OGH 5Ob25/70

OGH5Ob25/7018.2.1970

SZ 43/41

Normen

ABGB §1358
ABGB §1480
Fürsorgepflichtverordnung §21a
ABGB §1358
ABGB §1480
Fürsorgepflichtverordnung §21a

 

Spruch:

Auch nach dem Übergang auf den Fürsorgeverband auf Grund der Legalzession des § 21a FürspflV verjähren Unterhaltsansprüche gemäß § 1480 ABGB in drei Jahren

OGH 18. Februar 1970, 5 Ob 25/70 (LG Innsbruck 2 R 598/69; BG Reutte C 223/69 )

Text

Der Beklagte ist auf Grund eines Erbübereinkommens v 14. Dezember 1949 verpflichtet, seine Schwester Stefanie B ordentlich und standesgemäß in gesunden und kranken Tagen "abzunähren" und für die Kosten des Anstaltsaufenthalts, solange Stefanie B in der Landesheil- und Pflegeanstalt in S (Tirol) untergebracht ist, aus eigenem aufzukommen.

Stefanie B befand sich bis vor kurzem in der Landesheil- und Pflegeanstalt in S. In der Zeit v 1. Juli 1949 bis zum 29. Februar 1952 sind dort an Verpflegskosten 14.578.60 S aufgelaufen. Dafür ist der klagende Bezirksfürsorgeverband aufgekommen.

Dem Beklagten wurde mit den Schreiben des Klägers v 12. Februar 1951, 14. Juni 1951, 24. Juli 1951 und 14. Dezember 1951 die für Stefanie B geleistete Fürsorgeunterstützung angezeigt.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihm 14.578.60 S "samt Anhang" zu zahlen. Die Klage wird darauf gestützt, daß der Kläger den Beklagten von den jeweils geleisteten Zahlungen verständigt habe. Nach § 21a FürsPflV seien die Ansprüche der hilfsbedürftigen Schwester des Beklagten gegen diesen auf den Fürsorgeverband übergegangen. Der Kläger habe auch für den Beklagten nach § 1042 ABGB einen Aufwand gemacht, zu dem er selbst verpflichtet gewesen sei.

Der Beklagte wendete Verjährung ein.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es ging davon aus, daß zwar § 1042 ABGB nicht zur Anwendung gelange, weil der Anspruch nach dieser Gesetzesstelle nur aushilfsweise geltend gemacht werden könne, nicht aber dann, wenn der Kläger einen direkten Anspruch besitze. Durch die Erbringung der Fürsorgeleistung für die Schwester des Beklagten und durch die Anzeige dieser Leistungen an den Beklagten sei der Anspruch der Schwester des Beklagten gegen ihren Bruder nach § 21a FürsPflV auf den Fürsorgeverband übergegangen. Nach § 1480 ABGB verjährten zwar Forderungen von rückständigen jährlichen Leistungen, insb Unterhaltsbeiträge, in drei Jahren. Die Forderung der Stefanie B gegen den Beklagten auf die monatlich von ihm zu zahlenden Unterhaltsbeiträge wäre für sie verjährt gewesen. Stefanie B habe aber ihren Unterhalt vom Kläger erhalten. Was der Kläger vom Beklagten fordere, sei somit keine Unterhaltsleistung, sondern eine Ersatzleistung. Eine solche Forderung unterliege nicht mehr der Verjährung nach § 1480 ABGB, sondern der dreißigjährigen Verjährung nach § 1479 ABGB. Die dreißigjährige Verjährungsfrist sei aber noch nicht abgelaufen.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Auffassung, daß eine Legalzession vorliege. Da bei einer solchen die Rechte des Übernehmers mit denen des Überträgers ident seien, könne sich durch eine Zession an der Verjährung nichts ändern. Daher komme eine Verjährungsfrist von drei Jahren zur Anwendung, die bereits abgelaufen sei. Ein Verwendungsanspruch nach § 1042 ABGB sei aber ausgeschlossen, wenn die Leistung vom Verkürzten an eine Mittelsperson außerhalb eines Vertragsverhältnisses in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis ihren zureichenden Rechtsgrund finde.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die von Amts wegen wahrzunehmende Frage der Parteifähigkeit des Klägers ist zu bejahen. Bezirksfürsorgeverbände beisitzen, wie der OGH bereits ausgesprochen hat (SZ 31/154 u a), Rechtspersönlichkeit und damit Parteifähigkeit. Auf die ausführlichen Gründe in der Entscheidung SZ 31/154, von der abzugehen kein Anlaß besteht, wird hingewiesen.

