OGH 4Ob81/16i

OGH4Ob81/16i15.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

 Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin B***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Schneider & Schneider Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die Beklagte K***** B*****, vertreten durch Dr. Franz Martin Orou, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 40.000 EUR), über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. Februar 2016, GZ 13 R 199/15b‑59, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00081.16I.0615.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Bereits in der Entscheidung 4 Ob 48/14h – Rauchersheriff hat der Senat ausgeführt, dass Testkäufe vom Geschäftsinhaber (nur) dann nicht durch Berufung auf das Hausrecht unterbunden werden können, wenn sie dem Aufdecken unlauteren Verhaltens dienen und sich die Testkäufer wie andere Kunden verhalten. Die Frage, ob ein Unternehmer eine systematische Überwachung durch einen Privaten hinnehmen muss, wenn dieser seine Leistungen allein deswegen in Anspruch nimmt, um dadurch die Möglichkeit zur Ausforschung möglicher Rechtsverstöße zu erlangen, ist aufgrund einer Interessenabwägung zu klären, bei der das - grundrechtlich geschützte - Hausrecht des Unternehmers mit dem Interesse der Allgemeinheit und des Handelnden an der „Kontrolltätigkeit“ abzuwägen ist. Diese Interessenabwägung fiel im Fall des „Rauchersheriffs“ zu seinen Ungunsten aus, denn die Anzeigen setzen keine systematisch ausforschende Tätigkeit voraus; sie können auch von „normalen“ Gästen erstattet werden, sodass kein zwingender Bedarf an selbsternannten „Rauchersheriffs“ besteht.

2. Im Sinne dieser Rechtsprechung haben die Vorinstanzen auch hier eine Abwägung zwischen dem Interesse des klagenden Verkehrsunternehmens auf Untersagung des Betretens des von ihm betriebenen Busterminals durch die beklagte Geschäftsführerin eines Konkurrenzunternehmens und dem Interesse der Beklagten am Aufdecken allfälliger Verstöße der Klägerin gegen das Kraftfahrtlinienrecht vorgenommen. Das mehrmalige Befragen und die Ticketkontrolle von Kunden, Befragen von Buslenkern und Anfertigen von Fotos von Kunden und Fahrern (was zu Beschwerden von Kunden und Partnerunternehmen führte) sei eine systematisch ausforschende Tätigkeit, die den Geschäftsbetrieb der Klägerin störe, von dieser nicht geduldet werden müsse und ihren Anspruch auf Verhängung eines Betretungsverbots rechtfertige.

3. Das Ergebnis der Beurteilung des Berufungsgerichts ist vertretbar. Dem Geschäftsinhaber steht einerseits das Hausrecht zu, andererseits ist er auch verpflichtet, die Regeln des lauteren Wettbewerbs einzuhalten. Zu deren Überprüfung sind Testkäufe und Testbeobachtungen unerlässlich; der Geschäftsinhaber muss sie im Interesse eines lauteren Wettbewerbs trotz seines Hausrechts dulden, kann sie aber seines Geschäfts verweisen, wenn sie durch ihr Verhalten den normalen Geschäftsablauf stören (vgl RIS‑Justiz RS0010358). Dies war im vorliegenden Fall nach vertretbarer Auffassung gegeben.

4. Die Beklagte zeigt in ihrer Rechtsrüge keine erheblichen Rechtsfragen auf. In der Verfahrensrüge moniert sie im Wesentlichen behauptete Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche beurteilt wurden und somit in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden können (RIS‑Justiz RS0042963; RS0106371).

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