OGH 5Ob224/15z

OGH5Ob224/15z20.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. R***** K*****, vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei B***** F*****, vertreten durch die Rudeck‑Schlager Rechtsanwalts KG in Wien, wegen Unterlassung, über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 17.500 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 15. Juni 2015, GZ 15 R 84/15f‑12, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 23. März 2015, GZ 2 Cg 2/15a‑8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00224.15Z.0420.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.119,24 EUR (darin 186,54 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Parteien sind Mit‑ und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 1051 GB ***** mit dem Haus *****. Mit den Miteigentumsanteilen des Klägers ist das Wohnungseigentum an der im dritten Obergeschoß gelegenen Wohnung Top 9 untrennbar verbunden, mit den Miteigentumsanteilen der Beklagten das Wohnungseigentum an der im vierten Obergeschoß (ersten Dachgeschoß) gelegenen Wohnung Top 10.

Das Wohnungseigentum an der Liegenschaft wurde mit Wohnungseigentumsvertrag („Übereinkommen zur Begründung von Wohnungseigentum“) vom 15.11./12.12.2007/5.2./11.2./26.2./29.2.2008 auf Grundlage des Nutzwertgutachtens vom 27. 3. 2006 begründet. Zur Beschreibung von Größe, Ausstattung und Lage der einzelnen Wohnungseigentumsobjekte verweist der Wohnungseigentumsvertrag auf das Nutzwertgutachten. Die Top 10 des Beklagten wird in diesem wie folgt beschrieben: „Diese Dachgeschosswohnung umfasst den kompletten vorderen Straßenbereich und den linken hinteren Teil des Gebäudes. Wohnung besteht aus zwei Zimmern hofseitig, einem Zimmer mit Kochgelegenheit straßenseitig, zwei Vorräumen, Bad, WC, Abstellraum sowie einem weiteren Vorraum mit anschließendem großen Seminarraum, sowie Damen- und Herren-WC-Anlagen. Balkon hofseitig.“ In der (Darstellung der eigentlichen) Nutzwertberechnung und in der dem Wohnungseigentumsvertrag angeschlossenen, die einzelnen Wohnungseigentumsobjekte auflistenden Tabelle wird das Wohnungseigentumsobjekt Top 10 als „Wohnung“ bezeichnet.

Das Wohnungseigentumsobjekt der Beklagten wird zum Betrieb eines Gesundheits‑ und Seminarzentrums verwendet. Es stehen drei Seminar‑ und Praxisräume zur Verfügung, die sowohl langfristig (etwa als Praxisraum) als auch für einzelne Termine (Seminare, Workshops, Vorträge, Meetings, Beratungen, Coachings, Einzelbehandlungen, etc) angemietet werden können. Raum 1 wird als „großer Seminarraum“ mit 61 m2 + 30 m2 Nebenräume (Vorraum, Teeküche, Garderobe, WCs) bezeichnet, Raum 2 wird als „kleiner Seminarraum“ mit 25 m2 und Raum 3 als „Coachingraum“ mit 11 m2 angeboten und verwendet. Bei dem „großen Seminarraum“ handelt es sich um den im Nutzwertgutachten angeführten Seminarraum.

