OGH 5Ob246/03t

OGH5Ob246/03t25.11.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshof Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshof Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1.) Radomir M*****, vertreten durch Dr. Josef Mentschl, Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, 1100 Wien, Wiedner Gürtel 1d, und 2.) Dipl. Ing. Vladimir S*****, gegen die Antragsgegner 1.) T***** GmbH, 2.) Immobilien R***** GmbH, 3.) Renate Ü*****, alle *****, alle vertreten durch Dr. Andreas Frank, Rechtsanwalt in Wien, 4.) Johann Ü*****, 5.) Chen Z*****, 6.) Andrea P*****, 7.) Alfred P***** (früher Maria F*****), 8.) Marian C*****, 9.) Maria C***** und 10.) Andreas K***** (früher Jovica T*****), alle *****, wegen Feststellung der Unwirksamkeit eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft (§ 24 Abs 3 und Abs 6 iVm § 52 Abs 1 Z 4, § 30 Abs 2 WEG 2002), über den Revisionsrekurs des Erstantragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. Juni 2003, GZ 39 R 123/03p-8, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 24. Jänner 2003, GZ 46 Msch 10030/02x-4, bestätigt wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass der in der Eigentümerversammlung am 23. 9. 2002 in *****, mit den Stimmen der zu OZl 1, 2, 3 und 4 angeführten Antragsgegner gefasste Beschluss, den Verwaltervertrag mit der B***** GmbH zum 31. 12. 2002 zu kündigen und Brigitte K*****, ab 1. 1. 2003 zur Hausverwalterin zu bestellen, rechtsunwirksam ist.

Text

Begründung

Die im Kopf der Entscheidung angeführten Parteien sind bzw waren Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** mit dem Haus *****. Am 27. oder 28. 9. 2002 wurde im Haus das Protokoll über eine Hauseigentümerversammlung vom 23. 9. 2002 angeschlagen, in dem der im Spruch erwähnte Beschluss beurkundet ist. Als anwesend sind in diesem Protokoll die zu OZl 1 bis 4 angeführten Antragsgegner geführt, die für sich in Anspruch nahmen, über 485/821 Anteile an der Liegenschaft zu verfügen, und den Verwalterwechsel beschlossen haben. Tatsache ist, dass im fraglichen Zeitpunkt zumindest die zu OZl 1 und 4 angeführten Antragsgegner Miteigentümer der Liegenschaft waren und die Mehrheit der Anteile auf sich vereinigten (die Erstantragsgegnerin 403/821, der Viertantragsgegner 32/821).

Am 23. 10. 2002 stellte der Erstantragsteller beim Erstgericht den Sachantrag, gemäß § 24 Abs 3 und Abs 6 iVm § 52 Abs 1 Z 4 und § 30 Abs 2 WEG 2002 festzustellen, dass kein wirksamer Mehrheitsbeschluss zur Kündigung der B***** GmbH und zur Bestellung der HV Brigitte K***** zur neuen Verwalterin vorliege. Er begründete dieses Begehren im Wesentlichen damit, dass die zu OZl 1 bis 3 angeführten Antragsteller gar nicht stimmberechtigt gewesen seien, weil sie zu Brigitte K***** in einem wirtschaftlichen und persönlichen Naheverhältnis stünden. Renate Ü***** sei Geschäftsführerin der Erst- und Zweitantragsgegnerin, Brigitte K***** wiederum gewerberechtliche Geschäftsführerin der Realkanzlei Renate Ü*****. Letztere, die Erst- und Zweitantragsgegnerin hätten dieselbe Adresse. Brigitte K***** arbeite für alle diese Firmen und sei mit Renate Ü***** per Du. Mit Renate Ü*****, die schon einmal das Haus verwaltete, habe man schlechte Erfahrungen gemacht. Es drohe nunmehr so etwas wie eine Selbstverwaltung. Dadurch könnten den Mit- und Wohnungseigentümern große Nachteile entstehen, weil von den zu OZl 1 bis 3 angeführten Antragsgegnern hohe Betriebskosten-Außenstände einzutreiben seien. Die Wohnung top 5 sei außerdem schon vor dem 23. 9. 2002 verkauft worden, sodass die Anteilsmehrheit der Teilnehmer an der Hausversammlung in Frage stehe.

Der Zweitantragsteller schloss sich im Zuge des Verfahrens diesem Begehren und seiner Begründung an.

Die zu OZl 1 bis 3 angeführten Antragsgegner bestritten ein wirtschaftliches oder persönliches Naheverhältnis zur neuen Verwalterin und beantragten die Abweisung des Sachantrags.

