OGH 4Ob222/09i

OGH4Ob222/09i23.2.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** P*****, vertreten durch Dr. Siegfried Rack und Mag. Gottfried Tazol, Rechtsanwälte in Völkermarkt, gegen die beklagte Partei M***** J*****, vertreten durch Mag. Thomas Di Vora, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 13.806,40 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 10. September 2009, GZ 2 R 122/09t-34, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 22. Mai 2009, GZ 21 Cg 96/07z-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 908,64 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 151,44 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Am 9. Dezember 2003 verstarb die Großmutter der Beklagten, die eine ihrer Töchter, die Mutter der Beklagten, zur Alleinerbin eingesetzt hatte. Das Testament wurde am 4. Februar 2004 kundgemacht.

Bereits mit Übergabsvertrag vom 27. November 2003 hatte die Erblasserin der Beklagten eine bestimmte Liegenschaft geschenkt.

Die Mutter der Beklagten gab eine unbedingte Erbserklärung ab, ihr wurde die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses übertragen, dieser war überschuldet.

In einem Vorverfahren machte die Klägerin gegen die Verlassenschaft, vertreten durch die Mutter der Beklagten, Pflichtteilsergänzungsansprüche im eigenen Namen und später auch im Namen einer weiteren Tochter der Verstorbenen geltend, die ihre pflichtteilsrechtlichen Ansprüche im Verlassenschaftsverfahren sowie die Ansprüche aus einem Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 4. April 2001 mit allen Rechten, die die Geschenkgeberin besaß oder zu besitzen berechtigt gewesen wäre, der Klägerin mit notariellem Schenkungsvertrag vom 31. Jänner 2007 übertragen hatte.

Die Klageausdehnung in Ansehung des ihr übertragenen Pflichtteilsanspruchs erfolgte erst mit Schriftsatz vom 2. Februar 2007, der am 8. März 2007 im Vorverfahren vorgetragen wurde.

Am 26. Jänner 2009 überwies die Beklagte der Klägerin zur Abgeltung ihres eigenen Pflichtteilsanspruchs 12.800 EUR. Darüber hinaus anerkannte sie einen weiteren Anspruch von 1.006,60 EUR, worüber am 24. Februar 2009 ein Anerkenntnisteilurteil erging.

Die Klägerin begehrte ursprünglich 22.000 EUR sA bei sonstiger Exekution in die geschenkte Liegenschaft mit dem Vorbringen, sie habe erst am 8. März 2007 im Vorverfahren von der Existenz des Übergabsvertrags vom 27. November 2003 erfahren, als die Mutter der Beklagten einen die Liegenschaft betreffenden Grundbuchsauszug und den Übergabsvertrag vorgelegt habe. Vorher habe die Mutter der Beklagten weder im Verlassenschaftsverfahren noch im Vorverfahren etwas von dem Übergabsvertrag erwähnt. Diese habe vielmehr die Existenz des Vertrags verheimlicht und damit die Klägerin bewusst in Irrtum geführt. Die Klägerin sei aus dem Verschulden der Beklagten auch veranlasst gewesen, den notariellen Schenkungsvertrag vom 31. Jänner 2007 zu ergänzen (Nachtrag vom 2. Oktober 2007); damit habe die Schwester der Klägerin auch die ihr zustehenden pflichtteilsrechtlichen Ansprüche gegenüber der Beklagten aus dem Übergabsvertrag vom 27. November 2003 abgetreten. Der Vertreter der Beklagten habe auch ihre Mutter vertreten, den Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 4. April 2001, den Übergabsvertrag vom 27. November 2003 und auch eine Urkunde über eine Forderungseinlösung vom 27. November 2003 verfasst. Er habe auch die Mutter der Beklagten im Verlassenschaftsverfahren und im Vorverfahren über die Pflichtteilsklage gegen die Verlassenschaft vertreten. Die Beklagte und ihr Vertreter hätten erst 2007 die Verbücherung des Übergabsvertrags aus dem Jahr 2003 veranlasst. Die Klägerin habe vom Anspruch gegen die Beklagte vor Verbücherung keine Kenntnis erlangen können. Die Verjährungseinrede sei daher sittenwidrig und mutwillig.