Der Kläger begehrte, die Beklagte schuldig zu erkennen, es ab sofort zu unterlassen, die Wohnung Top 10 zu anderen als zu Wohnzwecken zu verwenden oder durch Bestandnehmer oder sonstige Dritte zu geschäftlichen Zwecken, insbesondere zum Betrieb eines Seminarzentrums, benützen zu lassen. Die geschäftliche Nutzung der als Wohnung gewidmeten Top 10 stelle eine genehmigungspflichtige (Widmungs‑)Änderung dar, die der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer bedürfe. Der Kläger habe eine solche Zustimmung nicht erteilt.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Eine widmungswidrige Verwendung liege nicht vor. Das Wohnungseigentumsobjekt der Beklagten sei als Wohnung und Seminarraum gewidmet. Im Nutzwertgutachten seien Wohnräume und ein Seminarraum ausgewiesen, wegen der jahrelangen unbeanstandeten Duldung des Seminarbetriebs liege aber jedenfalls eine konkludente Widmung vor.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte, es ab sofort zu unterlassen, ihr Wohnungseigentumsobjekt Wohnung Top 10 zu anderen als zu Wohnzwecken zu verwenden oder durch Bestandnehmer oder sonstige Dritte zu geschäftlichen Zwecken, insbesondere zum Betrieb eines Seminarzentrums, benützen zu lassen, soweit die Benützung zu geschäftlichen Zwecken über die Benützung des großen Seminarraums sowie der Damen- und Herren‑WC‑Anlagen hinausgeht. Das auf die Benützung eben dieses großen Seminarraums sowie der Damen- und Herren‑WC‑Anlagen bezogene Mehrbegehren wies das Erstgericht ab. Aufgrund der entsprechenden Verweise im Wohnungseigentumsvertrag sei in der Frage der Widmung auf das Nutzwertgutachten abzustellen. Aus der Bezeichnung eines „Seminarraums“ und aus dem Vorhandensein von getrennten „Damen‑ und Herren‑WC‑Anlagen“ im Nutzwertgutachten ergebe sich zweifelsfrei, dass das im Wohnungseigentumsvertrag als „Wohnung“ bezeichnete Objekt Top 10 nicht nur zu Wohnzwecken, sondern auch zu Seminarzwecken verwendet werden habe sollen. Soweit daher Seminare in dem als „Seminarraum“ gewidmeten Raum abgehalten würden, erfolge die Benützung der Top 10 widmungskonform. Soweit der Seminarbetrieb über diesen „Seminarraum“ hinausgehe, also auch die beiden anderen Räume der Top 10 betreffe, sei die Verwendung der Wohnung hingegen widmungswidrig. Eine jahrelange Duldung des Seminarbetriebs sei, zumal ein Seminarbetrieb teilweise zulässig sei, noch keine im Sinne des § 863 ABGB stillschweigende Widmungsänderung in Bezug auf die anderen Räume, insoweit bedürfe es daher einer gerichtlichen Entscheidung nach § 16 Abs 2 WEG. Mangels Behauptung einer solchen sei der Unterlassungsanspruch in diesem Umfang berechtigt.

Dieses Urteil des Erstgerichts blieb in seinem klagsstattgebenden Teil unbekämpft, sodass es in diesem Umfang in Rechtskraft erwuchs. Der gegen den klagsabweisenden Teil des Urteils gerichteten Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht nicht Folge. Für die Frage der (gültigen) Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts sei auf die privatrechtliche Einigung der Wohnungseigentümer (in der Regel im Wohnungseigentumsvertrag) abzustellen. Für die Widmung bestehe grundsätzlich kein Formerfordernis, sie könne auch auf einer bloßen konkludent zu Stande gekommenen Willenseinigung der Miteigentümer beruhen. Maßgeblich sei der objektive Erklärungswert einer Willensäußerung. Bei der Beurteilung der vertraglich vorgenommenen Widmung der Top 10 durch die Miteigentümer könne das Nutzwertgutachten, auf welches sich der Wohnungseigentumsvertrag mehrfach beziehe, nicht außer Acht gelassen werden. Die Beklagte habe davon ausgehen dürfen, dass die übrigen Miteigentümer und Partner des Wohnungseigentumsvertrags durch Einsichtnahme in das gesamte Nutzwertgutachten ‑ somit auch in die „Beschreibung der einzelnen Einheiten“ ‑ vom Vorhandensein eines „großen Seminarraums“ und den dazugehörigen Sanitäranlagen in Top 10 Kenntnis genommen, auf eine diesem Umfang entsprechende teilweise Verwendung der Wohnung für Seminarzwecke geschlossen und sich durch Abschluss des Wohnungseigentumsvertrags damit einverstanden erklärt hatten. Mit dem Abschluss des Wohnungseigentumsvertrags sei daher eine einvernehmliche Widmung der Wohnung Top 10 für Seminarzwecke, eingeschränkt auf den großen Seminarraum und die dazugehörigen Sanitäranlagen, vorgenommen worden. Eine Änderung der gültigen Widmung sei hinsichtlich dieser Räume nicht vorgenommen worden, sodass die Verwendung in dem vom Erstgericht als zulässig erachteten Umfang nicht genehmigungsbedürftig sei. Die Ansicht des Klägers, eine solche vertragliche Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts zur gemischten Nutzung als Wohnung und für Geschäftszwecke sei jedenfalls unzulässig, finde in Gesetz und Rechtsprechung keine Stütze.

