OGH 5Ob214/10x

OGH5Ob214/10x2.12.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin Dr. Hurch als Vorsitzende und die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. Brenn und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elfriede M*****, vertreten durch Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Gustav M*****, 2. Tamara M*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Daniela Ehrlich, Rechtsanwältin in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 14. September 2010, GZ 41 R 55/10g-32, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die im Besitzstörungsverfahren (30 C 117/08v BG Donaustadt) erfolgte Beurteilung der Wohnungsnutzung durch die Beklagten als „Leihvertrag auf Lebenszeit“ äußert für das vorliegende Räumungsverfahren keine Bindungswirkung, weil sie nicht den Hauptgegenstand des Vorverfahrens bildete (RIS-Justiz RS0042554; RS0041342; RS0041180).

2. Die Beurteilung der Konkludenz von Willenserklärungen im Einzelfall stellt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0043253 [insb T1]). Im Übrigen ist bei der Annahme der Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf einen rechtsgeschäftlichen Willen gemäß § 863 ABGB Vorsicht geboten (RIS-Justiz RS0014157; RS0013947) und ein strenger Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0014146; vgl auch RS0014150; RS0014155), was namentlich auch für die Frage der schlüssigen Einräumung eines (vertraglichen) Wohn-(ungs-)rechts unter Familienangehörigen gilt (vgl RIS-Justiz RS0011850 [T5]). Betreffend die von den Vorinstanzen verneinte (konkludente) Einräumung eines vertraglichen Benützungsrechts (Wohn-[ungs-]rechts) zugunsten der Beklagten zeigen diese keine aufzugreifende Fehlbeurteilung auf und sie bezeichnen auch keine einzige höchstgerichtliche Entscheidung, zu der sich die Vorinstanzen vermeintlich in Widerspruch gesetzt hätten.

3. Eine Zusage der Klägerin, der Erstbeklagte werde ihr Haus erben, ist nach den erstgerichtlichen Feststellungen nicht erfolgt, und sie würde überdies keinen Titel für die derzeitige Wohnungsnutzung durch die Beklagten begründen.

4. Eine konkrete Bezifferung und eine detaillierte Bewertung vom Erstbeklagten vermeintlich erbrachter Leistungen ist in erster Instanz nicht erfolgt, sodass insoweit auch kein Feststellungsmangel vorliegen kann. Der Verweis auf Urkunden und Beweisergebnisse ersetzt fehlendes Prozessvorbringen nicht (vgl RIS-Justiz RS0038037; RS0037915). Leistungen des Erstbeklagten beim Hausbau auf der (nunmehrigen) Liegenschaft der Schwester lassen nicht, insbesondere nicht zweifelsfrei auf eine Rechtseinräumung zugunsten der Beklagten zum Wohnen im Haus der Beklagten schließen. Im Übrigen haben die Investitionen und Arbeitsleistungen des Erstbeklagten namentlich betreffend den ersten Stock im Haus der Klägerin ganz entscheidend und jahrelang dem eigenen Wohnkomfort der Beklagten gedient.

5. Soweit die Beklagten aus näher bezeichneten, teilweise von den Feststellungen des Erstgerichts abweichenden Tatumständen den Schluss gezogen haben wollen, die Klägerin habe ihnen ein lebenslanges Nutzungsrecht an der Wohnung im ersten Stock eingeräumt, bekämpfen sie - unzulässig - die Tatfrage.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision somit unzulässig und zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte