Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung - einschließlich des in dritter Instanz nicht angefochtenen Teils - insgesamt wie folgt zu lauten hat:
"Der Antrag, der beklagten Partei mit einstweiliger Verfügung zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen, worauf die Klage gerichtet ist, bis 14 Tage nach Rechtskraft des über die Unterlassungsansprüche ergehenden Urteils zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
a) die periodische Druckschrift FORMAT an das Leserpublikum um einen Preis abzugeben und/oder durch Vertriebspartner abgeben zu lassen, der unter dem sich bei üblicher Kalkulation ergebenden Preis liegt, sofern diese Preisgestaltung seitens des Verlegers von FORMAT darauf abzielt, dass FORMAT jedenfalls billiger als die periodische Druckschrift "profil" ist und/oder dies in der Absicht des Verlegers von FORMAT geschieht, die geschäftliche Existenz von Mitbewerbern zu vernichten und/oder Mitbewerbern durch die Gefahr einer Marktverstopfung die Behinderung des eigenen Absatzes mit periodischen Druckschriften droht;
in eventu die periodische Druckschrift FORMAT zu Schleuderpreisen zu verkaufen und/oder verkaufen zu lassen;
in eventu die periodische Druckschrift FORMAT im Einzelverkauf um einen Preis von unter 10 S abzugeben und/oder abgeben zu lassen;
in eventu die periodische Druckschrift FORMAT an das Leserpublikum um einen Preis abzugeben und/oder abgeben zu lassen, der unter dem sich bei üblicher Kalkulation ergebenden Preis liegt, sofern diese Preisgestaltung seitens des Verlegers von FORMAT darauf abzielt, dass FORMAT jedenfalls billiger als die periodische Druckschrift "profil" (zu ergänzen: ist) und/oder dies in der Absicht des Verlegers von FORMAT geschieht, die geschäftliche Existenz von Mitbewerbern zu vernichten und/oder Mitbewerbern durch die Gefahr einer Marktverstopfung die Behinderung des eigenen Absatzes mit periodischen Druckschriften droht, sofern und soweit ein vollstreckbarer Exekutionstitel, der dem Verleger und/oder Eigentümer und/oder Medieninhaber von FORMAT derartige Handlungen untersagt, besteht;
b) Ermäßigungs-Coupons für die periodische Druckschrift FORMAT auszugeben und/oder durch Vertriebspartner auszugeben und/oder durch Vertriebspartner ausgeben zu lassen und/oder entgegenzunehmen und/oder durch Vertriebspartner entgegennehmen zu lassen, wenn der Verkaufspreis von FORMAT durch die Ausgabe und/oder die Entgegennahme von Ermäßigungs-Cupons für mehrere, aufeinanderfolgende Ausgaben von FORMAT, insbesondere in Form von FORMAT-Schecks, verschleiert wird, insbesondere, wenn die Ausgabe der Ermäßigungs-Coupons österreichweit an alle Haushalte erfolgt (ist);
in eventu selbiges, sofern und soweit ein vollstreckbarer Exekutionstitel, der dem Verleger und/oder Eigentümer und/oder Medieninhaber von FORMAT derartige Handlungen untersagt, besteht; wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 26.445,60 S (darin 4.407,60 S USt) bestimmten Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 31.429,98 S (darin 5.238,33 S USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Medieninhaberin des wöchentlich erscheinenden Nachrichtenmagazins profil. Die Beklagte ist eine Zeitungsvertriebsgesellschaft, die in ihren Vertrieb unter anderem auch das wöchentlich erscheinende Nachrichtenmagazin FORMAT aufgenommen hat, dessen Eigentümerin und Verlegerin die FORMAT Zeitschriftenverlagsgesellschaft (in der Folge: Verlegerin) ist. Beide Magazine liefern einander einen heftigen Preiskampf auf dem Markt.
