannten, zumal sie viel zu unbestimmt ist, um daraus eine (Fix)Preisvereinbarung ableiten zu können, nachdem die Klägerin auf die Preiserhöhung hingewiesen wurde.

Abgesehen davon setzt eine Anscheinsvollmacht nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass Umstände vorliegen, die geeignet sind, im Dritten den begründeten Glauben an die Berechtigung des Vertreters zum Abschluss des beabsichtigten Geschäftes zu erwecken (RIS-Justiz RS0019609). Die Umstände, die die Grundlage für die Überzeugung des Dritten vom Vorhandensein der Vertretungsmacht hervorgerufen haben, müssen vom Vertretenen selbst geschaffen sein (RIS-Justiz RS0020145). Das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht ist immer nur anhand von Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen (8 Ob 77/00g, 1 Ob 71/99v, 9 Ob 302/99y). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass hier vom Geschäftsführer kein äußerer Tatbestand geschaffen wurde, aus dem die Klägerin ableiten konnte, dass Doris Z***** bevollmächtigt gewesen wäre, für ihn rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben, hält sich in der Bandbreite der oben dargelegten Judikatur, zumal nur feststeht, dass die Klägerin und deren Mutter Doris Z***** für eine "kompetente Auskunftsperson" gehalten haben und ihnen klar war, dass den Vertrag nicht Doris Z*****, sondern der Geschäftsführer Eugen E***** als Vertreter der Beklagten unterfertigt. Eine Feststellung, die Klägerin und ihre Mutter hätten aus konkreten Umständen geschlossen, Doris Z***** sei vom Geschäftsführer der Beklagten bevollmächtigt und beauftragt gewesen, für die Beklagte verbindliche Preiszusagen abzugeben, fehlt. Eine "Auskunftsperson" kann nur Wissenserklärungen und keine Verpflichtungserklärungen abgeben.

Es wurden daher insgesamt keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO geltend gemacht.

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