Das Berufungsgericht sprach ‑ in Stattgebung des Abänderungsantrags des Klägers ‑ nachträglich aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es liege keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu vor, inwieweit der Inhalt des Nutzwertgutachtens bei Beurteilung der Willenseinigung der Miteigentümer beim erstmaligen Widmungsakt heranzuziehen sei, wenn ‑ wie hier ‑ die Bezeichnung des Wohnungseigentumsobjekts im Wohnungseigentumsvertrag selbst („Wohnung“) von jener im Nutzwertgutachten abweiche („Großer Seminarraum sowie Damen‑ und Herren‑WC‑Anlagen“). Diese Rechtsfrage gehe über den bloßen Einzelfall hinaus.

Mit seiner Revision aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung beantragt der Kläger, die Entscheidungen der Vorinstanzen abzuändern und der Klage zur Gänze stattzugeben. Hilfsweise stellt er Aufhebungs‑ und Zurückverweisungsanträge.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.

Die Revision ist ‑ entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht

bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a

Abs 1 ZPO) ‑ nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1.1 Der in § 16 Abs 2 WEG verwendete Begriff „Änderungen“ ist weit auszulegen und umfasst insbesondere auch die im Gesetz ausdrücklich genannten Widmungsänderungen. Jede solche Änderung, die eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer mit sich bringen könnte, bedarf der Zustimmung aller Wohnungseigentümer oder der Genehmigung durch den Außerstreitrichter in einem Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG. Gegen einen Wohnungseigentümer, der eigenmächtig solche Änderungen vornimmt, kann jeder einzelne Wohnungseigentümer im streitigen Rechtsweg mit Unterlassungs- oder Beseitigungsklage nach § 523 ABGB vorgehen (RIS‑Justiz RS0005944 [T1]; RS0083156 [T15]).

1.2 Ob eine (eigenmächtige) Widmungsänderung vorliegt, folgt aus der Gegenüberstellung der gültigen Widmung des betreffenden Objekts mit der beabsichtigten (tatsächlichen) Verwendung des Objekts (RIS‑Justiz RS0101800 [T1, T2, T4, T8]). Dabei entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass für die Frage der Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts auf die privatrechtliche Einigung der Wohnungseigentümer (in der Regel im Wohnungseigentumsvertrag) abzustellen ist (RIS‑Justiz RS0120725 [T1], RS0119528 [T4]); spätere Widmungsänderungen können allenfalls konkludent die Zustimmung aller Miteigentümer und Wohnungseigentümer finden (RIS‑Justiz RS0120725 [T4, T9], RS0119528 [T6]). Maßgeblich ist dabei der objektive Erklärungswert der jeweiligen Willensäußerung (5 Ob 100/14p).

2.1 Das Berufungsgericht begründet die Zulässigkeit der Revision mit der Erheblichkeit der Rechtsfrage, inwieweit der Inhalt des Nutzwertgutachtens bei Beurteilung der Willenseinigung der Miteigentümer beim erstmaligen Widmungsakt heranzuziehen sei, wenn die Bezeichnung des Wohnungseigentumsobjekts im Wohnungseigentumsvertrag selbst von jener im Nutzwertgutachten abweicht. Es folgt damit der Argumentation des Klägers, wonach sich hier die über den bloßen Einzelfall hinaus bedeutsame Grundsatzfrage stelle, ob für die zulässige Nutzung eines Wohnungseigentumsobjekts nicht (nur) dessen „gesamtheitliche Widmung“ maßgebend, sondern (auch) auf die Bezeichnung des Verwendungszwecks einzelner Räumlichkeiten der betreffenden Einheit abzustellen sei.

2.2 Ausschlaggebend für die Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts ist die vertragliche Einigung der Mit- und Wohnungseigentümer. Der erkennende Senat hat bereits ausgesprochen, dass bei deren Ermittlung auch auf die dem Wohnungseigentumsvertrag zugrunde liegende Parifizierung abzustellen ist und ihr sogar besondere Bedeutung und Aussagekraft zukommt, weil die Widmung die Nutzwertfestsetzung und damit auch die Beitragspflichten der einzelnen Wohnungseigentümer nachhaltig beeinflusst (5 Ob 277/04b). Insoweit der Wohnungseigentums‑vertrag ‑ wie hier ‑ ausdrücklich auf das Nutzwertgutachten verweist, wird dessen Inhalt ohnedies zum Bestandteil der vertraglichen Einigung.

