OGH 5Ob106/92

OGH5Ob106/9230.6.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Föderative Volksrepublik Jugoslawien (Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien), vertreten durch das Generalkonsulat in Klagenfurt, dieses vertreten durch Marijan M*****, Generalkonsul der Sozialistischen Förderativen Republik Jugoslawien, in Klagenfurt, dieser vertreten durch Dr.Matthäus Grilc und Dr.Roland Grilc, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft EZ ***** KG *****, infolge des Revisionsrekurses der antragstellenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 24. Feber 1992, zu AZ 1 R 87/92, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 13.Jänner 1992, TZ 349/92, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Auf Grund des Kaufvertrages vom 27.Dezember 1956 ist im Grundbuch Klagenfurt ***** das Eigentumsrecht an der Liegenschaft für die "Förderative Volksrepublik Jugoslawien" einverleibt.

Am 10.Jänner 1992 langte beim Buchgericht der Antrag der "Föderativen Volksrepublik Jugoslawien", vertreten durch das "Generalkonsulat der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien in Klagenfurt", dieses vertreten durch den Generalkonsul Marijan M*****, vertreten durch Dr.Matthäus Grilc, Rechtsanwalt in Klagenfurt, ein, womit in dieser Einlage über Ansuchen des Liegenschaftseigentümers die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Liegenschaft angemerkt und die einzige Beschlußausfertigung an Dr.Matthäus Grilc zugestellt werden soll. Das Gesuch ist nach der zu BRZ 41/92 erfolgten notariellen Beglaubigung vom 9.Jänner 1992 von Marijan M***** unter Beisetzung eines schlecht leserlichen Amtssiegels des Generalkonsulates unterschrieben. Zugleich bestätigte der Notar, das Marijan M***** nach der Legitimationsurkunde des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten der Republik Österreich vom 14.Dezember 1990, Nr 42/90, deren Gültigkeitsdauer zwei Jahre beträgt, die Funktion des Generalkonsuls der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien in Klagenfurt zukommt.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es fehle an einem Nachweis, daß Generalkonsul Marijan M***** berechtigt war, für den fremden Staat als Liegenschaftseigentümer um die Anmerkung der Veräußerungsrangordnungsanmerkung einzukommen.

Das Rekursgericht bestätigte und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Bei der nach § 94 Abs 1 Z 2 GBG gebotenen genauen Prüfung des Ansuchens dürfe die begehrte Eintragung nur bewilligt werden, wenn kein begründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand, den die Eintragung betrifft, oder gegen die Befugnis des Antragstellers zum Einschreitens vorhanden ist. Es sei ein Nachweis der Zeichnungsberechtigung der für eine juristische Person einschreitenden Organe zu fordern, wenn begründete Bedenken gegen die Berechtigung der für sie zeichnenden natürlichen Person bestehen (SZ 50/55 ua). Es sei keineswegs klar, daß der Generalkonsul zum Einschreiten für den fremden Staat befugt war. Wer zur Vertretung eines Staates in privatrechtlichen Angelegenheiten berufen ist, werde sich nach der Rechtsordnung dieses Staates, allenfalls seiner Verfassung bestimmen.

Der Umstand, daß beim Ankauf der Liegenschaft gleichfalls der Generalkonsul den Kaufvertrag unterfertigte, könne daran ebensowenig ändern wie die Tatsache, daß am Tag der Unterfertigung des Rangordnungsanmerkungsgesuches das Generalkonsulat in Klagenfurt noch nicht geschlossen war.

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach den zur Klärung des Einheitswertes vom Obersten Gerichtshof am 7. April 1992 zu 5 Ob 49/92 veranlaßten Erhebungen ergibt sich, daß für die Liegenschaft des fremden Staates wegen der Exterritorialität des Generalkonsulates ein Einheitswert nicht festgesetzt ist, weil eine Grundsteuerpflicht nicht besteht (Bekanntgabe des Einheitswertes durch das Finanzamt Klagenfurt vom 4.Juni 1992). Als Wert des Entscheidungsgegenstandes ist der Einheitswert anzusehen, wenn das Streitinteresse ausschließlich vom Wert der Liegenschaft abhängt (§ 60 Abs 2 JN; JBl 1954, 402; RZ 1990, 95; JBl 1991, 597 ua). Nach § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Verfahrensgegenstand, über den das Rekursgericht entscheidet, S 50.000,- an Geld oder Geldeswert nicht übersteigt. Das Rekursgericht hat bei seinem Bewertungsausspruch ua § 60 Abs 2 JN sinngemäß anzuwenden. Bei einem Verstoß gegen die Vorschrift ist der gesetzesgemäße Wert maßgebend (vgl Petrasch, ÖJZ 1985, 294 f; MietSlg 33.672 mwN; EvBl 1986/128; JBl 1991, 597; RZ 1992/28). Anders als in 5 Ob 1550/92, wo die Erhebungen ergaben, daß der Einheitswert der dort streitverfangenen Liegenschaft deshalb mit 0 Schilling angeführt war, weil der für die Feststellung maßgebliche Mindestbetrag nicht erreicht wurde (§ 25 Z 1 BewG), ist hier § 60 Abs 2 JN unanwendbar, weil für die für hoheitliche Aufgaben verwendete Liegenschaft des fremden Staates eine Ausnahme von der Steuerpflicht und daher ein Einheitswert nicht besteht (vgl auch § 15 Abs 1 GGG, wonach dann der gemeine Wert für die Gerichtsgebührenbemessung maßgebend ist).