Nach § 21a FürsPflV,id F der 4. V zur Vereinfachung des Fürsorgerechts 9. November 1944 RGBl I 323 kann der Fürsrogeverband, der auf Grund der FürsPflV einen Hilfsbedürftigen unterstützt hat, wenn der Hilfsbedürftige für die Zeit der Unterstützung Rechtsansprüche gegen einen Dritten auf Leistungen zur Deckung des Lebensbedarfs hat, durch schriftliche Anzeige an den Dritten bewirken, daß diese Rechtsansprüche auf Ersatz auf ihn übergehen. Nach § 21a Abs 2 FürsPflV bewirkt die schriftliche Anzeige an den Dritten den Übergang des Rechtsanspruchs für die Zeit seit dem Eintritt der Hilfsbedürftigkeit bis zu ihrer Beendigung.

Es trifft zu, daß zu den Rechtsansprüchen gegen einen Dritten auf Leistungen zur Deckung des Lebensbedarfs iS des § 21a Abs 1 FürsPflV auch die vom Beklagten im Erbübereinkommen v 14. Dezember 1949 übernommenen Verbindlichkeiten bezüglich des Unterhalts seiner Schwester zählen (Pfeifer - Axmann, Fürsorgerecht 59 letzter Abs; Baath - Kneip - Langlotz, Fürsorgepflicht[13], 293 Anm 3; Heller - Ringhofer, Das österr Fürsorgerecht 103 Anm 3).

Es haben auch die schriftlichen Anzeigen an den Beklagten den Übergang des Rechtsanspruchs für die Zeit seit dem Eintritt der Hilfsbedürftigkeit seiner Schwester bewirkt. Durch die Zustellung der schriftlichen Anzeige ist nämlich der Anspruch des Unterstützten kraft Gsetzes und ohne Zutun des Unterstützten auf den anzeigenden Fürsorgeverband übergegangen, dem nunmehr allein die Einziehung zusteht. Es ist, wie der OGH in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (Pfeifer - Axmann, Fürsorgerecht 60; Fleischmann - Jaeger - Jehle,

Die öffentliche Fürsorge[3], 473; Heller - Ringhofer, Fürsorgerecht

104) ausgesprochen hat (SZ 31/154; 5 Ob 114, 115/63), eine Legalzession eingetreten.

Eine Legalzession hat, wie der OGH in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (Ohmeyer - Klang in Klang[2] VI 230 P III 2) dargetan hat (JBl 1959, 157; ZVR 1960/311; ZVR 1966/67 u a), zur Folge, daß die Ansprüche der Schwester des Beklagten im gleichen Umfang auf den Kläger übergegangen sind, wie sie der unterstützten hilfsbedürftigen Schwester des Beklagten zugestanden waren.

Im vorliegenden Fall beruhen die Ansprüche der Schwester des Beklagten auf einem Rechtsgeschäft. Durch den kraft Gesetzes erfolgten Übergang der Ansprüche auf den Kläger kann jedenfalls keine Änderung oder Erweiterung des Vertragsinhalts erfolgen, vielmehr kann der Kläger nur die gleichen Ansprüche geltend machen, die der Schwester des Beklagten im Erbübereinkommen v 14. September 1949 eingeräumt wurden.

