OGH 4Ob280/98z

OGH4Ob280/98z10.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl W*****, vertreten durch Dr. Gerhard Engin-Deniz & Dr. Christian Reimitz Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die beklagte Partei Wasserverband M*****, vertreten durch Dr. Gerhard Folk und Dr. Gert Folk, Rechtsanwälte in Kapfenberg, wegen Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 500.000.-), über die Rekurse der klagenden Partei und der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 25. Juni 1998, GZ 1 R 87/98s-28, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 9. Februar 1998, 17 Cg 45/96s-23, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Keinem der Rekurse wird Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger ist Inhaber des europäischen Patents 0047519, durch welches auch für Österreich eine Vorrichtung zum Aufsaugen und Aufnehmen von Schlamm (insbesondere im Zusammenhang mit einem Kanalreinigungs- und Entleerungsfahrzeug) geschützt ist (Beilage ./A). Am 5. 7. 1991 schlossen der Kläger und die italienische Firma C***** S.p.A. (in der Folge: Lizenznehmerin) zur Verwertung dieses Patents einen Lizenzvertrag (Beilage ./1), dessen örtlicher Geltungsbereich Italien (später auch Österreich) umfaßt und der eine Vertragsstrafe unter anderem für den Fall des Verstoßes gegen die Gebietsbeschränkung vorsieht (Punkt 4. Abs 1 des Vertrages). Mit eingeschriebenem Brief vom 24. 5. 1995 (Beilage ./17) kündigte der Kläger gegenüber der Lizenznehmerin den Lizenzvertrag gemäß Punkt 4. Abs. 2 des Vertrages fristlos wegen wiederholter Verstöße der Lizenznehmerin gegen Punkt 3. dieses Vertrages (örtlicher Geltungsbereich) durch Tätigkeiten auch in Griechenland und Spanien auf; gleichzeitig setzte er der Lizenznehmerin eine Nachfrist zur Zahlung der bereits zuvor schriftlich geforderten Vertragsstrafen in der Höhe von DM 200.000.-. Obwohl sich die Lizenznehmerin auch noch nach diesem Kündigungsschreiben an Ausschreibungen in Österreich zwecks Lieferung von lizenzierten Produkten beteiligt hat und dies der in Österreich tätigen W***** Vertriebs GmbH (deren Geschäftsführerin die Ehefrau des Klägers ist) bekannt war, hat der Kläger weder die von ihm eingeforderten vertraglichen Pönaleansprüche gegen die Lizenznehmerin noch die gerichtliche Feststellung der Auflösung des Lizenzvertrages gerichtlich durchzusetzen versucht.

Die Beklagte beabsichtigte im Sommer 1995, ein Kanalreinigungsfahrzeug anzuschaffen. Auf Grund einer entsprechenden Ausschreibung legten sowohl die Lizenznehmerin als auch die W***** Vertriebs GmbH und andere Unternehmen innerhalb der bis zum 18. 8. 1995 laufenden Frist entsprechende Angebote. Alle Anbieter erklärten auf Grund der Ausschreibungsbedingungen unter anderem, die für die Übernahme der Leistungen notwendigen Berechtigungen zu besitzen. Ein an die Beklagte gerichtetes Nachtragsangebot der W***** Vertriebs GmbH vom 15. 9. 1995 (dessen Erhalt die Beklagte bestreitet) enthielt die Information, daß die Lizenznehmerin zwar eine Lizenz für den Vertrieb der gegenständlichen Aufbauten in Österreich besessen habe, diese ihr aber 1995 entzogen worden sei (./D). Die Beklagte erteilte der Lizenznehmerin am 20. 9. 1995 den Auftrag zur Lieferung des angebotenen Aufbaus (Beilage ./9). Mit Schreiben vom 11. 10. 1995 (Beilage ./11) teilte der Vertreter des Klägers der Beklagten mit, daß der Lizenzvertrag mit der Lizenznehmerin für Österreich nicht mehr bestehe. In der folgenden Korrespondenz erklärte hingegen die Lizenznehmerin gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 31. 10. 1995 (Beilage ./14), daß ihre Lizenzrechte aufrecht seien und wies darauf hin, daß der Vertrag mit dem Kläger noch von keinem Gericht annulliert worden sei. Mit diesem Schreiben konfrontiert, übermittelte der Vertreter des Klägers der Beklagten mit Schreiben vom 13. 11. 1995 (Beilage ./16) das oben erwähnte Kündigungsschreiben des Klägers vom 24. 5. 1995 samt amtlicher Zustellungsbestätigung ohne jede weitere Dokumentation über die Rechtmäßigkeit dieser Kündigung. Im Jänner 1996 wurde die Anlage, deren Aufbauten unbestrittenermaßen in das Patent des Klägers eingreifen, geliefert und von der Beklagten in Betrieb genommen.

Der Kläger begehrt nun, die Beklagte schuldig zu erkennen, 1.) die Verwendung eines Kanalreinigungsfahrzeuges mit den zu Punkt 1a) - g) des Urteilsbegehrens näher beschriebenen Vorrichtungen zu unterlassen, 2.) die unter Punkt 1 fallenden Vorrichtungen zu vernichten und 3.) dem Kläger in der zu Punkt 3 des Urteilsbegehrens angeführten Weise Rechnung zu legen; weiters stellt er zu Punkt 4.) ein Begehren auf Urteilsveröffentlichung. Er habe im Sommer 1996 festgestellt, daß die Beklagte das patentverletzende Fahrzeug in Verwendung genommen habe; die Klageansprüche bestünden auch dann zu Recht, wenn die Beklagte kein Verschulden an den Patenteingriffen treffe; die Beklagte sei auch sobald als möglich auf die Beendigung des Lizenzvertrages hingewiesen worden. Ein Rechnungslegungsanspruch bestehe auch ohne vorherige Aufforderung; die Urteilsveröffentlichung sei erforderlich, um potentielle Kunden der Lizenznehmerin vor der Abnahme patentverletzender Gegenstände zu bewahren und den Kläger vor dem Entgang weiterer Aufträge zu schützen.

Die Beklagte wendet ein, dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch nicht zu, weil er sie über das angebliche Erlöschen des Lizenzvertrages nicht rechtzeitig unterrichtet und diesen Umstand, der offenbar zwischen dem Kläger und seiner Vertragspartnerin strittig sei, auch nicht in geeigneter Form - etwa durch eine unbedenkliche Urkunde - nachgewiesen habe. Der Kläger habe ihr auch nie nachgewiesen, daß er die gegenüber seiner Lizenznehmerin geltend gemachte und zur gerichtlichen Einbringung angedrohte Pönaleforderung eingeklagt habe, oder sonst Beweise für das Vorliegen der behaupteten Vertragsverletzungen durch die Lizenznehmerin erbracht. Zuletzt wendet die Beklagte noch ein, der Kläger habe die Lizenznehmerin in Kenntnis des Umstandes, daß diese die Aufhebung des Lizenzvertrages in Abrede stelle und weitere Angebote in Österreich lege, dennoch gerichtlich nicht in Anspruch genommen; im Hinblick auf diese Unterlassung erfolge die Inanspruchnahme nur der Beklagten als Kundin der Lizenznehmerin, der die Auflösung des Lizenzvertrages nicht nachgewiesen worden sei, rechtsmißbräuchlich. Zur Rechnungslegung sei die Beklagte nicht aufgefordert worden und auch nicht verpflichtet, aber dennoch bereit; insoweit begehre sie jedenfalls Kostenzuspruch. Ein berechtigtes Interesse des Klägers an einer Urteilsveröffentlichung bestehe nicht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte zusätzlich zum eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest, daß der Beklagten das Nachtragsangebot der W***** Vertriebs GmbH vom 15. 9. 1995 zugegangen sei. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dem Verhalten der Beklagten fehle es, selbst wenn man davon ausgehe, daß der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 147 PatG verschuldensunabhängig sei, an der Rechtswidrigkeit. Der Kläger und sein Vertreter hätten gegenüber der Beklagten - noch vor deren Auftragserteilung an die Lizenznehmerin und übereinstimmend mit dieser - ausdrücklich zugestanden, daß ein Lizenzvertrag abgeschlossen worden war, welcher der Lizenznehmerin den Vertrieb der Aufbauten gestatte. Solange der Kläger der Beklagten nicht unwiderleglich nachgewiesen habe, daß der Lizenzvertrag rechtswirksam aufgelöst worden sei, habe die Beklagte also von dessen weiterem Bestand ausgehen können. Vor der Vertragserteilung an die Lizenznehmerin am 20. 9. 