European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E121111
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Der Antragsteller beantragte zum Zweck des Erwerbs des Eigentumsrechts an dem Superädifikat Sommerhaus auf Platz 9 errichtet auf dem Grundstück 993/3 inneliegend der EZ * KG * die Hinterlegung des Vergleichs vom 11. 5. 2012, AZ 2 C 1512/09m, der Aufsandungserklärung vom 19. 5. 2016 und des Nachtrags zu dieser Aufsandungserklärung vom 9. 1. 2017.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge und begründete dies – zusammengefasst – damit, dass der nach § 9 Abs 1 Z 2 UHG iVm § 4 Abs 3 UHG und §§ 432 f ABGB nachzuweisende Rechtsgrund für den Eigentumserwerb weder dem Vergleich vom 11. 5. 2012 noch der Aufsandungserklärung vom 19. 5. 2016 zu entnehmen sei. Im Nachtrag zu dieser Aufsandungserklärung vom 9. 1. 2017 berufe sich der Antragsteller auf eine am 11. 5. 2012 (anlässlich der mit Vergleich abgeschlossenen Gerichtsverhandlung) erfolgte Schenkung und er verweise dabei auf eine dem Nachtrag eingebundene undatierte, handschriftliche und nicht beglaubigte Vereinbarung. Gemäß § 4 Abs 3 UHG iVm § 432 ABGB sei jedoch über das Erwerbungsgeschäft eine beglaubigte Urkunde in der zur Gültigkeit des Geschäfts vorgeschriebenen Form notwendig. Gemäß § 1 lit d NotariatsaktsG seien Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe notariatsaktspflichtig. Im Nachtrag werde zwar eine wirkliche Übergabe behauptet, aufgrund der Urkundeninhalte bestünden jedoch Zweifel daran. Aus dem Vergleich vom 11. 5. 2012 und der Aufsandungserklärung vom 19. 5. 2016 gehe nämlich hervor, dass der Eigentümer des Superädifikats die Liegenschaft samt Superädifikat für einen Zeitraum von 5 Jahren (ab Abschluss des Vergleichs) weiter nutzen habe dürfen. Angesichts dieser Konstellation hätte es eines eindeutig nach außen hin erkennbaren Übergabeakts oder eben eines Schenkungsvertrags in Form eines Notariatsakts bedurft. Der Nachtrag zur Aufsandungserklärung sei demnach keine geeignete Urkunde, um die behauptete Schenkung nachzuweisen. Abgesehen davon habe das Erstgericht die aufrechte (materielle) Vertretungsmacht des Bevollmächtigten, der die Aufsandungserklärung vom 19. 5. 2016 und den Nachtrag zu dieser Aufsandungserklärung vom 9. 1. 2017 im Vollmachtsnamen unterfertigt habe, im Hinblick auf den amtsbekannten Widerruf der Vollmacht zu Recht iSd § 9 UHG iVm § 94 Abs 1 Z 2 GBG in Zweifel gezogen. Die Erteilung einer Vollmacht nach § 1020 ABGB könne allgemein widerrufen werden. Ein Verzicht auf diese Widerruflichkeit sei zwar möglich, das Grundbuchsverfahren diene aber nicht der Entscheidung über strittige zivilrechtliche Tat- und Rechtsfragen. Dem Grundbuchsgericht sei es daher verwehrt, die materiell‑rechtliche Wirksamkeit eines allfälligen Widerrufs zu überprüfen. Auch die im Nachtrag zur Aufsandungserklärung eingeheftete „Vereinbarung“, die handschriftlich, undatiert und ohne nähere Angaben zu den Personen verfasst worden sei und auch keine beglaubigte Unterfertigung enthalte, sei keine hinterlegungstaugliche Urkunde iSd § 9 Abs 1 Z 3 iVm § 4 Abs 3 UHG und § 432 ABGB.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil den Fragen, ob die konstitutive Titelurkunde (hier Schenkungsvertrag) im Urkundenhinterlegungsverfahren vorzulegen sei oder ob eine urkundenmäßige Erklärung über eine bereits Jahre zurück liegende erfolgte Schenkung durch einen Bevollmächtigten, an dessen aufrechter Vertretungsmacht begründete Bedenken bestünden, genüge, sowie ob die Bestimmung des § 31 Abs 6 GBG im UHG Anwendung finde, erhebliche über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den Beschluss des Rekursgerichts abzuändern und die beantragte Urkundenhinterlegung zu bewilligen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG und § 17 UHG) – nicht zulässig. Die Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der iSd § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG und § 17 UHG zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.
