Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird mit der Maßgabe bestätigt, daß in seinem dem Sicherungsantrag stattgebenden Ausspruch die Worte "zur ungeteilten Hand" zu entfallen haben.
Die beklagten Parteien haben die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Medieninhaberin der Wochenzeitschrift "DIE G*** W***"; die Erstbeklagte, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Zweitbeklagte ist, ist Medieninhaberin der Tageszeitung "Neue Kronen-Zeitung".
In der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 5. Juni 1989 wurde auf Seite 17 unter der Überschrift "Ein H*** für jeden Leser der K***" angekündigt:
"Meister Friedensreich hat eine Million Auto-Aufkleber seiner Entwürfe für die neuen Kennzeichen anfertigen lassen. Morgen sind die 'Pickerln' Ihrer Zeitung beigelegt - als Geschenk an alle, die keine deutschen Kfz-Schilder wollen". Unterhalb davon waren in der linken Spalte dieser Seite 13 verschiedene, von Friedensreich H*** entworfene
Kennzeichentafeln dargestellt. Darunter stand:
"Diese 13 Pickerln für alle neun Bundesländer werden morgen
Ihrer Zeitung beigelegt. Kleingedruckt am oberen Rand steht: 'Krone für Hundertwasser'".
Tatsächlich waren der "Neuen Kronen-Zeitung" vom folgenden Tag die angekündigten "Pickerln" beigelegt.
Mit der Behauptung, daß mit dieser Aktion unter Verletzung des Zugabengesetzes und anderer Rechtsvorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb ein unsachlicher Anreiz zum Kauf der "Neuen. Kronen-Zeitung" geschaffen werde, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zur ungeteilten Hand, zu verbieten, die "Neue Kronen-Zeitung" verkaufen zu lassen, wenn darin oder damit Gratisgaben, insbesondere Autoaufkleber, die ein H***-Kennzeichen darstellen, angekündigt, angeboten oder gewährt werden. Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Die beanstandeten Aufkleber seien objektiv nicht geeignet, den Kunden in seinem Entschluß zum Kauf der Hauptware ("Neue Kronen-Zeitung") zu beeinflussen. Sie hätten keine selbständige wirtschaftliche Bedeutung und sollten nur die Sympathie ihres Besitzers mit der von H*** propagierten Idee der Gestaltung von Kfz-Kennzeichen zum Ausdruck bringen; sie seien daher keine Zugabe. Selbst wenn man jedoch ihre Zugabeneigenschaft bejahen wollte, wäre das Gewähren gemäß § 3 Abs 1 lit b und c ZugG erlaubt. Auch andere wettbewerbsrechtliche Vorschriften würden nicht verletzt, weil insbesondere auch kein psychischer Kaufzwang ausgeübt werde.
Der Erstrichter wies den Sicherungsantrag ab. Die Aufkleber hätten keinen wie immer gearteten eigenständigen wirtschaftlichen Wert; sie dienten vielmehr bloß der Demonstration von Sympathie für eine bestimmte Idee. Ihnen komme weder Zugabencharakter zu, noch werde durch die Ankündigung ein psychischer Kaufzwang ausgeübt. Das Rekursgericht verbot den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zur ungeteilten Hand, beim Verkauf der "Neuen Kronen-Zeitung" Gratiszugaben, insbesondere Autoaufkleber, die ein H***-Kennzeichen darstellen, anzukündigen oder anzubieten; das Mehrbegehren, auch das Gewähren dieser Gratiszugaben zu untersagen, blieb abgewiesen. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,- und der Wert des gesamten Streitgegenstandes S 300.000,- übersteige. Der Zugabencharakter der von den Beklagten angekündigten Aufkleber könne nicht zweifelhaft sein; sie könnten insbesondere nicht als Beilage zur Zeitung und damit als Teil der Hauptware gesehen werden, weil sie infolge ihrer Art und Beschaffenheit sowie ihres Verwendungszwecks von vornherein nicht als notwendiger oder üblicher Bestandteil einer Zeitung in Betracht kämen. Auch (absolut) "geringwertige Kleinigkeiten" könnten - wie sich aus § 3 Abs 1 lit c ZugG ergibt - Zugaben sein. Gerade deshalb, weil die Aufkleber nach Ansicht der Beklagten nur dazu dienten, die Sympathie für die von H*** vorgeschlagene Nummerntafelngestaltung auszudrücken, sei die objektive Eignung dieser Zugabe, den Kunden in seinem Entschluß zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen, zu bejahen. Die Möglichkeit, seine Sympathie durch einen auf dem Auto anzubringenden Aufkleber unter Beweis zu stellen und damit vielleicht die damals noch ausstehende politische Entscheidung zu beeinflussen, habe zweifellos einen starken Kaufanreiz bedeutet. Da dem Schriftzug auf den Aufklebern "K*** für H***" kein Auffälligkeits- und Reklamewert zuzubilligen sei, komme die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs 1 lit b ZugG nicht zur Anwendung; die Aufkleber seien jedoch so geringwertig, daß sie unter § 3 Abs 1 lit c ZugG fielen. Danach sei zwar das Ankündigen und Anbieten "geringwertiger Kleinigkeiten" nicht jedoch deren Gewähren als Zugabe untersagt. Das Gewähren des Aufklebers verstoße auch nicht gegen § 1 UWG, weil weder behauptet worden noch zu erkennen sei, aus welchen besonderen Umständen sich die Sittenwidrigkeit dieser Handlung ergebe.
Gegen den abändernden Teil dieses Beschlusses wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluß des Erstrichters wiederherzustellen.
Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
"Zugabe" im Sinne des § 1 Abs 1 ZugG ist - wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat - ein zusätzlich gewährter Vorteil, der neben einer (Haupt-)Ware oder (Haupt-)Leistung ohne besondere Berechnung, also "unentgeltlich", angekündigt, angeboten oder gewährt wird, um den Absatz der Hauptware oder die Verwertung der Hauptleistung zu fördern; er muß mit der Hauptware oder -leistung in einem solchen Zusammenhang stehen, daß er objektiv geeignet ist, den Kunden in seinem Entschluß zum Erwerb dieser Hauptware oder Hauptleistung zu beeinflussen, also ein Werbe- oder Lockmittel sein (Hohenecker-Friedl 121; Baumbach-Hefermehl Wettbewerbsrecht15, 1897 Rz 1 zu § 1 dZugV; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 65; SZ 47/31; ÖBl 1985, 108 mwN). Zugabe im Sinne des Gesetzes können nur solche wirtschaftlichen Vorteile sein, die nach der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise nicht zum Leistungsgegenstand des Hauptgeschäftes gehören, sondern eine davon losgelöste wirtschaftliche Bedeutung haben und selbständig zu bewerten sind (Baumbach-Hefermehl aaO Rz 2; Hoth-Gloy, Zugabe und Rabatt 85; Koppensteiner aaO 66 f; ÖBl 1978, 131; ÖBl 1980, 109; ÖBl 1985, 108 ua).
Daß die beanstandeten Aufkleber überhaupt keinen
wirtschaftlichen Wert hätten, trifft entgegen der Meinung der Beklagten nicht zu, handelt es sich doch dabei um Gegenstände, deren Erzeugung mit einem Aufwand an Kosten für Material und Arbeiten verbunden war und die grundsätzlich auch Handelsobjekt sein könnten. Auch wenn dieser Verkehrswert äußerst gering ist, steht das nicht im Widerspruch zum Begriff der Zugabe (vgl. § 3 Abs 1 lit c ZugG; ÖBl 1980, 109). Daß der Benützer eines solchen Aufklebers damit nicht eigene wirtschaftliche, sondern - im weitesten Sinn - ideelle Zwecke verfolgt, ist unerheblich; das gilt ja für eine große Zahl von Gebrauchsgütern schon darin, daß der Bezieher der H***-Aufkleber einen Gegenstand in die Hand bekommen hat, um damit seine Gesinnung öffentlich dokumentieren zu können, liegt ein wirtschaftlicher Vorteil.
