Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Das Rekursgericht bestätigte den Beschluss des Erstgerichts, womit dieses die vom erkennenden Senat am 20. 10. 2009 zu 4 Ob 124/09b erlassene einstweilige Verfügung in ihrem Punkt I.1. zur Gänze aufgehoben, den Antrag auf Aufhebung des Spruchpunkts I.2. abgewiesen und dem Eventualantrag auf Abänderung der einstweiligen Verfügung in seinem Spruchpunkt I.2. Folge gegeben hatte. Die Aufhebung des Spruchpunkts I.1. gründe auf § 399 Abs 1 Z 4 EO, weil der zugrundeliegende Anspruch nach einer - vom Obersten Gerichtshof bestätigten - Entscheidung im Oppositionsprozess erloschen sei. Hinsichtlich des Spruchpunkts I.2. habe sich durch ein Erkenntnis des UVS Oberösterreich im gewerbebehördlichen Verfahren die Sach- und Rechtslage geändert, sodass die einstweilige Verfügung gemäß § 399 Abs 1 Z 2 EO entsprechend abzuändern gewesen sei. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung von den Klägern erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist in Ermangelung erheblicher Rechtsfragen zurückzuweisen:
1. Die Unterbrechung des Hauptverfahrens hindert die Einleitung und Fortentwicklung des Verfahrens über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht (RIS-Justiz RS0005214; König, Einstweilige Verfügungen3 Rz 6/72). Folglich ist auch die Aufhebung oder Einschränkung der einstweiligen Verfügung während der Unterbrechung des Hauptverfahrens möglich und zulässig.
2. Das Rekursgericht hat das Vorliegen eines Verfahrensmangels der ersten Instanz wegen Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung verneint, sodass der behauptete Verfahrensmangel in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden kann (RIS-Justiz RS0042963). Das Rekursgericht hat sich auch zur Frage des Erfordernisses einer mündlichen Verhandlung mit der zu Art 6 EMRK ergangenen Rechtsprechung auseinandergesetzt und implizit das Vorliegen einer Nichtigkeit verneint. Deren Wahrnehmung ist in dritter Instanz nicht mehr möglich (RIS-Justiz RS0042981; RS0042917). Im Übrigen sieht die von den Klägerinnen ins Treffen geführte Entscheidung 17 Ob 11/10g keine Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor, wenn den Parteien - wie hier - Gelegenheit gegeben wurde, sich zu den entscheidungswesentlichen Tatsachen zu äußern.
3. § 399 Abs 2 EO weist die Zuständigkeit für Aufhebungs- und Einschränkungsanträge während der Anhängigkeit des Prozesses in der Hauptsache ausdrücklich dem Prozessgericht erster Instanz zu, sodass das Argument der Klägerinnen, nur der Oberste Gerichtshof selbst dürfe eine von ihm erlassene einstweilige Verfügung aufheben oder abändern, im Gesetz keine Grundlage findet (vgl auch E. Kodek in Angst, EO2 § 399 Rz 30, König, Einstweilige Verfügungen3 Rz 8/27).
Der angefochtene Beschluss bedeutet keineswegs, dass die Rechtsmeinung eines Unabhängigen Verwaltungssenats jene des Obersten Gerichtshofs derogiert. Das Rekursgericht wies vertretbar darauf hin, dass durch die Entscheidung der Verwaltungsbehörde eine Änderung der für die einstweilige Verfügung relevanten Verhältnisse eintrat, führte doch die Einschränkung der gewerbebehördlichen Auflagen zu einer Verminderung des Sicherungsbedürfnisses der Kläger (vgl 4 Ob 70/95).
Ebenso vertretbar sind die Ausführungen des Rekursgerichts soweit es den von den Klägerinnen behaupteten Widerspruch zur Entscheidung 3 Ob 138/10f (im Oppositionsverfahren) verneint. Im Oppositionsverfahren ging es um die Frage, ob der Punkt 1.2. der einstweiligen Verfügung zugrundeliegende Anspruch erloschen ist, während der im vorliegenden Verfahren gestellte Antrag nach § 399 Abs 1 Z 2 EO den Wegfall des Hauptanspruchs nicht voraussetzte.
4. Die Frage der Wiederholungsgefahr zu Spruchpunkt I.1. der einstweiligen Verfügung stellt sich aufgrund des Wegfalls des zugrundeliegenden Anspruchs nicht mehr. Die Ausführungen des Rekursgerichts, wonach der nachträgliche Wegfall des Anspruchs durch gerichtliche Entscheidung diesem Teil der einstweiligen Verfügung die Grundlage entzog, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung: Ein ganz oder teilweise erloschener Anspruch bedarf (insoweit) keiner Sicherung mehr (4 Ob 534/95).
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