Die Übrigen Antragsgegner haben sich am Verfahren nicht beteiligt.

Das Erstgericht wies den Sachantrag ab. Es ging dabei von folgenden Feststellungen aus:

Geschäftsführerin der Erst- und Zweitantragsgegnerin ist die Drittantragsgegnerin Renate Ü*****, die auch Alleingesellschafterin der Zweitantragsgegnerin ist und - gemeinsam mit der Zweitantragsgegnerin - die Stammeinlagen der Erstantragsgegnerin hält.

Unter der gemeinsamen Anschrift der Erst- und Drittantragsgegnerin wird auch die Realkanzlei Renate Ü***** GmbH betrieben, an der Renate Ü***** eine Stammeinlage von Euro 7.280,-- hält. Die übrigen Gesellschafter sind Franz D***** mit einer Einlage von Euro 1.280,-- und Maria S***** mit einer Stammeinlage von Euro 27.300,- -. In dieser Gesellschaft ist Renate Ü***** auch geschäftlich tätig. Gewerberechtliche Geschäftsführerin der Gesellschaft und auch selbst dort geschäftlich tätig ist Brigitte K*****, die mit Renate Ü***** befreundet ist.

Brigitte K***** steht mit der Drittantragsgegnerin Renate Ü***** insofern in ständiger Geschäftsbeziehung, als sie jeweils bei Bedarf für sie bzw deren unter gemeinsamer Adresse situierten Gesellschaften als Immobilientreuhänderin tätig ist. Brigitte K***** ist auch Hausverwalterin eines mehrheitlich im Eigentum der Renate Ü***** bzw einer ihrer Gesellschaften stehenden Hauses im 17. Bezirk.

In seinen Rechtsausführungen verneinte das Erstgericht den von den Antragstellern geltend gemachten Ausschluss des Stimmrechts der zu OZl 1 bis 3 angeführten Antragsgegner bei der Abstimmung über den Verwalterwechsel. Ein Ausschluss des Stimmrechts sei nach § 24 Abs 3 WEG 2002 nur anzunehmen, wenn zufolge der engen wirtschaftliche Verbundenheit des betreffenden Miteigentümers zum Dritten die Wahrung der Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft so zurücktrete, als ob der Mehrheitseigentümer für die Wohnungseigentümergemeinschaft mit sich selbst ein Rechtsgeschäft abschließe. Das wirtschaftliche Naheverhältnis setze somit eine gewisse Intensität an wirtschaftlicher Verbundenheit voraus, wobei der Gesetzgeber vor allem gesellschaftsrechtliche Verflechtungen im Auge gehabt haben dürfte. Allein aus der Tatsache, dass Brigitte K***** mehr oder weniger regelmäßig für die Erst- bis Drittantragsgegner als Immobilientreuhänderin tätig ist und im Zuge dieser Geschäftsbeziehung auch als gewerberechtliche Geschäftsführerin einer Gesellschaft fungiert, an der die Drittantragsgegnerin einen Minderheitsanteil hält, ergebe sich ein derartiges Naheverhältnis nicht. Ebenso wenig daraus, dass Brigitte K***** noch ein anderes Haus der Drittantragsgegnerin verwaltet. Demnach sei zumindest die Stimme der Erstantragsgegnerin gültig. Ob die Stimmen der im Grundbuch noch nicht einverleibten Zweit- und Drittantragsgegnerin mitzuzählen sind, könne dahingestellt bleiben, weil schon die Erstantragsgegnerin und der Viertantragsgegner über die erforderliche Stimmenmehrheit verfügten.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Vorweg sei klarzustellen, dass die Zweit- und Drittantragsgegnerin im Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Beschlussfassung noch nicht als Miteigentümer im Grundbuch einverleibt waren, sodass ihnen kein Stimmrecht zugekommen sei (vgl 5 Ob 2382/96x).

