OGH 5Ob106/19b

OGH5Ob106/19b31.7.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin D*, vertreten durch Dr. Raoul Hoffer, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Dr. Christoph Neuhuber, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin „Ö*“ *aktiengesellschaft, *, vertreten durch Mag. Florian Kuch, Rechtsanwalt in Wien, und die Mit‑ und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ * KG *, wegen § 20 Abs 3 iVm § 52 Abs 1 Z 6 WEG über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. April 2019, GZ 39 R 264/18i‑84, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E125978

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das Erstgericht wies den Antrag ab, der Antragsgegnerin aufzutragen, für die von ihr verwaltete Liegenschaft für die Jahre 2006, 2007 und 2008 eine vollständige und richtige Abrechnung zu legen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Der als „Zulassungsvorstellung verbunden mit ordentlichem Revisionsrekurs“ bezeichnete, von den Vorinstanzen aber zutreffend (vgl RIS‑Justiz RS0123405, RS0110049 [T13, T20]; 5 Ob 30/15w) als außerordentlicher behandelte Revisionsrekurs der Antragstellerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Die Frage nach dem „richtigen Verteilungsschlüssel“ stellt sich hier nicht. Die Antragsgegnerin hatte sich als Verwalterin bei ihrer Abrechnung – mangels eines festgestellten abweichenden Verteilungsschlüssels – gemäß § 32 Abs 1 WEG 2002 am Verhältnis der Miteigentumsanteile bei Ende der Abrechnungsperiode zu orientieren. Ob die der Wohnungseigentumsbegründung zugrunde liegende Parifizierung allenfalls – wie von der Revisionsrekurswerberin behauptet – unrichtig war, ist für die Frage der vollständigen und richtigen Abrechnung irrelevant. Einerseits bleibt die Nutzwertfestsetzung bindend, bis sie durch eine neue, nur in einem Verfahren nach §§ 9 Abs 3, 52 Abs 1 Z 1 WEG 2002 zu erwirkenden Entscheidung des Außerstreitrichters ersetzt wird (vgl RS0083016 [T2]). Selbst eine Neufestsetzung des Nutzwerts könnte aber nicht automatisch zur Änderung des Verteilungsschlüssels nach § 19 Abs 1 WEG 1975 bzw § 32 Abs 1 Satz 1 WEG 2002 führen; auch in diesem Fall bleiben die aus dem Grundbuch ersichtlichen Anteilverhältnisse maßgeblich (RS0106058 [T1]; grundlegend 5 Ob 2298/96v; 5 Ob 110/08z; jüngst 5 Ob 88/16a). Eine für die Abrechnung nach § 32 Abs 1 WEG 2002 relevante Änderung der Nutzwerte könnte daher erst mit der Verbücherung einer Änderung samt Korrektur der Mindestanteile eintreten (vgl RS0106059 [T2]).

2. Durch höchstgerichtliche Rechtsprechung (5 Ob 35/80 mwN; vgl auch RS0048303) ist bereits geklärt, dass die §§ 2 und 5 des WEG 1948 mit ihren Parifizierungsvorschriften in den Fällen weiterhin anzuwenden sind, in denen zumindest an einer Wohnung (einem Geschäftsraum) durch bücherliche Eintragung das Wohnungseigentum nach den bisher geltenden Vorschriften erworben worden ist. Auch insoweit ist eine erhebliche Rechtsfrage nicht zu erkennen.

3. Bereits zu 5 Ob 108/93 sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass die Abrechnung eine Gegenüberstellung der Solleinnahmen (Vorschreibungen) mit den tatsächlichen Zahlungseingängen in der Form erfordert, dass bei jedem einzelnen Mitglied der Gemeinschaft oder jedem einzelnen Wohnungseigentumsobjekt ausgewiesen wird, ob das Konto ausgeglichen ist oder ein Rückstand besteht. Daran hielt der Fachsenat zu 5 Ob 114/14x fest. Dass das System der Sollabrechnung jedenfalls dann zulässig ist, wenn – wie hier – in der Abrechnung der Rückstand jedes einzelnen Mitglieds der Gemeinschaft ausgewiesen ist, entspricht daher der höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

4. Die Vorlage sämtlicher Vorschreibungen an alle Miteigentümer forderte die Antragstellerin zum Zweck der Überprüfung, welche Eigentümer ihre Vorschreibungen nicht bezahlt hätten. Dass sich die Rückstände sämtlicher Eigentümer per 31. 12. 2008 aus der Aufstellung ./26 ohnedies nachvollziehen lassen, ist unbedenklich, eine vom Obersten Gerichtshof auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung ist nicht zu erkennen.

5. Die Prüfung des von der Antragstellerin unsubstanziiert in den Raum gestellten Verdachts, die Antragsgegnerin hätte Rücklagenbeiträge möglicherweise nicht allen Wohnungseigentümern vorgeschrieben, weshalb sie in den Debetlisten nicht aufscheinen, geht über die im Rahmen der Verwaltungsabrechnung zu prüfenden Umstände weit hinaus (vgl 5 Ob 274/08t = immolex 2010/18 [Prader] zu angeblich entgegen den getroffenen Vereinbarungen abgerechneten geförderten Darlehen). Damit spricht die Antragstellerin vielmehr ein mögliches pflichtwidriges Verhalten der Verwalterin an, dass diese nach der im Revisionsrekurs gar nicht in Zweifel gezogenen Auffassung des Rekursgerichts zwar zu Schadenersatz verpflichten könnte, die Abrechnung selbst aber weder unvollständig noch inhaltlich unrichtig machte. Entsprechende Einnahmen hätte die Eigentümergemeinschaft in einem solchen Fall eben gerade nicht gehabt.

6. Damit war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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