Zum Zeitpunkt des Markteintritts von FORMAT belief sich der Preis von profil auf 30 S pro Heft, jener von FORMAT auf 25 S pro Heft. Drei Wochen vor dem erstmaligen Erscheinen von FORMAT wurde dieses Nachrichtenmagazin den Abonnenten der Zeitschrift NEWS zum Zusatzpreis von 5 S pro Heft gegenüber dem Einzelverkaufspreis von 25 S angeboten. Den Abonnenten der Zeitschrift tv-media wurde ein mindestens zehnwöchiges FORMAT-Abonnement um einen Preis von 10 S je Heft angeboten. Weiters wurden FORMAT-Abonnements ganz allgemein um 10 S je Heft angeboten. Noch vor dem erstmaligen Erscheinen von FORMAT hat die Verlegerin bereits 50.0000 FORMAT-Abonnements verkauft; profil besaß demgegenüber im vierten Quartal 1998 nur
43.777 Abonnenten. Beginnend mit der Ausgabe 3/99 vom 18. 1. 1999 setzte die Klägerin zur Förderung ihres eigenen Verkaufs im Rahmen einer mit der Ausgabe vom 9. 3. 1999 beendeten Aktion den Verkaufspreis von profil von 30 S auf 10 S herab. Daraufhin senkte FORMAT den Preis von 25 S auf 15 S. Gleichzeitig ließ die Verlegerin am 20. 1. 1999 als Postwurfsendung einen Werbefolder an die österreichischen Haushalte zustellen, dessen Herstellungs- und Portokosten 5,533.000 S betrugen. Darin waren FORMAT-Schecks im Gegenwert von 10 S enthalten, die beim Erwerb der Ausgaben Nr. 3 vom 18. 1. 1999 bis Nr. 8 vom 22. 2. 1999 eingelöst werden konnten. Es wurde darauf hingewiesen, dass FORMAT unter Verwendung der Schecks (ausgehend von einem auf 15 S reduzierten Verkaufspreis) um nur 5 S gekauft werden könne; damit habe FORMAT den besten Preis, den ein Magazin je gehabt habe. Diese Gutscheinaktion von FORMAT war noch vor der Preissenkung von 25 S auf S 15 S geplant worden und sollte ursprünglich eine Reduktion des Verkaufspreises auf 15 S bewirken. Der Entschluss, den Preis im Rahmen der Gutscheinaktion letztendlich auf 5 S zu senken, wurde als Reaktion auf die Preissenkung von profil von 30 S auf 10 S gefasst. In den Zeitschriften NEWS und tv-media wurde die Aktion beworben und als großer Erfolg dargestellt. In den in den Ausgaben Nr. 4/99 und 5/99 der Zeitschrift tv-media erschienenen Artikeln wurde unter ausdrücklicher Bezugnahme auf profil ausgeführt, dass profil seine Preissenkung von 30 S auf 10 S ("Schleuderpreis") "nichts gebracht" habe, vielmehr der Klägerin hohe Verluste bereite; FORMAT habe profil schon in den ersten drei Monaten in der Käufergunst klar geschlagen und profil seinen Preis ab 9. 3. 1999 wieder auf 30 S erhöht. Am 18. 3. 1999 wurde neuerlich eine Postwurfsendung an die österreichischen Haushalte versandt, die wie eine Sonderausgabe der Zeitschrift NEWS gestaltet war und deren Umschlagflappe auf der Vorderseite sechs NEWS-Schecks und auf der Rückseite sechs FORMAT-Schecks für die Nr. 11 bis 16 ab 15. 3. bis 19. 4. 1999 enthielt, bei deren Benützung sich ein Kaufpreis von 5 S pro Heft FORMAT ergab.
Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt der Kläger, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen,
a) die periodische Druckschrift FORMAT an das Leserpublikum um einen Preis abzugeben und/oder durch Vertriebspartner abgeben zu lassen, der unter dem sich bei üblicher Kalkulation ergebenden Preis liegt, sofern diese Preisgestaltung seitens des Verlegers von FORMAT darauf abzielt, dass FORMAT jedenfalls billiger als die periodische Druckschrift "profil" ist und/oder dies in der Absicht des Verlegers von FORMAT geschieht, die geschäftliche Existenz von Mitbewerbern zu vernichten und/oder Mitbewerbern durch die Gefahr einer Marktverstopfung die Behinderung des eigenen Absatzes mit periodischen Druckschriften droht;
in eventu die periodische Druckschrift FORMAT zu Schleuderpreisen zu verkaufen und/oder verkaufen zu lassen;
in eventu die periodische Druckschrift FORMAT im Einzelverkauf um einen Preis von unter 10 S abzugeben und/oder abgeben zu lassen;
in eventu die periodische Druckschrift FORMAT an das Leserpublikum um einen Preis abzugeben und/oder abgeben zu lassen, der unter dem sich bei üblicher Kalkulation ergebenden Preis liegt, sofern diese Preisgestaltung seitens des Verlegers von FORMAT darauf abzielt, dass FORMAT jedenfalls billiger als die periodische Druckschrift "profil" (zu ergänzen: ist) und/oder dies in der Absicht des Verlegers von FORMAT geschieht, die geschäftliche Existenz von Mitbewerbern zu vernichten und/oder Mitbewerbern durch die Gefahr einer Marktverstopfung die Behinderung des eigenen Absatzes mit periodischen Druckschriften droht, sofern und soweit ein vollstreckbarer Exekutionstitel, der dem Verleger und/oder Eigentümer und/oder Medieninhaber von FORMAT derartige Handlungen untersagt, besteht;
b) Ermäßigungs-Coupons für die periodische Druckschrift FORMAT auszugeben und/oder durch Vertriebspartner auszugeben und/oder durch Vertriebspartner ausgeben zu lassen und/oder entgegenzunehmen und/oder durch Vertriebspartner entgegennehmen zu lassen, wenn der Verkaufspreis von FORMAT durch die Ausgabe und/oder die Entgegennahme von Ermäßigungs-Cupons für mehrere, aufeinanderfolgende Ausgaben von FORMAT, insbesondere in Form von FORMAT-Schecks, verschleiert wird, insbesondere, wenn die Ausgabe der Ermäßigungs-Coupons österreichweit an alle Haushalte erfolgt (ist);
in eventu selbiges, sofern und soweit ein vollstreckbarer Exekutionstitel, der dem Verleger und/oder Eigentümer und/oder Medieninhaber von FORMAT derartige Handlungen untersagt, besteht.
Die Klägerin stehe mit ihrer Zeitschrift profil im Wettbewerb um Leser und Inserenten mit der Zeitschrift FORMAT. Die Beklagte vertreibe FORMAT und hafte daher für Wettbewerbsverstöße beim Verkauf sowie für den wettbewerbswidrigen Inhalt der von ihr vertriebenen Zeitschrift. Durch den Vertrieb würden Wettbewerbsverstöße des Medieninhabers der vertriebenen Zeitung gefördert. Der Kenntnis eines Tatbestands sei das bewusste Entziehen der Kenntnis vom Tatbestand gleichzusetzen. Die Beklagte hafte daher für Wettbewerbsverstöße, die ihr bekannt seien oder deren Kenntnis sie sich bewusst entziehe. Die Preisreduktion bei FORMAT durch die Gutscheinaktion sei als erklärte Maßnahme eines Preiskampfs gegen profil durchgeführt worden. Die Festsetzung des Heftpreises mit 5 S sowie die Art der Preisgestaltung durch einen in Form von Schecks gewährten Preisnachlass sei wettbewerbswidrig, weil die Verlegerin dadurch die Tatbestände des sittenwidrigen Preisschleuderns, der unzulässigen Wertreklame infolge Verschleierung der Preissenkung sowie der Täuschung des angesprochenen Publikums, es erhalte über die Gutscheine etwas besonders günstig, obwohl es sich um eine generelle Preissenkung handle, verwirkliche. Trotz Klageführung und Erlassung einer einstweiligen Verfügung habe die Verlegerin neuerlich derartige FORMAT-Schecks für die vom 15. 3. bis 19. 4. 1999 erscheinenden Ausgaben an alle österreichischen Haushalte verteilt, die bei sämtlichen Vertriebspartnern der Beklagten eingelöst werden könnten. Die Klägerin habe die Beklagte am 18. 