OGH 5Ob2306/96w (RS0106052)

OGH5Ob2306/96w21.12.2022

Rechtssatz

Das Gesetz kennt keine ausdrückliche Regelung darüber, bis zu welchem Zeitpunkt ein Wohnungseigentümer bei einer im Umlaufverfahren (hier: "Unterschriftensammeln") durchgeführten Abstimmung seine einmal getätigte Stimmabgabe ändern kann. Die Bindung an das Abstimmungsverhalten tritt jedoch nicht vor dem Zugang desselben an alle anderen Mitglieder der Gemeinschaft ein. Die Stimmabgabe kann daher widerrufen werden, solange sie nicht allen zugegangen ist (hier: das Abstimmungsergebnis wurde den anderen Miteigentümern durch Hausanschlag vor einem Wochenende, zu dem erfahrungsgemäß manche Wohnungseigentümer aus Erholungsgründen von zu Hause, abwesend sind, mitgeteilt; es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass das Abstimmungsverhalten am darauffolgenden Montag schon allen Miteigentümern bekanntgeworden war).

Normen

ABGB §833 C1
WEG 1975 §14 Abs1 Z5
WEG 1975 §18 Abs1 Z1
WEG 1975 §18 Abs1 Z2
WEG 2002 §24

5 Ob 2306/96wOGH29.10.1996
5 Ob 64/00yOGH26.09.2000

nur: Die Bindung an das Abstimmungsverhalten tritt nicht vor dem Zugang desselben an alle anderen Mitglieder der Gemeinschaft ein. Die Stimmabgabe kann daher widerrufen werden, solange sie nicht allen zugegangen ist. (T1); Beisatz: An diesem Grundsatz hat sich durch das Inkrafttreten des 3. WÄG nichts geändert. (T2); Beisatz: Das Entstehen eines Rechtsscheins des Zustandekommens eines Beschlusses tritt auch im Geltungsbereich vor der WRN 1999 nicht vor jenem Zeitpunkt ein, zu dem die zur Abstimmung Aufgerufenen Kenntnis vom Inhalt des Beschlusses erlangen, somit nicht vor jenem Zeitpunkt, zu dem ihnen das Ergebnis der Beschlussfassung bekanntgegeben wird. Dass seit der WRN 1999 nunmehr sogar normiert ist, wie diese Bekanntgabe zu erfolgen hat (durch Hausanschlag) bedeutet nicht, dass der Grundsatz nicht auch schon für davor liegende Zeiträume zu geltend hat. Dass für die Abstimmung eine Frist gesetzt wurde, ändert daran nichts, verschafft doch bloß der Ablauf der Frist zur Stimmabgabe dem einzelnen Wohnungseigentümer noch keine Information über den Inhalt der Beschlussfassung. (T3)

5 Ob 118/02tOGH28.05.2002

Auch; nur T1; Beisatz: Zum Eintritt der Bindungswirkung ist bei Umlaufbeschlüssen - falls nicht ausnahmsweise auf andere Weise der allseitige Zugang der Abstimmungserklärungen dokumentiert ist - die Bekanntgabe des Ergebnisses erforderlich, um die Entscheidung rechtswirksam werden zu lassen. (T4)

5 Ob 116/06dOGH12.09.2006

Auch; nur T1; Beis wie T4

5 Ob 18/07vOGH03.07.2007

nur T1; Beis wie T4

5 Ob 164/07iOGH06.11.2007

Vgl auch; Beis ähnlich wie T4; Beisatz: Dem Initiator eines Beschlusses steht ohne sachliche Gründe nicht unbefristet Zeit für die Kundmachung des Abstimmungsergebnisses zur Verfügung. Sobald daher allen Mit- und Wohnungseigentümern ausreichende Zeit zur Äußerung gegeben wurde, ist das Ergebnis der Stimmabgabe ebenfalls binnen angemessener Frist und ohne sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung bekanntzugeben. Wird ein Beschluss diesem Erfordernis nicht gerecht, so ist er nicht wirksam zustande gekommen. (Hier: Bekanntmachung erst rund ein Jahr nach Beendigung der Abstimmung) (T5)

5 Ob 100/08dOGH03.06.2008

Auch; Beisatz: Bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem die Abstimmungserklärungen allen anderen am Willensbildungsprozess Beteiligten zugegangen ist, kann jeder Mit- und Wohnungseigentümer seine Entscheidung widerrufen. Es ist daher die Bekanntgabe des Ergebnisses erforderlich, um die Entscheidung rechtswirksam werden zu lassen. (T6)

5 Ob 76/09aOGH12.05.2009

Vgl; Beisatz: Das rechtswirksame Zustandekommen eines Mehrheitsbeschlusses setzt voraus, dass auch dem letzten Miteigentümer Gelegenheit zur Äußerung geboten wurde und eine Bindung der Teilnehmer an ihre Abstimmungserklärung eingetreten ist, nachdem sie allen am Willensbildungsprozess Beteiligten zugegangen ist. (T7)

5 Ob 4/10iOGH27.05.2010

nur T1; Beis wie T6; Beisatz: Falls nicht ausnahmsweise auf andere Weise der allseitige Zugang der Abstimmungserklärungen dokumentiert ist. (T8); Beisatz: Der Eintritt der Bindungswirkung wird nicht dadurch ausgeschlossen, das sich das bekannt gegebene Abstimmungsergebnis (nachträglich) wegen unrichtiger Stimmenzählung als (objektiv) unrichtig erweist. (T9)

5 Ob 231/09wOGH22.06.2010

nur T1; Beis wie T4; Beis wie T6; Beis wie T7

5 Ob 57/11kOGH13.12.2011

Auch; nur T1

5 Ob 141/12iOGH05.09.2012

Vgl auch

5 Ob 2/13zOGH21.03.2013

Vgl; Beis ähnlich wie T4

5 Ob 191/13vOGH20.05.2014

Vgl auch; Beisatz: Zur Rechtswirksamkeit eines im Umlaufverfahren gefassten Beschlusses ist es nicht erforderlich, dass die Initiatoren einer solchen Beschlussfassung vorweg einen Endtermin nennen, oder ein solcher für die Wohnungseigentümer zumindest bestimmbar ist. (T10)

5 Ob 16/16pOGH14.06.2016

Vgl auch; Beisatz: Ein Beschluss kommt nicht bereits mit dem Erreichen der Mehrheit zustande, vielmehr ist die Bekanntgabe des Ergebnisses erforderlich, um die Entscheidung rechtswirksam werden zu lassen. (T11)

1 Ob 136/18hOGH29.08.2018

Auch; nur T1; Beis wie T6; Beisatz: Erforderlich ist ein Zugang im Sinn der besonderen Kundmachungsnorm des § 24 Abs 5 WEG. (T12)

5 Ob 34/22vOGH21.12.2022

Beis wie T4; Beis wie T8

Dokumentnummer

JJR_19961029_OGH0002_0050OB02306_96W0000_002

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