Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht wird die Durchführung des Verfahrens über den Aufteilungsantrag des Antragstellers unter Abstandnahme vom gebrauchten Abweisungsgrund aufgetragen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Begründung
Die Ehe der Streitteile wurde am 11. 11. 2002 rechtskräftig geschieden. Mit Schriftsatz vom 6. 11. 2003, beim Erstgericht eingelangt am 10. 11. 2003, begehrt der Antragsteller unter Berufung auf § 81 EheG die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse.
Das Erstgericht stellte den Originalantrag zur Verbesserung binnen zwei Wochen zurück, widrigens der Antrag zurückgewiesen werde. Es forderte den Antragsteller auf, Vorbringen und Nachweise zur örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, zur Staatsbürgerschaft der Ehegatten und zur Rechtzeitigkeit der Antragstellung zu erstatten und Aufteilungsmasse und Antragsumfang zu konkretisieren. Der Verbesserungsauftrag wurde dem Antragstellervertreter am 1. 12. 2003 zugestellt. Der Antragsteller kam dem Verbesserungsauftrag nach, der Verbesserungsschriftsatz seines Rechtsvertreters vom 15. 12. 2003 langte am 16. 12. 2003 beim Erstgericht ein.
Das Erstgericht wies den Aufteilungsantrag ab. Der Antragsteller habe seinen (verbesserungsbedürftigen) Antrag zwar noch rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 95 EheG eingebracht, die zweiwöchige Verbesserungsfrist jedoch nicht gewahrt. Die zur Verbesserung gesetzte Frist behalte den Charakter der ursprünglichen Antragsfrist als einer materiellen Fallfrist bei. Die Ergänzung des Antrags hätte daher bis zum 15. 12. 2003 bei Gericht einlangen müssen. Die Nichteinhaltung der Verbesserungsfrist führe zum Anspruchsverlust. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Qualifizierung einer Verbesserungsfrist im Rahmen eines Verfahrens nach §§ 81 ff EheG fehle. Eine Verbesserungsfrist behalte grundsätzlich den Charakter der ursprünglich einzuhaltenden Frist bei. Die Jahresfrist des § 95 EheG sei eine im Interesse der Gegenpartei von Amts wegen wahrzunehmende materiellrechtliche Ausschlussfrist, deren Nichteinhaltung zum Anspruchsverlust führe. Es sei daher naheliegend, die zur Verbesserung eines derartigen Antrags gewährte Frist - ebenso wie die Antragsfrist selbst - als materielle Ausschlussfrist zu behandeln.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist zulässig und berechtigt. Angesichts des Kanzleisitzes des Antragstellervertreters in Wels ist nach der Aktenlage davon auszugehen, dass der am 16. 12. 2003 beim Erstgericht eingegangene Verbesserungsschriftsatz spätestens am 15. 12. 2003 zur Post gegeben wurde. Er wahrte daher die zweiwöchige Verbesserungsfrist unter der Voraussetzung, dass diese - anders als die Befristung des ursprünglichen Antrags - als prozessuale Frist zu verstehen ist.
Nach herrschender Auffassung ist die Frist des § 95 EheG eine materiellrechtliche Fall-, Ausschluss- oder Präklusivfrist. Sie wird durch Antragstellung bei Gericht gewahrt. Die Postaufgabe des Antrags reicht nicht aus, weil § 89 GOG nur auf prozessuale Fristen anzuwenden ist (Stabentheiner in Rummel ABGB3 § 95 Rz 22). Eine Erstreckung der Frist ist nicht möglich, ihre Nichteinhaltung führt zum Anspruchsverlust (4 Ob 21/01v = EFSlg 97.393; 1 Ob 237/98d = JBl 2000, 252; Stabentheiner aaO § 95 Rz 2).
Der Antragsteller brachte den Aufteilungsantrag fristgerecht, aber inhaltlich unbestimmt und damit verbesserungsbedürftig ein. Das Erstgericht beurteilte den Antrag als inhaltlich verbesserungsfähig und setzte dem Antragsteller eine Frist von zwei Wochen zur Vornahme der im Einzelnen aufgetragenen Ergänzungen. Gleichzeitig wies es darauf hin, dass „ansonsten" (mangels Verbesserung im aufgetragenen Sinn) der Antrag zurückgewiesen werde. Dass die geforderte Verbesserung - anders als nach § 89 GOG - am letzten Tag der Frist bei Gericht eingelangt sein müsse, ist dem Gerichtsauftrag nicht zu entnehmen.
§ 84 Abs 3 ZPO ermöglicht die Verbesserung auch inhaltlicher Mängel fristgebundener verfahrenseinleitender Schriftsätze. Diese Bestimmung wird auch auf Klagen angewendet, die einer materiellrechtlichen Ausschlussfrist unterliegen (6 Ob 653/90 = WoBl 1991/99, 165 zu § 1111 ABGB; Fucik in Rechberger ZPO2 § 154 Rz 5 mwN). Demnach kann eine unschlüssige oder unbestimmte Klage, sofern sie vor Ablauf der materiellrechtlichen Fallfrist noch rechtzeitig eingebracht wurde, auch noch nach Ablauf der Präklusivfrist verbessert werden (Würth in Rummel ABGB3 § 1111 Rz 5; 6 Ob 653/90).
