Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Mit Beschluss vom 18. 9. 2009 bewilligte das Bezirksgericht Bruck/Mur dem nunmehrigen Ablehnungswerber die Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts für eine gegen das Land Steiermark beabsichtigte Klageführung. Der dem Rechtsmittelwerber beigegebene Verfahrenshilfeanwalt ersuchte das Bezirksgericht Bruck/Mur unter Vorlage eines Klageentwurfs um Erteilung einer „Weisung, ob trotz der negativen Prozessaussichten eine Amtshaftungsklage im Rahmen der Verfahrenshilfe beauftragt“ werde. Das Bezirksgericht Bruck/Mur lehnte mit Note an den Verfahrenshelfer die Erteilung einer solchen Weisung ab und gab dem Rechtsmittelwerber mit weiterer Note bekannt, dass seinem Vertreter „in Anbetracht der Aussichtslosigkeit der Prozessführung“ keine Weisung erteilt werde.
Diese Mitteilung fasste der Rechtsmittelwerber als Beschluss auf und erhob dagegen Rekurs, den das Bezirksgericht Bruck/Mur selbst mit Beschluss vom 7. 4. 2010 zurückwies. Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss richtet sich ein noch unerledigter Rekurs des Genannten an das Landesgericht Leoben, in welchem er die Richter der Rechtsmittelsenate in Zivilrechtssachen dieses Gerichtshofs (mit Ausnahme eines einzelnen namentlich genannten Richters) ablehnte.
Gegen die im Ablehnungsverfahren vor dem Landesgericht Leoben (AZ 2 Nc 17/10y) ergangene Entscheidung, womit sein Antrag auf Ablehnung abgewiesen wurde, erhob J***** Rekurs an das Oberlandesgericht Graz, den er mit der Ablehnung „sämtlicher Richter des Oberlandesgerichts im Zivilrechtsberufungssenat mit Ausnahme von Dr. G*****“ verband.
Mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung wies das Oberlandesgericht Graz den Ablehnungsantrag zurück. Die Ablehnung eines Richters könne nur aus persönlichen Gründen wegen einer bestimmten Person erfolgen. Die pauschale Ablehnung der in einer bestimmten Sparte eines Gerichts tätigen Richter ohne Angabe konkreter Befangenheitsgründe sei unzulässig.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der wiederum persönlich erhobene Rekurs des J***** wegen Nichtigkeit, unrichtiger Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Rechtssache „nach Ermessen an eine oder die Unterinstanzen zwecks Verfahrensergänzung zurückzuverweisen; in eventu dem Rekurs selbst Folge zu geben“.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
In Ablehnungssachen richtet sich das Rekursverfahren und die Frage, ob für die Erhebung eines Rechtsmittels Vertretungszwang besteht, nach den Vorschriften, die für das Hauptverfahren maßgeblich sind (RIS-Justiz RS0035708; RS0006000; Mayr in Rechberger, ZPO3 § 24 JN Rz 4). Besteht im Ausgangsverfahren kein Anwaltszwang, müssen schriftliche Rekurse nicht mit der Unterschrift eines Rechtsanwalts versehen sein (Ballon in Fasching I² § 24 JN Rz 7; RIS-Justiz RS0006000). In Verfahrenshilfesachen ist gemäß § 72 Abs 3 ZPO keine Anwaltspflicht vorgesehen. Neben Protokollaranträgen kommen daher auch schriftliche Parteienrekurse in Betracht (Fucik in Rechberger, ZPO3 § 72 Rz 3; Ballon aaO). Der Ablehnungswerber hat den Rekurs persönlich erhoben, sodass für die Frage der Anwaltspflicht zu prüfen ist, ob die bekämpfte Entscheidung noch in Verfahrenshilfefragen ergangen ist.
Grundsätzlich bedarf es eines untrennbaren Zusammenhangs zwischen Ablehnungsverfahren und Verfahrenshilfe, damit ein schriftlicher Rekurs gegen die Zurückweisung des Ablehnungsantrags keiner Anwaltsfertigung bedarf (RIS-Justiz RS0036113). Fehlt es an einem solchen Zusammenhang, kommt die allgemeine Regel des § 520 Abs 1 letzter Satz ZPO (idF vor dem BudgetbegleitG 2011 BGBl I 2010/111 - Art 39 Abs 8) zum Tragen, die für schriftliche Rekurse zwingend die Unterschrift durch einen Rechtsanwalt verlangt.
Zwar wurde dem Ablehnungswerber im Verfahren 4 Nc 19/09d des Bezirksgerichts Bruck/Mur die Verfahrenshilfe unter Beigebung eines Rechtsanwalts bewilligt und diesem durch die Rechtsanwaltskammer Steiermark ein Verfahrenshelfer zur Seite gestellt; die stufenweise Zurückverfolgung der Ablehnungsanträge führt jedoch zur Mitteilung des Erstgerichts an den Ablehnungswerber, in Anbetracht der Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Prozessführung werde keine Weisung an seinen Verfahrenshelfer erteilt, die dieser - erkennbar - als Beschluss auffasste.
Eine aussichtslose Prozessführung steht der Bewilligung der Verfahrenshilfe entgegen (§ 63 Abs 1 ZPO). Erweist sich nachträglich die weitere Rechtsverfolgung als aussichtslos, ist die Verfahrenshilfe gemäß § 68 Abs 1 ZPO für erloschen zu erklären. Unterstellt man (zu seinen Gunsten), dass der Ablehnungswerber die ihm zugegangene Mitteilung zu Recht als „Beschluss“ auffassen durfte, zeigt sich, dass zwischen den Ablehnungsanträgen und dem Verfahren über die Verfahrenshilfe gerade noch solch ein Zusammenhang besteht, der es rechtfertigt, den hier zu beurteilenden Ablehnungsantrag einer Prozesshandlung gemäß § 72 Abs 3 ZPO gleichzusetzen. Damit ist es dem Obersten Gerichtshof erlaubt, den Rekurs des Ablehnungswerbers einer inhaltlichen Behandlung zu unterziehen, ohne dass die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens erforderlich wäre.
Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive (Mayr in Rechberger ZPO3 § 19 JN Rz 4). Daraus folgt, dass immer nur ganz bestimmte Richter, nicht aber pauschal ein ganzer Senat oder das ganze Gericht als Institution abgelehnt werden können. Die unsubstantiierte pauschale Ablehnung aller Richter eines Gerichtshofs ist unzulässig (RIS-Justiz RS0046005; RS0045983; 1 Ob 209/09f).
Weder der Ablehnungsantrag noch die Rekursausführungen im vorgelegten Rechtsmittel enthalten ein Tatsachensubstrat, das die Befangenheit oder auch nur den Anschein einer Voreingenommenheit eines bestimmten Richters erkennen ließe. Die Ausführungen des Rekurswerbers zur Frage, ob für ihn ein Sachwalter zu bestellen sein wird, haben ebenso wenig wie sein Hinweis, er neige nicht zu strafbaren Handlungen, einen Bezug zu der behaupteten Befangenheit von Richtern des Oberlandesgerichts Graz. Die Zurückweisung des Ablehnungsantrags erweist sich damit als berechtigt - pauschale (und wie hier gehäuft wiederholte, sohin geradezu rechtsmissbräuchliche) Ablehnungen müssen nicht zum Gegenstand der Entscheidung der zuständigen Gremien gemacht werden (8 Ob 3/95; Danzl Geo4 § 183 Anm 24 lit c mwN), sodass dem Rekurs ein Erfolg zu versagen ist (so auch 7 Ob 244/10y denselben Rechtsmittelwerber betreffend).
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