OGH 4Ob9/15z

OGH4Ob9/15z17.2.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** SAS, *****, Frankreich, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei B***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch CMS Reich‑Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 34.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. November 2014, GZ 2 R 114/14w‑23, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00009.15Z.0217.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1 Im Markenrecht gilt der Grundsatz, dass schon ein einzelner Markenbestandteil gegen unbefugte Verwendung Schutz genießt, sofern er für sich allein unterscheidungskräftig und durch seine Verwendung die Gefahr von Verwechslungen zu besorgen ist (4 Ob 138/89; 4 Ob 237/01h; 4 Ob 38/06a; 4 Ob 223/12s; RIS‑Justiz RS0066816).

1.2 Die Vorinstanzen haben unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0066753; RS0079509; RS0117324) vertretbar entschieden, dass das Wortbildzeichen „Thierry Mugler“ (bzw „Mugler“) in Form eines unterschriftsartigen Schriftzugs ein unterscheidungskräftiger Bestandteil der Wort-Bild-Marken der klagenden Partei „B MEN Thierry Mugler“ und „ALIEN ESSENCE ABSOLUE Thierry Mugler“ ist und bei Verwendung dieses Bestandteils Verwechslungsgefahr besteht.

2.1 Die beklagte Partei vermag mit ihrem Hinweis auf fehlende Rechtsprechung zur Frage, ob ein Markeninhaber auch dann aktiv klagslegitimiert ist, wenn ein Dritter Markeninhaber eines Bestandteils (im Anlassfall: der Wort-Bild-Gemeinschaftsmarke „Thierry Mugler“) der klägerischen Marke ist, keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

2.2 Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt nämlich dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (RIS‑Justiz RS0042656). Aufgrund des deutlichen Wortlauts des Art 9 Abs 1 GMV bzw § 10 Abs 1 MSchG, wonach der Markeninhaber Dritten die Benutzung identischer oder ähnlicher Zeichen verbieten kann (vgl auch § 51 MSchG), ist abzuleiten, dass der als Subjekt des Markenschutzes geltende Markeninhaber (vgl Ofner in Kucsko/Schumacher , marken.schutz 2 § 51 Rz 21) bei Eingriffen in die Marke aktiv klagslegitimiert ist.

2.3 Der erkennende Senat hat zudem bereits mehrfach festgehalten, dass das Markenrecht seinem Inhaber eine absolute und ausschließliche Rechtsposition gegen jeden Dritten verleiht, der sich nicht auf eine bessere Berechtigung berufen kann (4 Ob 216/98p; 4 Ob 223/98t; RIS‑Justiz RS0110890). Bereits daraus ergibt sich die Unerheblichkeit des Einwands des Verletzers, der Markeninhaber sei deshalb nicht aktivlegitimiert, weil zwischen seiner und einer prioritätsälteren Marke eines Dritten Verwechslungsgefahr bestehe, ist es doch ausschließlich Sache des Dritten, sein besseres Markenrecht geltend zu machen (idS auch Fezer Markenrecht 4 § 14 Rn 477 mwN).

2.4 Auch der Hinweis auf die Bestimmungen über die Rechte des Lizenznehmers (vgl insb Art 22 Abs 3 GMV) kann die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht stützen, zumal daraus keine Einschränkung markenrechtlicher Unterlassungsansprüche des Markeninhabers abzuleiten sind. Einer Klärung, ob der Inhaberin der Drittmarke der Klagsführung zugestimmt hat (vgl RIS‑Justiz RS0116973) oder der klagenden Partei als (allfällige) Lizenznehmerin sonst die Klagebefugnis zukommt (RIS‑Justiz RS0113315; RS0113976), bedarf es schon deshalb nicht, weil die klagende Partei ihren Anspruch nicht aus einem Lizenzvertrag, sondern aus ihrer Stellung als Markeninhaberin geltend macht.

2.5 In der vom Rechtsmittel zitierten Entscheidung des EuGH C‑120/04 ( Thomson Life ) wurde es für die Annahme von Verwechslungsgefahr als ausreichend angesehen, dass die ältere Marke als Bestandteil des jüngeren Zeichens eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält. Aus dieser Entscheidung ergibt sich aber keine Einschränkung der Aktivlegitimation eines Inhabers einer aus mehreren Bestandteilen bestehenden Marke, auch wenn einer dieser Bestandteile die Marke eines Dritten ist.

2.6 Die von den Vorinstanzen im Einklang mit den aufgezeigten Grundsätzen jedenfalls vertretbar bejahte Legitimation der klagenden Markeninhaberin bedarf somit keiner höchstgerichtlichen Korrektur.

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