Spruch:
Anfechtung eines Gebrauchtwagenkaufs wegen Irrtums über die Verkehrstüchtigkeit des gekauften Fahrzeuges
Kann ein Vertragspartner nach der Verkehrsauffassung mit dem Vorhandensein bestimmter, den Geschäftsinhalt betreffender Umstände rechnen, solange ihm der andere nicht das Gegenteil mitteilt, dann begrundet schon das Unterlassen einer solchen Mitteilung ein "Veranlassen" des Irrtums im Sinne des § 871 ABGB
Die Anfechtung eines Vertrages wegen arglistiger Irreführung schließt die Irrtumsanfechtung ein
OGH 5. September 1973, 5 Ob 128/73 (OLG Linz 4 R 22/73; LG Linz 4 Cg 310/71)
Text
Am 5. November 1968 kaufte der Kläger vom Beklagten einen gebrauchten PKW Opel-Rekord, "im Zustand wie besichtigt und probegefahren", zum Preis von 22.700 S im baren und gegen Hingabe eines anderen gebrauchten PKW Opel-Rekord, Baujahr 1956. Der Käufer verzichtete ausdrücklich auf Gewährleistung, beide Vertragspartner verzichteten auf eine Anfechtung des Vertrages wegen Verletzung über die Hälfte.
Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 25.700 S samt 4% Zinsen seit 6. November 1968 Zug um Zug gegen Rückgabe des am 5. November 1968 gekauften PKW mit der Behauptung, daß anläßlich einer Auspuffreparatur dieses Fahrzeuges unbehebbare und die Verkehrssicherheit aufhebende Rostschäden an der Bodenplatte und anderen Karosserieteilen hervorgekommen seien, die beim Vertragsabschluß nicht bemerkt hätten werden können, weil das Fahrzeug zuvor neu lackiert und der Boden gestrichen worden sei. Damit habe sich die Zusage des Beklagten, daß das Fahrzeug ordnungsgemäß instand gehalten und nur zirka 40.000 km gefahren sei, als unrichtig herausgestellt. Wegen Wegfalles der wesentlichen Voraussetzungen des Kaufvertrages und Arglist des Verkäufers, der die Kfz-Papiere dem Kläger erst nach Abschluß des Kaufvertrages übergeben habe, sowie wegen Verletzung über die Hälfte verlange der Kläger die Aufhebung des Kaufvertrages, doch sei der Beklagte dazu nicht bereit.
Der Beklagte wendete ein, daß das Fahrzeug erst im August 1968 typisiert und als verkehrstüchtig erkannt, daß es seither nicht benützt worden sei und bis zum Verkauf keine Änderung erfahren habe. Der Beklagte habe hinsichtlich des Zustandes des Fahrzeuges und des Kilometerstandes keine Zusage gemacht, vielmehr habe der Kläger ausdrücklich auf Gewährleistung und Anfechtung des Kaufvertrages wegen Verletzung über die Hälfte verzichtet. Außerdem habe der Kläger den gekauften PKW bei einem Unfall beschädigt.
Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, dem Kläger 22.700 S samt 4% Zinsen seit 6. August 1968 zu bezahlen sowie den PKW Opel-Rekord, Baujahr 1956, Zug um Zug gegen Rückgabe des näher bezeichneten, am 5. November 1968 gekauften PKW Opel-Rekord herauszugeben. Das Mehrbegehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, einen weiteren Betrag von 3000 S samt Anhang zu bezahlen, wurde abgewiesen. Während der Kläger dieses Urteil unangefochten ließ, erhob der Beklagte mit Erfolg dagegen Berufung; das Urteil wurde in seinem stattgebenden Teil und im Ausspruch über die Prozeßkosten vom Berufungsgericht aufgehoben die Rechtssache wurde unter Rechtskraftvorbehalt in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Dem vom Kläger gegen diesen Aufhebungsbeschluß erhobenen Rekurs blieb der Erfolg versagt (5 Ob 226/71).
Im zweiten Rechtsgang behauptete der Kläger zusätzlich, den Beklagten vor Klagseinbringung "zur Ordnung der Angelegenheit aufgefordert zu haben, doch habe der Beklagte darauf nicht reagiert. Der Kläger sei mit dem Fahrzeug nur 3098 km gefahren, er habe es nicht beschädigt. Dagegen behauptete der Beklagte, niemals zur Behebung der festgestellten Schäden am Kaufgegenstand aufgefordert worden zu sein.