In der Sache sei zu prüfen, ob Gegenstand der Beschlussfassung ein Rechtsgeschäft, Rechtsverhältnis oder ein Rechtsstreit mit der Erstantragsgegnerin oder mit einer ihr familiär oder wirtschaftlich nahestehenden Person war. Da ein familiäres Naheverhältnis ausscheide, könne es nur um ein wirtschaftliches Naheverhältnis der Erstantragsgegnerin zu Brigitte K***** gehen. Ein solches zur Zweit- und Drittantragsgegnerin habe außer Betracht zu bleiben, weil diese nicht stimmberechtigt gewesen seien.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes bestehe eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung zwischen Renate Ü***** und den als Erst- und Zweitantragsgegnerin belangten Gesellschaften. Gegenstand der Beschlussfassung sei jedoch die Abberufung der bisherigen Verwaltung und die Bestellung der Brigitte K***** zur Hausverwalterin gewesen, sodass zu prüfen sei, ob zu ihr ein wirtschaftliches Naheverhältnis besteht. Diese sei mit den genannten Gesellschaften nicht verflochten, allerdings mit Renate Ü***** befreundet, dazu noch gewerberechtliche Geschäftsführerin der Renate Ü***** GmbH und arbeite - wie es § 9 Abs 3 und § 39 Abs 2 Z 2 GewO entspreche - in dieser GmbH auch mit. Bei Bedarf sei sie für Renate Ü***** oder auch für die Erst- und Zweitantragsgegnerin als Immobilientreuhänderin tätig.

Nach dem Gesetzesmaterialien zu § 13b Abs 1a WEG 1975, der Vorgängerbestimmung des § 24 Abs 3 WEG 2002, sei ein Wohnungseigentümer vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn durch Abschluss des Rechtsgeschäftes mit einem Dritten seine Interesse ebenso berührt sind wie bei Abschluss mit dem Wohnungseigentümer selbst und deshalb die Wahrung der Interessen der Gemeinschaft in Frage gestellt ist. Ein derartiges wirtschaftliches Naheverhältnis setze eine gewisse Intensität an wirtschaftlicher Verbundenheit voraus, wobei der Gesetzgeber in erster Linie an gesellschaftsrechtliche Verflechtungen zwischen Eigentümer und Dritten gedacht haben dürfte (vgl Würth/Zingher Wohnrecht 2000 Anm 2 zu § 13a WEG). Das in § 24 Abs 3 WEG 2002 geforderte wirtschaftliche Naheverhältnis werde daher durch eine bloße Zusammenarbeit des Dritten mit einem Wohnungseigentümer nicht begründet, auch nicht dadurch, dass die Dritte gewerberechtliche Geschäftsführerin in einer nicht verfahrensbeteiligten GmbH ist, komme doch einem gewerberechtlichen Geschäftsführer keine Entscheidungsbefugnis zu (vgl WBl 1998, 389).

Der Nahebezug der Erstantragsgegnerin zu Brigitte K***** komme im Wesentlichen dem zu einem nicht ständigen Mitarbeiter gleich; eine derartige Beziehung könne jedoch das in § 24 Abs 3 WEG 2002 geforderte Naheverhältnis nicht herstellen (vgl Prader WEG 2002, § 20 Anm 11).

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Zu dem in § 24 Abs 3 WEG 2002 geforderten Nahebezug bestehe nämlich keine höchstgerichtliche Judikatur.

Gegen den zweitinstanzlichen Sachbeschluss richtet sich der vorliegende Revisionsrekurs des Erstantragstellers mit dem Antrag, seinem Feststellungsbegehren stattzugeben.

Die Antragsgegner wurde Gelegenheit gegeben, sich zu diesem Rechtsmittel zu äußern; sie haben jedoch keine Rechtsmittelbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.

Der Rechtsmittelwerber meint, dass die Vorinstanzen den in § 24 Abs 3 WEG 2002 verwendeten Begriff des wirtschaftlichen Naheverhältnisses zu eng ausgelegt hätten. Zweck der gesetzlichen Regelung sei es gewesen, einzelne Wohnungseigentümer vor nachteiligen Geschäftspraktiken des Mehrheitseigentümers zu schützen. Der gegenständliche Fall sei hiefür exemplarisch. Es gehe darum, dass die Erstantragsgegnerin große Außenstände an Betriebskosten habe, deren Eintreibung durch eine Verwalterin, die im weitesten Sinn Dienstnehmerin des Firmenkonglomerats rund um die Erstantragsgegnerin sei, zu Lasten der anderen Wohnungseigentümer versäumt werden könnte. Darum müsse der Einflussnahme der Erstantragsgegnerin auf die Verwaltung vorgebeugt werden. Es gehe wie in den Fällen der §§ 271, 272 ABGB darum, der Gefahr einer Interessenkollision zu begegnen, die im konkreten Fall darin bestehe, dass ein Miteigentümer (über einen von ihm abhängigen Verwalter) eher die eigenen Interessen als die der Gemeinschaft verfolgt. Nach der Lehre (Illedits, Das Wohnungseigentum2, Rz 553; Löcker in Hausmann/Vonkilch, Rz 37 zu § 24 WEG) liege ein wirtschaftliches Naheverhältnis auch bei arbeitsrechtlich oder mit Werkvertrag verbundenen Partnern vor. Hier stehe die als Verwalterin ausersehene Brigitte K***** als Immobilientreuhänderin der Erst-, Zweit- und Drittantragsgegnerin in einem gewerblichen Auftragsverhältnis zu stimmführenden Miteigentümern; außerdem werde sie im Firmenkonglomerat der Erst-, Zweit- und Drittantragsgegnerin jederzeit auf Abruf und in jedem Bereich zu Tätigkeiten herangezogen, was deutlich ihr wirtschaftliches Naheverhältnis zu diesen Gesellschaften bzw Personen dokumentiere.