2.3 Bei der Ermittlung der konkreten privatrechtlichen Einigung ist wegen der Schwierigkeiten der Feststellung des Parteiwillens beim erstmaligen (historischen) Widmungsakt und wegen des notwendigen Schutzes des Vertrauens neuer Mitglieder der Eigentümergemeinschaft zwar eine weitgehend objektive Betrachtung angezeigt (5 Ob 277/04b). Das ändert aber nichts daran, dass deren Inhalt durch Auslegung nach den Bestimmungen der §§ 914 f ABGB zu ermitteln ist. Der Umstand, dass sich aus der Beschreibung des Wohnungseigentumsobjekts im Nutzwertgutachten (hier aus der Bezeichnung eines Raumes und seiner Ausstattung) dessen Verwendung für geschäftliche Zwecke ergibt, sich diese aber nicht in der im Wohnungseigentumsvertrag und Nutzwertgutachten gewählten Bezeichnung des Wohnungseigentumsobjekts widerspiegelt, ist dabei (bloß) ein im Zuge der Auslegung zu berücksichtigender Aspekt. Die Bedeutung dieses Umstands für die Ermittlung der Widmung lässt sich nicht abstrakt und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalls beurteilen. Entgegen der Argumentation des Revisionswerbers ist also die im Nutzwertgutachten verwendete Einzelraumbezeichnung nicht isoliert als Einzelraumwidmung zu betrachten und der Gesamtwidmung gegenüber zu stellen, die „Einzelraumwidmung“ fließt vielmehr in die durch Auslegung ermittelte Gesamtwidmung ein, sodass sich die vom Revisionswerber gesehene Vorrangproblematik gar nicht stellt.

2.4 Das rechtswirksame Zustandekommen und der Inhalt einer Widmung von Teilen einer im Wohnungseigentum stehenden Liegenschaft hängen regelmäßig von den konkreten Umständen des gerade zu beurteilenden Falls ab (RIS‑Justiz RS0120725 [T3]). Die Frage, ob die vertragliche Einigung der Mit- und Wohnungseigentümer im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt daher nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (vgl RIS‑Justiz RS0042936, RS0042776). Im vorliegenden Fall ist den Vorinstanzen eine derartige Fehlbeurteilung nicht unterlaufen. Diese kommen hier übereinstimmend zum Ergebnis, dass das Wohnungseigentumsobjekt der Beklagten (Top 10) nach der maßgeblichen Einigung der Wohnungseigentümer insofern eine Mischwidmung aufweist, als der Großteil des Objekts als Wohnung, der Seminarraum und die WC-Anlagen jedoch zum Betrieb eines Seminarzentrums gewidmet sind. Sie begründen dies überzeugend damit, dass der Wohnungseigentumsvertrag (unter anderem) zur Beschreibung der Wohnungseigentumsobjekte auf das Nutzwertgutachten verweist, sich aus diesem ergibt, dass das Objekt Top 10 der Beklagten auch einen „großen Seminarraum sowie Damen‑und Herren‑WC‑Anlagen“ umfasst und die Miteigentümer und Partner des Wohnungseigentumsvertrags daraus zwingend auf eine diesem Umfang entsprechende teilweise Verwendung der Wohnung für Seminarzwecke schließen mussten und sich daher durch Abschluss des Wohnungseigentumsvertrags damit einverstanden erklärt haben. Dem hält der Revisionswerber entgegen, dass die Top 10 sowohl im Nutzwertgutachten, als auch im Wohnungseigentumsvertrag undifferenziert als „Wohnung“ bezeichnet ist, hingegen bei einem anderen Wohnungseigentumsobjekt die teilweise Widmung für berufliche Zwecke (Ordination) sehr wohl ausdrücklich erwähnt und bei der Festsetzung des Nutzwerts auch berücksichtigt wurde. Wenn das Berufungsgericht die undifferenzierte Bezeichnung des Wohnungseigentumsobjekts als „Wohnung“ und das Unterlassen einer gesonderten Beurteilung bei der Nutzwertbestimmung mit dem verhältnismäßigen geringen Anteil des Seminarraums am Gesamtobjekt erklärt und so den objektiven Erklärungswert dieser Umstände entscheidend relativiert, so ist (auch) das nicht zu beanstanden.

