Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung über den Rekurs der Antragsteller gegen den Sachbeschluß des Erstgerichtes vom 4.3.1997 (ON 23) unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Antragsteller haben die für ihren Revisionsrekurs verzeichneten Kosten selbst zu tragen.
Text
Begründung
Zur Erzwingung von Erhaltungsarbeiten, die den Antragsgegnern in einem gemäß § 37 Abs 1 Z 2 MRG iVm § 39 MRG bei der Schlichtungsstelle des Magistratischen Bezirksamtes für den 3. Wiener Gemeindebezirk durchgeführten Verfahren aufgetragen worden waren, hat die genannte Behörde am 9.4.1996 gemäß § 6 Abs 2 MRG einen Verwalter für das Haus H***** bestellt. Diese Entscheidung ist durch die fristgerechte Anrufung des Gerichtes seitens der Antragsgegner außer Kraft getreten.
Im Verfahren vor dem Erstgericht war vor allem die Frage strittig, ob die Bestellung eines Verwalters überhaupt noch notwendig ist, nachdem die Antragsgegner geltend gemacht hatten, bereits Professionisten mit der Durchführung der Erhaltungsarbeiten beauftragt zu haben. Das Erstgericht entschied schließlich mit Sachbeschluß vom 5.3.1997, daß der Antrag, einen Verwalter zu bestellen, abgewiesen wird (gleichzeitig stellte es "das Verfahren auf Zwangsverwaltung" ein).
Der Sachbeschluß wurde dem (damaligen) Vertreter der Antragsteller am 22.4.1997 zugestellt. Ihren am 15.5.1997 zur Post gegebenen Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung hat das Rekursgericht aus folgenden Gründen als verspätet zurückgewiesen:
Gemäß § 6 Abs 2 vorletzter Satz MRG entscheide "über den Exekutionsantrag das in § 37 Abs 1 bestimmte Bezirksgericht im Verfahren außer Streitsachen, es sei denn, daß für das Haus bereits eine Zwangsverwaltung nach den §§ 97 ff der EO anhängig ist".
Mit dieser Bestimmung werde nicht nur die Zuständigkeit, sondern auch die Verfahrensart ("Verfahren außer Streitsachen") geregelt. Die Exekutionsordnung sei daher nur so weit anzuwenden, als auf sie in § 6 Abs 2 MRG ausdrücklich verwiesen wird (§§ 98, 99, 103, 108 bis 121, 130, 132 EO). Während die Zwangsverwaltung nach den §§ 97 ff EO zur Hereinbringung von Geldforderungen bewilligt werden kann, verfolge die Zwangsverwaltung nach § 6 Abs 2 MRG ein anderes Ziel, nämlich die Durchführung von Erhaltungs- und/oder Verbesserungsarbeiten. Dementsprechend würden einem Zwangsverwalter in § 6 Abs 2 MRG zusätzliche Befugnisse eingeräumt und in § 6 Abs 3 MRG besondere Einstellungsgründe normiert.
Unter der Verweisung in § 6 Abs 2 vorletzter Satz MRG in das "Verfahren außer Streitsachen" sei sinnvollerweise das besondere Außerstreitverfahren gemäß § 37 Abs 3 MRG zu verstehen (MietSlg 41.199), wobei die Besonderheiten, die sich aus der Tatsache ergeben, daß ein Zwangsvollstreckungsverfahren zu führen ist, und die Besonderheiten, die in § 6 Abs 2 und 3 MRG geregelt sind, zu berücksichtigen seien.
Daß ein Zwangsvollstreckungsverfahren zu führen ist, gebe der Gesetzgeber auch durch seine Diktion in § 6 Abs 2 MRG zu erkennen:
"Exekutionstitel" ... "betreibende Partei" ... "Exekutionsantrag".
Das Verfahren über die Bestellung eines Zwangsverwalters sei nach der nun eindeutigen Rechtsprechung des OGH zweiseitig (WoBl 1997, 189/62 [zust Würth]; Würth/Zingher Miet- und WohnR20 Rz 8 zu § 6 MRG).
