Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Text
Begründung
Die Streitteile hatten 1977 miteinander die Ehe geschlossen. Die Ehewohnung befand sich zunächst in D*****. Zu dieser Liegenschaft gehört ein Gasthaus und eine Landwirtschaft im Ausmaß von über 10 ha. 1985 übergaben die Eltern der Ehefrau den Ehegatten je zur Hälfte eine Kleinlandwirtschaft in A*****, bestehend aus einem Wohnhaus und 20.000 m2 landwirtschaftlicher Grundstücke. Sie behielten sich ein ausschließliches Wohnrecht an bestimmten Räumlichkeiten des Hauses und Mitbenützungsrechte an anderen Räumen vor. 1996 brachte die Ehefrau eine auf § 49 EheG gestützte Scheidungsklage ein. Sie begehrte überdies die Feststellung, dass sie berechtigt sei, mit den Kindern nach A***** zu übersiedeln, weil der Ehemann sie bedroht und beschimpft habe. Das angerufene Bezirksgericht stellte rechtskräftig fest, dass die gesonderte Wohnungsnahme rechtmäßig sei, worauf die Ehefrau im Frühjahr 1996 mit den Kindern nach A***** übersiedelte. Der Ehemann half bei den erforderlich werdenden Sanierungsarbeiten und hielt sich fast täglich dort auf. Er aß mit der Familie, die Ehefrau kochte und kümmerte sich um die Wäsche des Mannes. Ab Herbst 1996 verpachtete er das Gasthaus in D***** und übernachtete in A*****. Es kam auch wieder zu sexuellen Kontakten. In der Folge verschlechterten sich die Beziehungen zwischen den Ehegatten wieder, worauf die Ehefrau im Dezember 1997 eine Regelungsverfügung gemäß § 382b EO beantragte. Dem Ehemann wurde mit einstweiliger Verfügung aufgetragen, das Haus in A***** samt den dazu gehörigen Grundstücken zu verlassen und dorthin nicht zurückzukehren. Die Ehe wurde schließlich am 8. 1. 1999 aus dem alleinigen Verschulden des Ehemannes geschieden.
Auf Antrag der Ehefrau vom 15. 2. 2000 ist ein Verfahren zur Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse anhängig (*****BG Schwanenstadt). Sie begehrt dort die Zuweisung der Landwirtschaft in A***** in ihr Alleineigentum.
Vor Einleitung des Aufteilungsverfahrens hatte der Ehemann (= Antragsteller) einen Antrag auf Regelung der Benützung der Liegenschaft A***** beim Erstgericht gestellt. Er strebt die Alleinbenutzung bestimmter - im Antrag näher angeführter - Räumlichkeiten des Hauses sowie der Hälfte der landwirtschaftlich genutzten Grundflächen an.
Die Ehefrau (= Antragsgegnerin) trat diesem Antrag mit der Begründung entgegen, eine Regelung könne nur im nachehelichen Aufteilungsverfahren erfolgen. Abgesehen davon, dass sich die Ehewohnung auf der Liegenschaft in A***** befinde, werde die Landwirtschaft derzeit nicht betrieben und sei somit kein - dem Aufteilungsverfahren entzogenes - Unternehmen.
Der Antragsteller führte noch aus, die Antragsgegnerin betreibe auf der Liegenschaft ein landwirtschaftliches Unternehmen in Form der Verpachtung.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Benützungsregelung, soweit er das Haus in A***** betrifft, zurück, im Übrigen wies es den Antrag ab. Es stellte noch fest, die landwirtschaftlichen Grundstücke in A***** seien ausschließlich als Wiese nutzbar, ein Ertrag nur bei Eigenbewirtschaftung in Form von Mutterkuhhaltung oder Mutterschafhaltung und unter Berücksichtigung der gewährten Unterstützungen und Prämien möglich. Bei Halbierung der Bewirtschaftungsfläche entfielen alle Förderungen. Die Antragsgegnerin habe diese Flächen ab April 1996 auf die Dauer von fünf Jahren um 500 S pro Hektar und Jahr verpachtet. Sie betreibe ein Gasthaus in S***** und habe derzeit kein Interesse nach A***** zu übersiedeln. Der Antragsteller wohne auf der Liegenschaft D*****, zu der ein Gasthaus und eine Landwirtschaft im Ausmaß von über 10 ha gehörten. Er wolle die Hälfte der landwirtschaftlich genutzten Flächen in A***** selbst bewirtschaften und dazu entweder die dort befindlichen Maschinen oder die Maschinen aus D***** einsetzen.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, eine Benützungsregelung hinsichtlich der Ehewohnung sei nicht zulässig, weil bereits ein Aufteilungsverfahren anhängig sei. Hinsichtlich der landwirtschaftlich genutzten Flächen komme als objektiv wirtschaftlich vertretbare Nutzung nur eine Verpachtung der gesamten Landwirtschaft in Frage.
Das Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Beschluss auf und überwies die Rechtssache an das Bezirksgericht Schwanenstadt zur Entscheidung im Aufteilungsverfahren. Es sprach aus, dass der ordentliche Rekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Vorgangsweise des zur Regelung der Benutzung angerufenen Außerstreitgerichts in einem gleichgelagerten Fall fehle. Nach rechtskräftiger Ehescheidung sei eine nach rein sachenrechtlichen Gesichtspunkten zu treffende Benützungsregelung solange nicht zulässig, als ein Verfahren nach §§ 81 ff EheG anhängig sei (oder noch anhängig gemacht werden könne). Der Vorrang der Vorschriften über die nacheheliche Aufteilung gegenüber § 835 ABGB sei aber nicht auf den Fall der Ehewohnung beschränkt, sondern erstrecke sich auch auf die nicht zur Ehewohnung gehörigen landwirtschaftlichen Grundstücke. Da diese landwirtschaftlichen Liegenschaften den Ehegatten während der Ehe je zur Hälfte übergeben worden seien, müsse ohne nähere Prüfung davon ausgegangen werden, dass es sich um eheliche Errungenschaft und somit um der Aufteilung unterliegendes Vermögen handle. Werde hinsichtlich derartiger Vermögensbestandteile eine Benützungsregelung angestrebt, müsse zunächst das für das Aufteilungsverfahren zuständige Außerstreitgericht ein Verfahren abführen. Ihm obliege auch die Beurteilung, ob ein grundsätzlich aufteilungsfähiges Vermögen oder Teile davon auf Grund allfälliger Ausnahmetatbestände von der Aufteilung ausgenommen sei, etwa weil Vermögensbestandteile zu einem noch nicht stillgelegten Unternehmen gehörten oder keiner der Ehegatten zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse auf die Weiterbenützung der Ehewohnung angewiesen sei. Dem Erstgericht sei somit eine inhaltliche Entscheidung über den Benützungsregelungsantrag verwehrt. Die Rechtssache werde gemäß § 44 Abs 1 JN an jenes Außerstreitgericht überwiesen, bei dem das Aufteilungsverfahren anhängig sei.
Der Rekurs des Antragstellers ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Macht ein Ehegatte innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe Ansprüche in Bezug auf eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse (soweit sie der Aufteilung nach §§ 81 ff EheG unterliegen) gegen den anderen Ehegatten im streitigen Verfahren geltend, hat das Prozessgericht nach § 235 Abs 1 AußStrG die Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs auszusprechen und die Rechtssache dem zuständigen Außerstreitgericht zu überweisen. Diese Bestimmung verweist alle sich auf eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse beziehenden gerichtlichen Verfahren zwischen geschiedenen Ehegatten in das besondere außerstreitige Verfahren nach den §§ 229 ff AußStrG (SZ 54/126; RZ 1997/11; Pichler in Rummel ABGB2 Rz 4a zu § 81 EheG). Zweck dieser Regelung ist es, zu verhindern, dass das in einem Rechtsstreit gewonnene Ergebnis durch eine danach noch mögliche Rechtsgestaltung im Aufteilungsverfahren umgestoßen oder überholt würde (Feil/Holeschowsky, Unterhalt und Vermögensrecht nach der Scheidung2 Rz 5 zu § 235 AußStrG; SZ 54/126; EvBl 1986/6, 19; NZ 1996, 65; 7 Ob 25/99y). Diese Erwägungen treffen aber auch auf Ansprüche in Bezug auf eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse zu, die - wie die hier angestrebte Benützungsregelung - in einem außerstreitigen Verfahren zu behandeln sind.
Eine nach sachenrechtlichen Gesichtspunkten zu treffende Benützungsregelung ist daher nach rechtskräftiger Ehescheidung solange unzulässig, als über die davon betroffenen Vermögensgegenstände ein Verfahren zur Aufteilung nach §§ 81 ff EheG anhängig ist oder noch anhängig gemacht werden könnte (RZ 1997/11; Gamerith in Rummel, ABGB2 Rz 6 zu § 835 mwN).