3. 1999 über die einstweilige Verfügung informiert und sie - erfolglos - aufgefordert, die Entgegennahme dieser unzulässigen Schecks zu unterlassen. Die Verlegerin müsse bei jedem um 5 S verkauften Exemplar 1,85 S allein für den Vertrieb dazuzahlen, wozu noch die anteiligen Kosten der Postwurfsendung zur Verteilung der FORMAT-Schecks kämen; dies zeige die Unzulässigkeit der Preisgestaltung.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Sie sei nicht passiv legitimiert, weil sie in keinem Wettbewerbsverhältnis zur Klägerin stehe, nicht die Absicht der Förderung eines fremden Wettbewerbs habe und ihr ein Einwirken auf die Trafikanten unzumutbar sei. Die Preissenkung von FORMAT sei nur eine Reaktion auf einen von der Klägerin selbst begonnenen Preiskampf. Seitens FORMAT handle es sich um eine vorübergehende Testphase, die der Markteinführung diene. Daraus sei für den Kläger kein nachteiliger Effekt entstanden, die Auflage von profil sei vielmehr gestiegen. Es komme durch die Gutscheine zu keiner Preisverschleierung, weil die Aktion allgemein bekannt sei. Seit der Zustellung der einstweiligen Verfügung gegen FORMAT am 22. 3. 1999 seien keine weiteren Gutscheine mehr versandt worden. Infolge dieser bereits gegen die Verlegerin erwirkten einstweiligen Verfügung habe die Klägerin kein Rechtsschutzinteresse an der Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegen die hier Beklagte. profil erwirtschafte bei einem Verkaufspreis von 10 S pro Heft allein durch den Vertrieb und noch ohne Berücksichtigung der Herstellungskosten einen Verlust von 3,78 S; demgegenüber sei bei FORMAT (unter Zugrundelegung einer angenommenen Einlösungsquote von einem Drittel der Gutscheine) von einem Mischerlös zwischen 15 S und 5 S, nämlich 11,66 S, auszugehen, was - nur den Vertrieb berücksichtigend - noch immer einen Erlös von 3,85 S pro Heft FORMAT bedeute. Das Begehren zu a) sei zu unbestimmt, weil der Begriff der "üblichen Kalkulation" in keiner Weise bestimmbar sei.
Das Erstgericht gab dem unter a) wiedergegebenen Hauptbegehren statt und wies das unter b) wiedergegebene Haupt- samt Eventualbegehren ab. Es stellte noch fest, dass bei wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Verlagen keine allgemein anerkannte Branchenübung existiere, nicht gegen das Vertriebsunternehmen vorzugehen. Davon ausgehend erwog das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht, in einer marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsordnung dürfe grundsätzlich jeder Wettbewerber den Preis seiner Ware frei bestimmen. Es sei daher an sich nicht wettbewerbswidrig, Waren unter den Selbstkosten oder unter dem Einstandspreis zu verkaufen. Dies könne sogar aus den verschiedensten Gründen wirtschaftlich sinnvoll seien, beispielsweise um ein neues Produkt am Markt zu platzieren. Wettbewerbsrechtlich komme es darauf an, ob im konkreten Fall eine unmittelbar den Mitbewerber treffende Beeinträchtigung vorliege, die ihn daran hindere, seine Leistung dem Kunden zum Vergleich zu stellen. Wettbewerbswidrig sei der Verkauf unter dem Selbstkosten- oder Einstandspreis jedenfalls dann, wenn dies planmäßig in einer auf Schädigung des Mitbewerbers abzielenden Weise geschehe, sodass die Verdrängung des Mitbewerbers nicht als Folge eines sachlichen Leistungsvergleichs eintrete und sich nicht mehr das Unternehmen mit der besseren Leistung, sondern jenes Unternehmen durchsetze, das durch leistungswidrige Praktiken den sachlichen Leistungsvergleich beseitige. Das Preisverhalten von FORMAT sei darauf gerichtet, seinen Mitbewerber profil vom Markt zu verdrängen und diesen zu vernichten. Die Jubelrufe in der mit der Verlegerin verbundenen Mediengruppe über die steigenden Verluste der Klägerin ließen keinen anderen Schluss zu. Weder die Beklagte noch die Verlegerin behaupteten, dass der für FORMAT geforderte Schleuderpreis von 5 S aus wirtschaftlichen Gründen gerechtfertigt sei. Zur Rechtfertigung dieses Preises werde lediglich darauf verwiesen, dass die Klägerin mit dem Preiskampf