Dem steht auch nicht entgegen, daß der OGH bei der Beurteilung der Frage, in welchem Verfahren die Ansprüche des Fürsorgeträgers zu erheben sind, die Auffassung vertreten hat, daß das Gesetz die Regelung von Unterhaltsansprüchen pflegebefohlener Personen im Verfahren außer Streitsachen nur dann im Auge hat, wenn es sich um Beteiligte handelt, die zueinander im familienrechtlichen Verband stehen, was bei der Geltendmachung von Ansprüchen auf Grund einer Legalzession nicht mehr der Fall ist. Die auf die Legalzession gestützten Ansprüche seien nicht mehr solche Unterhaltsansprüche (SZ 31/154). Denn diesbezüglich handelt es sich um eine Verfahrensfrage. Nur in diesem Sinn sind auch die von der Revisionswerberin bezogenen Ausführungen von Stanzl in Klang[2] IV/1, 934, zu verstehen.

Es ist auch ohne Bedeutung, daß nach der Rechtsprechung (SZ 28/33) auf den Anspruch des Fürsorgeträgers nach § 21a FürsPflV nicht die Revisionsbeschränkungen betreffend die Bemessung des gesetzlichen Unterhalts angewendet werden, weil auch in diesem Belang Verfahrensvorschriften im Vordergrund stehen.

Die Folgerung, daß der Übergang der Forderung auf den Fürsorgeverband den Unterhaltscharakter des Anspruchs nicht uneingeschränkt bestehen läßt, ergibt sich auch daraus, daß Vorschriften aus einer anderen Rechtsordnung, nämlich reichsrechtlichen Bestimmungen, in die österr Rechtsordnung übernommen wurden. Die im Verfahrensrecht gezogenen Folgerungen lassen sich aber, wie der OGH in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (Heller - Ringhofer, Fürsorgerecht 106) ausgesprochen hat (3 Ob 233/59; EvBl 1969/326), nicht verallgemeinern. Es ist vielmehr bei jeder auftauchenden Rechtsfrage zu untersuchen, ob der Zweck der besonderen Behandlung von Unterhaltsforderungen auf die betreffende Gattung von Fällen im allgemeinen zutrifft. Davon ausgehend, wurde das Fortbestehen der Exekutionsprivilegien auch beim Übergang der Forderung auf dritte Personen bejaht (3 Ob 233/59; EvBl 1969/326).

Durch die Legalzession kann auch keine Änderung in der Verjährungsfrist eintreten. § 21a FürsPflV enthält keine Anordnung, daß, abgesehen vom Übergang der Forderung, eine Änderung in den Ansprüchen der Unterhaltsberechtigten dergestalt eintreten sollte, daß die Verjährungsfrist eine Verlängerung erfährt. Daher greift § 1480 ABGB Platz, wonach Forderungen von Unterhaltsbeiträgen sowie Ausgedingsleistungen in drei Jahren erlöschen. Diese Auffassung teilt auch das Schrifttum (Baath - Kneip - Langholtz, Fürsorgeplicht 293; Fleischmann - Jaeger - Jehle, Die öffentliche Fürsorge 474 erster Abs).

Da im vorliegenden Fall Ansprüche für die Zeit v 1. Juli 1949 bis zum 29. Februar 1952 geltend gemacht werden und die Klage am 2. Juni 1969 eingebracht wurde, ist die Verjährungsfrist von drei Jahren abgelaufen.

Auch die Beurteilung des Anspruchs des Klägers nach § 1042 ABGB führt entgegen den Ausführungen der Revision zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis. Nach dem Schrifttum (Stanzl in Klang[2] IV/1, 910, 924 f, 934) und der Rechtsprechung (RZ 1966. 104; 5 Ob 226/67) ist ein Verwendungsanspruch nach § 1042 ABGB auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistung des Klägers in einem öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnis ihren Rechtsgrund findet.

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