1995 habe der Kläger überhaupt nichts nachgewiesen, was die Beklagte ernstlich an der weiteren Berechtigung der Lizenznehmerin zur Lieferung der angebotenen Anlagenteile hätte zweifeln lassen müssen. In Anbetracht der glaubwürdigen Darstellung der Lizenznehmerin, daß der Lizenzvertrag nach wie vor aufrecht sei, reiche aber auch die lange nach Auftragserteilung erfolgte Übermittlung des Kündigungsschreibens des Klägers allein nicht aus, um das weitere Festhalten der Beklagten an dem bereits erteilten Auftrag rechtswidrig werden zu lassen. In einem solchen Fall hätte derjenige, der sich auf das Erlöschen erteilter Rechte berufe, im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs etwa durch die Einbringung einer Feststellungsklage gegen den Lizenznehmer oder die weitere Verfolgung der auf den gleichen angeblichen Rechtssprüchen gestützten Pönaleforderungen entsprechende Klarheit zu schaffen gehabt.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil ein vergleichbarer Fall bisher nicht entschieden worden sei. Abwehrrechte, also das Notwehrrecht und die Unterlassungsklage, aber auch der Beseitigungsanspruch, setzten kein Verhaltens-, sondern ein Erfolgsunrecht voraus. Die Abwehr sei auch dann zulässig, wenn der Handelnde trotz Aufwendung aller erforderlichen Sorgfalt nicht erkennen könne, daß er ohne Berechtigung ein fremdes Gut gefährdet. Anders als für die Auslösung einer Schadenersatzpflicht (die eine - vielfach als Verhaltensunrecht bezeichnete - objektive Sorgfaltswidrigkeit erfordere) genüge für die Begründung derartiger Abwehrrechte regelmäßig schon die Tatbestandsmäßigkeit im Sinne der Nichtbefolgung von abstrakten Verhaltenspflichten zum Schutz fremder Sphären. Auch in der Rechtsprechung werde daher für Unterlassungsansprüche ausdrücklich betont, daß die Rechtswidrigkeit schon dann gegeben sei, wenn ein Verhalten ein gesetzliches Tatbild erfülle. Vorliegend sei daher die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens der Beklagten für die aus der behaupteten Patentverletzung geltendgemachten Ansprüche zu prüfen. Wer in einer der ihm aus einem Patent zustehenden Befugnisse verletzt worden ist, dem räumten die Bestimmungen der §§ 147 Abs 1 und 148 Abs 1 PatG Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche ein. Das Gesetz mache weder den Unterlassungs- noch den Beseitigungsanspruch davon abhängig, daß den Beklagten ein Verschulden trifft. Die Klage könne daher schon auf Grund einer bloß objektiv rechtswidrigen Verletzungshandlung erhoben werden. Wer in einen Bezirk liefere, der außerhalb seines Lizenzbereiches liege, oder ein Verfahren über dessen lizenzierten Anwendungsbereich hinaus benutze, begehe ebenso wie derjenige eine Patentverletzung, der nach Ablauf einer befristeten Nutzungsberechtigung den Gegenstand des Patents trotz dessen Fortbestand benutze. Die vom Lizenznehmer so in den Verkehr gebrachten Gegenstände würden nicht patentfrei, weil kein Inverkehrbringen mit Zustimmung des Patentinhabers stattgefunden habe. Auch die Abnehmer des Lizenznehmers könnten daher vom Patentinhaber wegen Patentverletzung in Anspruch genommen werden. Für die Frage der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten sei es demnach nicht entscheidend, ob und wann der Kläger der Beklagten unwiderleglich nachgewiesen habe, daß der Lizenzvertrag rechtswirksam aufgelöst worden sei; es komme auch nicht darauf an, ob die Beklagte vom weiteren Bestand des Vertrags habe ausgehen können. Maßgebend sei vielmehr der im vorliegenden Verfahren außer Streit stehende Umstand, daß die Anlage, deren Aufbauten unstrittig in das Patent des Klägers eingriffen, geliefert und von der Beklagten in Betrieb genommen worden sei; es komme entscheidend auf die Frage an, ob der Lizenzvertrag - wie vom Kläger behauptet - rechtswirksam aufgelöst worden sei oder nicht. Da hiezu aber Feststellungen fehlten, sei das Verfahren in diese Richtung zu ergänzen.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse beider Parteien sind zulässig; keiner ist aber berechtigt.

