OGH 5Ob223/10w

OGH5Ob223/10w2.12.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin Dr. Hurch als Vorsitzende sowie die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. Brenn und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Annemarie S*****, vertreten durch Dr. Olaf Borodajkewycz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. E. Klingsbigl, Dr. R. Lirsch, Mag. F. Masser, Mag. E. Wimmer, Rechtsanwälte in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Kurt H***** KG, *****, vertreten durch Gruber und Partner Rechtsanwalts KG in Wien, wegen 47.925 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 28. September 2010, GZ 40 R 36/10f-44, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

1) Mit ihrer Revision macht die Beklagte - wie schon im Berufungsverfahren - die unterbliebene Begutachtung durch einen Sachverständigen als Verfahrensmangel geltend.

Rechtliche Beurteilung

Ein vom Berufungsgericht nach ausdrücklicher Prüfung verneinter Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens ist mit der Revision nicht mehr mit Erfolg anfechtbar (RIS-Justiz RS0043111; RS0042963 [insb T55]; RS0106371 [T6]; RS0042963 [T55]). Soweit sich die Beklagte auf Beweisanträge der Klägerin beruft, übersieht sie, dass hievon nicht ihre eigene prozessrechtliche Stellung betroffen ist (RIS-Justiz RS0043041; 7 Ob 65/02p).

2) Vorauszuschicken ist, dass nicht ein Mangel am von der Klägerin betriebenen Ofen, sondern an dem zu den allgemeinen Teilen des Hauses zählenden Rauchfangmauerwerk für den schadensauslösenden Brand ursächlich war.

Nach der Begriffsbestimmung des § 1a Abs 1 die Wiener Feuerpolizei-, Luftreinhalte- und Klimaanlagengesetzes (WFLKG) idF LGBl 54/2000 sind Feuerungsanlagen die Feuerstätten samt den Rauch- beziehungsweise Abgasanlagen in ihrer Gesamtheit. Die Pflicht zur Wartung dieser Anlagen regelt § 15a WFLKG. Laut Abs 2 letzter Satz dieser Bestimmung obliegt die Veranlassung der Wartung von Feuerstätten in und die Beseitigung von Ablagerungen aus sonstigen Räumen deren Benützern. Diese Bestimmung regelt damit die Wartung der nicht zu den allgemeinen Teilen eines Hauses gehörigen Feuerstätte, wie hier des Ofens der Klägerin, durch den Benützer des Raumes, in dem sich diese befindet. Hingegen verpflichtet § 15a Abs 2 erster Satz WFLKG den Hauseigentümer, die in § 15a Abs 1 umschriebene Wartung und Reinigung der Feuerungsanlage bei allgemein zugänglichen Teilen des Hauses durch einen Rauchfangkehrer (§ 15 Abs 1 WFLKG) zu veranlassen.

Das WFLKG nennt damit in § 15a Abs 2 Hauseigentümer und Benützer von Räumlichkeiten als Adressaten der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung, für die Wartung von Feuerungsanlagen iSd § 1a Abs 1 WFLKG Sorge zu tragen. Für das Bestandverhältnis und die sich daraus für Vermieter und Mieter ergebenden Pflichten können durch diese Bestimmungen des WFLKG nicht die von der Revisionswerberin gewünschten Schlüsse gezogen werden. Auch wenn die Klägerin als Nutzerin einer Räumlichkeit mit einer Feuerstelle Adressatin der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung nach § 15a Abs 2 zweiter Satz WFLKG ist, werden ihre Pflichten doch nicht auf die dem Hauseigentümer zukommenden Angelegenheiten erweitert.

3) Die Pflicht nach § 8 Abs 1 letzter Satz MRG entspricht jener nach § 1097 ABGB (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht²² § 8 Rz 4). Danach ist der Mieter verpflichtet, dem Vermieter ernste Schäden des Hauses unverzüglich anzuzeigen. Dadurch soll der Bestandgeber in die Lage versetzt werden, seiner Instandhaltungspflicht nachzukommen. Hat der Bestandgeber, auf welche Weise auch immer, ohnehin davon erfahren, ist die Verpflichtung gegenstandslos (RIS-Justiz RS0020583 [T1], RS0020529).

Nach den vom Berufungsgericht gebilligten Feststellungen des Erstgerichts war die Kontrolle des hier maßgeblichen Rauchfangs und dessen baulichen Zustands für die Nebenintervenientin auch ohne Zutritt in das Bestandobjekt der Klägerin möglich. Damit musste allein aus dem Fernbleiben des Rauchfangkehrers noch nicht auf ein gänzliches Unterbleiben der Wartungs- und Reinigungsarbeiten nach § 15a Abs 1 WFLKG und schon gar nicht auf einen bestehenden Mangel, der dem Vermieter anzuzeigen gewesen wäre, geschlossen werden. Soweit das Berufungsgericht mit diesem Argument ein Mitverschulden der Klägerin verneinte, haftet dem jedenfalls keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung an. Ob in anderen Fällen die Kenntnis eines Mieters vom Ausbleiben des Rauchfangkehrers zu den von diesem angesetzten Terminen überhaupt eine Anzeigepflicht iSd § 1097 ABGB, § 8 MRG auszulösen vermag, kann dahingestellt bleiben.

Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO liegt jedenfalls nicht vor, sodass die außerordentliche Revision zurückzuweisen ist.

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