OGH 4Ob90/11f

OGH4Ob90/11f21.6.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. W***** J***** S*****, vertreten durch Dr. Christian Widl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H***** S*****, vertreten durch Dr. Alfred Feitsch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung, über den Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 11. März 2010, GZ 43 R 71/11a-45, mit welchem der Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 30. November 2010, GZ 6 C 666/07d-36, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Klägers, die Beklagte zum Ersatz der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu verpflichten, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Mit Urteil vom 24. Februar 2009 schied das Erstgericht die Ehe der Streitteile nach § 55 EheG und sprach über Antrag der Beklagten nach § 61 Abs 3 EheG aus, dass das Verschulden an der Zerrüttung den Kläger treffe. Das Urteil wurde beiden Parteien am 3. März 2009 zugestellt. Die Beklagte ließ es unbekämpft, der Kläger focht es nur im Ausspruch über das Verschulden an. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers mit Urteil vom 23. Juni 2009 nicht Folge. Die Entscheidung wurde den Parteien am 7. Juli 2009 zugestellt, Revision wurde nicht erhoben. Am 22. September 2009 bestätigte das Erstgericht die Rechtskraft des Ausspruchs über die Scheidung „seit 1. 4. 2009“, jene des Ausspruchs über das Verschulden „seit 16. 9. 2009“.

In weiterer Folge wies das Erstgericht einen am 24. April 2010 eingebrachten Aufteilungsantrag des Klägers ab, weil er wegen Rechtskraft des Scheidungsausspruchs mit 1. April 2009 nach Ablauf der Jahresfrist des § 95 EheG eingebracht worden sei. Das Rekursgericht hob diese Entscheidung auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme von diesem Abweisungsgrund auf. Wegen des inneren Zusammenhangs zwischen den Aussprüchen über die Scheidung und das Verschulden sei keine Teilrechtskraft eingetreten, vielmehr sei auch der Ausspruch über die Scheidung erst mit ungenutztem Ablauf der Revisionsfrist rechtskräftig geworden. Der Antragsteller (hier Kläger) habe die Jahresfrist daher gewahrt. Der Oberste Gerichtshof wies einen dagegen erhobenen Revisionsrekurs zurück, weil das Rekursgericht keinen Rechtskraftvorbehalt gesetzt hatte (§ 64 Abs 1 AußStrG).

Im vorliegenden Verfahren hob das Erstgericht die Rechtskraftbestätigung insofern auf, als damit die Rechtskraft des Scheidungsausspruchs seit 1. April 2009 festgestellt wurde; gleichzeitig stellte es fest, dass auch dieser Teil des Spruchs erst seit 16. September 2010 rechtskräftig sei. Zur Begründung verwies es auf die Rekursentscheidung im Aufteilungsverfahren.

Das von der Beklagten angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs könne Teilrechtskraft des Scheidungsausspruchs nur bei einer Verschuldensscheidung nach § 49 EheG eintreten, nicht aber bei einer Zerrüttungsscheidung nach § 55 EheG, wenn die beklagte Partei einen Verschuldensantrag nach § 61 Abs 3 EheG gestellt habe. Daher sei im vorliegenden Fall auch der Ausspruch über die Scheidung erst mit Ablauf der Frist für die Revision gegen das Berufungsurteil rechtskräftig geworden. Dies habe das Erstgericht analog zu § 7 Abs 3 EO zutreffend festgestellt. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich ein Revisionsrekurs der Beklagten, mit dem sie die ersatzlose Behebung des erstgerichtlichen Beschlusses anstrebt. Der Kläger beantragt in der Revisionsrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel aus inhaltlichen Gründen keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist unzulässig.

1. Das Erstgericht hat die Bestätigung der Rechtskraft in Bezug auf einen bestimmten Zeitraum als irrtümlich erteilt aufgehoben. Auf eine solche Aufhebung der Rechtskraftbestätigung ist § 7 Abs 3 EO analog anzuwenden (2 Ob 232/08v; RIS-Justiz RS0124932). Für das Verfahren nach dieser Bestimmung gelten die Regeln jenes Verfahrens, in dem die Entscheidung ergangen ist (RIS-Justiz RS0001596 [insb T12]), und zwar auch in Bezug auf die Zulässigkeit des Revisionsrekurses (8 Ob 26/09w). Im vorliegenden Fall ist daher § 528 ZPO maßgebend.

2. Nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn das Rekursgericht den angefochtenen Beschluss zur Gänze bestätigt hat; ausgenommen sind nur die Zurückweisung einer Klage und andere Fälle einer definitiven Verweigerung des Rechtsschutzes (RIS-Justiz RS0044536, RS0105321). Darunter fallen aber weder die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung (7 Ob 600/94) noch die Abweisung eines darauf gerichteten Antrags (4 Ob 200/02v, 8 Ob 133/09f). Eine Sonderregelung für familienrechtliche Streitigkeiten iSv § 49 Abs 2 Z 2a und 2b JN gibt es - anders als in § 502 Abs 5 Z 1 ZPO - nicht (7 Ob 205/99v; RIS-Justiz RS0112314).

3. Mit der hier strittigen Entscheidung hat das Erstgericht klargestellt, zu welchem Zeitpunkt die Rechtskraft des Ausspruchs über die Ehescheidung eingetreten ist; eine definitive Verweigerung des Rechtsschutzes war damit nicht verbunden. Das Rekursgericht hat diese Entscheidung bestätigt. Aus diesem Grund ist der Revisionsrekurs der Beklagten jedenfalls unzulässig. Er ist daher unabhängig von der Erheblichkeit der darin geltend gemachten Rechtsfrage zurückzuweisen.

4. Da das Gesetz nicht anordnet, dass eine Rekursbeantwortung (Revisionsrekursbeantwortung) bei absoluter Unzulässigkeit des Rekurses (Revisionsrekurses) unstatthaft wäre, ist sie nicht wie das Rechtsmittel selbst zurückzuweisen. Kostenersatz gebührt aber nur, wenn der Rechtsmittelgegner darin auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hinweist und zu den für die Zulässigkeit ins Treffen geführten Argumenten des Rechtsmittelwerbers Stellung nimmt (RIS-Justiz RS0124565). Das war hier nicht der Fall. Der Antrag des Klägers, die Beklagte zum Ersatz der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu verpflichten, ist daher abzuweisen.

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