Zu diesen Argumenten wurde erwogen:

Die Rechtswirksamkeit des verfahrensgegenständlichen Beschlusses vom 23. 9. 2002 hängt, da keine anderen Anfechtungsgründe geltend gemacht wurden, allein davon ab, ob die Erstantragsgegnerin (die damals über 403/821 Anteile der Liegenschaft verfügte) stimmberechtigt war. Die hiefür maßgebliche Regelung findet sich in § 24 Abs 3 WEG 2002 und schreibt nur fort, was schon in § 13b Abs 1a WEG 1975 enthalten war (989 BlgNR 21. GP, 60): einem Wohnungseigentümer steht (ua) dann kein Stimmrecht zu, wenn er mit der Person, mit der das bei der Abstimmung zu behandelnde Rechtsgeschäft oder Rechtsverhältnis eingegangen werden soll, durch ein familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis verbunden ist.

Der Begriff des familiären oder wirtschaftlichen Naheverhältnisses wurde dabei bewusst aus § 6 Abs 4 MaklerG entnommen (vgl den AB zur WRN 1999, 2056 BlgNR 20. GP zu Art III Z 2 lit a), sodass auf das dort entwickelte Gesetzesverständnis zurückgegriffen werden kann.

Zweck der Regelung ist da wie dort die Vermeidung von Interessenkollisionen; der Geschäftsabschluss bzw das Stimmverhalten soll von den Interessen des Geschäftspartners des Dritten und nicht von den Interessen des Maklers bzw Stimmführers gesteuert sein (vgl Fromherz, Kommentar zu MaklerG, Rz 46 zu §§ 6 und 7; Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, Rz 37 zu § 24 WEG 2002).

Ob ein Interessenkonflikt droht, hängt einerseits von der Intensität der Beziehung zwischen den in Rede stehenden Personen, andererseits vom Zweck des Geschäftes ab (vgl Fromherz aaO). Es kommt dabei auf die Umstände des Einzelfalls an (Würth, Die Wohnrechtsnovelle 1999 - kritisch betrachtet [Wohnungseigentumsrecht] Teil II, WoBl 2000, 133 ff [135]), die nach wirtschaftlich sinnvollen und praktikablen Gesichtspunkten zu beurteilen sind (vgl Löcker aaO).

Ein zum Stimmrechtsausschluss führendes wirtschaftliches Naheverhältnis zum Geschäftspartner einer Eigentümergemeinschaft kann nach diesen Kriterien nicht nur dann bestehen, wenn der an der Willensbildung der Gemeinschaft teilnehmende Wohnungseigentümer als Gesellschafter oder Geschäftsführer des Geschäftspartners fungiert; es ist auch konzernmäßigen Verflechtungen und wirtschaftlichen Beteiligungen nachzugehen, die auf gleich gerichtete (der Eigentümergemeinschaft abträgliche) Interessen schließen lassen (vgl Fromherz aaO, Rz 50, 51). Selbst Abhängigkeiten, die sich aus einem Dienstvertrag oder aus der ständigen Zusammenarbeit in einem Auftrags- oder Werkvertragsverhältnis ergeben, können ein wirtschaftliche Naheverhältnisses iSd § 24 Abs 3 WEG 2002 indizieren (vgl Fromherz aaO, Rz 50; Niedermayr in Schwimann2, Rz 8 zu § 13b WEG 1975).

