European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00165.14X.0127.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Der Kläger macht in seiner außerordentlichen Revision als erhebliche Rechtsfragen ‑ zusammengefasst-geltend:
a) Nach bestehender Rechtsprechung seien die Kündigungsschutzbestimmungen des MRG auch auf die Miete von Grundflächen analog anzuwenden, wenn diese ‑ wie hier ‑ zur Errichtung eines Superädifikats zum Zweck dauernder Geschäfts- oder Wohnnutzung erfolgt sei. Es fehle allerdings Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob diese analoge Anwendung der Kündigungsschutzbestimmungen ‑ wie vom Berufungsgericht angenommen ‑ dann ende, wenn das Superädifikat rechtswidrig entfernt worden sei.
b) Es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob auch die sich nachträglich aufgrund einer aufgehobenen Enteignung als rechtswidrig herausstellende Demolierung eines Superädifikats zum Erlöschen sämtlicher Bestandrechte an der Liegenschaft führe.
Mit diesen Ausführungen zeigt der Kläger das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht auf:
Rechtliche Beurteilung
1.1. Mit seinem Hauptbegehren strebt der Kläger ‑ zusammengefasst ‑ die Feststellung an, dass die Beklagte schuldig sei, die Nutzung des GST‑NR 366/9 zu unterlassen, insbesondere durch Unterlassung der Errichtung näher bezeichneter Verkehrsanlagen, und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, soferne der Beschwerde der V***** reg GenmbH (= Bestandgeberin) gegen den Enteignungsbescheid stattgegeben und dieser hinsichtlich der Teilflächen F2, F3 oder F4 des GST‑NR 366/9 aufgehoben werde.
1.2. Nach § 228 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechts Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass jenes Rechtsverhältnis oder Recht durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Es muss sich grundsätzlich um ein „gegenwärtiges“ Rechtsverhältnis oder Recht handeln (4 Ob 154/09i), das zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz bereits besteht (vgl 6 Ob 335/00h; Fasching in Fasching/Konecny 2 § 228 ZPO Rz 41; Rechberger/Klicka in Rechberger 4 § 228 ZPO Rz 4). Gegenstand der Klage kann also nicht ein erst künftig entstehendes Rechtsverhältnis oder ein künftig entstehender Anspruch sein (10 Ob 62/11g). Die Klage ist daher abzuweisen, wenn die zur Begründung des Rechtsverhältnisses erforderliche Tatsache noch nicht eingetreten ist (7 Ob 252/08x; RIS‑Justiz RS0039178). Auch für Feststellungsklagen gilt ganz allgemein das Verbot der hypothetischen Klageerhebung (RIS-Justiz RS0039320), ist es doch nicht Aufgabe der Gerichte, Entscheidungen theoretischen Charakters zu fällen (10 Ob 62/11g). Ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung kann regelmäßig auch nur dann bejaht werden, wenn eine Verschlechterung der rechtlichen Position des Klägers bei einer Verweisung auf ein erst später mögliches gerichtliches Vorgehen zu befürchten wäre (7 Ob 252/08x; 1 Ob 237/08x).
1.3. Der primär erhobene Feststellungsanspruch hängt nach der eigenen Formulierung des Klägers von der Aufhebung des Enteignungsbescheids durch den Verwaltungsgerichtshof, also von einem künftigen und hypothetischen Ereignis, ab. Eine Verschlechterung der rechtlichen Position des Klägers ohne die begehrte Feststellung und bei einer Verfolgung seiner vermeintlichen Rechte erst dann, wenn besagter Fall, nämlich die Aufhebung des Enteignungsbescheids, tatsächlich eintritt, ist ebenfalls nicht zu erkennen. Damit erweist sich das Feststellungshauptbegehren des Klägers schon nach den zuvor dargestellten, gesicherten Judikaturgrundsätzen zu den Voraussetzungen eines Feststellungsbegehrens als nicht berechtigt.
2. Mit dem ersten Eventualbegehren soll die Beklagte verpflichtet werden, die Nutzung der Teilfläche F1 des GST‑NR 366/9 zu unterlassen. Diese Teilfläche F1 hat aber die Beklagte nicht für das Straßenbauvorhaben in Anspruch genommen und sie ist auch vom zweiten Enteignungsbescheid nicht mehr umfasst. Unter diesen nunmehrigen Umständen ist eine relevante Störungshandlung der Beklagten, die dieses Unterlassungsbegehren rechtfertigen könnte, nicht zu erkennen.
3. Mit dem zweiten Eventualbegehren strebt der Kläger die Feststellung an, dass sein Mietverhältnis zur Bestandgeberin betreffend die Teilfläche F1 aufrecht sei. Der Gegenstand dieses Feststellungsbegehrens ist also ein Rechtsverhältnis zu einem Dritten (= Bestandgeberin). In einem solchen Fall ist das rechtliche Interesse genau zu prüfen, weil das Feststellungsurteil dem am Verfahren nicht beteiligten Dritten gegenüber keine Rechtskraftwirkung äußert (Rechberger/Klicka in Rechberger 4, § 228 ZPO Rz 6 mwN). Die Rechtsbeziehungen der Parteien des Feststellungsprozesses zu einem Dritten können daher nur dann den Gegenstand einer Feststellungsklage bilden, wenn das Interesse des Klägers an der Feststellung deswegen besteht, weil ein Rechtsverhältnis, an dem er nicht beteiligt ist, unmittelbar in seinen Rechtsbereich hineinreicht, diesen stört und beeinträchtigt (RIS‑Justiz RS0038958). Daraus, dass sich die Rechtskraft der Entscheidung nicht auf den Dritten, den anderen Partner des Rechtsverhältnisses erstreckt, folgt regelmäßig das Fehlen des notwendigen Feststellungsinteresses. Die in einem solchen Fall nur ausnahmsweise vorliegenden Voraussetzungen für die Bejahung eines Feststellungsinteresses (dazu näher 10 Ob 62/11g) sind hier nicht zu erkennen.
4. Das dritte Eventualbegehren entspricht dem ursprünglichen auf Unterlassung der Nutzung des (gesamten) GST‑NR 366/9 und Wiederherstellung gerichteten Hauptbegehren (zum ersten Rechtsgang vgl 5 Ob 199/12v). Soweit dieses Begehren die Teilfläche F1 mitumfasst, kommt eine Wiederherstellung mangels Inanspruchnahme nicht in Frage und ein Unterlassungsanspruch ist aus den zu Punkt 2. genannten Gründen nicht berechtigt. Im übrigen Umfang muss das dritte Eventualbegehren im Hinblick auf den aufrechten Enteignungsbescheid (vgl RIS‑Justiz RS0010835; Würth in Rummel 3, § 1112 ABGB Rz 6; Riss in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 1112 Rz 4) und den ‑ im Revisionsverfahren nicht mehr in Frage gestellten ‑ Erlag der Entschädigung (RIS‑Justiz RS0037821) erfolglos bleiben.
5. Die eingangs wiedergegebenen, vom Kläger für erheblich erachteten Rechtsfragen stellen sich aus den zuvor genannten Gründen nicht. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision somit unzulässig und zurückzuweisen.
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