OGH 5Ob180/12z

OGH5Ob180/12z17.12.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. R***** R*****, vertreten durch Dr. Borns Rechtsanwalts GmbH in Gänserndorf, gegen die beklagte Partei C***** K*****, vertreten durch Dr. Reinhard Lachinger, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen Feststellung und Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts (Streitwert 63.661,38 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Juli 2012, GZ 12 R 76/12b-12, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

1. Die Verneinung des erstinstanzlichen Verfahrensmangels durch das Berufungsgericht beruht - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung des Gerichts zweiter Instanz. Das Beweisthema betreffend den nicht einvernommenen Zeugen ist auf der Grundlage des unstrittigen sowie des vom Erstgericht festgestellten Sachverhalts rechtlich irrelevant. Der behauptete Mangel des Berufungsverfahrens liegt somit nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

2.1. Hat jemand mit eigenen Materialien, ohne Wissen und Willen des Eigentümers auf fremdem Grunde gebaut, so fällt das Gebäude dem Grundeigentümer zu. Der redliche Bauführer kann den Ersatz der notwendigen und nützlichen Kosten fordern; der unredliche wird gleich einem Geschäftsführer ohne Auftrag behandelt. Hat der Eigentümer des Grundes die Bauführung gewusst, und sie nicht sogleich dem redlichen Bauführer untersagt, so kann er nur den gemeinen Wert für den Grund fordern (§ 418 ABGB).

2.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs schließt das Vorliegen einer Vereinbarung über die Bauführung die Anwendung der subsidiären Vorschriften des § 418 ABGB überhaupt aus. Es hängt in einem solchen Fall von der (Auslegung der) Vereinbarung ab, ob das Bauwerk dem Grundeigentümer oder dem Bauführer zufällt. Nur für den Fall, dass in einem solchen Übereinkommen vorgesehen wäre, dass der Grund dem Bauführer zufallen sollte, der Grundeigentümer sich aber in der Folge nicht mehr an die Vereinbarung über die Überlassung des Grundes an den Bauführer hält, ist der Bauführer nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs so zu behandeln, als ob kein Übereinkommen vorliege (vgl RIS-Justiz RS0009923; RS0011052; RS0011074).

3.1. Geht man davon aus, dass das Schreiben vom 18. 11. 1974 (Blg ./B) sowie die Übernahmsbestätigung vom 9. 12. 1974 (Blg ./C und ./1) samt Allgemeinen Pachtbedingungen (Blg ./2) - je bei ON 7 - als (rechtsgeschäftliche) Erklärung der Beklagten zuzurechnen sind, dann folgt daraus ein - vor Baubeginn - erfolgtes Übereinkommen, wonach der Grund nicht den Bauführern zufallen soll, sondern im Fall der Beendigung des Pachtvertrags an die Beklagte zurückzustellen ist (Punkt 3. der Allgemeinen Pachtbedingungen). Aus diesem Übereinkommen folgt dann im Sinn der wiedergegebenen Rechtsprechung die Unanwendbarkeit der Regelungen des § 418 ABGB.

3.2. Nur wenn man unterstellen wollte, dass die zuvor genannten schriftlichen Erklärungen - mangels Einhaltung der für sie maßgeblichen vertretungsrechtlichen Vorschriften - nicht der Beklagten zuzurechnen seien, dann haben die Rechtsvorgänger des Klägers das Bauwerk „ohne Wissen und Willen“ der Beklagten errichtet, wonach § 418 Satz 1 ABGB einschlägig wäre.

4. Die Ansicht des Berufungsgerichts, wonach der Kläger die (angebliche) Rechtsunwirksamkeit des Bestandvertrags vom 16. 4. 1975 (Blg ./F) vor dem Erstgericht nicht bestritten (vgl insbesondere dessen Schriftsatz ON 6) und sich dieser (erst) in der Berufung (ON 9) erhobene Einwand demnach als unzulässige Neuerung erweist, ist eine vertretbare und daher nicht aufzugreifende Auslegung des Parteivorbringens (vgl RIS-Justiz RS0042828; RS0042871 [T1]; RS0044298 [T5]; RS0044273 [T14]). Ausgehend von der Rechtswirksamkeit dieses Bestandvertrags liegt wiederum und zwar mit Wirksamkeitsbeginn ab 1. 1. 1975, somit vor Baubeginn, ein zur Unanwendbarkeit der Regelungen des § 418 ABGB führendes Übereinkommen vor, zufolge dessen der Grund nicht den Bauführern zufallen sollte.

5.1. Aus dem behaupteten Inhalt der vom Kläger vorrangig ins Treffen geführten - unstrittig für die Beklagte rechtlich unverbindlichen - „Kaufoption“ folgt zunächst ebenfalls ganz eindeutig, dass die Rechtsvorgänger des Klägers gerade nicht aus Anlass der Bauführung Eigentum am Grund erwerben sollten.

5.2. Soweit sich der Kläger im Zusammenhang mit der „Unverbindlichkeit“ der „Kaufoption“ (insbesondere) auf die Entscheidung 3 Ob 35/86 beruft, verkennt er, dass sich der vorliegende Sachverhalt im Hinblick auf die hier zum Grundeigentum getroffenen Übereinkommen vom dort beurteilten Fall unterscheidet. Überdies kann vorliegend die „Unverbindlichkeit“ der „Kaufoption“ nicht etwa im Sinn der Entscheidung 3 Ob 35/86 als infolge mangelnder Bestimmtheit unwirksam, sondern nur dahin verstanden werden, dass diese infolge Nichteinhaltung von vertretungsrechtlichen Regelungen rechtsgeschäftlich nicht der Beklagten zuzurechnen ist. Dann liegt aber insoweit überhaupt keine Zusage der Beklagten vor, deren Nichteinhaltung ihr im Sinn der Judikatur zu § 418 Satz 3 ABGB angelastet werden könnte.

6. Die als sekundäre Feststellungsmängel relevierten Tatfragen stellen sich wegen des schon aus den zuvor genannten Gründen zu verneinenden Liegenschaftserwerbs durch die Rechtsvorgänger des Klägers nicht.

Die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO liegen nicht vor; die Revision ist daher unzulässig und zurückzuweisen.

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