Auch der Zweck des involvierten Rechtsgeschäfts bzw Rechtsverhältnisses ist unter dem Aspekt einer möglichen Interessenkollision zu prüfen. Ob ein wirtschaftliches Naheverhältnis der Beteiligten den in § 24 Abs 3 WEG 2002 vorgesehenen Stimmrechtsausschluss gebietet, hängt nicht zuletzt von den Folgewirkungen der zu beschließenden Maßnahme ab. Mit der Wahrscheinlichkeit und dem Gewicht der Nachteile, die der Eigentümergemeinschaft drohen, ändert sich auch der Wertungsmaßstab, der an das wirtschaftliche Naheverhältnis anzulegen ist. Eine in diesem Sinn unbedenkliche Maßnahme kann die Mitwirkung eines dem Geschäftspartner der Eigentümergemeinschaft wirtschaftlich nahestehenden Wohnungseigentümers an der Willensbildung der Gemeinschaft rechtfertigen; umgekehrt wächst die Notwendigkeit eines Stimmrechtsausschlusses mit dem Gefahrenpotential.

Der hier zu beurteilende Verwalterwechsel ist hiefür exemplarisch. Würth aaO weist zu Recht darauf hin, dass die Enthebung und Bestellung des Verwalters zu jenen Rechtsgeschäften gehört, die gemäß § 24 Abs 3 WEG 2002 einen Stimmrechtsausschluss gebieten, wenn durch das familiäre oder wirtschaftliche Naheverhältnis eines Wohnungseigentümers zum Verwalter Gemeinschaftsinteressen auf dem Spiel stehen. Das kann auch dazu dienen, den Einfluss des dominanten Miteigentümers auf die Verwaltung der Liegenschaft zu unterbinden. Da andererseits die Selbstverwaltung der Wohnungseigentümer (mit entsprechend großem Einfluss des Mehrheitseigentümers) oder die Bestellung eines Wohnungseigentümers zum Verwalter rechtlich ohne Weiteres möglich ist (vgl E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, Rz 9 und 12 zu § 19 WEG 2002), ist bei einem Naheverhältnis eines Wohnungseigentümers zu der als Verwalter ausersehenen natürlichen oder juristischen Person stets zu hinterfragen, ob im konkreten Fall eine den Gemeinschaftsinteressen abträgliche Verwaltung etwa durch einen Strohmann dieses Wohnungseigentümers droht. Bestehen hiefür plausible Anhaltspunkte, relativieren sie die Intensität des für den Stimmrechtsausschluss erforderlichen Tatbestandsmerkmals des wirtschaftlichen Naheverhältnisses.

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, dann ergibt sich zunächst, dass sehr wohl ein wirtschaftliches Naheverhältnis zwischen der Erstantragsgegnerin und der von ihr als Verwalterin ausersehenen Brigitte K***** besteht. Dringt man nämlich bei Prüfung des Naheverhältnisses in tiefere Ebenen vor, wie dies die Lehre zu § 6 Abs 4 MaklerG fordert (Fromherz aaO, Rz 51), wird deutlich, dass die Erstantragsgegnerin von der Drittantragsgegnerin Renate Ü***** dominiert wird, die wiederum ständig mit Brigitte K***** zusammenarbeitet bzw geschäftlich verbunden ist, was sich nicht nur in der Geschäftsführertätigkeit letzterer für die Renate Ü***** GmbH, sondern auch in der regelmäßigen Übernahme von Treuhandschaften für Gesellschaften im Firmenkonglomerat der Renate Ü***** äußert. Dazu kommt noch eine persönliche Freundschaft zwischen Brigitte K***** und Renate Ü*****. Zweifel an der für einen Stimmrechtsausschluss notwendigen Intensität dieser Nahebeziehung werden durch den Umstand ausgeräumt, dass offenbar seit längerem Schwierigkeiten bei der Eintreibung von Beitragsforderungen der Eigentümergemeinschaft gegen die Erstantragsgegnerin bestehen. Schon der dem Erstgericht vorgelegte, bei der mündlichen Verhandlung am 10. 12. 2002 verlesene Grundbuchsauszug vom 25. 10. 2002 weist diesbezügliche Klagsanmerkungen aus (dass mittlerweile eine neue Klagsanmerkung hinzugekommen ist, ein Pfandrecht für eine vollstreckbare Forderung der Eigentümergemeinschaft eingetragen und - noch mit einer TZ aus dem Jahr 2002 - bei Anteilen der Erstantragsgegnerin die Einleitung des Versteigerungsverfahrens angemerkt wurde, sei nur illustrativ erwähnt). Auf Basis dieses gerichtskundigen Sachverhalts ist dem Revisionsrekurswerber Recht zu geben, dass der Verwalterwechsel mit einem Interessenkonflikt beladen ist, der die Erstantragsgegnerin wegen ihres wirtschaftlichen Naheverhältnisses zu der als Verwalterin ausersehenen Brigitte K***** gemäß § 24 Abs 3 WEG 2002 vom Stimmrecht ausschließt.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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