Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.198,65 (darin enthalten S 927,15 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger übt das Gewerbe eines Hotelvermittlers aus. Am 16. Februar 1987 schloß er mit dem Beklagten, der das Hotel "C*** O***" in der Axamer Lizum betreibt, einen als "Hotelrepräsentationsvertrag" bezeichneten Vertrag (Beilage A), nach dessen Punkt 1 der Kläger zum "Repräsentanten (Vermittlung von Gästen)" bestellt wurde. Der Kläger verpflichtete sich, das gesamte Hotel-Bettenkontingent "zu bestmöglichen Konditionen und bei absoluter Belegspriorität" an Reiseveranstalter "zu verkaufen". Für den Fall des Abschlusses eines Vermittlungsgeschäftes durch den Kläger wurde eine Provision im Ausmaß von 5 % des durch das vermittelte Geschäft erzielten Bettenumsatzes vereinbart. Das Inkasso sollte derart erfolgen, daß die Gäste das Entgelt für den Aufenthalt ihren Reisebüros zahlen und dafür Gutscheine erhalten sollten; der Beklagte sollte an den Kläger fakturieren und dieser sodann an die Reisebüros. Dieser Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit unter Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit abgeschlossen. Der Kläger hat derartige Vermittlungsgeschäfte für den Beklagten mit einer Reihe von Reiseveranstaltern abgeschlossen; dabei wurden Beherbergungsverträge teilweise schon bis zum 9. April 1988 geschlossen.
Im Jänner 1988 wies der Beklagte die Reisebüros an, mit ihm direkt abzurechnen. Er teilte zwei vom Kläger vermittelten ausländischen Reiseveranstaltern mit, daß er deren Gäste, die am 23. Jänner 1988 ankommen sollten, nicht aufnehmen, sondern auf andere nicht gleichwertige Hotels in Axam und Umgebung aufteilen werde. Einem weiteren Reiseveranstalter teilte der Beklagte mit, daß er keinen Gast mehr in seinem Hotel aufnehmen werde, wenn die organisatorische Abwicklung und die Abrechnung weiterhin über den Kläger erfolge.
Zugleich mit seiner am 21. Jänner 1988 überreichten Klage beantragte der Kläger, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, die vom Kläger vermittelten Gäste im Hotel "C*** O***" und im Hotel "C*** Y*** O***" in der Axamer Lizum zu beherbergen, insbesondere die Gäste mit dem Ankunftstermin 22./23. Jänner 1988 laut Zimmereinteilungsliste aufzunehmen und zu beherbergen. Der Beklagte halte sich nicht mehr an die getroffene Vereinbarung und weigere sich, die vom Kläger vermittelten Gäste aufzunehmen und zu beherbergen; sein Verhalten sei eine reine Schikane, weil sich die Reisebüros weigerten, mit ihm direkt abzurechnen. Es sei unrichtig, daß der Kläger überbucht hätte. Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung hinsichtlich des Hotels "C*** O***"; den das Hotel "C*** Y*** O***" betreffenden Sicherungsantrag wies es hingegen ab. Durch die Vorgangsweise des Beklagten werde der Ruf des Klägers als Hotelvermittler gefährdet; es bestehe die Gefahr des Verlustes weiterer Geschäftsbeziehungen. Da dieser Schaden durch Geldersatz nicht ausgeglichen werden könne und daher "unwiederbringlich" iS des § 381 Z 2, zweiter Fall, EO sei, habe auch eine mit dem Klagebegehren übereinstimmende einstweilige Verfügung erlassen werden können. Der Kläger habe allerdings nicht bescheinigt, daß sich die getroffene Vereinbarung auch auf das Hotel "C*** Y*** O***" bezogen habe; das dieses Hotel betreffende Mehrbegehren sei daher abzuweisen gewesen.
Auf Grund dieser einstweiligen Verfügung bewilligte das Erstgericht dem Kläger am 1. Februar 1988 die Exekution gemäß § 354 EO.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige (Punkt 1 des angefochtenen Beschlusses); auch den Exekutionsantrag wies es in Stattgebung des Rekurses des Verpflichteten ab (Punkt 2 des angefochtenen Beschlusses).