Das Erstgericht wies hierauf das (restliche) Klagebegehren ab. Es stützte sich im wesentlichen auf folgende Feststellungen: Das vom Beklagten dem Kläger verkaufte Fahrzeug wurde im Jahr 1964 erzeugt und als Gebrauchtwagen nach Österreich eingeführt. Hier wurde es über Antrag des Franz L vom 27. August 1968 nach Überprüfung durch einen Sachverständigen der oö. Landesregierung, der keine die Verkehrssicherheit berührenden Mängel, jedoch Rostschäden an den Kotflügeln und teilweise an den Seitenholmen feststellte, typisiert. In der Folge erwarb der Beklagte das Fahrzeug von Franz L und verkaufte es im gleichen Zustand an den Kläger. Bei den diesem Verkauf vorausgehenden Gesprächen wurde dem Kläger wahrheitsgemäß das Baujahr und die Tatsache seiner Überprüfung durch die oö. Landesregierung mitgeteilt. Besondere Eigenschaften des Wagens wurden jedoch nicht zugesichert; der Beklagte erklärte lediglich, daß der Wagen in einem ordentlichen Zustand sei. Die Frage des Klägers nach dem Vorbesitzer konnte der Beklagte nicht beantworten, da er nur den Zulassungsschein mit dem Prüfungsbericht der oö. Landesregierung vom 30. August 1968 besaß. Dem Kilometerstand wurde keine besondere Bedeutung beigemessen. Vor und nach Unterzeichnung des Kaufvertrages besichtigte der Kläger den Wagen, er unternahm auch Probefahrten, die zu seiner Zufriedenheit ausfielen. Nach Übernahme des Wagens fuhr der Kläger damit unfallfrei etwa 2000 km. Im Feber 1969 wurde der Wagen wegen einer Auspuffreparatur in eine Werkstätte gebracht; dort wunden Rostschäden festgestellt. Seither wurde der Wagen nicht mehr benützt. Mit Schreiben vom 19. März 1969 forderte der Kläger den Beklagten auf, den Kaufvertrag rückgängig zu machen oder den Schaden zu vergüten. Zugleich drohte er mit einer Betrugsanzeige, da die Rostschäden am Fahrzeug mit einer Plastikfarbe überdeckt worden seien. Der Beklagte reagierte auf diese Aufforderung nicht. Im Zuge des Rechtsstreites wurde der Wagen am 15. April 1970 vom Sachverständigen Dipl.-Ing. K untersucht. Auf Grund des Gutachtens dieses Sachverständigen stellte das Erstgericht fest, daß der Wagen zwar äußerlich in sehr gutem Zustand, jedoch wegen des Ausbaues der Hinterachse nicht fahrbereit ist. Der Wagen ist zur Gänze nachlackiert, an der Unterseite der Bodenplatte wurde auf einer vollständig verrosteten Oberfläche ein nicht üblicher dunkler Farbanstrich aufgespritzt. Die Verrostung der Bodenplatte ist bis zum vollständigen Materialzerfall fortgeschritten, die Bodenplatte weist zahlreiche Rostlöcher auf, die Befestigung der Hinterfederböcke an der Bodenplatte ist deshalb nicht mehr möglich. Es ist auszuschließen, daß die Verrostung erst in der Zeit nach dem 5. November 1968 eingetreten ist, vielmehr muß angenommen werden, daß der Unterbodenanstrich die Verrostungserscheinungen überdecken und die Nachlackierung das äußere Erscheinungsbild des Fahrzeuges heben sollte. Der Unterbodenanstrich vermochte auch bei der Überprüfung des Fahrzeuges anläßlich seiner Typisierung über den tatsächlichen Zustand des Wagens hinwegzutäuschen. Die Vorderachse trägt eine unzulässige Blechmanschette, der Zeitpunkt ihrer Anbringung ist nicht mehr feststellbar. Das Fahrzeug ist wegen des schlechten Zustandes seiner Karosserie nicht als verkehrs- und betriebssicher und nur mehr als Wrack zu bezeichnen, das am 5. November 1968 einen Wert von nur 10.000 S hatte, während der Zeitwert des Fahrzeuges, wenn dieses nur die bei der Typisierung festgestellten Mängel aufgewiesen hätte, 25.000 bis 26.000 S betrug. Eine Reparatur der Bodenplatte ist nicht mehr möglich; um das Fahrzeug verkehrs- und betriebssicher zu machen, müßte die Karosserie samt Bodenplatte ausgewechselt werden, was Arbeiten in der Dauer von zwei Wochen und einen Kostenaufwand von 20.000 S erfordern würde.
Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht rechtlich dahin, daß eine Anfechtung des Kaufvertrages wegen Verletzung über die Hälfte ausgeschlossen sei, weil der Kauf auf der Seite des Beklagten ein Handelsgeschäft gewesen sei. Bei dem schon zur Zeit des Vertragsabschlusses vorhandenen Rostschaden am Fahrzeug handle es sich um einen verborgenen Mangel, den der Kläger jedoch wegen seines Gewährleistungsverzichtes nicht geltend machen könne. Die Vereinbarung dieses Verzichtes widerspreche nicht den guten Sitten, weil die Vertragspartner in der Branche versierte Kaufleute seien und kein Grund zur Annahme bestehe, daß die Mängel vom Beklagten arglistig verschwiegen wurden oder der Beklagte ausdrücklich oder konkludent über den Zustand des Fahrzeuges bestimmte unrichtige Zusagen gemacht habe. Unter diesen Umständen sei es entbehrlich zu prüfen, ob der vorliegende behebbare Mangel wegen des erforderlichen großen Aufwandes zu seiner Behebung als unbehebbar anzusehen sei bzw. ob die Mängelbehebung eine dem Kläger unzumutbare Zeit in Anspruch genommen hätte sowie ob der Beklagte die Behebung trotz Aufforderung durch den Kläger ablehnte.
Über Berufung des Klägers änderte das Berufungsgericht dieses Urteil ab. Der Beklagte wurde - ohne Berücksichtigung des mit rechtskräftigem Teilurteil abgewiesenen Teilbetrages von 3000 S samt Anhang - mit Endurteil schuldig erkannt, dem Kläger einen Betrag von 22.700 S samt 4% Zinsen seit 6. November 1968 Zug um Zug gegen Rückgabe des näher bezeichneten, am 5. November 1968 dem Kläger verkauften PKW zu bezahlen.
Das Berufungsgericht billigte ausdrücklich die vom Kläger bekämpften Feststellungen dies Erstrichters, es hielt jedoch die Rechtsrüge des Berufungswerbers für begrundet:
Die Kaufvertragsklausel "wie besichtigt und probegefahren" bedeute, daß der Kläger erkennbare Mängel nachträglich nicht mehr rügen könne; für verborgene Mängel bleibe die Haftung des Verkäufers aber bestehen. Wegen des Unterbodenanstrichs des Wagens und weil das äußere Erscheinungsbild des Wagens für seinen einwandfreien Zustand gesprochen habe, seien die bei der üblichen Besichtigung nicht bemerkbaren Verrostungserscheinungen ein geheimer Mangel genesen. Da auch der Beklagte erklärt habe, daß der Wagen in ordentlichem Zustand sei, hätte der Kläger den Kaufgegenstand nicht auf verborgene Mängel untersuchen müssen. Der Verzicht des Klägers auf die Gewährleistungsansprüche sei an sich zulässig und widerspreche nicht den guten Sitten. Der Verkäufer hafte aber ungeachtet des Verzichtes des Käufers auf Gewährleistung, wenn er bestimmte Eigenschaften der Sache, auf die sich der Käufer verlassen durfte, ausdrücklich oder konkludent zusagte oder nenn er Mängel arglistig verschwieg. Da nun das dem Kläger verkaufte Fahrzeug seinem äußeren Erscheinungsbild nach in einem ordentlichen und verkehrstüchtigen Zustand erschien, dem Kläger überdies wahrheitsgemäß mitgeteilt wurde, daß das Fahrzeug von der Kraftfahrzeugprüfstelle der oö. Landesregierung überprüft worden war und der Beklagte dem Kläger ausdrücklich erklärte, daß das Fahrzeug in einem ordentlichen Zustand sei, habe der Kläger diese Erklärung nach der Sachlage nur dahin verstehen können, daß das Fahrzeug nicht mit wesentlichen Mängeln behaftet sei, die seinen ordentlichen Gebrauch hindern und deren Beseitigung einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordere. Es sei damit dem Kläger zumindest konkludent die Freiheit von derartigen Mängeln zugesagt worden. Für diese Zusage habe der Beklagte einzustehen, obwohl sie nicht schriftlich erteilt wurde und im Kaufvertrag die Schriftlichkeit für Nebenabreden und das Kaufobjekt