OGH 5Ob187/13f

OGH5Ob187/13f6.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ing. G***** G*****, 2. E***** G*****, beide vertreten durch Mag. Rupert Rausch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F***** P*****, vertreten durch Mag. Dipl.‑Ing. Markus Petrowsky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 30. Juli 2013, GZ 40 R 140/13d‑23, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Verwirklichung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG erfordert nach ganz herrschender Ansicht eine fehlende regelmäßige Verwendung des aufgekündigten Objekts zu Wohnzwecken und den Mangel eines dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder eintrittsberechtigter Personen (RIS‑Justiz RS0070217; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht, § 30 MRG Rz 53; Würth/Zingher/Kovanyi , Miet‑ und Wohnrecht 22 I § 30 MRG Rz 39). Den Nachweis für das Fehlen der regelmäßigen Verwendung zu Wohnzwecken hat der Vermieter zu erbringen (RIS‑Justiz RS0079350; RS0079253). Die Beurteilung der Frage, ob von einer regelmäßigen Verwendung zu Wohnzwecken gesprochen werden kann, hängt dabei von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und begründet daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO, soweit nicht eine erhebliche Fehlbeurteilung vorliegt (8 Ob 4/06f; 1 Ob 157/11m; RIS‑Justiz RS0079241 [T13]; RS0068874 [T8]).

2. Die regelmäßige Verwendung zu Wohnzwecken im Sinne des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG setzt zwar grundsätzlich voraus, dass die aufgekündigte Wohnung vom Gekündigten wenigstens während eines beträchtlichen Zeitraums im Jahr (bzw einige Tage in der Woche) als Mittelpunkt seiner Lebensführung benützt wird. Werden aber zwei unmittelbar benachbarte Wohnungen gemeinsam bewirtschaftet, ist es unerheblich, in welcher Wohnung der Schwerpunkt der Wirtschaftsführung liegt (RIS‑Justiz RS0068547). Richtig ist, dass in der Entscheidung 2 Ob 121/02m (wobl 2003/114 = MietSlg 54.344) die Anmietung zweier Kleinwohnungen im selben Haus zu beurteilen war. Der Umstand, dass die Beklagte Mieterin von zwei Wohnungen im Haus der Kläger ist, die nicht mehr der Kategorie „Kleinwohnungen“ zugerechnet werden können, begründet entgegen der Ansicht der Revisionswerber aber kein Abweichen des Berufungsgerichts von der herrschenden Rechtsprechung.

3. Die Beklagte ist seit dem Jahr 1968 Mieterin der Wohnung top 12, die eine Größe von ca 80 m 2 aufweist. Im Jahr 1988 hat sie die nunmehr aufgekündigte Wohnung top 11 mit der mündlich gegebenen und dann später von Vermieterseite nicht eingehaltenen Zusage angemietet, beide Wohnungen zusammenlegen zu können. Der der für die Vermieter handelnden Hausverwaltung bei Abschluss des Vertrages bekannte Zweck der Anmietung einer weiteren Wohnung bestand daher unabhängig von der Wohnungsgröße in der Erweiterung des bisherigen Wohnbereichs der Beklagten durch Schaffung einer einheitlichen Wohnung. Diese besondere Fallgestaltung lässt es gut vertreten, hier unabhängig von dem Umstand, dass zwei Mietverträge vorliegen, faktisch eine Wohneinheit anzunehmen (vgl RIS‑Justiz RS0068547). Ohne die zugesagte Zusammenlegung der beiden Wohnungen kann sinnvollerweise der Schwerpunkt der Wirtschaftsführung nur in einer der beiden Wohnungen erfolgen, und zwar unabhängig von deren Größe. Die Beklagte und ihr Mann nutzen die aufgekündigte Wohnung vornehmlich für Arbeits- sowie Freizeitzwecke, fallweise zum Nächtigen, zur Aufbewahrung von Lebensmitteln, Kleidungsstücken und Gegenständen. Diese Art der Verwendung der Wohnung, von der die Kläger annehmen, dass sie für untergeordnete Zwecke erfolgt, ist Teil der Gesamtwirtschaftsführung und erfolgte nur deshalb in einer räumlichen Trennung, weil die Zusage, die Wohnungen zusammenzulegen zu können, nicht eingehalten wurde. Bei dieser Sachlage kann daher keineswegs allein darauf abgestellt werden, dass die Beklagte bereits vor Anmietung der Wohnung top 11 über eine Wohnung verfügte, die ihrer Größe nach allein geeignet wäre, ihr Wohnbedürfnis zu befriedigen, weil diese Argumentation den ursprünglichen Zweck der Anmietung der Nachbarwohnung völlig ausblendet. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, das eine regelmäßige Verwendung des aufgekündigten Bestandobjekts zu Wohnzwecken bejahte und die Aufhebung der Aufkündigung der Wohnung top 11 durch das Erstgericht bestätigte, bedarf daher keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof.

4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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