Nach § 147 Abs 1 PatG kann auf Unterlassung klagen, wer in einer der ihm aus einem Patent zustehenden Befugnisse verletzt worden ist oder eine solche Verletzung zu besorgen hat. Der Unterlassungsanspruch dient dem Schutz des Patentinhabers vor künftigen Eingriffen in das ausschließliche Recht an der Erfindung. Er setzt kein schuldhaftes Handeln voraus, sondern richtet sich gegen jeden objektiv widerrechtlichen Eingriff (Friedl/Schönherr/Thaler, Patent- und Markenrecht, Anm. 1 zu § 147; Bernhardt, Lehrbuch des Patentrechts4 621; OLG Wien PBl 1935, 137). Für einen bestimmten Patentinhaber entsteht ein Unterlassungsanspruch, wenn ohne dessen Zustimmung im Schutzbereich, im Geltungsgebiet und während der Wirkungsdauer des Patents Handlungen, die nach jenen Vorschriften dem Patentinhaber vorbehalten sind, durch einen anderen vorgenommen werden, der sich dabei nicht auf ein eigenes Benutzungsrecht stützen kann (Bernhardt aaO). Hat der Patentinhaber dritten Personen die Benützung seiner Erfindung für das ganze Geltungsgebiet des Patents oder für einen Teil davon mit oder ohne Ausschluß anderer Benützungsberechtigter überlassen, ihnen also eine freiwillige Lizenz iS des § 35 PatG eingeräumt, erwerben diese als Lizenzinhaber ein quasidingliches Benützungsrecht, welches nach § 43 Abs 2 PatG dem Vertragspartner ihnen gegenüber bereits mit dem darüber abgeschlossenen Rechtsgeschäft zusteht (SZ 64/10 mwN). Umgekehrt ist der Lizenznehmer ab Vertragsende nicht mehr berechtigt, das eingeräumte Recht zu benutzen; jede weitere Benutzung nach diesem Zeitpunkt bedeutet vielmehr eine Patentverletzung, weil die für die Benutzung des Patents erforderliche Zustimmung des Patentinhabers weggefallen ist (Henn, Patent- und Know-how-Lizenzvertrag**2 203 mwN).

Die Grundsätze der Beweisführung sind im Patentprozeß die gleichen wie in jedem anderen Zivilprozeß. Auch die Normen des Patentrechts bewegen sich im Rahmen der üblichen Beweisführungsregeln der ZPO (Wiedemann/Henner/Popp, Der Patentverletzungsprozeß3 256). Demnach gilt also auch im Patentprozeß die Grundregel, daß jede Partei die tatsächlichen Voraussetzungen der ihr günstigen Rechtsnorm zu beweisen hat (stRsp ua SZ 63/153 = EFSlg 61.998; Rechberger in Rechberger, ZPO vor § 266 Rz 11 mwN). Macht demnach der Kläger einen auf eine Patentverletzung gegründeten Unterlassungsanspruch gem. § 147 Abs 1 PatG geltend, hat er zunächst sein Patentrecht und eine Eingriffshandlung des Beklagten zu beweisen. Dem Beklagten obliegt sodann der Gegenbeweis, daß er sein Recht zur Vornahme der Eingriffshandlung daraus ableitet, selbst Patentinhaber oder dessen Lizenznehmer oder aber deren Vertragspartner zu sein. Ist danach der gültige Abschluß eines Lizenzvertrages erwiesen, obliegt es wiederum dem Kläger, der sich auf ein Erlöschen des Lizenzvertrages als Dauerschuldverhältnis infolge vorzeitiger Aufkündigung aus wichtigem Grund beruft (vgl. dazu 7 Ob 515/95), den Beweis für diese (seinen geltend gemachten Unterlassungsanspruch begründende) Prozeßbehauptung zu erbringen.

Im Lichte dieser Grundsätze erweisen sich beide Rekurse als nicht berechtigt. Der Beklagten kann in ihrer Argumentation nicht gefolgt werden, daß es immer dann, wenn ein Lizenznehmer seine Rechte aus einer von beiden Vertragsparteien unterzeichneten Urkunde ableiten kann und der mangelnde Bestand des Lizenzrechtes (etwa wegen Gebietsüberschreitung oder Ablauf der Befristung) nicht offenkundig ist, im Streitfall zur Widerlegung der Richtigkeit dieser Urkunde eines contrarius actus bedürfe, nämlich entweder einer beiderseitigen schriftlichen Aufhebungserklärung des Lizenzvertrages oder eines Feststellungsurteils über dessen Nichtbestehen. Eine solche Beweisregel ist der ZPO fremd und führte im Beweisrecht auch zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Differenzierung danach, ob der Lizenzvertrag schriftlich oder mündlich abgeschlossen worden ist.