begonnen habe. Das sei aber nicht von Bedeutung, da Preisschleudern eines Mitbewerbers eigenes Preisschleudern nicht rechtfertigen könne. Es sei daher jedenfalls sittenwidrig, wenn FORMAT versuche, die Klägerin mit einem kalkulatorisch durch nichts zu rechtfertigenden Preis von 5 S pro Heft vom Markt zu verdrängen oder in den Ruin zu treiben. Irrelevant sei aber, ob dies direkt oder über den Umweg einer Gutscheinaktion erfolge. Im Aussenden der Gutscheine allein liege kein sittenwidriges oder den Wettbewerb verzerrendes Element. Die Klägerin und die Verlegerin stünden miteinander in einem Wettbewerbsverhältnis. Die Beklagte als Zeitungsvertriebsgesellschaft hafte für Wettbewerbsverstöße beim Verkauf und in der von ihr vertriebenen Zeitschrift FORMAT, die ihr bekannt seien oder deren Kenntnis sie sich bewusst entziehe, weil sie dann durch den Vertrieb Wettbewerbsverstöße des Medieninhabers der vertriebenen Zeitschrift fördere. Bei dem vom Vertrieb verlangten Verhalten könne es jedoch nur darauf ankommen, ob tatsächlich ein Wettbewerbsverstoß eines Dritten gefördert werde oder nicht, unabhängig davon, ob gegen diesen Dritten eine gerichtliche Entscheidung vorliege. Es müsse dem Vertrieb freigestellt bleiben, selbständig zu überprüfen, ob ein behaupteter Wettbewerbsverstoß vorliege. Sein Verhalten könne nicht automatisch an das Vorliegen einer Entscheidung gegen den Medieninhaber oder Verleger gekoppelt werden, weil er im Falle einer falschen Entscheidung dafür auch das volle Risiko trage.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs im Hinblick auf die zitierte Judikatur nicht zulässig sei. Was die Absicht von FORMAT anlange, profil vom Markt zu verdrängen, habe sich das Erstgericht auf seine diesbezüglich als Feststellung zu wertende Beurteilung der "Jubelrufe" in der Zeitschrift tv-media bezogen, die einen solchen Verdacht durchaus nahelegten. Die Beklagte werde im Hauptverfahren noch hinlänglich Gelegenheit haben, diesen Anschein zu widerlegen und darzutun, daß ihre Aktionen alleine darauf abzielten, FORMAT neben profil am Markt zu etablieren und nicht zu verdrängen. Dass die Beklagte selbst keine eigene Absicht habe, profil zu vernichten, sei nicht relevant, weil auch Mittäter, Anstifter und Gehilfen nach ständiger Rechtsprechung für Wettbewerbsverstöße hafteten. Es gehe hier nicht um eigenes wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten, sondern um ihr Einstehenmüssen für das wettbewerbswidrige Verhalten eines selbständig handelnden Dritten, nämlich der Verlegerin; die Beklagte fördere durch den Vertrieb von FORMAT deren Wettbewerbsverstoß bzw ermögliche ihn überhaupt erst. Preisschleudern
- also eine Preisherabsetzung auf einen Bruchteil des sich bei üblicher Kalkulation ergebenden Preises - sei dann als sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG anzusehen, wenn dafür keine sonstigen wirtschaftlichen Erwägungen des eigenen Geschäftsbetriebs maßgebend seien, sondern es allein in der Absicht geschehe, auf jeden Fall das billigere Geschäft zu sein oder die geschäftliche Existenz von Mitbewerbern zu vernichten, um dann selbst freie Bahn zu haben. Letzteres treffe vor allem auf die FORMAT-Gutscheinaktion vom März 1999 zu. Zu diesem Zeitpunkt habe der Verkaufspreis von profil wieder 30 S betragen, sodass der Normalpreis von FORMAT mit 15 S ohnedies nur die Hälfte davon ausgemacht habe. FORMAT sei zu diesem Zeitpunkt bereits bestens am Markt etabliert gewesen; von einer Phase der Markteinführung könne fünf Monate nach dem erstmaligen Erscheinen einer Wochenzeitschrift wohl kaum mehr gesprochen werden. Dass es FORMAT von Anfang an darum gegangen sei, auf jeden Fall das billigere Magazin zu sein, zeige die Tatsache, dass FORMAT schon mit dem gegenüber profil günstigeren Preis von 25 S auf den Markt gebracht werden sollte und die weitere Entwicklung sich zwar als Reaktion auf Maßnahmen von profil, gleichzeitig aber auch als deren Unterbieten darstelle. Dass 5 S pro Heft ein Schleuderpreis sei, liege nicht nur aufgrund der unwidersprochen gebliebenen Behauptungen über den Verlust pro Heft allein durch den Vertrieb auf der Hand. Wenn der ursprünglich für FORMAT in Aussicht genommene Preis 25 S betragen habe, bedürfe es keiner weiteren Ausführungen, dass es sich bei einer