Die Vorschriften der ZPO über die Verbesserung von Schriftsätzen finden auch im Verfahren außer Streitsachen Anwendung (Gitschthaler in Rechberger ZPO2 § 85 Rz 2; 4 Ob 73/98h = EvBl 1998/139; G. Kodek in Fasching, Zivilprozessgesetze2 §§ 84, 85 ZPO Rz 208 und 209). Ein rechtzeitig in der Frist des § 95 EheG eingebrachter, unschlüssiger oder unbestimmter Aufteilungsantrag kann daher auch noch außerhalb der Präklusivfrist verbessert werden (1 Ob 237/98d; EFSlg 84.713 = 6 Ob 118/97i), sofern dadurch das Begehren - wie hier - nicht unzulässig ausgedehnt wird.
War bei Überreichung des verbesserungsbedürftigen Schriftsatzes eine Frist einzuhalten, hat das Gericht nach § 85 Abs 2 ZPO auch für die Verbesserung eine Frist festzusetzen, bei deren Einhaltung der Schriftsatz als am Tage seines ersten Einlangens überreicht anzusehen ist. Diese zur „Wiederanbringung" des verbesserten Schriftsatzes bestimmte Frist ist ihrem Wesen nach eine Frist des Prozessrechts. Sie wird vom Richter mit Rücksicht auf die Erfordernisse des einzelnen Falls festgesetzt und dient der Vornahme einer Prozesshandlung, nämlich der Wiedervorlage des verbesserten Schriftsatzes (Buchegger in Fasching II2 § 123 Rz 10 und 17). Diese Frist bleibt auch dann eine richterliche Frist des Prozessrechts, wenn der zu verbessernde Schriftsatz in einer materiellrechtlichen Fallfrist einzubringen war, zumal sie nicht eine Erstreckung der materiellrechtlichen Fallfrist herbeiführen, sondern (nur) der Verbesserung des bereits fristgerecht eingebrachten Antrags dient. Im Schrifttum wird - ausgehend von Entscheidungen zweier Gerichte zweiter Instanz (OLG Linz EvBl 1985/51; LGZ Wien MietSlg 39.748) - die Auffassung vertreten, die Verbesserungsfrist behalte den Charakter der ursprünglichen Frist in Bezug auf deren Nichtverlängerbarkeit als Notfrist und in Bezug auf den Einfluss der Gerichtsferien bei (G. Kodek in Fasching aaO §§ 84, 85 Rz 263 und 264; Gitschthaler aaO § 85 Rz 34; § 225 Rz 6). Dies bedeutet aber keineswegs, das die nach ihrer gesetzlichen Konzeption als richterliche Frist des Prozessrechts zu beurteilende Verbesserungsfrist diesen Charakter verlieren und zur materiellrechtlichen Fallfrist werden könnte, wenn der zu verbessernde Antrag in einer Fallfrist einzubringen war (und auch eingebracht wurde). Dagegen spricht schon der Umstand, dass die Verbesserung zu keiner Verlängerung der materiellen Fallfrist führen und auch noch nach deren Ablauf erfolgen kann. Die Verbesserungsfrist nach § 85 Abs 2 ZPO ist daher auch dann eine richterliche Frist des Prozessrechts, wenn die Verbesserung der Behebung von Mängel eines in einer materiellrechtlichen Fallfrist einzubringenden Antrags dient.
§ 89 GOG, wonach die Tage des Postlaufs bei gesetzlichen oder richterlichen Fristen, die in bürgerlichen Rechtssachen einer Partei zur Abgabe von Erklärungen, Anbringung von Anträgen, Überreichung von Schriftsätzen oder zur Vornahme anderer, ein gerichtliches Verfahren betreffenden Handlungen offenstehen, in die Frist nicht eingerechnet werden, ist daher auch auf die Verbesserungsfrist in einem solchen Fall anzuwenden (vgl Buchegger in Fasching Zivilprozessgesetze2 § 126 Rz 16, wonach § 89 GOG alle gesetzlichen und richterlichen Fristsetzungen erfasst, die innerhalb und aus Anlass eines Rechtsstreits laufen, und zwar unabhängig davon, ob ihre Einhaltung den Bestand eines materiellen Rechts betrifft).
Nach der Aktenlage wurde der der Verbesserung dienende Schriftsatz am letzten Tag der Frist zur Post gegeben; er langte am Tag danach beim Erstgericht ein. Der Antragsteller hat damit die ihm gesetzte Verbesserungsfrist gewahrt. Das Erstgericht wird das Verfahren über dem Aufteilungsantrag durchzuführen und darüber unter Abstandnahme vom gebrauchten Abweisungsgrund neuerlich zu entscheiden haben. Dem Revisionsrekurs des Antragstellers wird Folge gegeben, die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens über den Aufteilungsantrag aufgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 234 AußStrG iVm § 52 Abs 1 ZPO. Eine allfällige Zuerkennung von Verfahrenskosten aus Gründen der Billigkeit kann erst im Zusammenhang mit der Endentscheidung erfolgen.
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