Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen, die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO ab.
1.1. Werke im Sinne des Urheberrechtsgesetzes sind eigentümliche geistige Schöpfungen (ua) auf dem Gebiet der Literatur (§ 1 Abs 1 UrhG). Zu den Werken der Literatur gehören (ua) Sprachwerke aller Art (§ 2 Z 1 UrhG). Ihr Ausdrucksmittel ist die Sprache; der Verwendungszweck ist nicht maßgebend. Auch reine Zweckschöpfungen können daher Werke der Literatur sein (4 Ob 184/04v mwN; vgl RIS-Justiz RS0076499).
1.2. Voraussetzung ist immer, dass sie individuell eigenartig sind. Individuell eigenartig ist eine Leistung, wenn sie sich vom Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten abhebt; beim Werkschaffenden müssen persönliche Züge - insbesondere durch die visuelle Gestaltung und durch die gedankliche Bearbeitung - zur Geltung kommen (4 Ob 184/04v mwN).
1.3. Ein anwaltlicher Vertragsentwurf ist in diesem Sinn individuell eigenartig, wenn und soweit umfangreiches Material unter individuellen Ordnungs- und Gestaltungsprinzipien ausgewählt wird und das Ergebnis auf einer eigenpersönlichen Konzeption des Verfassers beruht, der das Material eigenständig gedanklich durchdringt, kritisch würdigt, kommentiert oder auf den konkreten Fall anwendbar macht (4 Ob 2363/96w = SZ 69/283 = ÖBl 1997, 256 - Head-Kaufvertrag).
2. Wer unbefugt Sprachwerke, Lichtbilder oder Filmwerke in einen Internetauftritt zum interaktiven Abruf eingliedert, verstößt gegen das Verwertungsrecht des § 18a UrhG (RIS-Justiz RS0121495).
3.1. Der Senat vertritt in ständiger jüngerer Rechtsprechung, dass dem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch das durch Art 10 EMRK geschützte Recht der freien Meinungsäußerung entgegenstehen kann. Ob dies der Fall ist, ist durch eine Abwägung der vom Urheber oder seinem Werknutzungsberechtigten verfolgten Interessen mit dem Recht der freien Meinungsäußerung zu beurteilen (RIS-Justiz RS0115377). Diese Interessenabwägung ist auch nach der Rechtsprechung des EGMR geboten (4 Ob 42/12y mN).
3.2. Diese Rechtfertigung setzt insbesondere voraus, dass das Grundrecht ohne den Eingriff nicht oder nur unzulänglich ausgeübt werden kann. Auch muss sich der Beklagte inhaltlich mit jenem Werk auseinandergesetzt haben, dessen Vervielfältigung der Urheber beanstandete. Hingegen wurde etwa die Rechtfertigung eines Eingriffs verneint, wenn ein Foto nach dem Inhalt des Berichts keine Zitat- oder Belegfunktion hatte, sondern nur dazu diente, die Berichterstattung zu illustrieren, um so die Aufmerksamkeit der Leser auf den Bericht zu lenken (4 Ob 42/12y mwN; vgl RIS-Justiz RS0124069).
4.1. Das Rekursgericht ist von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen. Es hat dem vom Kläger verfassten Klagsschriftsatz nach den Umständen des Einzelfalls Werkqualität zuerkannt und einen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch deshalb für berechtigt erachtet, weil die Beklagte diesen Schriftsatz ohne Zustimmung seines Verfassers ins Internet gestellt hat.
4.2. Das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes nach Art 10 EMRK hat das Rekursgericht in vertretbarer Weise verneint. Es hat dazu ausgeführt, dass der Abdruck einer von einem Dritten verfassten Klage ohne Einwilligung des Verfassers dessen wirtschaftliche Interessen beeinträchtige, erbringe doch ein Anwalt regelmäßig solche Leistungen nur gegen Entgelt. Die Berufung des Klägers als bekannter Medienspezialist auf das Ausschließungsrecht diene daher (jedenfalls auch) seinen wirtschaftlichen Interessen. Die vollständige Wiedergabe der Klage auf der Website der Beklagten sei nicht durch das Recht der freien Meinungsäußerung gerechtfertigt, weil der angestrebte Zweck (Kritik am Vorgehen der für die Durchführung der Volkszählung 2011 verantwortlichen Bundesanstalt, die den Obmann der Beklagten zur Unterlassung öffentlicher kritischer Äußerungen über ihre Arbeit geklagt hat) auch ohne vollständige Bereitstellung der Klage im Internet hätte erreicht werden können.
4.3. Die Beklagte vermag auch im Rechtsmittel nicht aufzuzeigen, weshalb die Bereitstellung des gesamten Klagsschriftsatzes im Internet unumgängliche Voraussetzung dafür gewesen sein soll, dem Nutzer die Auseinandersetzung zwischen dem Obmann der Beklagten und der von ihm kritisierten Bundesanstalt verständlich zu machen, und weshalb sie ihr Recht auf Meinungsfreiheit ohne den Eingriff nicht oder nur unzulänglich ausüben hätte können, hätte doch auch ein verbaler Hinweis auf den Umstand der Klagseinbringung zur Sachinformation genügt. Da sich die Kritik der Beklagten an das breite Publikum richtete, trug der - nur juristisch geschulten Spezialisten verständliche - Inhalt der Klage beim überwiegenden Teil der angesprochenen Verkehrskreise zum Verständnis der Kritik nichts bei. Auch diente die Veröffentlichung hier nicht als Beleg bestimmter zitierter Formulierungen.
5. Der Revisionsrekurs war daher wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.
6. Die Entscheidung über die Kosten des Klägers beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Da der Kläger in seiner Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
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