betreffende Zusicherungen vereinbart worden sei, weil zwischen den Parteien unmittelbar mündlich getroffene Vereinbarungen trotz einer derartigen Klausel wirksam seien. Die vom Erstgericht festgestellten Verrostungsschäden des verkauften Kraftfahrzeuges seien wesentliche, den ordentlichen Gebrauch der Sache hindernde Mängel. Allerdings seien diese Mängel behebbar, obwohl der dazu notwendige Aufwand unwirtschaftlich wäre. Auch ein behebbarer Mangel sei jedoch als Grund für die Vertragsaufhebung anzusehen, wenn der Veräußerer den Mangel trotz Aufforderung nicht behebe. Da sich der Kläger innerhalb der Gewährleistungsfrist beim Beklagten über die vorhandenen, jedoch überstrichenen Roststellen beschwerte, müsse das dem Beklagten zugekommene Schreiben als Mängelrüge erkannt wenden, die der Beklagte nach Treu und Glauben auch als Aufforderung zur Behebung des Mangels verstehen hätte müssen. Der Beklagte habe auf die Mängelrüge des Klägers aber nicht reagiert, weshalb sein Verhalten als Ablehnung einer verhängten Behebung des gerügten Mangels gewertet werden müsse. Der Kläger habe seinen Wandlungsanspruch auch nicht deshalb verloren, weil er etwa das gekaufte Kraftfahrzeug schuldhaft in einem solchen Ausmaß beschädigte, daß dem Verkäufer die Rücknahme nicht zugemutet werden könne. Der Beklagte könne sich jedenfalls nicht beschwert erachten, wenn er ein Wrack zurückerhalte, weil er bereits ein Wrack dem Kläger übergeben habe. Demgegenüber fielen die inzwischen notwendig gewordene Auspuffreparatur und der Umstand, daß jetzt die Hinterachse ausgebaut sei, nicht ins Gewicht. Deshalb könne der Kläger aus dem Titel der Gewährleistung die Wandelung verlangen.
Abgesehen davon sei die Vertragsaufhebung auch wegen Irrtums berechtigt. Der Kläger habe ausdrücklich geltend gemacht, daß der Kaufvertrag nur unter der Voraussetzung zustande gekommen sei, daß ihm ein ordnungsgemäß benützbares Fahrzeug verkauft werde. Tatsächlich seien die vorhandenen Rostschäden so geschickt getarnt gewesen, daß sie nicht erkennbar waren. Damit habe der Kläger behauptet, daß er durch List über eine wesentliche Beschaffenheit des Kaufgegenstandes in Irrtum geführt worden sei. Es sei nun allerdings nicht hervorgekommen, daß der Beklagte im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die vorhandenen Schäden kannte, so daß Arglist des Beklagten nicht angenommen werden könne. Das Vorbringen des Klägers impliziere aber auch die Behauptung eines Geschäftsirrtums nach § 871 ABGB. Ein solcher Irrtum des Klägers über eine wesentliche Beschaffenheit des Kaufgegenstandes, nämlich seine Freiheit von erheblichen Mängeln, habe bei Vertragsabschluß vorgelegen. Dieser Irrtum sei durch das Verhalten das Beklagten und seiner Leute veranlaßt worden. Der Kläger sei daher zur Rückforderung des Geleisteten Zug um Zug gegen Rückgabe des Erhaltenen berechtigt. Da dem Beklagten die Rücknahme des verkauften Wagens zugemutet werden könne, sei der Klage stattzugeben.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Auszugehen ist einerseits von der Feststellung, daß der Beklagte dem Kläger vor Kaufabschluß ohne bestimmte weitere Zusagen erklärte, der spätere Kaufgegenstand sei in einem ordentlichen Zustand, welchen Eindruck der Kläger auch durch das äußere Erscheinungsbild des Kraftfahrzeuges gewinnen konnte. Anderseits ist die Feststellung entscheidungswesentlich, daß dieses Fahrzeug bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine so weitgehend verrostete Karosserie-Bodenplatte besaß, daß seine Betriebs- und Verkehrssicherheit nicht gewährleistet war. Darauf, daß dieser Zustand dem Beklagten selbst unbekannt war, kommt es nicht an.