Ob die einer Ausgabe der "Neuen Kronen-Zeitung" beigelegten "H***-Pickerln" als Zugabe anzusehen sind, hängt davon ab, ob sie von den beteiligten Verkehrskreisen als Teil der Hauptleistung, also der Zeitung, und mit dem Preis für diese als abgegolten angesehen wurden oder ob sie infolge ihrer Art von vornherein nicht als notwendiger Bestandteil einer Zeitung in Betracht kamen (ÖBl 1978, 46 und 131; ÖBl 1980, 109; Koppensteiner aaO 67). So werden die verschiedenen im Zeitungshandel üblichen Beilagen für Rundfunk, Sport, Wochenende, Reise, Kinder usw. allgemein als Bestandteil der Zeitung angesehen; sie sind nach Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise Leistungen, die bereits im Preis für die Zeitung selbst inbegriffen sind. Diese Beilagen verlieren nach Auffassung der Leser die Eigenschaft eines Bestandteils der Zeitung nicht schon dadurch, daß sie sich in Gestaltung und Aufmachung, zB durch Verwendung eines besseren Papiers oder durch andere Drucktechnik, vom übrigen Teil der Zeitung abheben, werden doch derartige Beilagen vom Publikum nicht mehr als etwas Ungewöhnliches oder dem Wesen einer Tageszeitung Fremdes empfunden oder angesehen (ÖBl 1978, 131; ÖBl 1980, 109). Aufkleber, wie sie hier von der "Neuen Kronen-Zeitung" vertrieben wurden, können aber gewiß nicht als üblicher Bestandteil von Zeitungen angesehen werden. Die Gestaltung dieser Etiketten, welche es erlaubte, sie mit wenigen Handgriffen - dem Abziehen der auf der Rückseite aufgeklebten Folie - zu einem Klebebild und damit zu einem selbständigen Gegenstand mit eigener Funktion zu machen, schließt ihre Qualifikation als Zeitungsbestandteile aus. Die Beklagte hat damit eine Gratisbeigabe gewählt, die nach ihrer Art und Beschaffenheit, aber auch nach ihrem selbständigen Verwendungszweck nicht mehr als integrierender Bestandteil der Tageszeitung angesehen werden konnte (ÖBl 1980, 109). Dabei wird nicht übersehen, daß die beanstandete Aktion im Zusammenhang mit der Haltung gestanden war, die die "Neue Kronen-Zeitung" in der Frage der Neugestaltung der Autokennzeichentafeln eingenommen hatte. Das ändert aber nichts daran, daß die Ausgabe von Aufklebern zur Unterstützung der von einer Zeitung zu einem bestimmten Problem vertretenen Linie nicht gebräuchlich ist, ein solcher Aufkleber daher nicht als üblicher Zeitungsbestandteil, sondern als eine - nur ausnahmsweise erbrachte - zusätzliche, unentgeltliche Leistung angesehen wird. Dem Rekursgericht ist aber auch darin beizupflichten, daß die beanstandete Aktion sehr wohl geeignet war, einen Teil des Publikums in seinem Entschluß zum Erwerb der "Neuen Kronen-Zeitung" zu beeinflussen. Kauft aber jemand diese Zeitung, um die angekündigten "Pickerln" zu bekommen, und nicht, um dort seine eigene Meinung bestätigt zu finden oder die Zeitung zu unterstützen, welche die ihm genehme Auffassung verbreitet, dann handelt er entgegen den Revisionsrekursausführungen aus sachfremden Gründen und nicht wegen der Qualität der Ware (Zeitung).
Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen. Da jedoch eine Unterlassungsverpflichtung mehreren Beklagten nicht zur ungeteilten Hand aufzuerlegen ist, die Beklagten vielmehr jeder für sich für eine solche Unterlassung zu haften haben (SZ 51/76; ÖBl 1980, 159; ÖBl 1981, 20 und 51), war die angefochtene Entscheidung mit der Maßgabe zu bestätigen, daß die Worte "zur ungeteilten Hand" aus dem Unterlassungsgebot zu entfallen haben. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO, jener über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung auf § 393 Abs 1 EO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)