Spruch:
Die außerordentliche Revision der Beklagten wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Nach § 11 Abs 5 des Gesellschaftsvertrags der klagenden Kommanditgesellschaft ist ein ausscheidender Gesellschafter verpflichtet, jegliche weitere Verwendung/Nutzung odgl von Verbandszeichen, Marken udgl, insbesondere der Verbandsmarke "E***** Möbel", in welcher Form auch immer zu unterlassen. Den Gesellschaftern wird das Nutzungsrecht am Verbandszeichen "E***** Möbel" für die Dauer der Gesellschafterzugehörigkeit eingeräumt. Inhaberin dieser Marke ist die G***** GmbH & Co KG.
Die Beklagte war bis 31. 12. 1998 Kommanditistin der Klägerin; sie war und ist Gesellschafterin der G***** GmbH & Co KG und damit in die "E*****-Möbel"-Organisation eingebunden. Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin enthält keine Regelung für den Fall, dass ein Kommanditist Mitglied einer zweiten Landesgesellschaft ist und auch aufgrund dieser Zugehörigkeit berechtigt ist, die Verbandsmarke zu nutzen. Dieser Fall war bei Formulierung des § 11 Abs 5 des Gesellschaftsvertrags nicht bedacht worden.
Die Vorinstanzen haben den Gesellschaftsvertrag der Klägerin ergänzend dahin ausgelegt, dass redliche und vernünftige Parteien der Beklagten die weitere Nutzung des Verbandszeichens zumindest so lange eingeräumt hätten, als die Beklagte Gesellschafterin der G***** GmbH & Co KG ist und die Lieferungen über diese Gesellschaft abgewickelt werden.
Die Klägerin macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung widerspreche, weil das Berufungsgericht den Gesellschaftsvertrag trotz Vorliegens objektiv klarer, eindeutiger und unmissverständlicher Bestimmungen ergänzend ausgelegt habe. Keine Rechtsprechung bestehe zur Frage, ob die Parteienabsicht auch dann zu berücksichtigen sei, wenn die Pflichten eines ausgeschiedenen Gesellschafters zu beurteilen seien. Der Rechtsprechung widerspreche die angefochtene Entscheidung, wenn das Berufungsgericht eine Gegenleistung für den Verzicht auf die weitere Nutzung der Verbandsmarke vermisse, obwohl die Beklagte alle Vorteile einer Gesellschafterin genossen habe. Das Berufungsgericht werte den Gesellschaftsvertrag offenbar als einseitig verbindlichen Vertrag.
Rechtliche Beurteilung
Fragen der Vertragsauslegung bilden nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, wenn eine krasse Verkennung von Auslegungsgrundsätzen vorliegt, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden muss; im Allgemeinen kommt ihnen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (stRsp ua MR 1996, 68 [Walter] - Urlaubsfotos; zuletzt 7 Ob 183/00p; 4 Ob 241/00w; Kodek in Rechberger, ZPO**2 § 502 Rz 5 mwN).
Von einer krassen Verkennung von Auslegungsgrundsätzen kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Die Klägerin kann dies auch nur behaupten, weil sie die Feststellung übergeht, dass die Parteien des Gesellschaftsvertrags den vorliegenden Fall - ein ausscheidender Kommanditist ist auch als Mitglied einer zweiten Landesgesellschaft berechtigt, die Verbandsmarke zu nutzen - nicht bedacht haben. Tritt aber ein Fall ein, den die Parteien nicht bedacht haben, so ist der Vertrag gemäß § 914 ABGB ergänzend auszulegen (NZ 1997, 93; wbl 1998/205 ua).
Mit dieser Rechtsprechung steht die angefochtene Entscheidung im Einklang. Die Anwendung der Auslegungsgrundsätze auf den konkreten Fall bildet keine erhebliche Rechtsfrage. Das Berufungsgericht hat im übrigen zu Recht die Parteienabsicht berücksichtigt, weil Pflichten zu beurteilen sind, welche die Beklagte als Gesellschafterin der Klägerin übernommen hat. Diese Pflichten haben ihre Grundlage im Gesellschaftsvertrag, auch wenn die Beklagte der Gesellschaft nicht mehr angehört.
Mit dem Hinweis auf die fehlende Gegenleistung für einen allfälligen Verzicht auf das Recht, die Marke als Gesellschafterin einer anderen Landesgesellschaft zu nutzen, hat das Berufungsgericht unterstrichen, dass die Beklagte die einzige Gesellschafterin der Klägerin war, die einer weiteren Landesgesellschaft angehörte. Das Argument kann daher nicht mit dem Hinweis entkräftet werden, dass die Beklagte in die Gesellschaft aufgenommen wurde und damit alle Vorteile einer Gesellschafterin hatte. Sie hat damit nicht mehr an Leistungen erhalten als andere Gesellschafter, hätte aber - wenn die Vertragsauslegung der Klägerin zuträfe - durch den Verzicht auf die weitere Nutzung der Verbandsmarke eine Leistung erbracht, welche die anderen Gesellschafter nicht erbracht haben (erbringen konnten) und der daher keine Gegenleistung gegenübergestanden wäre.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)