Der Ausspruch über den S 50.000,- übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstandes ist daher zugrunde zu legen.

Zu Unrecht meint aber die Revisionsrekurswerberin, daß ihrem Antrag auf Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung stattzugeben gewesen wäre. Die bekämpfte Begründung der angefochtenen Entscheidung ist zutreffend, die Rechtsmittelausführungen werden für nicht stichhältig befunden (§ 16 Abs 3 AußStrG und § 510 Abs 3 ZPO).

§ 94 Abs 1 GBG ordnet an, daß das Grundbuchsgericht ein Ansuchen um eine bücherliche Eintragung und die Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen hat. Es darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn ua kein gegründetes Bedenken gegen die Befugnis der Antragsteller zum Einschreiten vorhanden ist (§ 94 Abs 1 Z 2 GBG). Dieser Vorschrift sind auch gegründete Bedenken gegen Bestehen und Umfang der Vertretungsmacht dessen zu unterstellen, der eine Vertragsurkunde im Vollmachtsnamen des Vertragspartners unterfertigte (Dittrich-Angst-Auer, Grundbuchsrecht4, 312 § 94/134 = NZ 1988, 54 = RPflSlgG 2135). Gleiches muß gelten, wenn Bedenken gegen die Vertretungsmacht organschaftlicher Vertreter bestehen, wenn für eine juristische Person eingeschritten wird (vgl zum Masseverwalter NZ 1992, 157 = AGS 236). Bedenken iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG sind ein innerer Vorgang des über das Ansuchen entscheidenden Rechtspflegeorganes (Richter oder Rechtspfleger), die im Zeitpunkt der Beschlußfassung bestehen oder nicht bestehen können (OGH 5 Ob 1036/91 vom 28.Mai 1991; 5 Ob 1045/91 vom 5.Juli 1991). Es kann nicht gesagt werden, daß das Erstgericht den durch den unbestimmten Gesetzesbegriff "Bedenken" dem Rechtspflegeorgan eingeräumten gewissen Ermessensspielraum (5 Ob 1036/91) überschritten hätte, wenn es bei seiner ablehnenden Entscheidung Bedenken gegen die Vertretungsmacht des für den fremden Staat einschreitenden Generalkonsuls hegte. Nach § 53 Abs 1 GBG ist der Eigentümer berechtigt, die bücherliche Anmerkung für eine beabsichtigte Veräußerung zu verlangen, um die bücherliche Rangordnung vom Zeitpunkt dieses Ansuchens für die infolge dieser Veräußerung einzutragenden Rechte zu begründen. Die Anmerkung solcher Gesuche kann nach § 53 Abs 3 GBG jedoch nur dann bewilligt werden, wenn nach dem Grundbuchsstand die Einverleibung des einzutragenden Rechtes zulässig wäre und wenn die Unterschrift der Gesuche gerichtlich oder notariell beglaubigt ist. Die notariell beglaubigte Unterschrift stammt hier von einer natürlichen Person, die nach der dem Notar vorgewiesenen Urkunde als Generalkonsul der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien im Empfangsstaat zugelassen war