- wenn auch nur vorübergehenden - Herabsetzung auf 5 S je Heft um einen Schleuderpreis handle. Dass damit die Selbstkosten gedeckt werden könnten, werde von der Beklagten nicht einmal behauptet. Diese Definition der Preisschleuderei basiere auf dem Begriff der "üblichen Kalkulation". Dieser Begriff werde von der Judikatur als Definitionskriterium verwendet, er sei daher auch bestimmbar. Würde man den Titel enger fassen, hätte es die Beklagte in der Hand, das Verbot bereits durch eine nur geringfügige Änderung des Preises zu umgehen. Wenn im Übrigen in der Rechtsprechung auch der Begriff "Normalpreis" als hinreichend bestimmt angesehen worden sei, müsse dies ebenso auch für den "sich bei üblicher Kalkulation ergebenden Preis" gelten.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der wettbewerbsrechtlichen Haftung eines Zeitungsvertriebsunternehmens im Fall des Vorwurfs eines sittenwidrigen Preisschleuderns gegen ein Zeitungsunternehmen, das Vertragspartner des Vertriebsunternehmens ist, fehlt; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.
Die Beklagte vertritt den Standpunkt, das Unterlassungsgebot sei zu unbestimmt, wenn es der Beklagten verbiete, die von ihr vertriebene Druckschrift FORMAT dann abzugeben, wenn dessen Preis "unter dem sich bei üblicher Kalkulation ergebenden Preis" liege; auch übersehe das Rekursgericht in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte keine Einflussmöglichkeit auf die Preisgestaltung der von ihr vertriebenen Druckschriften habe und deren "bei üblicher Kalkulation sich ergebenden Preis" nicht kennen könne. Dazu ist zu erwägen:
Der erkennende Senat geht in stRsp davon aus, dass jeder Mitbewerber, soweit keine gesetzliche oder vertragliche Preisbindung besteht,
seine Ware so billig abgeben darf, wie er will (SZ 54/76 = EvBl
1981/236 = ÖBl 1981, 157 - Marktregelungsvertrag Ski mwN; MR 1986,
H6, 16 - Mobilheim). Das Unterbieten der Preise der Mitbewerber ist daher grundsätzlich ein erlaubtes Kampfmittel im wirtschaftlichen Wettbewerb (ÖBl 1977, 118 - 2000 S billiger als die Konkurrenz mwN; ÖBl 1978, 148 - Milch-Preisschleuderei) und nur unter besonderen Umständen sittenwidrig iSd § 1 UWG (SZ 54/76 = EvBl 1981/236 = ÖBl 1981, 157 - Marktregelungsvertrag Ski mwN; MR 1986, H6, 16 - Mobilheim). Solche besonderen Umstände wurden bejaht für den Fall des Preisschleuderns, also einer Preisherabsetzung auf einen Bruchteil der sich bei üblicher Kalkulation ergebenden Preises, wenn für diese Maßnahme keine sonstigen wirtschaftlichen Erwägungen des eigenen Geschäftsbetriebs maßgebend sind, sondern sie allein in dem Bestreben erfolgt, auf jeden Fall niedrigere Preise zu verlangen als der Mitbewerber (ÖBl 1978, 148 - Milch-Preisschleuderei; ÖBl 1980, 67 - Fotoartikel-Preisschleudern; MR 1986/6, 19 - Mobilheim; 4 Ob 258/97p). Der Einsatz des an sich einwandfreien Mittels der Preisunterbietung macht das Gesamtverhalten eines Wettbewerbers also erst bei Hinzutreten des verwerflichen Zwecks, den Mitbewerber zu schädigen oder zu vernichten, wettbewerbswidrig; im Zweifel ist aber davon auszugehen, dass es dem Unterbieter nur darauf ankam, den Mitbewerber zu überflügeln, womit die Folge seiner Verdrängung aus dem Markt verbunden sein kann, nicht aber dessen Vernichtung das Hauptziel der Unterbietung war (Baumbach/Hefermehl UWG21 UWG § 1 Rz 255). Gegen § 1 UWG verstößt auch die sogenannte Vernichtungs- oder Kampfpreisunterbietung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass ein Marktteilnehmer darauf ausgeht, durch systematisches Unterbieten und ohne Rücksicht auf eigene Verluste seine Mitbewerber vom Markt zu verdrängen, um so freie Bahn für den eigenen Absatz zu gewinnen und dann später die Preise allein diktieren zu können (Nachweise bei Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 33 Rz 54).