1.1. Für die Übertragung des Eigentums am Superädifikat ist grundsätzlich die Urkundenhinterlegung erforderlich (RIS‑Justiz RS0010982 [T1], RS0011244 [T2]). Zu hinterlegen sind gemäß § 1 Abs 1 UHG die Urkunden über die Eigentumsübertragung.
1.2. Urkunden eignen sich dann zur Hinterlegung, wenn sie den §§ 432 bis 437, 451, 481 ABGB entsprechen. Soweit diese Bestimmungen nicht unmittelbar anzuwenden sind, gelten die §§ 432, 433 ABGB sinngemäß (§ 4 Abs 3 UHG).
1.3. Hinsichtlich der Urkundenerfordernisse verweist das UHG also nicht auf die Bestimmungen des GBG, sondern auf die §§ 432 bis 437, 451 und 481 ABGB. Die Einverleibung des Eigentums erfordert demnach eine schriftliche Urkunde über das zugrunde liegende Rechtsgeschäft. Es kann sich dabei um eine öffentliche Urkunde oder eine Privaturkunde handeln. Privaturkunden bedürfen jedenfalls einer gerichtlich oder notariell beglaubigten Unterschrift der Parteien und der zur Gültigkeit des Geschäfts vorgeschriebenen Form. Die Urkunde muss genaue Angaben der Personen, die das Eigentum übergeben und übernehmen, der Liegenschaft, die übergeben werden soll, mit ihren Bestandteilen, sowie des Rechtsgrundes der Übergabe, ferner des Ortes und der Zeit des Vertragsschlusses enthalten. Darüber hinaus muss von dem Übergeber in dieser oder in einer besonderen Urkunde die ausdrückliche Erklärung abgegeben werden, dass er in die Einverleibung einwillige (§§ 432, 433 ABGB; K. Binder in Kodek, Grundbuchsrecht² § 4 UHG Rz 1, 2).
1.4. Es ergibt sich daher schon aus der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 433 ABGB iVm § 4 UHG, dass sich eine Urkunde nur dann zu einer dem Eigentumserwerb an einem Superädifikat dienenden Hinterlegung eignet, wenn sie einen hiefür gültigen Rechtsgrund enthält. Der erforderliche Nachweis des geeigneten Rechtsgrundes kann sich freilich auch (erst) aus einer gesonderten, den dafür bestehenden Urkundenerfordernissen entsprechenden Nachtragsurkunde ergeben (vgl RIS‑Justiz RS0121908, insb 5 Ob 36/07s). Lassen sich relevierte Rechtsfragen unmittelbar aufgrund des Gesetzes und/oder mit Hilfe bereits vorhandener Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung lösen, stellt sich keine Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG (RIS‑Justiz RS0042656). Das so gewonnene Ergebnis stellen das Rekursgericht und der Revisionsrekurswerber zudem gar nicht in Frage.
2.1. Die Hinterlegung ist gemäß § 9 UHG zu bewilligen, wenn 1. kein gegründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Hinterlegung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand, den die Hinterlegung betrifft, oder gegen die Befugnis des Antragstellers zum Einschreiten vorhanden ist, 2. das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet ist und 3. die Urkunden in der Form vorliegen, die zur Bewilligung der Hinterlegung erforderlich ist (§ 4 Abs 3 UHG). Diese Bewilligungsvoraussetzungen entsprechen im Wesentlichen § 94 Abs 1 Z 2–4 GBG, daher kann auf die zu dieser Bestimmung ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden (K. Binder aaO § 9 UHG Rz 1). Unter § 9 Abs 1 Z 1 UHG sind demnach auch gegründete Bedenken gegen Bestehen und Umfang der Vertretungsmacht dessen zu subsumieren, der eine Vertragsurkunde im Vollmachtsnamen eines Vertragspartners unterfertigte (RIS‑Justiz RS0060604 [§ 94 Abs 1 Z 2 GBG]).
