OGH 5Ob139/16a

OGH5Ob139/16a25.8.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin B***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Stephan Verweijen, öffentlicher Notar in Wien, wegen Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 5. Juli 2016, AZ 17 R 77/16v, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 25. Mai 2016, TZ 4588/2016, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00139.16A.0825.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass es lautet:

„Über Antrag der B***** Gesellschaft mbH wird ob den Anteilen 69/2456 (B‑LNR 10) und 6/2456 (B‑LNR 58) der Liegenschaft EZ 1903 KG ***** die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung zugunsten von L***** S*****, geboren am *****, und R***** R*****, geboren am *****, bewilligt.

Hievon werden verständigt:

1) B***** Gesellschaft mbH, *****

2) Dr. Stephan Verweijen, öffentlicher Notar, Hamburger Straße 11/7, 1050 Wien

Das Bezirksgericht Mödling wird als Grundbuchsgericht um den Vollzug und die Verständigung der Beteiligten ersucht.“

 

Begründung:

Zugunsten der Antragstellerin ist hinsichtlich der EZ 1903 KG ***** ob der 69/2456‑Anteile (B-LNR 10) das vorläufige Wohnungseigentum an Stiege 1, Wohnung Top 9, Kellerabteil 1.9 und mit Bezug auf 6/2456‑Anteile (B-LNR 58) das vorläufige Wohnungseigentum an Stellplatz im Freien Nr 24 einverleibt.

Aufgrund der Spezialvollmacht vom 11. 2. 2014 und des Rangordnungsgesuchs vom 21. 4. 2016 begehrte die Antragstellerin gemäß § 57a GBG die Anmerkung der Rangordnung für die Veräußerung zugunsten von L***** S***** und R***** R*****.

Das Erstgericht wies das Begehren unter Verweis auf die Entscheidung 5 Ob 132/13t ab. Die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung könne nur für eine einzelne bestimmte Person und nicht für eine Personenmehrheit eingetragen werden.

Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel der Antragstellerin nicht Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, wonach der Wortlaut des § 57a GBG nur den Schluss erlaube, dass eine Anmerkung nach dieser Gesetzesstelle auf eine einzelne Person zu beschränken sei. Zwar dürften die Hälfteanteile der Eigentümerpartner gemäß § 13 WEG nicht verschieden belastet und auch nicht ohne Zustimmung des anderen veräußert werden, doch stelle die Namensrangordnung lediglich eine Alternative zur weiterhin möglichen konventionellen Rangordnung dar. Auch könne eine Rangordnung nach § 57a Abs 1 GBG zugunsten eines Rechtsanwalts oder Notars als Treuhänder ausgestellt werden, sodass die von der Rekurswerberin geltend gemachte Schlechterstellung von Eigentümerpartnern nicht vorliege. Allein der Umstand, dass nicht sämtliche Alternativen der Anmerkung der Rangordnung für eine beabsichtigte Veräußerung oder Verpfändung zur Verfügung stünden, lasse eine Gesetzesbestimmung noch nicht unsachlich erscheinen.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil zu der von ihm vorgenommenen Auslegung des § 57a GBG keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist auch berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, dass die Revisionswerberin zu Recht geltend macht, dass sich der Oberste Gerichtshof in den vom Rekursgericht in der Begründung seines Beschlusses angeführten Entscheidungen mit der dem Verfahren zugrundeliegenden Rechtsfrage nicht auseinandersetzte:

In der Entscheidung 5 Ob 144/13g sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass die Rangordnungserklärung nach § 57a GBG gemäß § 27 Abs 2 GBG das Geburtsdatum derjenigen natürlichen Person enthalten muss, zu deren Gunsten als Treuhänder die bücherliche Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung oder Verpfändung erfolgen solle; zu 5 Ob 217/15w (= RIS‑Justiz RS0130594) war Gegenstand der Entscheidung die Möglichkeit zur vorzeitigen Löschung einer Namensrangordnung. Im Verfahren zu 5 Ob 132/13t wies der Oberste Gerichtshof den Revisionsrekurs der dortigen Antragstellerin ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit der hier maßgeblichen Frage zurück. Daraus lässt sich entgegen der Ansicht des Rekursgerichts kein Rückschluss auf die von ihm vertretene Rechtsansicht ziehen.

In ihrem Revisionsrekurs macht die Antragstellerin zusammengefasst geltend, aus den Regelungen über das gemeinsame Wohnungseigentum sei abzuleiten, dass Eigentümerpartner nach außen hin als „eine Person“ auftreten, weswegen zur Begründung einer solchen Eigentumspartnerschaft die Namensrangordnung gemäß § 57a GBG für beide Partner zur Verfügung stehen müsse.

Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Die §§ 53 ff GBG enthalten die Regelungen über die Anmerkung der Rangordnung für eine beabsichtigte Veräußerung oder Verpfändung. Die Anmerkung der Rangordnung für eine

beabsichtigte Veräußerung dient der Vorbereitung des Verkaufs einer Liegenschaft und bezweckt die vorläufige Absicherung eines bücherlichen Rangs, um später in diesem Rang grundbücherliche Eintragungen vornehmen zu können. Sie gibt daher eine Anwartschaft auf einen bestimmten Rang für eine später vorzunehmende bücherliche Eintragung (Mahrer in Kodek, Grundbuchsrecht § 53 GBG Rz 1, 2 mwN; Rassi, Grundbuchsrecht² Rz 173). Anmerkungen nach § 53 GBG konnten nach der Rechtsprechung auch zugunsten einer bestimmten Person bewilligt werden (Name des berechtigten Gläubigers: 5 Ob 34/95; siehe auch Mahrer aaO Rz 5 mwN).

2.1 Mit dem durch die Grundbuchs-Novelle 2012 (BGBl I 2012/30) eingefügten § 57a GBG hat der Gesetzgeber die Anmerkung der Rangordnung zugunsten einer bestimmten Person als Berechtigte (

Namensrangordnung) gesetzlich verankert und die Möglichkeit einer Rangordnung zugunsten eines Treuhänders (Treuhänderrangordnung) eingeführt.

2.2 Nach § 57a Abs 1 GBG kann der Eigentümer die Anmerkung der beabsichtigten Veräußerung oder Verpfändung an eine bestimmte Person verlangen. In diesem Fall sind die §§ 53, 55, 56 und 57 GBG mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Ausfertigung des die Anmerkung bewilligenden Beschlusses für die Eintragung des Rechts oder der Löschung, für die die Rangordnung angemerkt worden ist, nicht vorgelegt werden muss. Die Rangordnung nach § 57a Abs 1 GBG entspricht ihrem Zweck nach der Anmerkung gemäß § 53 GBG.

2.3 Eine Rangordnung nach § 57a Abs 1 GBG kann auch zugunsten eines Rechtsanwalts oder Notars als Treuhänder ausgestellt werden. In diesem Fall kann der Treuhänder die Ausnutzung der Rangordnung zugunsten einer von ihm vertretenen Person ohne Nachweis einer Zustimmung der Übertragung nach § 57a Abs 3 GBG beantragen (§ 57a Ab

s 4 GBG).

2.4 Mit der Einführung der Namens‑ und Treuhänderrangordnung durch die Grundbuchs-Novelle 2012 verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, die Einsatzmöglichkeiten der IT im Grundbuchsverfahren auszuweiten. Die Erledigung in Papierform und die Pflicht zur Wiedervorlage des Rangordnungsbeschlusses bei Ausnützung in Papierform sollte zurückgedrängt werden (ErläutRV 1675 BlgNR 24. GP  1; Bittner, Reformvorhaben Namens- und Treuhänderrangordnung – neuerlich reformbedürftig?, NZ 2014/71, 199). Zur Namensrangordnung halten die Erläuterungen (ErläutRV 1675 BlgNR 24. GP  4 f) weiter fest, dass dadurch „die Regelungen über die Anmerkung der Rangordnung (§§ 53–57) um eine Bestimmung ergänzt werden, die – ähnlich wie § 40 Abs 2 und 4 WEG über die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum – die Anmerkung einer bestimmten Person als Berechtigte ermöglicht (

Namensrangordnung). Da diese Person dann bereits im Grundbuch eingetragen ist, soll es zur Ausnutzung der Rangordnung nicht erforderlich sein, den Rangordnungsbeschluss vorzulegen“.

3.1 Der Ansicht des Rekursgerichts, dass damit gegenüber der Anmerkung nach § 53 GBG die Anzahl der Berechtigten einer Namensrangordnung auf je eine Person beschränkt sein sollte, vermag der Senat nicht zu folgen:

3.2 Dem Rekursgericht ist zwar darin zuzustimmen, dass sowohl der Gesetzeswortlaut als auch die Erläuterungen von einer bestimmten Person als Berechtigte sprechen, um die Namensrangordung zu definieren. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass eine solche Anmerkung zwingend nur für eine einzelne Person bewilligt werden könnte. Bereits der Verweis in den Materialien auf § 40 Abs 2 und 4 WEG macht deutlich, dass die Wendung „an eine bestimmte Person“ nicht eine zahlenmäßige Beschränkung, sondern in Ergänzung zu § 53 GBG die Individualisierung durch namentliche Anführung des Berechtigten meint, dessen bücherlicher Rang für eine spätere Eintragung abgesichert werden soll.