Hervorzuheben ist, dass sich der Sittenwidrigkeitsvorwurf nach der Rechtsprechung in beiden Fallgruppen nicht schon aus objektiven Umständen allein, sondern erst aus dem Hinzutreten einer bestimmten Willensrichtung des Handelnden ergibt (so auch die Rsp des EuGH zum Behinderungsmissbrauch durch Preisunterbieten als Bestandteil einer auf die Vernichtung von Mitbewerbern gerichteten Strategie: Nachweise bei Koppensteiner aaO § 18 Rz 14). Daran ist entgegen in der Lehre geäußerter Kritik festzuhalten. Koppensteiner (aaO § 33 Rz 55) hat Bedenken gegen die Einbeziehung innerer Haltungen in den Tatbestand unter dem Gesichtspunkt der Beweisbarkeit sowie dann, wenn die verpönte Willensrichtung nicht in den Urteilsspruch aufgenommen wird; er hält etwa den Verbotstatbestand einer Kampfpreisunterbietung schon dann für erfüllt, wenn ein Unternehmer mit überlegener Markt- oder Finanzkraft systematisch, also konstant über einen längeren Zeitraum hinweg zu Verlustpreisen verkauft. Dem ist entgegenzuhalten, dass schon der Begriff der Wettbewerbshandlung (unstrittig) eine subjektive Komponente, nämlich eine entsprechende Willensrichtung (Handeln in Wettbewerbsabsicht) enthält, die auch in den Urteilsspruch aufgenommen wird; dieses Erfordernis wird auch wegen damit allenfalls verbundener Beweisprobleme nicht als verzichtbar angesehen.
Nach Lehre und stRsp richtet sich der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch nicht nur gegen den unmittelbaren Täter (Störer), also gegen jene Person, von der die Beeinträchtigung ausgeht und auf deren maßgeblichen Willen sie beruht, sondern auch gegen Mittäter, Anstifter und Gehilfen des eigentlichen Störers (ÖBl 1996, 122 - Gratisflugreisen II mwN; Koppensteiner aaO § 34 Rz 42 mit Judikaturnachweisen in FN 162). Nach der jüngeren Rsp des erkennenden Senats (4 Ob 169/99b = RdW 1999, 717; 4 Ob 276/99p) genügt dabei nicht, dass ein eigenverantwortlich handelnder Dritter willentlich und adäquat kausal in irgendeiner Weise an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. In die Störerhaftung werden neben dem unmittelbaren Täter, der die rechtswidrige Nutzungshandlung selbst begangen hat, vielmehr nur solche Dritte einbezogen, die gegen eine sie treffende Pflicht zur Prüfung auf mögliche Rechtsverletzungen verstoßen haben. Wer hingegen nur durch Einsatz organisatorischer oder technischer Mittel an der von einem anderen vorgenommenen wettbewerbswidrigen Handlung beteiligt war, haftet für eine Rechtsverletzung dann nicht, wenn ihn selbst im konkreten Fall keine Prüfpflichten getroffen haben oder ihm die Erfüllung einer solchen Pflicht nach den Umständen überhaupt nicht oder nur eingeschränkt zumutbar war (Haedicke, Die Haftung für mittelbare Urheber- und Wettbewerbsrechtsverletzungen, GRUR 1999, 397 ff, 402; BGH in GRUR 1999, 418 = WRP 1999, 211 - Möbelklassiker mwN; vgl auch die bei Baumbach/Hefermehl aaO Einl Rz 327ff angeführten Beispiele aus der dRsp). Diese Prüfungspflicht ist mit dem BGH (GRUR 1999, 418 = WRP 1999, 211 - Möbelklassiker mwN) auf grobe und auffällige Wettbewerbsverstöße zu beschränken.
