OGH 4Ob89/23a

OGH4Ob89/23a31.5.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden, sowie die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und MMag. Matzka sowie die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Fitz als weitere Richter in der Erwachsenenschutzsache der M*, geboren * 1955, *, vertreten durch Mag.aDr.in Jasmine Senk, Rechtsanwältin in Linz, als gerichtliche Erwachsenenvertreterin, über den Revisionsrekurs der Betroffenen, gegen die Beschlüsse des Landesgerichts Linz vom 15. November 2023, GZ 15 R 257/22b, 15 R 258/22z, 15 R 259/22x, 15 R 392/22f‑152, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0040OB00089.23A.0531.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Erwachsenenschutzrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Soweit sich der Revisionsrekurs gegen die Bestätigung der Abweisung eines Ablehnungsantrags richtet, wird er als unzulässig zurückgewiesen.

Im Übrigen wird der Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Die Betroffene hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist ein als „Rekurs-Anfechtung-Nichtigkeitsantrag“ bezeichnetes Rechtsmittel der Betroffenen gegen eine Entscheidung des Rekursgerichts, mit der vier erstinstanzliche Beschlüsse bestätigt werden. Dabei handelt es sich um

1. die Verwerfung eines Ablehnungsantrags der Betroffenen gegen die Pflegschaftsrichterin;

2. die Enthebung der bisherigen und Bestellung einer neuen einstweiligen gerichtlichen Erwachsenenvertreterin für die Betroffene;

3. die Zurückweisung einer Eingabe der Betroffenen nach § 86a ZPO, weil sie nur schon vorgebrachte Behauptungen wiederholte; und

4. der Bestellung einer gerichtlichen Erwachsenenvertreterin für die Betroffene.

Rechtliche Beurteilung

[2] Der Revisionsrekurs ist absolut unzulässig, soweit er die Rekursentscheidung über den Ablehnungsantrag bekämpft. Im Übrigen ist der Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen zurückzuweisen.

[3] 1. Das von der Betroffenen selbst verfasste Rechtsmittel wurde von der Erwachsenenvertreterin aufgrund eines Verbesserungsauftrags des Erstgerichts ohne inhaltliche Veränderungen als Rechtsanwalt unterfertigt. Es ist semantisch wie inhaltlich schwer verständlich, richtet sich aber eindeutig gegen alle vier erstinstanzlichen Beschlüsse, deren Aktenzeichen ausdrücklich angeführt werden.

[4] 2. Nach einheitlicher Rechtsprechung ist § 24 Abs 2 JN so auszulegen, dass gegen eine bestätigende Entscheidung der zweiten Instanz, mit der die geltend gemachten Ablehnungsgründe inhaltlich geprüft wurden, kein weiteres Rechtsmittel zulässig ist (RS0074402). Dies gilt auch im Verfahren außer Streitsachen (RS0074402 [T16, T18]). Soweit sich der Revisionsrekurs gegen die Bestätigung der Ablehnungsentscheidung richtet, war er daher als absolut unzulässig zurückzuweisen.

[5] 3. Die Ausführungen zu den übrigen drei Beschlüssen lassen lediglich erkennen, dass die Betroffene keine Notwendigkeit für die Bestellung einer (einstweiligen) Erwachsenenvertreterin sieht und ihre Angelegenheiten lieber selbst regeln möchte. Außerdem meint die Betroffene offenbar, unter anderem durch eine intersubjektiv nicht nachvollziehbar dargestellte Kollusion von Gerichtsorganen, Prozessgegnern und auch Familienmitgliedern sowohl im Pflegschaftsverfahren als auch in ihrem Scheidungsverfahren, in diversen Zivilprozessen und Exekutionsverfahren in ihren Grund- und Verfahrensrechten beschnitten worden zu sein.

[6] 3.1. Damit zeigt die Betroffene keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung auf, wie es gemäß § 62 Abs 1 AußStrG Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Revisionsrekurses wäre:

[7] 3.2. Die Beurteilung der Frage, ob genügend Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bestellung eines (einstweiligen) Erwachsenenvertreters vorliegen, ist immer nach den konkreten Tatumständen des Einzelfalls zu beurteilen (RS0106166).

[8] 3.3. Auch ob die Voraussetzungen für die Zurückweisung eines Schriftsatzes nach § 86a ZPO vorliegen, kann nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden und bildet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG.

[9] 4. Die Betroffenebeantragt einen nicht bezifferten Kostenersatz.

[10] Ein Kostenzuspruch kommt im Verfahren zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters jedoch grundsätzlich nicht in Betracht, da dieses Verfahren nicht für die Durchsetzung oder Abwehr widerstreitender Parteiinteressen konzipiert ist. Damit fehlt es für eine Kostenersatzpflicht an der im § 78 AußStrG vorausgesetzten kontradiktorischen Verfahrenssituation (RS0120750).

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