3.3 Die in den Erläuterungen angesprochene Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG bekundet die Tatsache, dass einer bestimmten Person die Einräumung von Wohnungseigentum an einem bestimmten Objekt zugesagt wurde (5 Ob 239/11z mwN; 5 Ob 6/16t mwN; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht23 § 40 WEG Rz 3). Sie bezweckt die (frühzeitige) grundbücherliche Sicherung des Wohnungseigentumsbewerbers, besonders die Sicherung seines Ranges zum Schutz gegen nachfolgende Veräußerung oder Belastung, also gegen jede nachrangige vereinbarungswidrige Vorgangsweise des mit der Anmerkung Belasteten. Zur Umsetzung des Rangprinzips kann die Löschung sämtlicher nicht nach § 40 Abs 4 Z 13 WEG 2002 ausgenommener Eintragungen begehrt werden. Der durch die Anmerkung Gesicherte soll durch die Löschung der Zwischeneintragungen so gestellt werden, als ob sein Recht schon im Zeitpunkt der Anmerkung einverleibt worden wäre (RIS‑Justiz RS0113522 [T6]; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht3 § 40 WEG Rz 27; Gartner in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht2 § 40 WEG Rz 15). Dieser Schutz des Wohnungseigentumsbewerbers schafft ein der Rangordnung nach § 53 GBG vergleichbares Anwartschaftsrecht (vgl Mahrer aaO § 53 GBG Rz 27).

3.4 Auch der Gesetzgeber des WEG 2002 hat sich bei der Fassung des § 40 Abs 2 WEG der Methode bedient, vom Wohnungseigentumsbewerber als einer bestimmten Person zu sprechen, um in Umsetzung des Rangprinzips den angestrebten Schutzzweck festzuschreiben. Die Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum dient dem Schutz des Erwerbs eines Mindestanteils, mit dem Wohnungseigentum verbunden werden soll, in einem bestimmten Rang und steht selbstverständlich auch dann zur Verfügung, wenn die Zusage die Begründung von Wohnungseigentum durch Eigentümerpartner betrifft.

3.5 Der Hinweis auf § 40 Abs 2 WEG in den Erläuterungen zur Grundbuchs‑Novelle 2012 macht damit deutlich, dass die Verwendung des Singulars in Bezug auf die Namensrangordnung nach § 57a GBG nicht als Einschränkung auf eine einzelne Person, sondern als Betonung der Individualisierung durch namentliche Anführung des Berechtigten an einem bestimmten bücherlichen Rang verstanden werden muss. Maßgeblich, ob eine solche Anmerkung für mehr als eine Person zulässig ist, ist daher primär, dass das Gesetz die Ausnützung eines bestimmten Rangs durch mehr als eine Person gestattet.

4.1 Die

Eigentümerpartnerschaft ist die Rechtsgemeinschaft zweier natürlicher Personen, die gemeinsam Wohnungseigentümer eines Wohnungseigentumsobjekts sind (§ 2 Abs 10 WEG). Zu ihrer Begründung müssen die Partner Eigentümer je eines halben Mindestanteils („Anteil am Mindestanteil“) sein (§ 13 Abs 2 WEG). Die Anteile sind zu verbinden und haben zwingend ein gleiches rechtliches Schicksal (

5 Ob 282/08v = RIS‑Justiz RS0011317 [T1]; vgl auch Gantner‑Doshi in Hausmann/Vonkilch aaO § 13 WEG Rz 10). Die Anteile am Mindestanteil der Eigentümerpartner können daher nur im selben Rang einverleibt werden.

4.2 Zugunsten der Antragstellerin ist an der Liegenschaft vorläufiges Wohnungseigentum begründet (vgl dazu § 45 WEG). Sie begehrt nach § 57a GBG die Bewilligung der Anmerkung der beabsichtigten Veräußerung zugunsten von zwei natürlichen Personen (Miteigentumsbewerber: § 2 Abs 6 WEG). Damit bezweckt ihr Antrag die bücherliche Absicherung eines bestimmten Rangs, um später in diesem Rang gemeinsames Wohnungseigentum zu begründen. Die Ausnützung des Rangs zugunsten von zwei natürlichen Personen zur Begründung von gemeinsamen Wohnungseigentum entspricht den Bestimmungen des WEG, sodass der begehrten Namensrangordnung gemäß § 57a GBG kein gesetzliches Hindernis entgegen steht. Die Anmerkung nach dieser Gesetzesstelle ergänzt die Bestimmungen der §§ 53 bis 57 GBG und dient daher als (zusätzliche) Alternative zur Rangordnung nach § 53 bzw der Treuhänderrangordnung nach § 57a Abs 4 GBG der Absicherung eines bestimmten bücherlichen Rangs. Ein Abweisungsgrund kann daraus nicht abgeleitet werden.

5. Dem Revisionsrekurs ist damit Folge zu geben und das Gesuch um Anmerkung der beabsichtigten Veräußerung zu bewilligen. Entsprechend den oben wiedergegebenen Wirkungen einer Namensrangordnung fehlt in § 57a GBG ein Verweis auf die Anwendung des § 54 GBG. Damit kommt das Gebot der einfachen Ausfertigung des Rangordnungsbeschlusses hier nicht zum Tragen, das sonst der Bewilligung des Gesuchs um eine Rangordnung durch das Rechtsmittelgericht entgegensteht (vgl RIS‑Justiz RS0060845).

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