Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.230,72 EUR (darin 371,78 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin hatte von der Beklagten am 22. 10. 2010 eine nicht betriebsbereite Diesellokomotive gekauft und sie unmittelbar nach Übernahme der Beklagten mit dem Auftrag zur Reparatur (Herstellung der Betriebsbereitschaft) unter Leistung einer Anzahlung auf den Werklohn übergegeben; die Lokomotive befindet sich seit damals bei der Beklagten.
Die Klägerin begehrt 166.000 EUR und brachte dazu vor, die Beklagte habe die Reparaturarbeiten nicht bis zum vereinbarten Termin durchgeführt, die Klägerin bestehe allerdings auf Vertragserfüllung und Reparatur. Die Herstellung der Betriebsbereitschaft durch eine Fachwerkstätte koste mindestens 108.000 EUR; abzüglich des noch offenen Werklohnrests von 12.000 EUR begehre die Klägerin daher 96.000 EUR als Erfüllungsinteresse in Form der Mangelbehebungskosten: Sie begehre weiters 70.000 EUR als Verdienstentgang, weil aufgrund der noch nicht fertiggestellten Reparatur mehrere Aufträge versäumt worden seien. Den Verdienstentgang hat die Klägerin - trotz Erörterung - nicht näher aufgeschlüsselt.
Das Berufungsgericht hat das Urteil des Erstgerichts bestätigt, mit dem die Klage ohne Durchführung eines Beweisverfahrens wegen Unschlüssigkeit abgewiesen worden ist. Der Ersatz des Nichterfüllungsschadens gemäß § 921 ABGB setze einen Rücktritt vom Vertrag gemäß § 918 ABGB voraus, einen solchen habe die Klägerin auch nach Erörterung nicht erklärt, sondern ausdrücklich am Vertrag festgehalten. Die Schadenersatzansprüche infolge Verdienstentgangs beruhten nach dem Vorbringen auf verschiedenen Aufträgen und hätten einer Aufschlüsselung bedurft, um den Streitgegenstand im Falle einer Teilabweisung einzelnen Geschäftsfällen zuordnen zu können; ein einheitlicher Gesamtschaden liege nach den Behauptungen nicht vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig. Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab.
1. Zur Mangelhaftigkeit
Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens, die in der Berufung zwar geltend gemacht, vom Berufungsgericht aber verneint werden, können - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - nach ständiger Rechtsprechung in der Revision nicht mehr gerügt werden (RIS-Justiz RS0042963; RS0106371; RS0043172; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 528 ZPO Rz 44; Kodek in Rechberger, ZPO² § 503 Rz 9).
Der Rechtsmittelwerber hat in einer Verfahrensrüge wegen Verletzung des Verbots der Überraschungsentscheidung die Relevanz des behaupteten Verfahrensverstoßes darzutun, also darzulegen, welchen Verlauf das Verfahren genommen hätte, wenn der Fehler unterblieben wäre. Im Falle der mangelnden Schlüssigkeit wegen des Fehlens anspruchsbegründender Tatsachenbehauptungen hat der Rechtsmittelwerber somit darzulegen, welche konkreten Behauptungen er aufgestellt hätte, wenn ihm nach Erörterung Gelegenheit dazu geboten worden wäre (RIS-Justiz RS0037095 [T6]).
Die Klägerin macht in ihrer Revision unzulässig bereits verneinte Verfahrensmängel erster Instanz geltend, ohne aufzuzeigen, welches schlüssige Vorbringen sie erstattet hätte.
2. Zur Rechtsrüge
Voraussetzung der Gewährleistung ist die vorbehaltlose Entgegennahme der vom Schuldner als Vertragserfüllung angebotenen Leistung durch den Gläubiger (3 Ob 295/05m mwN; RIS-Justiz RS0018234 [T16]). Auch zur Rechtslage nach dem GewRÄG 2001 wurde die frühere Rechtsprechung fortgeschrieben, dass Gewährleistungsansprüche und auf Gewährleistung gegründete Einwendungen erst nach Übergabe des Kaufobjekts oder dann erhoben werden können, wenn der Käufer in Annahmeverzug geraten, wenn die Gefahr auf ihn übergegangen ist (4 Ob 147/10m; RIS-Justiz RS0018460).
Das Berufungsgericht ist von diesen Grundsätzen nicht abgewichen. Der unstrittig bisher nicht erfüllte Werkvertrag ist aufrecht; die Diesellokomotive wurde der Klägerin bisher nicht als repariert zur Übernahme angeboten. Die Klägerin verlangt zwar Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Werkvertrags über die Reparatur (Erfüllungsinteresse in Form des Kostenersatzes für ein Deckungsgeschäft nach § 921 Satz 1 ABGB), besteht aber zugleich auf Erfüllung des Reparaturauftrags. Hiefür fehlt es an einer Anspruchsgrundlage.
Die Klage ist unschlüssig, weil das Sachbegehren der Klägerin materiell-rechtlich aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen nicht abgeleitet werden kann (4 Ob 274/01z; vgl RIS-Justiz RS0037516 [T2]). Zutreffend hat das Berufungsgericht aufgezeigt, dass die Klagseinbringung unter den hier gegebenen Umständen (Prozesserklärung der Klägerin, am Vertrag festzuhalten) nicht als konkludenter Vertragsrücktritt gedeutet werden kann.
3. Der Frage, ob eine Klage schlüssig ist, kommt im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0116144, RS0037780).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
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