Die Vorinstanzen haben für bescheinigt gehalten, dass der Verkaufspreis von FORMAT in Höhe von 5 S pro Heft "kalkulatorisch durch nichts zu rechtfertigen" sei und das Preisverhalten von FORMAT darauf gerichtet sei, profil vom Markt zu verdrängen und zu vernichten. Selbst wenn man dieses Beweisergebnis (ungeachtet des Fehlens jeglicher Grundlagen hiefür in Form einer nachvollziehbaren Kostenrechnung) für ausreichend hielte, der Verlegerin von FORMAT wettbewerbswidriges Verhalten anzulasten, ist damit im Verfahren gegen die Beklagte als selbständiges Vertriebsunternehmen noch nichts gewonnen. Unterstellt man nämlich der Verlegerin von FORMAT, einen nicht kostendeckenden Schleuderpreis allein in dem Bestreben festgesetzt zu haben, auf jeden Fall niedrigere Preise zu verlangen als die klagende Mitbewerberin, oder eine Kampfpreisunterbietung allein in der Absicht zu unternehmen, die Klägerin zu vernichten, dann trägt die Beklagte zwar durch den Vertrieb der Zeitungsausgabe willentlich und adäquat kausal zum wettbewerbswidrigen Handeln der Verlegerin als ihrer Vertriebspartnerin bei. Die Wettbewerbswidrigkeit deren Handelns ist aber für die Beklagte - sowohl was die objektiven, als auch was die subjektiven Tatbestandselemente betrifft - nicht ohne weiteres erkennbar.
Dass die Beklagte Einblick in die Kostenrechnung ihrer Auftraggeberin sowie Kenntnis der mit der Preisgestaltung verfolgten Absichten und Strategien ihrer Auftraggeberin gehabt hätte, ist weder bescheinigt, noch wurde solches behauptet. Auch kann nach dem maßgeblichen Sachverhalt nicht unterstellt werden, den zuständigen Organen der Beklagten hätten eine unter den Gestehungskosten der Zeitschrift liegende Preiskalkulation für FORMAT sowie die subjektiven Absichten der Verlegerin im Preiskampf mit der Konkurrenz bei gehöriger Sorgfalt bekannt sein müssen. Im Zweifel ist - aus der allein maßgeblichen Sicht der Beklagten - nicht auszuschließen, dass die Verlegerin für ihre Preisgestaltung sachliche Gründe hatte, nämlich das Bemühen, ihre neue Zeitschrift auf dem Markt zu etablieren. Ein grober Verstoß gegen Prüfpflichten beim Vertrieb von Zeitschriften kann der Beklagten somit nicht vorgeworfen werden. Sie haftet daher schon aus diesem Grund nicht als Mittäterin oder Gehilfin für Wettbewerbsverstöße der Verlegerin, ohne dass noch näher zu prüfen war, inwieweit die Beklagte als reine Vertriebsgesellschaft den Wettbewerbsverstoß ihrer Vertragspartnerin hätte abstellen können bzw ob und unter welchen Voraussetzungen sie allenfalls zum Abbruch ihrer Geschäftsbeziehung zur Verlegerin verpflichtet gewesen wäre.
Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben und der Sicherungsantrag zur Gänze abzuweisen; auf die von der Beklagten weiters aufgeworfene Frage der Bestimmtheit des Titels kommt es damit nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 41 Abs 1 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO. Als Bemessungsgrundlage war im Rechtsmittelverfahren mangels anderer Anhaltspunkte vom halben Streitwert auszugehen (MR 1991, 35 - Aktionsverband; 4 Ob 22/99k uva).
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