Der Rekurswerber bezweifelt den Vorrang der Vorschriften über die nacheheliche Aufteilung gegenüber jenen über die Benützungsregelung zwischen Miteigentümern nicht; er macht jedoch geltend, die angestrebte Benützungsregelung beziehe sich auf Vermögensgegenstände, die nicht der Aufteilung unterliegen. Bei den landwirtschaftlich genutzten Grundstücken komme der Ausnahmetatbestand des § 82 Abs 1 Z 3 und 4 EheG (landwirtschaftlicher Betrieb bzw Teil desselben) zum Tragen. Das auf der Liegenschaft in A***** befindliche Haus sei schon deshalb nicht Ehewohnung im Sinn der Aufteilungsbestimmungen, weil keiner der Ehegatten auf seine Weiterbenutzung angewiesen sei.
Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung werden nur jene Ansprüche in ein außerstreitiges Aufteilungsverfahren verwiesen, die der nachehelichen Aufteilung unterliegende Vermögensmassen betreffen, die somit dem ehelichen Gebrauchsvermögen oder den ehelichen Ersparnissen zuzurechnen sind (SZ 54/126; EvBl 1986/6; NZ 1998, 200; NZ 1996, 65; RZ 1997/11, 13; Gamerith aaO Rz 13 zu § 830, Rz 3 zu § 831 und Rz 6 zu § 835).
Betraf der geltend gemachte Anspruch sowohl der nachehelichen Aufteilung unterliegendes als auch von der Aufteilung ausgenommenes Vermögen, hat die Rechtsprechung seit EvBl 1986/6 die Überweisung an den Außerstreitrichter auf jenen Anspruchsteil beschränkt, der, für sich allein geltend gemacht, im nachehelichen Aufteilungsverfahren zu verfolgen wäre (2 Ob 660/87; 5 Ob 528/95).
Ist die Eigenschaft eines Vermögenswerts als Teil des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen strittig, hat der mit einem sonst zulässigen Begehren angerufene Streit- oder Außerstreitrichter bei der Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen die erforderlichen Erhebungen zu pflegen und über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs zu entscheiden. Dabei ist nur jener Anspruch in das Aufteilungsverfahren zu überweisen, der eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse betrifft. Diese Eigenschaft ist nicht nur Voraussetzung dafür, dass die Zuweisung der künftigen Rechte materiellrechtlich der nachehelichen Aufteilung unterliegt, sondern gleichzeitig auch Voraussetzung für die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs.
Als Vorfrage der vom Rekursgericht vorgenommenen Überweisung an das für das Aufteilungsverfahren zuständige Außerstreitgericht wäre daher zu prüfen gewesen, ob die den Ehegatten während der Ehe geschenkte Liegenschaft, bestehend aus Haus und landwirtschaftlichen Grundstücken, der nachehelichen Aufteilung nach §§ 81 ff EheG unterliegt. Die bisherigen Verfahrensergebnisse reichen zur Beurteilung nicht aus. Nach den Behauptungen des Antragstellers ist, wenngleich das Haus von etwa Mai 1996 bis Dezember 1997 als Ehewohnung diente, keiner der Ehegatten auf die Benutzung des Hauses zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen, sodass der Ausnahmetatbestand des § 82 Abs 1 Z 1 EheG zum Tragen kommen könnte. Zum anderen ist strittig (und noch nicht ausreichend geklärt), ob und gegebenenfalls welche dieser Liegenschaften in A***** als zu einem (landwirtschaftlichen) Betrieb gehörig aus der Aufteilungsmasse ausscheiden (§ 82 Abs 1 Z 3 EheG). Dabei kommt es weder auf eine bestimmte Betriebsgröße (Bernat in Schwimann, ABGB2 Rz 10 zu § 82) noch darauf an, ob das Unternehmen derzeit noch von einem der Ehegatten geführt wird. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob die im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft bestehende Bewirtschaftung dieser Liegenschaften als landwirtschaftliches Unternehmen im Sinn einer selbständig organisierten Erwerbsgelegenheit (Bernat aaO Rz 10 zu § 82 EheG; JBl 1984, 606) anzusehen war und welche Liegenschaftsteile dem (allfälligen) Betrieb des Unternehmens dienten (Bernat aaO Rz 10 zu § 82 EheG; JBl 1984, 606).
Das Erstgericht wird daher sein Verfahren entsprechend zu ergänzen und die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.
Dem Rekurs wird Folge gegeben, die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
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