Dennoch sei noch nichts darüber gesagt, ob über einen Exekutionsantrag gem § 6 Abs 2 MRG mit Beschluß oder Sachbeschluß zu entscheiden ist. Entgegen der Ansicht des OGH vertrete das Rekursgericht die Auffassung, daß die Entscheidung über einen solchen Exekutionsantrag mit Beschluß zu ergehen hat wie jede andere Exekutionsbewilligung auch. Warum dies hier anders sein soll, sei nicht einzusehen.
Der OGH ziehe allein aus der Tatsache, daß das Zwangsverwaltungsverfahren gem § 6 MRG zweiseitig im Außerstreitverfahren gem § 37 MRG abzuwickeln ist, den Schluß, daß über die Bestellung des Zwangsverwalters mit Sachbeschluß zu entscheiden sei (WoBl 1997, 189/62 mHa WoBl 1993, 81/62 = RZ 1994/36). Dies überzeuge aus folgenden Gründen nicht:
Die Tatsache, daß über einen Exekutionsantrag gemäß § 6 Abs 2 MRG im Außerstreitverfahren gemäß § 37 MRG zu entscheiden ist, besage noch nichts über die anzuwendende Entscheidungsform (Beschluß oder Sachbeschluß), weil das Außerstreitverfahren gemäß § 37 Abs 3 MRG beide Entscheidungsformen kenne.
Ebensowenig sei die Durchführung eines kontradiktorischen Verfahrens ein überzeugendes Argument für eine Entscheidung mit Sachbeschluß. Auch im Exekutionsverfahren nach der EO sei grundsätzlich selbst dann mit Beschluß zu entscheiden, wenn der Entscheidung eine mündliche Verhandlung vorauszugehen hat (das sei zB bei mehreren Beschlüssen im Zwangsversteigerungsverfahren der Fall, vgl §§ 162, 203, 209 EO).
Gemäß § 37 Abs 3 Z 15 MRG ergehe nur eine "Entscheidung in der Sache" mit Sachbeschluß, eine Entscheidungsform, welche einem Urteil im Zivilprozeß entspreche (WoBl 1994/28; Würth/Zingher, Miet- und WohnR20 Rz 39 zu § 37 MRG). Hiebei sei aber über materiell-rechtliche Ansprüche abzusprechen. Hingegen gehe es in einem Verfahren über einen Exekutionsantrag gemäß § 6 Abs 2 MRG um die zwangsweise Durchsetzung des mit rechtskräftigem Sachbeschluß zuerkannten materiell-rechtlichen Anspruchs auf Durchführung von Erhaltungsund/oder Verbesserungsarbeiten. Eine "Entscheidung in der Sache" liege somit bereits vor; hier gehe es vielmehr um deren zwangsweise Durchsetzung nach fruchtlosem Ablauf der Leistungsfrist, also nicht um einen materiell-rechtlichen Anspruch, sondern um einen Vollstreckungsanspruch (so auch ausdrücklich OGH 16.9.1997, 5 Ob 286/97p).
Das Exekutionsverfahren habe die möglichst rasche Durchsetzung eines Anspruches zum Ziel. Damit sei eine Entscheidung mit Sachbeschluß unvereinbar, komme doch einem Rekurs dagegen aufschiebende Wirkung zu und betrage die Rekursfrist 4 Wochen; zudem sei dann das Rekursverfahren zweiseitig, die Beweiswürdigung bekämpfbar und der außerordentliche Revisionsrekurs selbst bei konformen Entscheidungen möglich.
Aus den genannten Gründen sei über einen Exekutionsantrag gemäß § 6 Abs 2 MRG mit Beschluß zu entscheiden. Für Rekurse gegen Beschlüsse hätten gemäß § 37 Abs 3 Z 16 MRG die Bestimmungen der ZPO (mit Ausnahme der Bestimmungen über die Unterfertigung eines schriftlichen Rekurses durch einen Rechtsanwalt) zu gelten. Somit betrage die Rekursfrist in dem einseitigen Rekursverfahren 14 Tage (§ 521 Abs 1 ZPO). Da der angefochtene Beschluß den betreibenden Parteien am 22.4.1997 zugestellt wurde, sei ihr am 15.5.1997 zur Post gegebener Rekurs verspätet.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde letzteres mit dem Abweichen des Rekursgerichtes von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung (WoBl 1997, 189/62).
Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs machen die Antragsteller geltend, daß das Verfahren zur Verwalterbestellung, wie sich auch aus der auf nur wenige Paragraphen beschränkten Verweisung auf die EO ergebe, kein "reines" Zwangsvollstreckungsverfahren sei. Über einen diesbezüglichen Antrag sei, anders als über einen Exekutionsantrag, nicht allein auf Grund der Aktenlage, sondern in einem kontradiktorischen Verfahren nach Durchführung von beantragten oder allenfalls auch amtswegig aufzunehmenden Beweisen - etwa zur Frage, ob nicht ohnehin schon für die Durchführung der aufgetragenen Erhaltungsarbeiten gesorgt ist - zu entscheiden. Damit bestehe kein Grund, von der Rechtsprechung des OGH abzugehen, die Bestellung eines Verwalters nach § 6 Abs 2 MRG ergehe - nach Prüfung der materiellen Rechtslage - als Sachbeschluß. Danach hätten sich auch die Anfechtungsmöglichkeiten - insbesondere die Rekursfrist - zu richten.
Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht die sachliche Behandlung des Rekurses gegen die erstinstanzliche Entscheidung aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.
Dem Rekursgericht ist zuzugestehen, daß einige Formulierungen in § 6 Abs 2 MRG (Exekutionstitel, betreibende Partei, Exekutionsantrag) darauf hindeuten, die Bestellung eines Verwalters zur Erzwingung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten habe - wenn auch im besonderen Außerstreitverfahren nach § 37 Abs 3 MRG - den Grundsätzen einer Exekutionsbewilligung zu folgen (in die gleiche Richtung weist die mißverständliche Formulierung des § 37 Abs 3 Z 21 MRG, mit der allerdings nur die Zwangsmittel des § 19 AußStrG ausgeschaltet werden sollten: Würth in der Anmerkung zu WoBl 1993, 81/62). Auch das Argument, die Verlängerung der Rechtsmittelfrist für Rekurse gegen Sachbeschlüsse (§ 37 Abs 3 Z 17 lit b MRG) und deren aufschiebende Wirkung (lit e leg cit) vertrage sich nicht mit der Dringlichkeit der zwangsweisen Durchsetzung rechtskräftig aufgetragener Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten, hat einiges für sich. Dennoch sieht sich der erkennende Senat durch die Ausführungen des Rekursgerichtes nicht veranlaßt, von seiner (im übrigen von der Lehre gebilligten) Rechtsansicht abzugehen, die Bestellung eines Verwalters nach § 6 Abs 2 MRG habe durch einen Sachbeschluß zu erfolgen (WoBl 1997, 189/62 mit Anmerkung von Würth).
Daß die in § 6 Abs 2 MRG vorgesehene Bestellung eines Verwalters zur Erzwingung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten eine ins außerstreitige Verfahren nach § 37 Abs 3 MRG verwiesene Angelegenheit ist, ergibt sich nicht nur aus Satz 6 der angeführten Gesetzesbestimmung, sondern auch aus § 37 Abs 1 Z 2 MRG. Dort ist mit dem Hinweis auf §§ 3, 4 und 6 MRG die "Durchführung" von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten in die Zuständigkeit des Außerstreitrichters verwiesen, der wiederum die besonderen Verfahrensvorschriften des § 37 Abs 3 MRG zu beachten hat, also auch die Anordnung der Z 15 leg cit, in der Sache mit Sachbeschluß zu entscheiden. Damit wurde nämlich in offenbar gewollter Abgrenzung zum Begriff der "Durchsetzung" bestimmter Vermieterpflichten, wie er etwa in § 37 Abs 1 Z 3 und Z 4 MRG verwendet wurde, zum Ausdruck gebracht, daß alle Angelegenheiten, die sich im Zusammenhang mit der in §§ 3, 4 und 6 MRG geregelten Erhaltungs- und Verbesserungspflicht des Vermieters ergeben, im außerstreitigen Verfahren nach § 37 Abs 3 MRG abgehandelt werden sollen (vgl MietSlg 41.377; MietSlg 42.370; WoBl 1992, 107/74 ua). Das stimmt mit der schon zu §§ 24 ff MG judizierten und dann im Geltungsbereich des MRG auch weiterhin vertretenen Rechtsansicht überein, über Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der im MG bzw MRG normierten Erhaltungs- und Verbesserungspflicht des Vermieters sei in einem fortgesetzten Titelverfahren zu entscheiden (MietSlg 16/27 mwN; RZ 1985, 194/73; WoBl 1993, 81/62; WoBl 1997, 189/62; Würth in Würth/Zingher, Miet und Wohnrecht20 Rz 8 zu § 6
MRG).