3.1 Die Frage, ob die Bezeichnung des Verwendungszwecks einzelner Räumlichkeiten eines einheitlich als Wohnung (und nur als solche) gewidmeten Wohnungseigentumsobjekts deren geschäftliche (gewerbliche) Nutzung zu rechtfertigen vermag, stellt sich hier nicht. Anders als der Oberste Gerichtshof in den vom Kläger in der Revision für seinen Standpunkt zitierten Entscheidungen ging das Berufungsgericht hier ja gerade nicht von einer „reinen Widmung zu Wohnzwecken“ aus. Der Kläger bestreitet in diesem Zusammenhang jedoch grundsätzlich die Zulässigkeit der Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts zur gemischten Nutzung als Wohnung und für Geschäftszwecke und erblickt darin eine weitere die Zulässigkeit der Revision begründende erhebliche Rechtsfrage.

3.2 Das Berufungsgericht bejaht die Zulässigkeit einer solchen Widmung zur gemischten Nutzung als Wohnung und für Geschäftszwecke, weil sich für die gegenteilige Ansicht in Gesetz und Rechtsprechung keine Stütze finde. Der Kläger legt auch in seiner Revision nicht nachvollziehbar dar, aus welchem Grund vernünftigerweise eine Widmung zur gemischten Verwendung unzulässig sein soll. Er verweist lediglich auf die gesetzliche Differenzierung zwischen Wohnungen und sonstigen selbstständigen Räumlichkeiten in § 2 Abs 2 WEG. Für dessen im Wesentlichen begründungslose Behauptung, diese Bestimmung sei so zu verstehen, dass ein wohnungseigentumstaugliches Objekt nur entweder als Wohnung oder als sonstige selbstständige Räumlichkeit gewidmet werden könne, findet sich weder im Gesetz selbst ein Anhaltspunkt, noch besteht hierfür ein nachvollziehbarer sachlicher Grund. „Widmung“ meint im gegebenen Zusammenhang die zwischen den Wohnungseigentümern vereinbarte Art der Nutzung eines Objekts (vgl Hausmann in Hausmann/Vonkilch, WEG³ § 3 WEG Rz 14c). Für diese Frage lässt sich aus der Tatsache, dass das WEG zwischen Wohnungen und „sonstigen selbständigen Räumlichkeiten“ unterscheidet, nichts gewinnen, da keinerlei Rechtsfolgen an diese Unterscheidung geknüpft sind (Hausmann aaO § 2 WEG Rz 13). Insbesondere kann daraus keine gesetzliche Beschränkung für Widmungsvereinbarungen abgeleitet werden.

3.3 Der erkennende Senat hat bereits mehrfach in seinen Entscheidungen die Zulässigkeit der Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts sowohl zu Wohn‑ als auch zu Geschäftszwecken vorausgesetzt und diese damit, wenn auch nicht ausdrücklich, so doch implizit bejaht (vgl 5 Ob 43/11a, 5 Ob 24/07a, 5 Ob 380/97m, 5 Ob 277/04b ua). Dieses Verständnis wurde auch im Schrifttum nicht in Zweifel gezogen.

3.4 Es ist daher zwar richtig, dass in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu dieser Frage der Zulässigkeit der Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts sowohl zu Wohn‑ als auch zu Geschäftszwecken noch nicht explizit Stellung genommen wurde. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt jedoch dann keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vor, wenn die Lösung der maßgebenden Rechtsfrage selbstverständlich ist oder eine Rechtsfrage schon nach dem Gesetzeswortlaut so eindeutig gelöst ist, dass nur die in der angefochtenen Entscheidung zweiter Instanz vorgenommene ‑ im Schrifttum nicht in Zweifel gezogene ‑ Auslegung ernsthaft in Betracht zu ziehen ist (vgl RIS‑Justiz RS0042656).

4.1 Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision somit unzulässig und zurückzuweisen.

4.2  Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers hingewiesen (RIS‑Justiz RS0035979 [T16, T22], RS0035962).

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