2.2. Dem Rekursgericht fehlten hier die Bewilligungsvoraussetzungen aus mehreren Gründen. Zum einen erfüllten die vorgelegten Urkunden auch in Zusammenschau nicht bzw zumindest nicht zweifelsfrei (vgl RIS‑Justiz RS0060878, RS0060573) sämtliche Erfordernisse der §§ 432, 433 ABGB und eigneten sich damit iSd §§ 4 Abs 3, 9 Abs 1 Z 3 UHG nicht zur Hinterlegung. Zum anderen bestünden gegründete Bedenken gegen Bestehen und Umfang der Vertretungsmacht des die Aufsandungserklärung vom 19. 5. 2016 und den Nachtrag zu dieser Aufsandungserklärung vom 9. 1. 2017 im Vollmachtsnamen unterfertigenden Vertreters.
2.3. Der Antragsteller wendet sich in seinem Revisionsrekurs ausschließlich gegen die vom Rekursgericht geäußerten Bedenken gegen die Vertretungsmacht des Vertreters iSd § 9 Abs 1 Z 1 UHG. Auf dessen Ausführungen zum Bewilligungshindernis der fehlenden formalen und inhaltlichen Urkundenerfordernisse geht er hingegen nicht ein.
2.4. Abgesehen davon, dass der Frage des Bestehens und des Umfangs der Vertretungsmacht dessen, der eine Vertragsurkunde im Vollmachtsnamen eines Vertragspartners unterfertigte, dahingestellt bleiben kann, wenn die Urkunde – wie hier vom Revisionswerber nicht substantiell bestritten – schon aus anderen Gründen nicht zur Hinterlegung geeignet ist, wirft diese in der Regel keine Rechtsfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung auf.
2.5. Die Ansicht der Vorinstanzen ist auch keine vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung. Bei Prüfung der Hinterlegungsvoraussetzungen iSd § 9 Abs 1 Z 1 UHG genügt als Entscheidungskriterium, dass „gegründete Bedenken“ in Bezug auf die Vertretungsmacht bestehen, eine endgültige Wirksamkeitsprüfung findet in diesem Zusammenhang nicht statt (5 Ob 258/09s mwN). Solche Bedenken leitete das Rekursgericht aus der Erklärung eines Vollmachtswiderrufs durch den Vertretenen ab. Dies ist im Hinblick darauf, dass eine Vollmacht nach der Grundkonzeption des ABGB widerruflich ist (§ 1020 ABGB), und selbst eine vereinbarte Unwiderruflichkeit einer Vollmacht nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam ist (vgl RIS‑Justiz RS0014859, RS0019779, RS0019776 [T2]) und dem Geschäftsherrn zudem nicht das Recht des außerordentlichen Widerrufs aus wichtigem Grund nimmt (vgl RIS‑Justiz RS0019841, RS0031261, RS0019844), nicht zu beanstanden. Seine Kenntnis dieses Vollmachtswiderrufs hat das Erstgericht hier zulässigerweise verwertet, zumal nach neuerer Rechtsprechung gerichtsbekannte Tatsachen auch im Grundbuchsverfahren grundsätzlich berücksichtigt werden können (RIS‑Justiz RS0040040 [T8, T10]).
2.6. Die vom Rekursgericht in seiner Zulassungsbegründung aufgeworfene Frage, ob die besonderen Vollmachtserfordernisse des § 31 Abs 6 GBG auch für eine Urkundenhinterlegung nach dem UHG gelten, ist hier schon angesichts der berechtigten Zweifel am Bestehen auch nur einer allgemeinen Vollmacht bloß theoretischer Natur. Die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen ist nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0111271 [T2]).
3. Der Revisionsrekurs ist daher mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG und § 17 UHG unzulässig und zurückzuweisen.
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