Eine Entscheidung in der Sache, also ein Sachbeschluß, hat gemäß § 37 Abs 3 Z 15 MRG zu ergehen, wenn über eine durch § 37 Abs 1 MRG ausdrücklich ins außerstreitige Mietrechtsverfahren verwiesene Angelegenheit materiell, nach Prüfung der für und wider vorgebrachten Sachargumente, abgesprochen wird. Das trifft auf eine dem Antrag stattgebende oder in abweisende Entscheidung zu, gemäß § 6 Abs 2 MRG zur Erzwingung aufgetragener Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten einen Verwalter zu bestellen. Daß dabei nicht nur die Vollstreckbarkeit eines vorliegenden Exekutionstitels, sondern ein materiell-rechtlicher Anspruch eigener Art zu prüfen ist, ergibt sich einerseits aus der über den Kreis der Beteiligten am Titelverfahren hinausgehenden Sachlegitimation (so wurde etwa der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich die Antragslegitimation zuerkannt), andererseits aus der Verpflichtung des Gerichts bzw der Schlichtungsstelle, sich sachlich mit der Notwendigkeit der Verwalterbestellung (etwa im Hinblick auf bereits begonnene Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten auseinanderzusetzen). Grundlage der Entscheidung hat sodann der in diesem kontradiktorischen Erkenntnisverfahren ermittelte Sachverhalt zu sein. Ergibt sich bei Schluß der Verhandlung in erster Instanz, daß die Arbeiten schon durchgeführt sind oder erwarten werden kann, daß sie der Vermieter selbst durchführt, ist der Antrag auf Bestellung eines Verwalters abzuweisen (Würth aaO, Rz 8 und 9 zu § 6 MRG).
Nicht zuletzt diese Notwendigkeit bzw Möglichkeit von Beweisaufnahmen (der Schaffung neuer Entscheidungsgrundlagen) spricht, wie schon in der Entscheidung WoBl 1997, 189/62 ausgeführt wurde, für die Entscheidung über die Verwalterbestellung nach § 6 Abs 2 MRG mittels Sachbeschluß. Es geht eben nicht wie im Normalfall einer Exekutionsbewilligung im Exekutionsverfahren um eine Entscheidung auf Grund der Aktenlage (§ 55 EO), sondern um die Gewinnung und Würdigung neuer Verfahrensergebnisse. Die Wahrung des rechtlichen Gehörs erfordert in einem solchen Fall besondere verfahrensrechtliche Kautelen, darunter Rechtsmittelmöglichkeiten, wie sie nur gegen Sachbeschlüsse zur Verfügung stehen. Der Gesetzgeber hat dem dadurch Rechnung getragen, daß er die Verwalterbestellung nach § 6 Abs 2 MRG zu einer im außerstreitigen Mietrechtsverfahren abzuhandelnden Angelegenheit machte und nur einzelne Bestimmungen der EO (die §§ 98, 99, 103, 108 - 121, 130 und 132), nicht jedoch die dort geltenden Verfahrensgrundsätze für anwendbar erklärte.
Damit liegt, wie vom Erstgericht angenommen, tatsächlich ein Fall der Überprüfung eines Sachbeschlusses vor, für den gemäß § 37 Abs 3 Z 17 lit b MRG eine Rekursfrist von vier Wochen gilt. Diese Frist haben die Antragsteller mit ihrem Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung gewahrt. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 37 Abs 1 Z 19 MRG. Es wurden für den Revisionsrekurs nur Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung verzeichnet; andererseits kann nicht davon gesprochen werden, daß die Antragsgegner diese Kosten mutwillig durch die Stellung nicht gerechtfertigter Anträge verursacht haben. Das Zwischenverfahren zur Klärung der Rechtzeitigkeit des Rekurses gegen den erstinstanzlichen Sachbeschluß war vielmehr durch die letztlich nicht gebilligte Auslegung des § 6 Abs 2 MRG durch das Rekursgericht bedingt.
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