(Exequator = Art 12 des Wiener Übereinkommens über konsularische

Beziehungen vom 24.April 1963 = WKK BGBl 1969/318). Abgesehen von den

aus den Medien bekannten Vorgängen im Entsendestaat und der Mitteilung des Bundesministeriums für Justiz vom 20.Dezember 1991, wonach - ohne der Rechtsprechung vorzugreifen - anheimgestellt wurde, die Rechtsfrage der Vertretung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien gemeinsam mit dem Bundesministerium für Justiz und dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu prüfen, wenn über bisher im Eigentum der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien oder einer ihrer Behörden gestandene Liegenschaften verfügt werden soll, sind durchaus Bedenken angebracht, ob ein im Empfangsstaat zugelassener Generalkonsul zur Vertretung des fremden Staates bei Verfügung über Liegenschaftseigentum berechtigt ist. Die im Art 5 WKK umschriebenen konsularischen Aufgaben umfassen eine solche Vertretungsmacht nicht. Eine Besonderheit in Ansehung von Generalkonsuln (Art 9 Abs 1 lit a WKK) ist nicht erkennbar. Die Vertretungsmacht könnte sich daher allein auf Grund der Rechtslage im fremden Staat als Eigentümer der Liegenschaft ergeben. Nun ist allein schon fraglich, wer bei einer aus völkerrechtlicher Sicht anzunehmenden Auflösung (Stellungnahme der Schiedskommission der Haager Friedenskonferenz) im Wege der Staatennachfolge Eigentümer der Liegenschaft ist, so daß auch das anzuwendende fremde Recht erst auf Grund diffiziler Nachforschungen ermittelt werden könnte (§ 4 Abs 1 IPRG). Im Grundbuchsverfahren scheiden zeitaufwendige Versuche, das fremde Recht festzustellen, schon deshalb aus, weil allein auf Grund der vorgelegten Urkunden zu entscheiden ist. Es ist daher Sache des Antragstellers, auch die Vertretungsmacht urkundlich darzutun, wenn wie hier für einen fremden Staat ein Generalkonsul als Vertreter auftritt. Daß auch beim Erwerb der Liegenschaft durch den fremden Staat der Generalkonsul vertreten hat, besagt über die Befugnis zum Einschreiten zum gegenwärtigen Zeitpunkt gar nichts. Denn abgesehen von denkbaren und angesichts der Ereignisse im Nachbarstaat naheliegenden Veränderungen gegenüber dem Erwerbszeitpunkt im Jahre 1956 war nach der Rechtsprechung bei Eintragungen zugunsten einer juristischen Person der Nachweis der Zeichnungsberechtigung nicht erforderlich (Dittrich-Angst-Auer, Grundbuchsrecht4, 307 § 94/95 und § 94/96 = insb RdW 1985, 109-Rechberger). Auch konnte selbst ein Mangel der Vertretungsmacht durch die Genehmigung seitens der zuständigen Organe des fremden Staates geheilt worden sein.

Der Nachweis, daß der Unterfertigende die Funktion des Generalkonsuls der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien in Klagenfurt am 9. Jänner 1992 ausübte - nach der Mitteilung des Generalkonsulates der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien in Graz vom 17. Jänner 1992 wurde auf Grund eines Beschlusses der Bundesregierung des Entsendestaates das Generalkonsulat in Klagenfurt geschlossen und mit 10.Jänner 1992 (Tag der Überreichung des Ansuchens) die konsularische Betreuung für das Bundesland Kärnten dem Generalkonsulat in Graz anvertraut -, reicht nicht aus, die Befugnis zum Einschreiten um die Anmerkung der Rangordnung für den Eigentümer der Liegenschaft darzutun.

Die Ausführungen im Revisionsrekurs, der vom Erstgericht und vom Rekursgericht geforderte Nachweis könne nicht erbracht werden, weil am 9.Jänner 1992 die Organe der "Jugoslawischen Föderation" nicht mehr funktionsfähig waren, sprechen nicht für, sondern gegen den Standpunkt der Revisionsrekurswerberin, weil dann erst recht gegründete Bedenken gegen die Verfügungsmacht des Generalkonsuls bestehen müssen. Daß die Vertretung des Entsendestaates bei privatrechtlichen Verfügungen über im Empfangsstaat gelegene Liegenschaften durch den Generalkonsul im WKK nicht ausgeschlossen ist, bildet keinen Nachweis der Vertretungsbefugnis, die aber jedenfalls durch Urkunden zu beweisen wäre (vgl NZ 1992, 157 = AGS 236 mit insoweit zweifelnder Anm. Hofmeisters). Kann ein solcher Nachweis nicht erbracht werden, muß die begehrte Eintragung abgelehnt werden. Es kann nicht sein, daß bei Unmöglichkeit des Nachweises dem Ansuchen jeder für den bücherlichen Eigentümer um Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung einkommenden Person stattzugeben wäre.

Zutreffend haben daher die Vorinstanzen den Antrag abgewiesen.

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