European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00001.16G.0223.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung
Die Einschreiterin stellte nach rechtskräftigem Abschluss des Regulierungsverfahrens gestützt auf § 59 StAgrGG 1985 und § 15 AgrVG 1950 aufgrund näher bezeichneter Bescheide und Urkunden den Antrag, im Einzelnen angeführte Grundbucheintragungen amtswegig anzuordnen.
Das Erstgericht erteilte der Einschreiterin iSd § 82a GBG den Auftrag, einen Bescheid iSd § 30 Abs 1 des Steiermärkischen Grundverkehrsgesetzes und Unbedenklich-keitsbescheinigungen gemäß § 160 BAO vorzulegen. Die Einschreiterin kam dem Verbesserungsauftrag nicht nach, weil sie der Ansicht war, dass es dieser Urkunden nicht bedürfe.
Das Erstgericht wies daraufhin „die amtswegige Richtigstellung des Regulierungsverfahrens“ ab.
Gegen diesen Beschluss erhob die Einschreiterin Rekurs mit dem Antrag, den Beschluss des Erstgerichts zu beheben und diesem „die Herstellung der Grundbuchsordnung im Sinne der vorliegenden Urkunden“ aufzutragen.
Das Rekursgericht gab diesem Rechtsmittel der Einschreiterin dahin Folge, dass es den angefochtenen Beschluss behob und dem Erstgericht „die gesetzmäßige Verfahrensfortsetzung“ auftrug.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es liege ‑ soweit feststellbar ‑ keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 59 StAgrGG 1985 (und über § 7 Abs 7 StAgrGG 1985) zum sinngemäß anzuwendenden § 61 Abs 3 StZLG 1982 vor, insbesondere zu den Fragen, ob und inwieweit eine beschlussmäßige Abweisung/Ablehnung von Einsendungen der Agrarbehörde, mit denen diese die Herstellung (Richtigstellung) der Grundbuchsordnung nach einem Regulierungsverfahren anrege, bei vom Erstgericht aufgegriffenen inhaltlichen Mängeln im Falle der Erfolglosigkeit eines Verbesserungsauftrags in Betracht komme, und wie vorzugehen sei, wenn Unstimmigkeiten zwischen der Agrarbehörde und dem Gericht ungeachtet eines Ersuchens um Aufklärung nicht bereinigt werden könnten.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig, weil der einschreitenden Agrarbehörde keine Rechtsmittellegitimation zukommt:
1. Eine Rechtsmittellegitimation der Agrarbehörde wird nur dann bejaht, wenn das Rechtsmittel auf die Einhaltung von bundes- und landesgesetzlichen Flurverfassungsbestimmungen abzielt, die die Behörde mit ihrem Rechtsmittel gewährleisten will (RIS‑Justiz RS0006663 [T2]; 5 Ob 25/02s; 5 Ob 24/03w NZ 2003/577 GBSlg [zust Hoyer]). Dies ist hier nicht der Fall.
2. Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst die Rechtsmittellegitimation der Agrarbehörde in einem Fall verneint, in dem die ‑ amtswegig vorzunehmende -Richtigstellung des Grundbuchs gemäß § 84 Abs 2 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 (TFLG 1996) Verfahrens-gegenstand war (5 Ob 128/14f). Hier ist ‑ unstrittig ‑ die Richtigstellung des Grundbuchs nach der wortgleichen Bestimmung des § 59 Abs 2 StAgrGG 1985 ebenfalls von Amts wegen vorzunehmen und daher auch in diesem Fall die Rechtsmittellegitimation der Agrarbehörde zu verneinen.
3. Entscheidet ein Gericht zweiter Instanz über einen wegen fehlender Rekurslegitimation mangels Parteistellung unzulässigen Rekurs meritorisch, so ist dieser Mangel der funktionellen Zuständigkeit nach einer bestehenden Rechtsprechungslinie vom Obersten Gerichtshof aus Anlass des Revisionsrekurses als Nichtigkeit, die immer eine erhebliche Rechtsfrage aufwirft, wahrzunehmen (RIS‑Justiz RS0121264). Für ein solches Vorgehen besteht hier allerdings deshalb kein Anlass, weil der Beschluss des Erstgerichts ‑ der nur der Agrarbehörde zugestellt wurde ‑ nicht in Rechtskraft erwachsen konnte (5 Ob 128/14f) und das Rekursgericht ohnehin nicht in der Sache entschieden, sondern nur dem hier auch ohne Rekurs der Einschreiterin wahrzunehmenden Prinzip der Amtswegigkeit entsprochen hat.
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