OGH 4Ob23/02i

OGH4Ob23/02i12.2.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Weinwurm, Dr. Alois M. Leeb, Rechtsanwaltspartnerschaft OEG in Neunkirchen, gegen die beklagte Partei H*****, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Anfechtung (Streitwert 1,000.000 S = 72.672,83 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 27. November 2001, GZ 11 R 92/01g-57, womit das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 15. März 2001, GZ 4 Cg 78/97p-53, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung kann der Antragsgegner die Anfechtung durch die Behauptung und den Beweis konkreter Tatsachen abwehren, die den Schluss rechtfertigen, dass zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung keine Benachteiligungsabsicht des Schuldners bestand oder dass ihm eine solche Benachteiligungsabsicht des Schuldners weder bekannt war noch hätte bekannt sein müssen. Unklarheiten darüber, ob der nahe Angehörige die Benachteiligungsabsicht des Schuldners gekannt hat oder hätte kennen müssen, gehen zu seinen Lasten (ÖBA 1990, 139; ÖBA 1992, 582; RIS-Justiz RS0050764; RS0050779; RS0050737; RS0050501). Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit dieser Rechtsprechung im Einklang, eine auffallende im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufzugreifende Fehlbeurteilung ist nicht zu erkennen.

Entscheidungswesentlich ist - worauf auch die ao Revision hinweist - ob der Schuldner den Kaufvertrag in Benachteiligungsabsicht abgeschlossen hat und ob dieser Umstand der Beklagten bekannt war oder ihr hätte bekannt sein müssen (§ 2 Z 3 AnfO). Beide Fragen gehören dem Tatsachenbereich an. Das Erstgericht hat festgestellt, dass die Anfechtungsgegnerin nicht in Benachteiligungsabsicht gehandelt hat. Angesichts des klaren Gesetzeswortlautes (§ 2 Z 3 AnfO) und nach den Umständen des hier zu beurteilenden Falles kann diese Feststellung nur so verstanden werden, dass das Erstgericht damit - wenngleich missverständlich formuliert - ausdrücken wollte, dass die beklagte Anfechtungsgegnerin von einer allfälligen (ungeprüft gebliebenen) Benachteiligungsabsicht des Schuldners keine Kenntnis hatte. Im vorliegenden Fall ist es nämlich denkunmöglich, dass die Anfechtungsgegnerin als Gattin des Schuldners selbst keine Benachteiligungsabsicht hatte, die Benachteiligungsabsicht ihres Mannes aber dennoch kannte. Dass sie eine allfällige Benachteiligungsabsicht des Schuldners hätte kennen müssen, ist gleichfalls nicht hervorgekommen. Nach dem von den Vorinstanzen zugrundegelegten Sachverhalt beabsichtigte die Beklagte, die Liegenschaftshälfte des Schuldners zu kaufen, nahm einen Privatkredit bei ihrer Tante in Kanada auf und leistete Zahlungen an die Klägerin zur (teilweisen) Forderungsbefriedigung unter der Vorraussetzung, dass diese Zahlungen für den Ankauf der Liegenschaft angerechnet werden. Dass die Beklagte zugleich das Wohnhaus für ihre Kinder erhalten wollte, spricht angesichts ihrer Bemühungen, Geld von einer Tante zu beschaffen, um die Liegenschaftshälfte kaufen und auf diesen Weg die Klägerin befriedigen zu können, keineswegs dafür, dass sie eine Benachteiligungsabsicht des Schuldners hätte kennen müssen. Auch die Festlegung des Kaufpreises lässt einen derartigen Schluss nicht zu. Das Erstgericht ging in seinen Feststellungen offenbar davon aus, dass die Beklagte aufgrund der Gespräche mit Notar und Rechtsanwalt annahm, der vereinbarte Kaufpreis entspräche dem Verkehrswert der Liegenschaftshälfte. An dieser Einschätzung hätte auch das Ergebnis des im Verfahren eingeholten Sachverständigengutachtens nichts geändert. Der Sachverständige hat den Wert der Liegenschaftshälfte durch Halbierung des von ihm für die gesamte Liegenschaft ermittelte Verkehrswertes ohne Abschlag wegen Hälfteeigentums errechnet. Selbst wenn daher die Beklagte den Verkehrswert der Gesamtliegenschaft gekannt hätte, hätte sie den vereinbarten Kaufpreis schon deshalb für angemessen halten dürfen, weil der Wert einer Liegenschaftshälfte regelmäßig geringer ist als die rechnerisch ermittelte Hälfte des für die Gesamtliegenschaft ausgewiesenen Wertes.

Eine grobe, nach § 502 Abs 1 ZPO aufzugreifende, Fehlbeurteilung der Vorinstanzen ist angesichts des von ihnen erkennbar zugrunde gelegten Sachverhalts zu verneinen.

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