Auf Grund der vorgelegten Vertragsurkunde stellte das Rekursgericht ergänzend fest, daß der Kläger im Vertrag als "Vermittler" bezeichnet wurde und für das Inkasso keine Verantwortung übernommen hat. In rechtlicher Hinsicht führte es zum Sicherungsanspruch folgendes aus:
Dem Vertrag lasse sich nicht entnehmen, daß der Beklagte dem Kläger das gesamte Bettenkontingent zum selbständigen Verkauf im eigenen Namen und auf eigene Rechnung überlassen hätte. Wenngleich der Kläger auch zum Abschluß von Rechtsgeschäften bevollmächtigt gewesen sei, sei er doch nur als Vermittler (mit Abschlußvollmacht) tätig gewesen. Auf die Geschäftsbeziehungen der Streitteile sei daher das HandelsvertreterG anzuwenden. Mangels abweichender Vereinbarung müsse daraus geschlossen werden, daß der Kläger auch beim Abschluß von Rechtsgeschäften mit Reiseveranstaltern über das Bettenkontingent des Beklagten jeweils im Namen und auf Rechnung des Beklagten zu handeln gehabt habe. Als Handelsvertreter habe der Kläger nur Anspruch auf Provision und allenfalls auf eine Entschädigung im Falle der vertragswidrigen Verhinderung am Verdienst; die Zuhaltung des vermittelten oder namens und auf Rechnung des Geschäftsherrn abgeschlossenen Geschäfts könne er jedoch nicht geltend machen. Der Kläger habe nicht behauptet, daß ihm der Beklagte dieses Recht eingeräumt habe.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Der Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs gegen Punkt 1 des angefochtenen Beschlusses ist nicht berechtigt. Über den Revisionsrekurs gegen Punkt 2 des angefochtenen Beschlusses wird gesondert entschieden. Der Kläger bekämpft die Auffassung des Rekursgerichtes, daß ein Handelsvertreter keinen Anspruch auf Zuhaltung der von ihm geschlossenen Rechtsgeschäfte habe, nicht ausdrücklich; er beruft sich nur auf das Schreiben des Beklagten Beilage B, wonach der Kläger berechtigt sei, Hotelverträge abzuschließen und gemeinsam mit dem Beklagten bei Nichteinhaltung einzelner Vertragspunkte die Verantwortung zu tragen habe. Der Vertrag enthalte somit auch Elemente eines Werkvertrages; es sei beabsichtigt gewesen, daß der Kläger die Hotelvermittlungsverträge mit den Reiseveranstaltern im eigenen Namen - und nicht als direkter Stellvertreter des Beklagten - abschließen werde. Dies ergebe sich auch daraus, daß die Streitteile auch den Abschluß eines Hotelmanagementvertrages vorbereitet hätten.
Vorerst ist auf die - bisher im Verfahren noch nicht relevierte - Frage des anzuwendenden Rechts einzugehen. Ergeben sich aus der Aktenlage - wie hier schon aus dem in der BRD gelegenen Wohnsitz des Beklagten - Anhaltspunkte für die Maßgeblichkeit fremden Rechts, dann sind die für die Anknüpfung an eine bestimmte Rechtsordnung maßgebenden tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen von Amts wegen festzustellen, soweit nicht nach verfahrensrechtlichen Vorschriften in einem der Rechtswahl zugänglichen Sachgebiet tatsächliches Parteivorbringen für wahr zu halten ist (§ 2 IPRG); dabei muß jeder Sachverhalt, bei dem es gilt, eine Kollisionsnorm aufzufinden, in der Regel im System der lex for; eingeordnet werden, welches dann das Anknüpfungsmoment und damit die Verweisung auf das anwendbare Recht bestimmt (Duchek-Schwind, IPR 11 Anm. 1 zu § 2 IPRG). Ist fremdes Recht maßgebend, dann ist es von Amts wegen und wie in seinem ursprünglichen Geltungsbereich anzuwenden (§ 3 IPRG). Schuldverhältnisse sind gemäß § 35 Abs 1 IPRG in erster Linie nach dem Recht zu beurteilen, das die Parteien ausdrücklich oder - vor Einleitung des Verfahrens (§ 11 Abs 2 IPRG) - schlüssig bestimmt haben. § 49 IPRG bestimmt nur, nach welchem Recht die Voraussetzungen und die Wirkungen der gewillkürten Stellvertretung im Verhältnis des Geschäftsherrn und des Stellvertreters zum Dritten zu beurteilen sind; das Innenverhältnis zwischen dem Geschäftsherrn und seinem Stellvertreter unterliegt den dafür jeweils maßgebenden eigenen Verweisungsnormen (Duchek-Schwind aaO 113 Anm. 4 zu § 49 IPRG). Eine Rechtswahl wurde im vorliegenden Fall nicht behauptet; sie ergibt sich auch nicht aus dem Vertrag Beilage A. Ob der Kläger nach der getroffenen Vereinbarung als Vermittler oder Eigenhändler tätig war, muß im Rahmen der Primäranknüpfung nicht beurteilt werden; er erbrachte nämlich die vertragstypische Leistung (Anbahnung und Abschluß von Hotelverträgen mit Reiseveranstaltern) und erhielt dafür zumindest überwiegend Geld (die Provision). Nach § 36 IPRG ist daher wegen des im Inland gelegenen gewöhnlichen Aufenthaltes des Klägers auf die Geschäftsbeziehung der Streitteile österreichisches Recht anzuwenden.
Aus dem festgestellten Vertragsinhalt ergibt sich eindeutig, daß der Kläger als Repräsentant des Beklagten mit der Vermittlung von Gästen beauftragt war. Der Kläger hat nicht vorgetragen, daß er das Bettenkontingent des Beklagten im eigenen Namen "verkauft" habe; die Ausführungen in der Klage bieten überhaupt keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Beklagte wie ein "Eigenhändler" tätig geworden wäre. Geht man aber davon aus, daß der Kläger bei der Vermittlung des Bettenkontingentes des Beklagten an Reiseveranstalter als selbständiger Unternehmer auf Grund eines auf unbestimmte Zeit geschlossenen Vertrages tätig war, dann kann seine Qualifikation als Handelsvertreter nicht fraglich sein. Wer von einem anderen (Geschäftsherrn) mit der Vermittlung oder Abschließung von Handelsgeschäften oder überhaupt von Rechtsgeschäften über bewegliche Sachen, Rechte oder Arbeiten in dessen Namen und für dessen Rechnung ständig betraut ist und diese Tätigkeit selbständig ausübt, ist gemäß § 1 HVG selbständiger Handelsvertreter. Alle vom Gesetz genannten Merkmale sind im vorliegenden Fall erfüllt. Aus dem schon mit der Klage vorgelegten Schreiben des Beklagten vom 23. März 1987 (Beilage B) ergibt sich nicht, daß der Kläger "den Vertrieb" im eigenen Namen und auf eigene Rechnung übernommen hätte; die Übernahme von Haftungen besagt dies jedenfalls nicht. Ist die Ausführung eines vom Handelsvertreter oder durch dessen Vermittlung abgeschlossenen Geschäfts oder die Gegenleistung des Dritten, mit dem das Geschäft abgeschlossen worden ist, infolge Verhaltens des Geschäftsherrn ganz oder teilweise unterblieben, so kann der Handelsvertreter nach § 6 Abs 3 HVG die volle Provision verlangen, es sei denn, daß für das Verhalten des Geschäftsherrn wichtige Gründe auf der Seite des Dritten vorliegen. § 6 Abs 3 HVG gewährt dem Handelsvertreter jedoch keinen Anspruch auf Abschluß und Ausführung des von ihm vermittelten oder auf Ausführung des von ihm abgeschlossenen Geschäfts (Stanzl in Klang2 IV/1, 866;
Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht3 I 296; SZ 6/276; SZ 55/111;
HS 797/36). Aus dem Vertrag der Streitteile ergibt sich nicht, daß eine von dieser Gesetzeslage abweichende Vereinbarung getroffen worden wäre.
Die Ansicht des Rekursgerichtes, daß dem Kläger die Bescheinigung des geltend gemachten Anspruches nicht gelungen sei, ist daher frei von Rechtsirrtum.
Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO.
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