OGH 4Ob26/13x

OGH4Ob26/13x12.2.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** H*****, vertreten durch Mag. Nikolaus Blauensteiner, Rechtsanwalt in Krems, als Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei W***** M*****, vertreten durch Dr. Heinrich Nagl und Mag. Timo Ruisinger, Rechtsanwälte in Horn, wegen 66.240 EUR sA, über den als „Berufung“ bezeichneten Rekurs des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 28. August 2012, GZ 12 Nc 27/12f-6, mit welchem der Antrag des Klägers, das beim Landesgericht Krems an der Donau zu AZ 3 Cg 100/11k geführte Verfahren an „das Gericht in Wien“ zu delegieren, abgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Verfahrenshilfe genießende Kläger begehrt vom Beklagten Zahlung von 66.240 EUR sA. Er hatte die Klage ursprünglich beim Handelsgericht Wien eingebracht, derzeit ist das Verfahren beim Landesgericht Krems anhängig. Dieses Gericht beraumte die vorbereitende Tagsatzung zunächst für den 12. Juli 2012 an. Aufgrund einer gemeinsamen Vertagungsbitte der Parteien verlegte es sie auf den 20. September 2012.

Der Kläger wandte sich mit zahlreichen selbstverfassten Eingaben und persönlichen Vorsprachen gegen diese Verlegung, unter anderem mit einem „Einspruch“ vom 23. Juli 2012. Aufgrund eines Verbesserungsauftrags legte sein Verfahrenshelfer diesen „Einspruch“ mit seiner Unterschrift versehen wieder vor (ON 55). Das Erstgericht wies die darin enthaltenen Anträge zurück (ON 57).

Gegen diesen Beschluss richtete sich eine vom Kläger verfasste und vom Verfahrenshelfer unterfertigte Eingabe, die er als „Berufung-Einspruch-Rekurs“ bezeichnet hatte (ON 58). Diese Eingabe enthielt auch einen Antrag auf Umbestellung des Verfahrenshelfers und - hier relevant - auf Delegierung des Verfahrens an „das Wiener Gericht“ (erkennbar gemeint: an das Handelsgericht Wien), „da hier ersichtlich ist, dass keine Objektivität, weder von Gericht, noch von den Anwälten herrscht“. Das Erstgericht legte die Eingabe dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung vor.

Das Oberlandesgericht gab dem Rekurs nicht Folge und wies den Delegierungsantrag ab (ON 63). Die Verlegung der Tagsatzung sei zwar grundsätzlich bekämpfbar, die Vertagungsbitte des Klagevertreters sei aber dem Kläger zuzurechnen, sodass er nicht beschwert sei. Ein Delegierungsantrag nach § 31 Abs 1 JN könne nicht auf die fehlende Objektivität des Gerichts gestützt werden; sonstige Gründe habe der Kläger nicht genannt.

Gegen die Abweisung des Delegierungsantrags erhob der Kläger persönlich am 17. September 2012 (auch) beim Oberlandesgericht eine „Berufung“ (12 Nc 151/12g-7). Das Oberlandesgericht sah von einem Verbesserungsauftrag (Anwaltsunterschrift) ab, weil der (damalige) Verfahrenshelfer des Klägers dieselbe Eingabe am 19. September 2012 erneut beim Oberlandesgericht einbrachte (12 Nc 151/12g-11). Bereits am 18. September 2012 war jedoch beim Erstgericht ein Bescheid der zuständigen Rechtsanwaltskammer eingelangt, mit welchem sie für den Kläger einen anderen Verfahrenshelfer bestellt hatte (ON 68). Offenbar in Unkenntnis dessen legte das Oberlandesgericht die vom früheren Verfahrenshelfer erneut eingebrachte „Berufung“ dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor. Dieser stellte die Akten dem Oberlandesgericht mit Beschluss vom 28. November 2012, GZ 4 Ob 197/12t, zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens zurück, weil der frühere Verfahrenshelfer zufolge Umbestellung den nicht mehr wirksam vertreten habe können.

Das Oberlandesgericht erteilte die entsprechenden Aufträge, denen der neue Verfahrenshelfer des Klägers fristgerecht nachkam. Nunmehr legt das Oberlandesgericht die vom Verfahrenshelfer unterfertigte „Berufung“ des Klägers neuerlich zur Entscheidung vor.

Das als Rekurs gegen die Entscheidung über den Delegierungsantrag zu wertende Rechtsmittel ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Bei der Berufung handelt es sich um einen Rekurs gegen die Entscheidung über den Delegierungsantrag. Das Oberlandesgericht wurde dabei als Erstgericht tätig, der Rekurs war daher beim Oberlandesgericht einzubringen (§ 520 Abs 1 erster Halbsatz ZPO; RIS-Justiz RS0046243). Sowohl die Genehmigung als auch die Verweigerung einer Delegierung durch das Oberlandesgericht ist mit Rekurs an den Obersten Gerichtshof anfechtbar, wobei die - hier nicht in Betracht kommenden - Rekursbeschränkungen des § 517 ZPO, nicht aber jene des § 528 ZPO, zu beachten sind (Mayr in Rechberger³ § 31 JN Rz 6; 1 Ob 80/02z, jeweils mwN). Der Rekurs ist daher unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO zulässig (RIS-Justiz RS0116349; zuletzt 4 Ob 194/10y und 1 Ob 259/11m; vgl RIS-Justiz RS0106758 [T1]).

2. Der Rekurs ist jedoch nicht berechtigt. Ein Delegierungsantrag kann nach ständiger Rechtsprechung nicht auf Ablehnungsgründe, das Vorliegen von ungünstigen oder unrichtigen Entscheidungen oder auf Verfahrensverstöße des bisher zuständigen Gerichts gestützt werden (RIS-Justiz RS0114309; vgl auch RS0073042, RS0046333, RS0046074). Nur solche Gründe nennt der Kläger aber in seinem Delegierungsantrag und in seiner gegen dessen Abweisung gerichteten „Berufung“. Dem Rekurs ist daher nicht Folge zu geben.

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