Verfehlt ist in diesem Zusammenhang der Versuch der Beklagten, die von ihr geforderte Beweisregel aus vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten abzuleiten, beziehen sich doch diese immer nur auf den Inhalt von Leistungspflichten und nicht auf formelle Vorschriften zur Durchsetzung materieller Rechte. Ebensowenig hat der Kläger allein durch Abschluß eines schriftlichen Lizenzvertrages einen äußeren Vertrauenstatbestand geschaffen, der seiner Einrede der (außergerichtlichen) vorzeitigen Auflösung dieses Vertrages aus wichtigem Grund entgegenstünde: Selbst wenn der Beklagten das Nachtragsanbot der W***** Vertriebs GmbH vom 15. 9. 1995 vor Auftragserteilung an die Lizenznehmerin nicht zugegangen sein sollte, dem ein Hinweis auf die Auflösung des Lizenzvertrages zu entnehmen war, kann dem Kläger kein Vorwurf daraus gemacht werden, daß der Beklagten das möglicherweise mangelnde Lizenzrecht ihrer Vertragspartnerin unbekannt war, hat doch - nach den bisherigen Behauptungen - der Kläger gegenüber der Beklagten keine Handlungen vorgenommen, aus denen die Beklagte den Schluß hätte ziehen dürfen, ihrer Vertragspartnerin stünden noch die ihr im Lizenzvertrag übertragenen Rechte zu. Räumt die Rechtsordnung Vertragsparteien das Recht ein, ihr Vertragsverhältnis vorzeitig und fristlos aus wichtigem Grund aufzulösen, bewirkt allein die Existenz einer Urkunde über einen befristeten Vertrag noch keine Gewißheit für Dritte, daß das darin verbriefte Recht vor Fristablauf dem Rechtsnehmer auch tatsächlich noch zusteht. Es oblag demnach allein der Disposition der Beklagten, ob sie sich mit der Erklärung der Lizenznehmerin in deren Angebot, die erforderlichen Berechtigungen zu besitzen, zufriedengab und damit das Risiko einging, allenfalls mit einer unberechtigten Vertragspartnerin zu kontrahieren, oder ob sie sich vom aufrechten Bestand des Lizenzvertrages durch Rückfrage beim Lizenzgeber vergewisserte. Daß der Kläger bisher noch nicht gerichtlich gegen die Lizenznehmerin vorgegangen ist, war einerseits der Beklagten (nach ihrem Vorbringen) vor Auftragserteilung nicht bekannt, bewirkte aber andererseits auch im gegenteiligen Fall noch nicht, daß der Kläger seiner Rechte nach § 147 Abs 1 PatG verlustig gegangen wäre, weil diese nicht voraussetzen, daß der Verletzte vor einer Patentverletzungsklage vertragliche Pönaleforderungen gerichtlich geltend macht oder ein Feststellungsurteil über den Nichtbestand des Lizenzvertrages erwirkt. Diese Unterlassungen gegenüber der Lizenznehmerin machen aber die Klageführung gegen die Beklagte auch noch nicht zum Rechtsmißbrauch, setzt doch dieser voraus, daß der Schädigungszweck so augenscheinlich im Vordergrund steht, daß andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten (Reischauer in Rummel ABGB**2 Rz 59 zu § 1295 mwN); davon kann hier angesichts der für den Kläger auf dem Spiel stehenden eigenen wirtschaftlichen Interessen keine Rede sein.

Es kann aber auch nicht dem Kläger beigepflichtet werden, der die Rechtssache für spruchreif im Sinne einer Klagestattgebung hält. Der Kläger hat zwar sein angemeldetes Patent und die Eingriffshandlung der Beklagten nachgewiesen; die Beklagte hat aber ihrerseits den Beweis dafür erbracht, daß ihre Vertragspartnerin mit dem Kläger einen Lizenzvertrag abgeschlossen hat, der nach seinem Inhalt zum Zeitpunkt der behaupteten Eingriffshandlung noch aufrecht bestand. Nach der oben dargestellten Beweislastverteilung oblag es nunmehr dem Kläger, der sich auf ein Erlöschen des Lizenzvertrages als Dauerschuldverhältnis infolge vorzeitiger Aufkündigung aus wichtigem Grund berufen hat, den Beweis für diese (seinen geltend gemachten Unterlassungsanspruch begründende) Prozeßbehauptung zu erbringen. Das Berufungsgericht hat demnach aus zutreffenden rechtlichen Gründen das Verfahren in diese Richtung für ergänzungsbedürftig gehalten. Auch dem Rekurs des Klägers war deshalb keine Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

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