Die Beklagte wendete Verjährung ein. Sie habe die Existenz des sie begünstigenden Übergabsvertrags nie verschwiegen, schon gar nicht arglistig. Zwischen ihr und der Klägerin habe es diesbezüglich gar keinen Kontakt gegeben. In den Vorverfahren sei die Beklagte weder Partei noch Beteiligte gewesen, ihr könne daher keine Arglist vorgeworfen werden. Die Beklagte sei als Beschenkte nicht zur Erteilung von Auskünften über empfangene Geschenke der Erblasserin verpflichtet gewesen. Die Verzögerung der Inventarisierung im Verlassenschaftsverfahren liege nicht in ihrer Sphäre. Soweit die Klägerin den Pflichtteilsanspruch ihrer Schwester geltend mache, könnte sie durch eine Verschweigung nur benachteiligt sein, wenn die Schwester ihren Anspruch rechtzeitig geltend gemacht hätte. Dieser Anspruch wäre aber bei Vortrag am 8. März 2007 im Vorverfahren bereits verjährt gewesen. Der Pflichtteilsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten sei nicht verjährt, weshalb er anerkannt worden sei. Der Verjährungseinwand beziehe sich ausschließlich auf die von der Klägerin von ihrer Schwester erworbene Pflichtteilsforderung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab. Die dreijährige Verjährungsfrist zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen beginne mit Testamentskundmachung. Sie beginne unabhängig von der Kenntnis des Berechtigten, es sei denn, der Schuldner habe die Kenntnis des Berechtigten arglistig verhindert. Die Beklagte sei zur Offenlegung des Übergabsvertrags nicht verpflichtet gewesen. Worin das arglistige Verhalten der Beklagten hätte bestehen sollen, habe die Klägerin nicht darlegen können. Eine Verpflichtung zur sofortigen Grundbuchseintragung habe nicht bestanden. Das Verhalten der Mutter der Beklagten habe dieser nicht zugerechnet werden können.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung und sprach aus, dass die ordentliche Revision wegen möglicher anderer Beurteilung des Arglisteinwands sowie der Frage des Beginns der Verjährungsfrist zulässig sei. Die Kenntnis der tatsächlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs sei nicht entscheidend für den Beginn der Verjährungsfrist. Da keine Rechtspflicht zur sofortigen Verbücherung des Übergabsvertrags oder zur Information über die erhaltene Schenkung bestehe, könne auf die unterlassene Information und den Aufschub der Verbücherung des Übergabsvertrags kein Arglisteinwand gegründet werden. Die Klage gegen die Verlassenschaft habe den Lauf der Verjährung gegenüber der Beschenkten nicht unterbrechen können. Nach dem Standpunkt der Klägerin sei der (noch) verfahrensgegenständliche Pflichtteilsergänzungsanspruch der Schwester der Klägerin erst mit notariellem Nachtrag zum Schenkungsvertrag vom 2. Oktober 2007 an die Klägerin übertragen worden, also zu einem Zeitpunkt, als der Pflichtteilsergänzungsanspruch bereits verjährt gewesen sei. Dass die Beklagte auch der Schwester der Klägerin gegenüber Arglist zu vertreten hätte, sei gar nicht behauptet worden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Mangels Bestreitung der Passivlegitimation der Beklagten und Außerstreitstellung der Bemessungsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 951 ABGB verblieb nur die Verjährungsfrage strittig.

Das Recht, den Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu fordern, verjährt gemäß § 1487 ABGB in drei Jahren. Eine spezielle gesetzliche Regel für den Beginn der Verjährungsfrist des § 1487 ABGB fehlt. Ausgehend von der allgemeinen Regel des Verjährungsrechts, nach der die Verjährung beginnt, sobald das Recht geltend gemacht werden kann, wird allgemein gefolgert, dass die kurze Frist des § 1487 ABGB für den auf das Gesetz gestützten Pflichtteilsanspruch mit der Kundmachung des Testaments zu laufen beginnt, weil damit der Pflichtteilsanspruch fällig wird (RIS-Justiz RS0034302; M. Bydlinski in Rummel, ABGB³ § 1487 Rz 4; Mader/Janisch in Schwimann, ABGB³ § 1487 Rz 7 je mwN).

Subjektive Unkenntnis des Anspruchsberechtigten betreffend die Anspruchsvoraussetzungen hindert dabei den Beginn des Fristenlaufs, wie in allen Fällen außerhalb des § 1489 ABGB, nach ständiger Rechtsprechung nicht, es wäre denn, die Unkenntnis beruhte auf einem arglistigen Verhalten des Anspruchsgegners (7 Ob 27/03a mwN; 7 Ob 544/93 mwN). Der hievon abweichenden Meinung Rabers (in JBl 1988, 137 ff [223]), wonach die Verjährungsfrist für die Geltendmachung des Schenkungspflichtteils zu einem späteren Zeitpunkt (nach Testamentseröffnung) in Lauf gesetzt werde, ist der Oberste Gerichtshof ausdrücklich nicht gefolgt (10 Ob 340/97s mwN).

Die Klägerin behauptete zwar, die Beklagte habe ihre Kenntnisnahme in Ansehung der Voraussetzungen ihres Pflichtteils(ergänzungs-)anspruchs arglistig vereitelt bzw an solchen Handlungen ihrer Mutter bzw des gemeinsamen Vertreters mitgewirkt, eine arglistige Vereitelung der Kenntnisnahme ihrer Tante, von der die Klägerin den strittig verbliebenen Pflichtteilsanspruch ableitet, behauptete sie im Verfahren nicht. Hinzu kommt, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinwies, dass die Klägerin den Rechtsübergang des strittig verbliebenen Pflichtteilsanspruchs an sie zu einem Zeitpunkt behauptet (Oktober 2007), zu dem die durch die Testamentskundmachung ausgelöste Verjährungsfrist für die Schwester der Klägerin bereits abgelaufen war.

Im Übrigen entspricht die Verneinung einer Rechtspflicht des Geschenknehmers zur Offenlegung des Geschenks gegenüber einem Pflichtteilsberechtigten der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0019051); jedenfalls dann, wenn der Beschenkte selbst nicht Erbe ist (1 Ob 222/75 = SZ 48/114; 6 Ob 716/85; vgl RIS-Justiz RS0012923).

Da die Entscheidung des Berufungsgerichts sohin im Einklang mit den Grundsätzen höchstgerichtlicher Rechtsprechung steht, fehlt es an einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Die Revision der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

Da die Beklagte auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hinwies, hat ihr die Klägerin die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu ersetzen (§§ 41 und 50 ZPO).

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