Gemäß § 871 ABGB entsteht für denjenigen Vertragspartner keine Verbindlichkeit, der über den Inhalt der abgegebenen Erklärung in einem Irrtum befangen war, der die Hauptsache oder eine wesentliche Beschaffenheit derselben betrifft, worauf die Absicht vorzüglich gerichtet und erklärt wurde, wenn der Irrtum durch den anderen Vertragspartner veranlaßt war (SZ 39/131). Wie das Berufungsgericht durchaus richtig erkannte, kann der Irrtum nicht von Amts wegen berücksichtigt werden, sondern muß eingewendet werden (EvBl. 1958/160). In der Anfechtung wegen Arglist, die der Kläger tatsächlich schon in 1. Instanz geltend machte, ist jedoch, wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, die wegen Irrtums (als das kleinere) eingeschlossen (Rspr. 1932/309, SZ 27/63). Es kann nun nicht zweifelhaft sein, daß der Käufer eines Gebrauchtwagens - nicht etwa eines zur Ausschlachtung bestimmten Autowracks - ein verkehrstüchtiges Fahrzeug erwerben will, daß also seine Absicht vorzüglich darauf gerichtet und - wenn diese Absicht dem Verkäufer etwa durch die Vereinbarung einer Probefahrt erkennbar sein muß - auch als stillschweigend erklärt anzusehen ist. Da das vom Kläger erworbene Fahrzeug aber tatsächlich im Zeitpunkt des Kaufvertrages bereits nicht mehr verkehrstüchtig, sondern infolge seiner verrosteten Karosserie nur mehr als Wrack anzusprechen war, befand sich der Kläger bei der Abgabe seiner Erklärung, dieses Fahrzeug nach Durchführung einer Probefahrt kaufen zu wollen, in einem die Hauptsache betreffenden Irrtum, worauf die Absicht vorzüglich gerichtet und erklärt war. Daß die Probefahrt zur Zufriedenheit des Klägers ausfiel spielt keine Rolle, da wie festgestellt, die Betriebs- und Verkehrssicherheit des Fahrzeuges bereits damals nicht mehr gegeben war. Der Vertrag ist daher wegen Irrtums anfechtbar, wenn dieser Irrtum des Klägers vom Beklagten veranlaßt wurde.
Nach Lehre und Rechtsprechung ist eine "Veranlassung" im Sinne des § 871 ABGB dann gegeben, wenn der Irrtum durch irgendein Verhalten des Geschäftspartners verursacht wunde. Durch die dritte Teilnovelle wurde der ursprüngliche Text des § 871 ABGB ( ..... wenn ein Teil von dem anderen durch falsche Angaben irregeführt wurde") abgeändert und damit jeder Hinweis auf ein subjektives Moment im Verhalten des Geschäftspartners bewußt unterdrückt. Nunmehr wird weder absichtliche noch fahrlässige Irreführung gefordert (vgl. Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 128). Ein Verschulden des Geschäftspartners am Zustandekommen des Irrtums ist also nicht mehr Voraussetzung der Irrtumsanfechtung. Kann ein Kontrahent nach der Verkehrsauffassung auf das Vorhandensein gewisser den Geschäftsinhalt betreffender Umstände rechnen, solange ihm nicht das Gegenteil vom anderen Vertragsteil mitgeteilt wird, so begrundet schon die Unterlassung dieser Mitteilung eine Veranlassung des Irrtums (SZ 28/103, JBl. 1954, 335, EvBl. 1971/1 17). Da nun das Gesamtverhalten des Beklagten und seiner Leute, die dem Kläger einen äußerlich in einwandfreiem Zustand befindlichen Kraftwagen zum Kauf anboten, in Verbindung mit der Erklärung des Beklagten, daß der Wagen in einem ordentlichen Zustand sei, den Irrtum des Klägers über den wahren Zustand des Fahrzeuges verursachte, und es - wie schon ausgesprochen wurde - dem Käufer nicht zur Pflicht gemacht werden kann, Zusagen des Verkäufers dahin zu überprüfen, ob er nicht doch getäuscht wurde (DREvBl. 1938/303), ist der Kläger berechtigt, den Kaufvertrag vom 5. November 1968 wegen Irrtums anzufechten, ohne daß zu prüfen war, ob Gewährleistungsansprüche des Klägers gegeben sind. Der dem Kläger gemäß § 877 ABGB obliegenden Verpflichtung zur Rückstellung des Kaufgegenstandes ist durch die Verurteilung des Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Kraftwagens Genüge getan. Auf weitere Ansprüche des Verkäufers wegen der zwischenzeitigen Benützung des Fahrzeuges durch den Kläger ist in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht einzugehen, weil solche Ansprüche in erster Instanz nicht erhoben wurden. Daß der Kraftwagen heute nicht mehr in dem gleichen Zustand ist, in dem er dem Kläger seinerzeit übergeben wurde, kann gleichfalls hier nicht berücksichtigt werden, zumal das Argument des Berufungsgerichtes, daß sich der Beklagte nicht beschweren könne, ein Wrack zurückzuerhalten, weil er dem Kläger ein Wrack übergeben habe, durchaus überzeugend erscheint.
Im Hinblick auf die erfolgreiche Anfechtung des Kaufvertrages durch den Kläger ist dieser auch berechtigt, den Kaufpreis vom Beklagten zurückzuverlangen. Dies ergibt sich mittelbar aus § 877 ABGB ( ... dagegen auch ..."), überdies aber auch aus §§ 1431, 1435 und 1487 ABGB, (vgl. Gschnitzer in Klang IV/1, 156).
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